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OGH vom 12.11.2002, 10ObS206/02w

OGH vom 12.11.2002, 10ObS206/02w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Taucher (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ludwig O*****, vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 12/02i-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 5 Cgs 68/01a-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden, soweit das Klagebegehren auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer im gesetzlichen Ausmaß für den Zeitraum bis abgewiesen wurde, als Teilurteil bestätigt. Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Sozialrechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am geborene Kläger stellte am bei der beklagten Partei den Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer.

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei diesen Antrag gemäß §§ 253b Abs 1 ASVG iVm § 588 Abs 7 ASVG ab, weil der Kläger zum Stichtag zwar das 60. Lebensjahr vollendet, aber (von 540 erforderlichen) nur 521 Beitrags- und Ersatzmonate erworben habe. Das Erstgericht wies das gegen diesen Bescheid erhobene, auf die Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab dem Stichtag und auf Bezahlung einer vorläufigen Leistung von monatlich S 15.000 gerichtete Klagebegehren ab. Es hielt als unstrittig fest, dass der Kläger zum Stichtag 521 Beitragsmonate und keine Ersatzmonate erworben habe, und dass ihm seit ein Pensionsvorschuss gewährt werde. In rechtlicher Hinsicht folgte es dem von der beklagten Partei vertretenen Standpunkt. Nach der für den Kläger relevanten Übergangsbestimmung des § 588 Abs 6 (Z 1) ASVG gebühre die Alterspension bei langer Versicherungsdauer den Versicherten, die das 60. Lebensjahr im Jänner, Februar oder März 2001 vollendet haben, bereits nach Vollendung des 724. Lebensmonates. Da der Kläger dieses Anfallsalter erst am (gemeint: zum Stichtag) erreiche, sodass eine frühere Zuerkennung der Pensionsleistung nicht möglich sei, sei klageabweisend zu entscheiden.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es hielt zwar fest, dass dem Kläger seit [Anm: Schluss der Verhandlung erster Instanz: ] ein Pensionsvorschuss auf die Bruttopension von S 29.176,80 = EUR 2.120,36 gewährt werde (Seite 4 der Berufungsentscheidung), schloss sich jedoch der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes, dass das Klagebegehren abzuweisen sei, an und teilte nicht die vom Kläger vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Durch die stufenweise Anhebung des Pensionsalters habe der Gesetzgeber den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes iSd bei der Änderung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche eingeräumten Ermessensspielraumes entsprochen. Die den Kläger betreffende viermonatige Anhebung stelle keine unzumutbare Verschlechterung seiner Rechtsposition, sondern eine zulässige schonende Form der Erhöhung des Pensionsalters aus budgetären Gründen iSd gesamten Volkswirtschaft, womit nicht intensiv und dem Vertrauensschutz widerstreitend in erworbene Rechtspositionen eingegriffen worden sei. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis im Sinn des Aufhebungsantrages teilweise berechtigt.

Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2000 (SRÄG 2000), welches Anfang Juli 2000 im Nationalrat beschlossen und am im Teil I des Bundesgesetzblattes unter der Nr 92 kundgemacht wurde, wurden unter anderem Maßnahmen der Pensionsreform 2000 beschlossen. So wurde das Zugangsalter für die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit und für die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer einschließlich der Gleitpension so angehoben, dass im Dauerrecht ab ein Anfallsalter von 61 ½ Jahren (738 Monaten) für Männer und 56 ½ Jahren (678 Monaten) für Frauen erreicht wird. Die Übergangsbestimmungen des § 588 Abs 6 ASVG sehen dafür eine stufenweise Anhebung in der Weise vor, dass das beginnende Zugangsalter mit alle drei Monate um jeweils zwei Monate steigt, wobei die Erhöhung um zwei Monate mit beginnt, bis schließlich an dem die volle Erhöhung um insgesamt 18 Monate in Kraft tritt (vgl dazu auch die im Wesentlichen gleichlautenden Übergangsbestimmungen des § 286 Abs 4 GSVG und § 276 Abs 4 BSVG). Es sind daher von der Anhebung des Pensionsalters männliche Versicherte, die bis einschließlich das 60. Lebensjahr, und weibliche Versicherte, die das 55. Lebensalter vollendet haben, nicht betroffen.

