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OGH vom 30.09.2009, 9ObA19/09y

OGH vom 30.09.2009, 9ObA19/09y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Lubica S*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinde Wien, 1082 Wien, Rathaus, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6.172,65 EUR brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 114/08y-23, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 6 Cga 80/07p-14, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist seit bei der Beklagten als Vertragsbedienstete (Gesundheits- und Krankenschwester) beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis findet die DO 1994 Anwendung. Die Klägerin ist von Beginn des Dienstverhältnisses an im Schema IV/K in die Verwendungsgruppe K 4 eingestuft.

Die Klägerin begehrte in erster Instanz zuletzt den Zuspruch von 6.172,65 EUR brutto samt 11,19 % Zinsen seit . Sie sei in der Zeit vom bis in einem Krankenhaus in der seinerzeitigen CSSR bzw in der Slowakischen Republik als Krankenschwester beschäftigt gewesen. Gemäß § 14 Abs 1 DO, der europarechtskonform auszulegen sei, sei ihr diese Vordienstzeit, die ihr von der Beklagten für die Vorrückung sowie für den Erholungsurlaub nur im halben Ausmaß angerechnet worden sei, zur Gänze anzurechnen. Auf der Grundlage dieser Anrechnung und der dadurch bewirkten Einstufung errechne sich für die Zeit ab Mai 2004 die begehrte Nachzahlung.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. § 14 Abs 1 Z 1 DO normiere die Anrechnung von Zeiten, die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt wurden. Diese Bestimmung müsse verfassungskonform dahin interpretiert werden, dass sie sich nur auf Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung beziehe. Sie komme daher auf die Klägerin nicht zur Anwendung. Überdies seien Tätigkeiten in staatlichen Einrichtungen, die von einer oder mehreren Gebietskörperschaften betrieben werden, nicht mit Tätigkeiten in der Gebietskörperschaft selbst gleichzusetzen. Dementsprechend sei die offenkundig von der Klägerin vertretene Auffassung verfehlt, dass im ehemaligen Ostblock jedes Dienstverhältnis zum Staat bestanden habe und daher angerechnet werden müssen. Diese Auffassung würde zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Begünstigung von Wanderarbeitnehmern aus dem ehemaligen Ostblock führen. Nicht bei Gebietskörperschaften oder vergleichbaren Einrichtungen zurückgelegte Dienstzeiten seien weder Inländern noch Wanderarbeitnehmern anzurechnen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - abgesehen von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens im Umfang von 7,19 % - statt. Zu den Vordienstzeiten der Klägerin traf es folgende wesentliche Feststellungen:

„Die Klägerin ... trat ... am als Krankenschwester in ein Dienstverhältnis zum L.Pasteur Fakultätskrankenhaus Kosice ... . Sie stand bei diesem Dienstgeber in einem Dienstverhältnis bis . Das Fakultätskrankenhaus Kosice ... war in der Zeit vom bis eine in die staatliche Gesundheitsorganisation Bezirksgesundheitsnationalanstalt Kosice eingegliederte Gesundheitseinrichtung und zwar aufgrund des damals in Geltung stehenden, bis wirksamen Gesetzes Nr. 20/1996 der Gesetzessammlung.

Dieselbe Einrichtung (Fakultätskrankenhaus Kosice) war in der Zeit vom bis eine staatliche Haushaltsorganisation mit Rechtssubjektivität aufgrund des damals gültigen, bis wirksamen Gesetzes Nr 277/1994. ...

Die Aufgaben im Gesundheitswesen wurden in der ehemaligen CSSR von Gesundheitseinrichtungen und weiteren Organisationen im Gesundheitswesen, die in einem vereinheitlichten Gesundheitssystem eingerichtet waren, besorgt, wobei alle diese Einrichtungen durch die sogenannten Nationalausschüsse verwaltet wurden; nur dann, wenn es sich um Einrichtungen und Organisationen handelte, bei denen ausdrücklich festgelegt war, dass sie direkt durch das Ministerium für Gesundheitswesen geregelt waren, fand keine Verwaltung durch die Nationalausschüsse statt.

Die durch die Bezirks- und Kreisnationalausschüsse verwalteten Einrichtungen wurden in die öffentlichen Einrichtungen der Volksgesundheit nach den durch das Ministerium für Gesundheitswesen festgelegten Grundsätzen eingegliedert.

Die öffentliche Einrichtung der Volksgesundheit stellt der Funktion, Organisation und Wirtschaft nach ein vereinheitlichtes Ganzes dar.

