OGH vom 30.05.2005, 8ObA28/05h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Robert Ploteny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gertrude M*****, Krankenschwester, *****, vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei G*****GmbH, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 56.621,10 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 10/05z-16, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Bei der Prüfung des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit ist an das Verhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen, der nach den Begleitumständen des Einzelfalles und nach den gewöhnlichen Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise angewendet zu werden pflegt (RIS-Justiz RS0029733; zuletzt etwa 8 ObA 88/03d). Entscheidend ist, ob das Verhalten des Angestellten als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Arbeitgebers derart heftig erschüttert wird, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0029323; zuletzt etwa 8 ObA 88/03d).
Ob ein Fehlverhalten des Angestellten derart schwerwiegend ist, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nicht mehr zugemutet werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann. Von einer unvertretbaren Fehlbeurteilung der zweiten Instanz kann aber hier nicht die Rede sein.
Dass die Klägerin ihre gelegentliche Nebenbeschäftigung (1-2 mal monatlich wenige Stunden) nicht gemeldet hat, trifft zu. Es steht aber auch fest, dass ihre Mitteilung, die Berechtigung zur freiberuflichen Tätigkeit erworben zu haben, ohne Reaktion und ohne jede Nachfrage zur Kenntnis genommen wurde. All das kann die von der Klägerin zu erwartende unmissverständliche Meldung einer Nebenbeschäftigung nicht ersetzen, ist aber doch geeignet, das Gewicht ihres Verhaltens zu relativieren.
Die einstündige Tätigkeit für eine andere Klinik während ihres Krankenstandes hatte die Klägerin mit ihrem Arzt abgesprochen, der diesen Einsatz ausdrücklich gebilligt hat. Es wurde nicht festgestellt (und wird auch gar nicht geltend gemacht), dass dadurch eine Verzögerung des Heilungsverlaufs ausgelöst wurde. Der Einwand, dass die Klägerin diesen „Arbeitsversuch" bei der Beklagten hätte durchführen müssen, geht am Sachverhalt vorbei: Grund für den Operationseinsatz der Klägerin war ja nicht, dass der Arzt einen „Arbeitsversuch" angeordnet hatte. Vielmehr hatte sich die Klägerin zu diesem Einsatz überreden lassen und dazu von ihrem Arzt die Erlaubnis eingeholt.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass das Verhalten der Klägerin den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nicht verwirkliche, jedenfalls als vertretbar, sodass die Revision nicht zulässig ist.