Zur Vermeidung von Härten im Zuge der Anhebung des Anfallsalters sind folgende Sonderregelungen vorgesehen:

Männliche Versicherte, die vor dem das 55. Lebensjahr vollendet haben, können weiterhin mit Vollendung des 60. Lebensjahres die vorzeitige Alterspension in Anspruch nehmen, wenn und soweit sie 540 Beitragsmonate (45 Beitragsjahre) erworben haben. Weibliche Versicherte, die vor dem das 50. Lebensjahr vollendet haben, können mit 55 Jahren die vorzeitige Alterspension in Anspruch nehmen, soferne sie 480 Beitragsmonate (40 Beitragsjahre) erworben haben. Dabei sind auch Kindererziehungszeiten bis zu fünf Jahren, Präsenz- oder Zivildienstzeiten bis zu einem Jahr zu berücksichtigen (§ 588 Abs 7 ASVG;§ 286 Abs 5 GSVG;§ 276 Abs 5 BSVG). Weiters können Versicherte, bei denen durch die Anhebung des Pensionsalters eine besondere Härte vorliegt, zum Ausgleich in den Jahren 2001 und 2002 einen Antrag auf Unterstützung beim Pensionsversicherungsträger einbringen. Die Pensionsversicherungsträger wurden in diesem Zusammenhang ermächtigt, in diesen Jahren zusätzliche Mittel an den Unterstützungsfonds zu überweisen (§ 588 Abs 7a ASVG;§ 286 Abs 5a GSVG;§ 276 Abs 5a BSVG). Schließlich bleibt für Versicherte, die nach bisheriger Rechtslage Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer mit Stichtag zwischen und hätten und deren Arbeitsverhältnis nachweislich zum zu einem Termin zwischen dem und dem nachweislich wegen Inanspruchnahme der Pension gelöst wurde, das bisherige Antrittsalter erhalten (§ 588 Abs 15 ASVG).