Durch die Verordnungen Nummer 43/1996 Slg bzw Nummer 121/1974 Slg wurde die Eingliederung der einzelnen Einrichtungen im Gesundheitswesen spezieller geregelt.

Aus der Bestimmung des § 27 der Verordnung Nummer 121/1974 Slg bzw des § 25 der Verordnung Nummer 121/1974 Slg ergibt sich, dass die Einrichtungen im Gesundheitswesen und auch andere Einrichtungen des vereinheitlichten Gesundheitssystems, die ... durch die Bezirks- und Kreisnationalausschüsse verwaltet werden, in die öffentlichen Bezirks- und Kreiseinrichtungen der Volksgesundheit eingegliedert werden. ...

Am - also nach Ausscheiden der Klägerin und abgesehen davon, dass nicht festgestellt werden kann, dass diese je in einer „nicht staatlichen" Gesundheitseinrichtung tätig war - ist das Gesetz Nummer 160/1992 Slg über die Gesundheitspflege in den nicht staatlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens wirksam geworden. In diesem Gesetz wird unter anderem auch gegenüber den staatlichen Gesundheitseinrichtungen die Entstehung von auf dem Konkurrenzprinzip basierenden nicht staatlichen Einrichtungen im Gesundheitswesen wahrgenommen.

Die Einrichtungen des Gesundheitswesen in der ehemaligen Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik waren daher zumindest bis durch öffentliche staatliche Gesundheitseinrichtungen mit einem genau spezifizierten Zweck definiert. Vor dem Jahr 1989 gab es andere als staatliche Einrichtungen im Gesundheitswesen in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republiknicht ... ."

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass bei der Anrechnung von Vordienstzeiten nach § 14 Abs 1 Z 1 DO aufgrund europarechtlicher Vorschriften und nach der Rechtsprechung des EuGH im EU-Ausland zurückgelegte Dienstzeiten nicht anders behandelt werden dürften als Dienstzeiten, die im Inland zurückgelegt wurden. Dabei komme es nicht darauf an, ob diese Vordienstzeiten in der Hoheitsverwaltung zurückgelegt worden seien, sondern nur auf die Erbringung (irgendeiner) Tätigkeit bei einer Gebietskörperschaft. Eine einschränkende Interpretation dieser Bestimmung sei nicht zulässig. Nach dem festgestellten Sachverhalt seien die Rechtsträger (Verwalter, Betreiber) der Einrichtung, in der die Klägerin in der vormaligen CSSR bzw in der Slowakei gearbeitet habe, als Gebietskörperschaften anzusehen. Dem Klagebegehren sei daher stattzugeben.

Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Hingegen gab es der gegen die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens gerichteten Berufung der Klägerin statt und änderte das Ersturteil iS der Stattgebung auch dieses Begehrens ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts über die Anrechnung der von der Klägerin zurückgelegten Vordienstzeiten. Der dagegen erhobene Einwand, § 14 Abs 1 Z 1 DO sei auf Tätigkeiten in der Hoheitsverwaltung zu reduzieren, sei nicht gerechtfertigt. Der möglicherweise sachlich ungerechtfertigten Nichteinbeziehung von Vordienstzeiten in anderen Institutionen als Gebietskörperschaften könne nicht durch eine Reduktion auf hoheitliche Tätigkeiten begegnet werden. Die von der Beklagten gewünschte Auslegung würde weitere Vordienstzeiten von der Anrechnung ohne sachliche Begründung ausschließen und dadurch weitere Gleichheitswidrigkeiten erzeugen. Auch sei der Gesetzeswortlaut völlig eindeutig.

