OGH vom 29.11.2016, 9ObA133/16y

OGH vom 29.11.2016, 9ObA133/16y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn und Dr. Weixelbraun Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Stephan Rainer, Dr. Andreas Ruetz, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Norbert Huber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 25.460,82 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 26/16w 21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob die Aneinanderreihung von Arbeitsverträgen im Einzelfall unter den konkret gegebenen Umständen gerechtfertigt ist oder nicht, bietet – wie das Berufungsgericht bereits ausgesprochen hat – regelmäßig keinen Anlass für grundlegende Ausführungen des Obersten Gerichtshofs (RIS Justiz RS0028327 [T13]).

Im Anlassfall war zu entscheiden, ob eine sachliche Rechtfertigung für die (zweimalige) befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der behinderten Klägerin vorlag. Allein aus dem Wesen des Betriebs der Beklagten als integrativ im Sinn des § 11 BEinstG lassen sich für die Frage der Rechtfertigung der (insgesamt drei) mit der Klägerin abgeschlossenen befristeten Arbeitsverhältnisse keine zwingenden, verallgemeinerungsfähigen Argumente gewinnen. Wenn die Beklagte besonders ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von Förderungen im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der Befristung der Beschäftigung behinderter Arbeitnehmer im Rahmen eines integrativen Betriebs im Sinn des § 11 Abs 1 BEinstG betont, lässt sie unbeachtet, dass unter anderem § 11 Abs 4 lit a BEinstG sicherstellen werden soll, dass jene Betriebe, die eine Förderung aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds erhalten wollen, die Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts gegenüber den beschäftigten Behinderten einhalten ( Widy in Widy / Auer - Mayer / Schrattbauer , BEinstG 8 § 11 Erl 16; Mayr in ZellKomm² BEinstG § 11 Rz 2). Für die Klägerin gilt in Bezug auf die Zulässigkeit der mehrfachen Befristung ihres Arbeitsverhältnisses kein Sonderarbeitsvertragsrecht, sondern die allgemeine Rechtsprechung, dass bei mehrmaliger Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse die inhaltlichen Anforderungen an die Rechtfertigung desto strenger zu prüfen sind, je öfter die Aneinanderreihung erfolgt (RIS Justiz RS0028327 [T3]).

Im Einzelfall mag aus der konkreten Förderungslage bezüglich eines konkreten Behinderten ein Argument des Arbeitgebers zur Rechtfertigung der unter Umständen auch mehrmaligen Befristung des Arbeitsverhältnisses zu gewinnen sein. Die der Beklagten aber offenbar vorschwebende Überlegung, dass die mehrmalige Befristung bei behinderten Beschäftigten eines integrativen Betriebs jedenfalls und automatisch gerechtfertigt sei, findet im Arbeitsvertragsrecht und der einschlägigen Rechtsprechung keine Deckung.

Wie schon einleitend gesagt, hängt die Rechtfertigung einer mehrmaligen Befristung regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab, die kaum Gelegenheit zu verallgemeinerungsfähigen Aussagen bieten. Wenn nun das Berufungsgericht unter Beachtung der vorhandenen Rechtsprechung die Rechtfertigung der Befristung im Fall der Klägerin verneinte, so kann darin keine unvertretbare Beurteilung erkannt werden.

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00133.16Y.1129.000