Im Zusammenhang mit der Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension sind im SRÄG 2000 auch mehrere arbeitsmarktpolitische Begleitmaßnahmen enthalten, die die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erleichtern und absichern sollen. Es handelt sich dabei insbesondere um die Erleichterung der Inanspruchnahme der Bildungskarenz und der Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen; die Sicherung von Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung für von der Anhebung des Antrittsalters für die vorzeitige Alterspension betroffene ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen des Einkommens des Ehepartners oder Lebensgefährten keinen Anspruch auf Notstandshilfe haben; die Verstärkung des Anreizsystems zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer durch gänzlichen Entfall des Dienstgeberanteils am Arbeitslosenversicherungsbeitrag bereits bei Einstellung von Personen über 50 und spürbare Anhebung des Malus sowie um Änderungen beim Altersteilzeitgeld. Bereits im Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2000 - ARÄG 2000, BGBl I 2000/44, war eine Verlängerung der Bezugsdauer von Alters-Arbeitslosengeld sowie eine Kündigungsanfechtung in Kleinstbetrieben für ausgewählte Geburtsjahrgänge enthalten (vgl RV 181 BlgNR XXI. GP 29; Gabriele Schmid, SRÄG 2000-ARÄG 2000: Arbeitsmarktpolitische Begleitmaßnahmen zur Pensionsreform, DRdA 2000, 446 ff; infas 2000, 140 f ua). Nach den Erläuternden Bemerkungen zur RV 181 BlgNR XXI. GP 24 f seien die langfristigen Finanzierungsprobleme des österreichischen Alterssicherungssystems seit langem bekannt. Studien und Gutachten ließen erkennen, dass die Hauptprobleme im viel zu niedrigen Pensionsantrittsalter und in der zu erwartenden tiefgreifenden Veränderung der Bevölkerungsstruktur, hervorgerufen durch die steigende Lebenserwartung und den Geburtenrückgang, lägen. Die bisher durchgeführten Pensionsreformen hätten diese Probleme nicht lösen können. Die Bundesregierung halte es daher für unausweichlich, rasch weitere Maßnahmen zur längerfristigen Sicherung des Pensionssystems zu setzen. Die gleichzeitige Notwendigkeit der Konsolidierung des Bundesbudgets mache es unvermeidlich, das Bundesbudget kontinuierlich von Ausgaben für die Alterssicherung im privaten und öffentlichen Sektor zu entlasten. Um dieses Ergebnis zu erreichen, müssten die geplanten Maßnahmen so rasch wie möglich zu greifen beginnen, da sie aus sozialen Gründen und zur Wahrung des Vertrauensschutzes zum Teil nur schrittweise realisiert werden könnten. Trotz der Notwendigkeit, zu rasch wirkenden Ergebnissen zu kommen, sei es ein besonderes Anliegen der Bundesregierung gewesen, alle Maßnahmen unter Beachtung unterschiedlicher sozialer Betroffenheit auszugestalten. Die Anhebung des Zugangsalters bei den vorzeitigen Alterspensionen und die geringfügige Veränderung des Bonus/Malus-Systems bei vorzeitiger bzw späterer Inanspruchnahme einer Pension müsse zwar so rasch wie möglich beginnen, sei aber zur Schonung der unmittelbar Betroffenen etappenweise auf einen Zeitraum von zwei Jahren verteilt worden. Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 56 ½ Jahre bei Frauen und bei 61 ½ Jahre bei Männern als eine der Maßnahmen zur nachhaltigen Sicherung der gesetzlichen Pensionsversicherung sei so ausgestaltet worden, dass die Pensionisten in keinem Fall eine niedrigere Pension erhalten, als sie diese nach noch geltendem Recht mit 55 bzw 60 Jahren erhalten hätten (RV aaO 24 und 32). In den finanziellen Erläuterungen werden die durch die Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters für die vorzeitige Alterspensionen und Neuregelung der Invaliditätspensionen (Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeitspension) erwarteten Einsparungen beim Leistungsaufwand bzw beim Bundesbeitrag für das Jahr 2000 mit 195 Millionen Schilling, für 2001 mit 2,08 Milliarden Schilling, für 2002 mit S 4,505 Milliarden, für 2003 mit 6,92 Milliarden Schilling und für 2004 mit 8,75 Milliarden Schilling beziffert (RV aaO 39). Das SRÄG 2000 wurde nach seiner erstmaligen Kundmachung am im Teil I des Bundesgesetzblattes unter der Nr 92 am nochmals unter der Nr 101 kundgemacht, wobei angefügt wurde, dass diese Kundmachung die erste Kundmachung ersetzen soll. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , G 152/00-11, die mit BGBl I 2000/92 fehlerhaft kundgemachten Bestimmungen des SRÄG 2000 (Ambulanzgebühren), die allerdings den vorliegenden Rechtsstreit nicht betreffen, zum Teil auf und sprach weiters aus, dass die zweite Kundmachung des SRÄG 2000 mit BGBl I 2000/101 zur Gänze verfassungswidrig sei.

Der Kläger macht in seinen Revisionsausführungen ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier maßgebenden Bestimmungen des § 588 Abs 6 und Abs 7 ASVG iVm §§ 253a Abs 1, 253b Abs 1 und 253c Abs 1 ASVG idF SRÄG 2000, BGBl I 2000/92, geltend. Diese Bestimmungen seien verfassungswidrig, weil sie gegen Art 7 B-VG und Art 2 StGG sowie Art 1 des 1. ZP EMRK verstießen, also gegen den daraus erfließenden Vertrauensschutz und gegen den Schutz der Unverletzlichkeit des Eigentums. Der Kläger regt deshalb auch eine entsprechende Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens an.