Dem Erstgericht sei auch beizupflichten, dass die Klägerin in der CSSR bzw in der slowakischen Republik bei einer Gebietskörperschaft beschäftigt gewesen sei. Bei einer Gebietskörperschaft handle es sich um eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die alle Personen erfasse, die in einer örtlichen Beziehung (zB Wohnsitz, Aufenthalt) zu einem bestimmten Gebiet stehen (Bund, Länder, Gemeinden). Den Feststellungen über die Vordienstzeiten der Klägerin sei zu entnehmen, dass sie in vom Staat betriebenen Einrichtungen beschäftigt gewesen sei. Das Fakultätskrankenhaus Kosice sei bis eine in die staatliche Gesundheitsorganisation eingegliederte Gesundheitseinrichtung und in der Zeit vom bis eine staatliche Haushaltsorganisation mit Rechtssubjektivität in einem vereinheitlichten Gesundheitssystem gewesen. Der Umstand, dass es sich bei diesen Einrichtungen um staatliche Einrichtungen gehandelt habe, impliziere, dass der Rechtsträger eine Gebietskörperschaft gewesen sei. Ob die betroffenen Rechtsträger (Nationalausschüsse) unselbständige Verwaltungseinheiten (Behörden) des Staates oder eigenständige Gebietskörperschaften gewesen seien, sei nicht relevant. Jedenfalls sei die Klägerin in einer Gebietskörperschaft beschäftigt gewesen. Private Einrichtungen des Gesundheitswesen habe es im maßgebenden Zeitraum in der CSSR nicht gegeben. Auch das Bestehen einer Selbstverwaltung sei angesichts der Eingliederung in das staatliche System ebenso auszuschließen, wie die Ausgliederung dieser Gesundheitseinrichtungen.

Die Berufung der Beklagten sei daher nicht berechtigt.

Hingegen komme der Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens Berechtigung zu, weil die Rechtsauffassung der Beklagten, die der Bestreitung des Klagebegehrens zugrunde gelegen sei, unvertretbar sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zur Auslegung des § 14 Abs 1 Z 1 DO fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig und auch berechtigt.

I. § 14 DO hat - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:

(1) Folgende, dem Tag der Anstellung vorangegangene Zeiten sind dem Beamten für die Vorrückung zur Gänze anzurechnen:

1. die Zeit, die entweder in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft oder im Lehrberuf an einer inländischen öffentlichen Schule oder an einer mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Privatschule zurückgelegt wurde;

...

(2) Die dem Tag der Anstellung vorangegangenen Zeiten, die nicht nach Abs. 1 anzurechnen sind, sind dem Beamten für die Vorrückung bis zu einem höchstens zu berücksichtigenden Ausmaß von drei Jahren zur Hälfte anzurechnen."

II. Der EuGH hat bereits mehrfach zur Frage der Anrechnung ausländischer Vordienstzeiten Stellung genommen. In der Rs C-195/98 (EuGH, , ÖGB, GÖD/Republik Österreich, Slg 2000, I-10497) hatte er sich mit der Europarechtskonformität des § 26 VBG (in der damals geltenden Fassung) auseinanderzusetzen, nach dem ebenfalls nur Zeiten von Dienstverhältnissen zu einer inländischen Gebietskörperschaft im vollen Ausmaß anzurechnen waren (§ 26 Abs 1 lit a iVm Abs 2 Z 1 lit a VBG), während ausländische Dienstzeiten nur im halben Ausmaß zu berücksichtigen waren (§ 26 Abs 1 lit b VBG). Der EuGH vertrat die Auffassung, dass diese unterschiedliche Behandlung von inländischen und ausländischen Vordienstzeiten in der öffentlichen Verwaltung mittelbar diskriminierend wirke, weil sie sich ihrem Wesen nach eher auf Wanderarbeiter als auf inländische Arbeitnehmer auswirken könne und daher die Gefahr bestehe, dass diese besonders benachteiligt werden. Die Republik Österreich brachte in diesem Zusammenhang als Rechtfertigung vor, dass die Beschränkung der Freizügigkeit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Denn das Homogenitätsgebot nach Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes gewährleiste die Freizügigkeit der öffentlichen Bediensteten innerhalb der Republik Österreich. Diese Freizügigkeit werde beschränkt, wenn ein Dienstwechsel wirtschaftlich unattraktiv gemacht werde. Dieses System könne aber nicht auf Beschäftigungszeiten bei anderen Mitgliedstaaten ausgedehnt werden, da im gegenwärtigen Stadium des Integrationsprozesses die öffentlichen Dienste der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich und nicht in dem Ausmaß verbunden seien, wie es im Verhältnis der österreichischen Gebietskörperschaften untereinander der Fall sei. Der EuGH hielt dem entgegen, dass der Zweck der Mobilität der Beschäftigten innerhalb des österreichischen öffentlichen Dienstes keine diskriminierende Beschränkung der Mobilität von Wanderarbeitnehmern verlange. Darüber hinaus könnten die Unterschiede zwischen dem öffentlichen Dienst in Österreich und in anderen Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen für die Anrechnung früherer Dienstzeiten rechtfertigen. Aus diesem Grund kam der EuGH zum Ergebnis, dass § 26 VBG gegen Art 48 EG und Art 7 VO 1612/68 verstoße. Die in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Beschäftigungszeiten an vergleichbaren Einrichtungen seien daher für die Berechnung der Entlohnung zeitlich unbegrenzt - also auch dann, wenn diese zeitlich vor dem Beitritt Österreichs zur EU liegen - zu berücksichtigen.

