OGH vom 26.01.2018, 8Ob2/18d

OGH vom 26.01.2018, 8Ob2/18d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Dr. H***** S*****, vertreten durch den (einstweiligen) Sachwalter MMag. Josef Lercher, Rechtsanwalt in Röthis, wegen Sachwalterbestellung, über die Revisionsrekurse des Betroffenen und des Sachwalters gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 2 R 265/17m-41, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom , GZ 21 P 20/17z-31, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestellte den Zweitrevisionsrekurswerber zum einstweiligen Sachwalter gemäß § 120 AußStrG und § 268 ABGB zur Regelung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten des Betroffenen, insbesondere zur Verwaltung von Vermögen und Einkommen, zur Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern und dergleichen sowie gegenüber Banken und privaten Geschäftspartnern im In- und Ausland. Aufgrund der Auswirkungen eines leichtgradigen demenziellen Syndroms sei der Betroffene nicht mehr ohne Unterstützung in der Lage, die genannten Angelegenheiten ohne die Gefahr eines Nachteils zu besorgen. Da vorwiegend rechtliche Angelegenheiten zu prüfen seien, insbesondere auch im Zusammenhang mit der erfolgten Zwangsversteigerung einer Liegenschaft des Betroffenen, sei zumindest bis auf Weiteres der vom Betroffenen selbst für diesen Fall gewünschte Rechtsanwalt zum Sachwalter zu bestellen gewesen.

Das gab den Rekursen des Betroffenen und des Sachwalters keine Folge.

Die vom Betroffenen angefochtene Bestellung eines Sachwalters sei frei von Verfahrensmängeln erfolgt und aufgrund der festgestellten psychischen Beeinträchtigungen und ihrer Auswirkungen notwendig. Die im Rekurs des Sachwalters gegen die Bestellung seiner Person ins Treffen geführte Begründung, weshalb ihm die Übernahme dieses Amtes nicht zumutbar sei, könne nicht überzeugen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurse des Betroffenen und des Sachwalters zeigen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf.

1. Weder eine behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (hier: ob ein weiteres Gutachten einzuholen gewesen wäre), die von der zweiten Instanz verneint wurde, noch eine Unrichtigkeit der vom Rekursgericht geprüften und übernommenen erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen können in dritter Instanz geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0007236; RS0108449; RS0050037 [T7]; RS0042963 [T61]; jüngst 8 Ob 37/17z).

2. Für die Beurteilung der Frage, ob der Betroffene an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung leidet, ist ein Sachverständiger beizuziehen (§ 121 Abs 5 AußStrG), bei dem es sich um eine Person handeln muss, die aufgrund ihrer Ausbildung, ihres Berufs und ihrer Erfahrung geeignet ist, ein medizinisches Gutachten über den Gesundheitszustand des Betroffenen abzugeben, soweit es für die Beurteilung einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung von Bedeutung ist. Praktisch kommt dafür vor allem ein Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie in Betracht, jedoch ist auch ein anderes einschlägiges Fachgebiet, wenn es den Sachverständigen zur Erfüllung des Gutachtensauftrags fachlich befähigt, nicht von vornherein ausgeschlossen (Maurer, Sachwalterrecht³ § 121 AußStrG Rz 39; Zankl/Mondel in Rechberger, AußStrG² § 121 Rz 4; Schauer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 121 Rz 23; 6 Ob 147/14g).

Da die Qualifikation der hier beigezogenen Sachverständigen (für allgemeine klinische und Neuropsychologie sowie Gesundheitspsychologie) unter dem Gesichtspunkt ihres Fachgebiets im Rekurs nicht in Frage gestellt (sondern sogar die Einholung eines weiteren Gutachtens aus dem selben Fachgebiet verlangt) wurde und auch das Rekursgericht die Fachkunde dieser Sachverständigen ausdrücklich nicht anzweifelte, ist es dem Betroffenen verwehrt, nunmehr im Revisionsrekursverfahren diesen (angeblichen) Mangel aufzugreifen (vgl schon 6 Ob 147/14g).

3. Soweit sich der bestellte (einstweilige) Sachwalter gegen die Auswahl seiner Person mit der Begründung wendet, das Erstgericht habe keine abgestufte Prüfung iSd § 279 ABGB vorgenommen, entfernt er sich unzulässig von den Feststellungen und vom Akteninhalt.

Ebensowenig stellt es eine revisible Fehlbeurteilung dar, dass die vorläufige Bestellung eines Rechtsanwalts statt einer anderen Person objektiv zweckmäßig war, weil die Aufgaben des Sachwalters die Prüfung von Rechtsfragen umfassen (allfällige Anfechtung der Versteigerung einer Liegenschaft des Betroffenen; Klärung zwischenstaatlicher Versicherungsfragen zu bereits aufgelaufenen hohen Behandlungskosten).

4. Auch die Beurteilung, ob einem Rechtsanwalt die Übernahme einer konkreten Sachwalterschaft persönlich zumutbar ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0123440 [T9]). Es ist keineswegs unvertretbar, wenn die Vorinstanzen bei Art und Umfang der hier zu besorgenden, keine häufigen Besuchskontakte erfordernden Angelegenheiten weder eine Wegstrecke von rund 20 km noch die gewöhnliche Belastung eines allein geführten Kanzleibetriebs als unzumutbare Erschwernis betrachtet haben, die der Bestellung des vom Betroffenen ausdrücklich gewünschten Anwalts entgegenstanden.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00002.18D.0126.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.