Der erkennende Senat sieht sich auf Grund folgender Erwägungen zu dieser Antragstellung nicht veranlasst:

Der Kläger macht geltend, dass die Anhebung des Pensionsantrittsalters bzw die Festlegung von 540 Beitragsmonaten (als weitere Voraussetzung neben dem Eintritt des 60. Lebensjahres) einer rückwirkenden Gesetzesänderung gleichkomme und eine überraschende nachträgliche Belastung des Klägers darstelle. Dieser habe darauf vertrauen dürfen, ab dem Stichtag Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer zu haben. Er habe sein Leben entsprechend geplant. Da er in der Zeit vom bis zum arbeitslos gewesen sei, hätte er die Möglichkeit gehabt, durch freiwillige Einzahlung der Sozialversicherungsbeiträge 20 weitere Beitragsmonate zu erwerben und damit zum genannten Stichtag die neuen Anspruchsvoraussetzungen (Eintritt des 60. Lebensjahres und 540 Beitragsmonate) zu erfüllen. Durch die Unvorhersehbarkeit der Gesetzesänderung sei ihm diese Möglichkeit genommen worden. Er erleide einen finanziellen Schaden von ca EUR 7.267, und sei dadurch in seinem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Gleichheit (Art 7 B-VG und Art 2 StGG) bzw im Recht auf das "geschützte Eigentum" gemäß Art 1 des 1. ZP EMRK verletzt.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (siehe vor allem VfSlg 11665, 15269 sowie zuletzt etwa im Erkenntnis vom , B 611/00) dargetan, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. In dieser Rechtsprechung kommt jedoch auch zum Ausdruck, dass die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, sachlich begründbar sein muss. Weiters wird darin die Auffassung vertreten, dass auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, die an sich sachlich gerechtfertigt sind, nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen können (vgl VfSlg 11309). Dabei hat der Verfassungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann verletzt, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, wobei diesem - aus dem Gleichheitssatz erfließenden - Vertrauensschutz (vgl VfSlg 11288) gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukommt (vgl VfSlg 12568, 14090 ua), und hier vor allem für Personen, "die nahe dem Pensionsalter sind und die daher ihre Lebensführung bereits auf den herannahenden Ruhestand eingerichtet haben" (VfSlg 12568).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann insbesondere auch der in der Hinaufsetzung des Pensionsanfallsalters gelegene Eingriff in eine Rechtsposition eine Einschränkung des Vertrauens auf die geltende Rechtslage bedeuten (VfSlg 14090; ). Im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Regelung einen schwerwiegenden und plötzlichen Eingriff in erworbene Rechtspositionen vornimmt, auf deren Bestand der Rechtsunterworfene berechtigterweise vertrauen durfte, ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes insbesondere auch zu prüfen, ob ausreichende Übergangsbestimmungen bestehen, die den Betroffenen eine bei Durchschnittsbetrachtung realistische Chance einräumen, die nachteiligen Auswirkungen der Änderung abzufangen ( mwN; VfSlg 15373 ua).