III. Diese Überlegungen sind auch auf § 14 DO zu übertragen. Demgemäß ist die Ungleichbehandlung von Beschäftigungszeiten zu einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaates im Vergleich zu inländischen Zeiten gemäß § 14 DO 1994 als mittelbare Diskriminierung zu qualifizieren, die einen Verstoß gegen Art 39 EG und Art 7 VO 1612/68 darstellt. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts muss daher § 14 Abs 2 DO im hier interessierenden Zusammenhang unangewendet bleiben. Daraus folgt, dass vergleichbare im EU-Ausland zurückgelegte Beschäftigungszeiten zeitlich unbegrenzt und zur Gänze anzurechnen sind.

Die Revisionswerberin gesteht dies grundsätzlich zu, macht aber geltend, dass die von der Klägerin in der CSSR bzw der Slowakischen Republik zurückgelegten Zeiten nicht mit inländischen Vordienstzeiten iSd § 14 Abs 1 Z 1 DO vergleichbar seien. Zum einen beziehe sich die Wendung in Abs 1 Z 1 „Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft" ausschließlich auf die Hoheitsverwaltung, zum anderen habe die Klägerin ihre ausländischen Beschäftigungszeiten nicht bei einer „Gebietskörperschaft" zurückgelegt.

IV. Mit ihrem Argument, die Anrechnungsbestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 DO beziehe sich nur auf die Hoheitsverwaltung, beruft sich die Beklagte auf die Ausführungen von Blaha/Hutterer (Dienst- und Besoldungsrecht der Wiener Gemeindebediensteten2, § 14 DO 1994 Erl 6), die es als unsachlich erachten, dass Personen, die vor ihrer Aufnahme in den Dienst der Gemeinde Wien der Art nach dieselben Tätigkeiten ausgeübt haben, nur deshalb unterschiedlichen Anrechnungsbestimmungen unterliegen, weil das frühere Dienstverhältnis in einem Fall zu einer Gebietskörperschaft, im anderen Fall zu einem privaten (allenfalls ausgegliederten) Rechtsträger bestanden hat. Ein sachlich vertretbares Ergebnis ließe sich nur durch eine einschränkende Auslegung des § 14 DO Abs 1 Z 1 dahingehend herbeiführen, dass sich die Vollanrechnung nur auf Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung bezieht. Für eine derartige Einschränkung bietet aber der Gesetzeswortlaut nicht den geringsten Anhaltspunkt. Die Vorinstanzen haben daher die von der Beklagten geforderte einschränkende Interpretation des § 14 Abs 1 Z 1 DO zu Recht abgelehnt (§ 510 Abs 3 ZPO).

V. Teilweise berechtigt ist der Einwand der Revisionswerberin, die (Voll-)Anrechnung der Vordienstzeiten der Klägerin komme deshalb nicht in Betracht, weil sie diese Vordienstzeiten nicht in einem „Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft" zurückgelegt habe; sie sei lediglich in einer „staatlichen Einrichtung" beschäftigt gewesen. Dies sei aber nicht gleichbedeutend mit einer Beschäftigung bei einer Gebietskörperschaft.

V.1. Die Frage der Vergleichbarkeit von Beschäftigungszeiten - hier also die Frage, ob die Vordienstzeiten der Klägerin in der ehemaligen CSSR bzw der slowakischen Republik der Beschäftigung in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft gleichzuhalten sind - hat das nationale Gericht nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen (, Kommission/Republik Griechenland, Slg 1998, I-01095).

V.2. Eine Gebietskörperschaft ist eine juristische Person öffentlichen Rechts, die durch ein personales Element gekennzeichnet ist. Sie setzt sich also aus einer Mehrzahl von Personen eines bestimmten Gebietes zusammen, die der Körperschaft im Wege einer Pflichtmitgliedschaft angehören (VwGH 2005/12/0056; 2005/12/0046; 2004/12/0021, ZfVB 2007/1471/1504; Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht (1996) 321; Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts Rz 863; Stolzlechner in Schäffer/Rill, Kommentar zum B-VG, Art 116 Abs 1, 18). Charakteristikum der Gebietskörperschaft ist darüber hinaus die Gebietshoheit und eine allgemeine sachliche, nicht bloß auf ein einzelnes Sachgebiet beschränkte Zuständigkeit (VwGH 1293/66, VwSlg 3577F/1967; vgl auch Stolzlechner in Schäffer/Rill, Kommentar zum B-VG, Art 116 Abs 1, 18).

V.3. Der Revisionswerberin ist beizupflichten, dass sich die Vorstellungen, die in den Staaten des ehemaligen „Ostblocks" über den Staat, die staatlichen Systeme und das staatliche und nichtstaatliche Eigentum prägend waren, vom österreichischen Verständnis stark unterscheiden und dass daher die für die Beurteilung der Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten notwendige Prüfung der Vergleichbarkeit staatlicher Institutionen der ehemaligen „Ostblockstaaten" mit dem österreichischen Begriff der Gebietskörperschaft Schwierigkeiten bereiten kann. Auch für die Zeit unmittelbar nach dem Zerfall des ehemaligen „Ostblocks" können derartige Schwierigkeiten auftreten. Dies ändert aber nichts an der Notwendigkeit einer derartigen Prüfung, bei der darauf abzustellen ist, ob der die Anrechnung von Vordienstzeiten anstrebende Arbeitnehmer im betroffenen Staat bei einer Körperschaft öffentlichen Rechts beschäftigt war, die im Wesentlichen den unter Punkt V.2. angeführten Kriterien entsprach. Daher - insoweit ist der Revisionswerberin beizupflichten - reicht der Nachweis der Beschäftigung des Arbeitnehmers bei einer nicht näher definierten „staatlichen Einrichtung" ebenso wenig aus, wie die Tätigkeit für eine Gebietskörperschaft, der aber kein Dienstverhältnis mit einer solchen zugrunde liegt. In diesem Sinn ist für die Anrechnung der von der Klägerin zurückgelegten Vordienstzeiten zu differenzieren:

V.4. Für die Zeit von bis ist dem festgestellten Sachverhalt mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Klägerin in einer vom Staat betriebenen Einrichtung tätig war, wobei dieser Tätigkeit auch ein Dienstverhältnis zum Staat zugrunde gelegen ist. Für die Existenz eines anderen als Dienstgeber in Betracht kommenden Rechtsträgers fehlt für diesen Zeitraum jeglicher Hinweis. Dass aber der Staat als solcher dem österreichischen Verhältnis der Gebietskörperschaft entspricht, versteht sich von selbst. Für die Zeit vom bis haben die Vorinstanzen daher dem Klagebegehren zu Recht stattgegeben.

V.5. Für die Zeit vom bis ist der Nachweis der Beschäftigung der Klägerin bei einer dem Begriff der Gebietskörperschaft entsprechenden Körperschaft öffentlichen Rechts hingegen nicht gelungen. Rechtsträger des Krankenhauses, in dem die Klägerin beschäftigt war, war in dieser Zeit eine mit Rechtssubjektivität ausgestattete staatliche Haushaltsorganisation. Dass dieser Rechtsträger den für die Annahme einer Gebietskörperschaft erforderlichen Kriterien entspricht, ist den Feststellungen in keiner Weise zu entnehmen. Ebenso fehlt es an Feststellungen, dass die Klägerin trotz der ab geänderten Rechtsträgerschaft weiter in einem Dienstverhältnis zum Staat gestanden und dem nunmehrigen Rechtsträger nur zur Dienstleistung zugewiesen worden wäre. Dazu fehlt auch jegliches Vorbringen der insoweit beweispflichtigen Klägerin. Da die Klägerin durch entsprechende Einwände der Beklagten bereits in erster Instanz auf die Unzulänglichkeit ihres Vorbringens hingewiesen wurde, bedarf es insoweit auch keiner neuerlichen Erörterung. In diesem Umfang ist das Verfahren vielmehr im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens spruchreif.

V.6. Welche Auswirkungen das Unterbleiben der Anrechnung der in der Zeit vom bis zum zurückgelegten Vordienstzeiten auf die Höhe des Klagebegehrens hat, lässt sich derzeit nicht beurteilen. Zur Ermittlung der Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs ist es erforderlich, die Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofs mit den Parteien zu erörtern und sie zu entsprechendem Vorbringen über die daraus resultierende Höhe des Klagebegehrens aufzufordern. Auf dieser Grundlage wird sodann - erforderlichenfalls nach Aufnahme beantragter Beweise - über das Klagebegehren abschließend zu entscheiden sein. In Stattgebung der Revision war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Arbeitsrechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

V.7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.