Die vom Kläger als verfassungswidrig erachteten gesetzlichen Bestimmungen sind Teil eines Regelungskomplexes, der - wie sich aus den bereits zitierten Gesetzesmaterialien (vgl EB zur RV 181 BlgNR XXI. GP 24 ff) ergibt - insgesamt das Ziel verfolgt, das Pensionssystem längerfristig zu sichern und das Bundesbudget zu konsolidieren. So wird in den Erläuternden Bemerkungen unter anderem darauf hingewiesen, dass die Beitragssätze in der gesetzlichen Pensionsversicherung zu den höchsten in Europa zählten und eine weitere Anhebung derzeit nicht vertretbar erscheine. Die durch Beiträge nicht gedeckten Ausgaben der Pensionsversicherung müssten daher durch Zuschüsse finanziert werden, die das Bundesbudget belasten. Diese Belastungen würden sich nach dem Gutachten des Beirats für die Renten- und Pensionsanpassung für das Jahr 2000 von rund 63 Milliarden Schilling im Jahr 1999 auf rund 66 Milliarden Schilling im Jahr 2000, rund Schilling 70 Milliarden im Jahr 2001, rund Schilling 77 Milliarden im Jahr 2002, rund 83 Milliarden Schilling im Jahr 2003 und rund 90 Milliarden Schilling im Jahr 2004 erhöhen. Im Hinblick auf diese prognostizierten steigenden Ausgaben sei rasches Handeln unvermeidbar. Jedes Zuwarten hätte zur Folge, dass die zur langfristigen Sicherung der Pensionen erforderlichen Maßnahmen weit einschneidender seien und daher zu gravierenderen Eingriffen in die Pensionserwartungen der demnächst in Pension gehenden Versicherten führen müssten. Dazu komme, dass sich die von der früheren Regierung gehegten Erwartungen, dank der Maßnahmen der Pensionsreform 1997 werde es auch ohne Erhöhung des Pensionsantrittsalters zu einem Rückgang in der Zahl der frühzeitigen Pensionen kommen, nicht erfüllt haben. Diese zwingenden systemimmanenten Gründe für eine rasch greifende Pensionsreform würden noch durch die Notwendigkeit verstärkt, das Defizit des Bundeshaushaltes so rasch wie möglich zu verringern, wozu Österreich auch gegenüber der Europäischen Union verpflichtet sei. Die Bundesregierung habe sich daher dazu entschließen müssen, neben Sparmaßnahmen auf vielen anderen Gebieten auch ein Reduktion des Staatszuschusses für die Alterssicherung ins Auge zu fassen. Um die angepeilte Gebarung zu erreichen, müssten die Staatszuschüsse für die Alterssicherung im privaten und öffentlichen Sektor bis zum Jahr 2003 um 15 Milliarden Schilling gesenkt werden, wobei auf den privaten Sektor 10 Milliarden Schilling entfallen sollen. Dieser Erfolg lasse sich jedoch nur erzielen, wenn die Maßnahmen so rasch wie möglich wirksam werden, da kein Eingriff in bestehende Pensionen beabsichtigt sei und die Einsparungen daher nur bei neuanfallenden Pensionen und im Zuge der Pensionsanpassung erzielt werden könnten (RV aaO 26 f). Im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzungen, wie etwa das Bestreben, den Staatshaushalt zu entlasten oder das Budget zu konsolidieren, das Pensionssystem längerfristig zu sichern bzw das tatsächliche an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen, sind - wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinen Erkenntnissen VfSlg 11665, 14867, 14888, 15269 ua - ausgesprochen hat, grundsätzlich geeignet, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen.

Der Gleichheitssatz setzt dem Gesetzgeber insofern verfassungsrechtliche Schranken, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 13743, 11369 mwN ua). Dem einfachen Gesetzgeber ist es jedoch durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen (VfSlg 13743; 7973 mwN ua). Dass die Erhöhung des Pensionsanfallsalters als eine der Maßnahmen der Pensionsreform 2000 geeignet ist, das damit verfolgte Ziel zu erreichen, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Der erkennende Senat hat aber auch nicht das Bedenken, dass die im § 253b ASVG iVm der Übergangsbestimmung des § 588 Abs 6 ASVG jeweils idF SRÄG 2000 vorgesehene schrittweise Erhöhung des Pensionsanfallsalters im Hinblick auf die Intensität und Plötzlichkeit des Eingriffes in die bis dahin erworbene Pensionsanwartschaft aus der Sicht des Gleichheitssatzes unzulässig wäre.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einzuhalten. Seine Anwendung setzt eine Abwägung zwischen der gesetzgeberischen Zielsetzung und der Betroffenheit des Normunterworfenen voraus. So hält der Verfassungsgerichtshof einen bloß geringfügigen Eingriff verfassungsrechtlich für unbedenklich (etwa eine dauernde Pensionskürzung von 1,4 % bei stufenweisem In-Kraft-Treten [VfSlg 14867], eine Gehaltsreduktion um etwa 1,5 % [VfSlg 14888], eine rund 10 %ige Kürzung von Ruhebezügen ehemaliger Gemeinderatsmitglieder ohne Übergangsbestimmung [VfSlg 14846] und sogar eine im Durchschnitt 12 %ige Kürzung von Beamtenpensionen als Folge einer Verringerung der Bemessungsgrundlage bei frühzeitiger Pensionierung ebenfalls ohne Übergangsbestimmung [VfSlg 15269] während eine Kürzung von maximal etwas über 14 % bei einem als vergleichsweise gering einzustufenden Einkommen der Rechtspraktikanten als schwerwiegend beurteilt wurde [VfGH, , G 59/00 ua] - dies zu den Ausführungen des Revisionswerbers, wonach er durch die Erhöhung des Antrittsalters einen finanziellen Schaden von EUR 7.267,-- erleide). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Schutzbedürfnis bei noch aktiven Versicherten in der Regel geringer ist als jenes der Pensionisten und die Erhöhung des Pensionsantrittsalters für die Betroffenen eine mildere Form als eine Verschlechterung der Pensionsformel darstellt, da diese eine Dauerwirkung entfaltet. Doch selbst wenn man die Erhöhung des Pensionsantrittsalters als "nicht mehr geringfügigen Eingriff in die bis dahin erworbene Pensionsanwartschaft" werten wollte, wäre zu berücksichtigen, dass die mit der Neuregelung des Pensionsanfallsalters verbundenen nachteiligen Auswirkungen durch die vom Gesetzgeber vorgesehene Übergangsregelung gemildert werden (; VfSlg 15269, 14846 ua).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Regelung dann verfassungswidrig, wenn sie einen schwerwiegenden und plötzlich eintretenden Eingriff in erworbene Rechtspositionen vornimmt, auf deren Bestand der Rechtsunterworfene berechtigterweise vertrauen durfte. Dabei ist auch zu prüfen, ob besondere - im öffentlichen Interesse gelegene - Umstände vorliegen, die einen solchen Eingriff rechtfertigen könnten ( ua mwN; VfSlg 15269 ua). Für die Notwendigkeit eines raschen In-Kraft-Tretens der Erhöhung des Anfallsalters sprachen, wie bereits dargelegt, vor allem finanzielle Überlegungen. Bei der Abwägung zwischen der Eingriffsnotwendigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Betroffenen muss schließlich auch berücksichtigt werden, dass im konkreten Fall durch den Gesetzgeber veranlasste langfristige Dispositionen des Versicherten, die sich letztlich als Fehldispositionen herausstellen, nicht in Betracht kommen und der durch die Erhöhung des Pensionsanfallsalters hervorgerufenen vorübergehenden Beeinträchtigung in der Gestaltung der Freizeit bei der gebotenen Abwägung wohl unbestreitbar keine ausschlaggebende Bedeutung zuerkannt werden kann. Im Hinblick auf die im Übergangszeitraum von zwei Jahren vorgesehene stufenweise Abfolge kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass jene Versicherten, welche ihrem Lebensalter nach dem Übertritt in den Ruhestand nahe sind, von einer plötzlichen, bedeutsamen Schlechterstellung betroffen werden. So erfolgte im Fall des Klägers die Änderung der Rechtslage bereits ca ein Jahr vor Erreichung des bisher vorgesehenen Pensionsanfallsalters, sodass von einem plötzlichen eintretenden Eingriff in geschützte Vertrauenspositionen nicht gesprochen werden kann. Soweit von Versicherten im Vertrauen auf die geltende Rechtslage durch die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Inanspruchnahme der Pension Vermögensdispositionen getroffen wurden, wurde vom Gesetzgeber unter den im § 588 Abs 15 ASVG angeführten Voraussetzungen die Weitergeltung der bisherigen Rechtslage normiert. Auf die weiteren vom Gesetzgeber zur Vermeidung von Härten im Zuge der Anhebung des Anfallsalters vorgesehenen pensionsrechtlichen (vgl § 588 Abs 7 und Abs 7a ASVG) und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wurde bereits hingewiesen.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Ausführungen besteht für den erkennenden Senat zusammenfassend kein Anlass für die Annahme, dass durch die allmähliche, auf zwei Jahre aufgeteilte Erhöhung des Pensionsantrittsalters ab Oktober 2000 um 18 Monate, bei der durch Übergangsbestimmungen sichergestellt ist, dass sie zu keiner Verringerung der Höhe der Pensionen führt, ein gleichheitsrechtlich unzulässiger Eingriff in bestehende Rechtspositionen erfolge. Demgegenüber sah sich der erkennende Senat in der Frage der Aufhebung des § 253d ASVG gerade wegen des Fehlens eines vergleichbaren Übergangszeitraumes zu einer entsprechenden Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst (vgl 10 ObS 145/01y ua). Im Hinblick auf die dargelegten Überlegungen hält der erkennende Senat die in Rede stehenden Regelungen aber auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nicht für bedenklich. Auch wenn man mit den Ausführungen des Revisionswerbers davon ausgeht, dass der Pensionsanspruch ebenso wie die Anwartschaft auf einen Pensionsbezug ungeachtet ihres öffentlich-rechtlichen Charakters vom Eigentumsschutz des Art 1 des 1. ZP EMRK umfasst seien (vgl VfSlg 15129 betreffend die Notstandshilfe; VfSlg 15193 ua), würde die im Hinblick darauf insbesondere gebotene Prüfung, ob die in Rede stehenden eigentumsbeschränkenden Regelungen im öffentlichen Interesse liegen (vgl VfSlg 11402, 12227) und nicht unverhältnismäßig sind (VfSlg 13587, 13659, 13964), nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf Grund der oben unter Punkt 2. angestellten Erwägungen auch in dieser Hinsicht zur Grundrechtskonformität der Regelungen führen (). Angesichts dessen erscheinen die vom Revisionswerber angegriffenen Bestimmungen auch unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes unbedenklich.

Gemäß Art 89 Abs 2 Satz 2 B-VG hat der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, wenn es gegen die Anwendung dieses Gesetzes Bedenken hat. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist das zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens berufene Gericht nur dann zu dieser Antragstellung (berechtigt oder) verpflichtet, wenn es selbst solche Bedenken hegt. Allein der Umstand, dass eine Partei Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes vorträgt, berechtigt bzw verpflichtet das Gericht für sich allein noch nicht zur Antragstellung (SZ 66/97; SZ 64/128 und 125 mwN ua). Da der Oberste Gerichtshof die in der Revision vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt, besteht kein Anlass zu der vom Kläger angeregten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof. Damit müsste die ausschließlich auf verfassungsrechtliche Argumente gestützte Revision des Klägers erfolglos bleiben. In ihrem Aufhebungsantrag kam ihr jedoch im Ergebnis teilweise Berechtigung zu, weil die Vorinstanzen nicht berücksichtigt haben, dass der Kläger das für ihn nach den Übergangsbestimmungen maßgebende Anfallsalter von 724 Lebensmonaten am , somit noch vor dem am erfolgten Schluss der mündlichen Verhandlung, vollendet hat, wodurch ein neuer Stichtag () ausgelöst wurde. Es entspricht nämlich der Judikatur des erkennenden Senates, dass dann, wenn eine Änderung des Gesundheitszustandes, eine Gesetzesänderung oder eine sonstige Änderung in den Anspruchsvoraussetzungen (etwa auch die Erreichung eines bestimmten Lebensjahres, wenn dies zur Anwendung geänderter Voraussetzungen für den Anspruch auf die begehrte Leistung führt) während des Sozialgerichtsverfahrens (oder des Leistungsverfahrens vor dem Versicherungsträger) eintritt, die sich daraus ergebende Änderung bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Durch diese Änderungen wird, sofern sie für den erhobenen Anspruch von Bedeutung sind, ein neuer Stichtag ausgelöst und die Anspruchsvoraussetzungen sind zu diesem Stichtag zu prüfen (SSV-NF 3/134 ua; RIS-Justiz RS0084533; RS0085973 [T2]; 10 ObS 328/00h; 10 ObS 199/02s).

Die bisher nicht behandelte Frage, ob zum neuen Stichtag () alle Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte Leistung erfüllt sind, wird somit im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen sein. Die Urteile der Vorinstanzen waren daher insoweit als Teilurteil zu bestätigen, als das Begehren auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer und auf Bezahlung einer vorläufigen Leistung von monatlich S 15.000 für den Zeitraum vom bis abgewiesen wurde; im Übrigen - Abweisung des Klagebegehrens für den Zeitraum ab - waren die Entscheidungen der Vorinstanzen jedoch aufzuheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.