OGH vom 27.08.1998, 12Os73/98

OGH vom 27.08.1998, 12Os73/98

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E.Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Urban als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter B***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung als Beteiligter nach §§ 11 zweiter Fall, 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 a Vr 8.275/97-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwältin Mag. Fuchs, des Angeklagten Peter B***** und des Verteidigers Dr. Schuster, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter B***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung als Beteiligter nach §§ 11 zweiter Fall, 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil er am 25.September und in Wien als Bevollmächtigter von Amalie B***** unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen durch Geltendmachung fiktiver Vorsteuern eine von ihm für gewiß gehaltene Verkürzung von Umsatzsteuer in Höhe von 20.000 S für August 1996 und von 3,772.628 S für September 1996 bewirkte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Die rechtliche Beurteilung des Schöffengerichtes, wonach unter dem Beginn der Amtshandlung als maßgeblichen letztmöglichen Termin für die strafbefreiende Erstattung einer Selbstanzeige im Sinne des § 29 Abs 3 lit c FinStrG jener Zeitpunkt zu verstehen sei, zu welchem die Finanzbehörde die Aufforderung zur Herausgabe der Bücher, Aufzeichnungen oder sonstigen steuerlichen Unterlagen ausgesprochen hat, beruht im Einklang mit ständiger Rechtsprechung auf restriktiver Interpretation dieser Ausnahmevorschrift (Dorazil/Harbich § 29 FinStrG E 11, 19 und 25), welche mit der Hintanhaltung der dem Steuerpflichtigen sonst eröffneten Möglichkeit, durch - wie hier - Negieren der Herausgabeaufforderung den für eine wirksame Selbstanzeige entscheidenden Zeitpunkt autonom zu bestimmen, wohl begründet ist. Indem die Beschwerde die Richtigkeit dieser Gesetzesauslegung sinngemäß mit der Begründung bestreitet (Z 9 lit b), die Wortbedeutung des relevierten Gesetzesbegriffes erfordere die Vornahme einer - nach Ansicht des Angeklagten im konkreten Fall bis zur Selbstanzeige unterbliebenen - aktiven Amtshandlung, versagt sie schon allein deshalb, weil die Finanzbehörde fallspezifisch durch die, wenngleich noch nicht durch einen schriftlichen Bescheid finalisierte, Aberkennung sämtlicher inkriminierter Vorsteuerbeträge nach einer wegen der unterlassenen Vorlage von Unterlagen gemäß § 184 BAO vorgenommenen Schätzung, von der der Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom , demnach sieben Tage vor Einlangen der Selbstanzeige, unterrichtet worden war, ohnehin aktiv tätig wurde. Davon abgesehen kann nicht ernsthaft bestritten werden, daß auch die bloße Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen eine aktive Amtshandlung im Rahmen der solcherart formell eingeleiteten Umsatzsteuerrevision darstellt.

Daß der Zeuge Karl P***** weder am 17.Dezember noch am - gleichfalls vom Beschwerdeführer ignorierten - Ersatztermin eine Niederschrift aufnahm, wozu er im übrigen angesichts des Fernbleibens des Angeklagten auch gar nicht in der Lage gewesen wäre, und über das Nichterscheinen keinen Aktenvermerk anlegte, vermag nichts daran zu ändern, daß die Umsatzsteuerprüfung dennoch bereits begonnen hatte. Diese Umstände erforderten demnach als nicht entscheidungswesentlich - der Mängelrüge (Z 5) zuwider - keine gesonderte Erörterung.

Die weitere Beschwerdebehauptung (Z 5), der Zeuge P***** habe ausgesagt, weder er als Prüfer noch sonst ein Finanzbeamter sei vor Einlangen der Selbstanzeige "irgendwie in der gegenständlichen Angelegenheit tätig geworden", kann als nicht aktenkonform auf sich beruhen (68 f). Eine derartige Aussage stünde im übrigen auch im Widerspruch zum (unbestritten gebliebenen) Inhalt des Amalie B***** betreffenden Einkommensteueraktes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht keinen Umstand als erschwerend, den in der Aussage des Angeklagten gelegenen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und die Tatsache, daß fallbezogen (§ 33 Abs 3 lit d FinStrG) kein Schaden herbeigeführt wurde, demgegenüber als mildernd und verhängte über den Angeklagten nach §§ 21 Abs 1, 33 Abs 5 FinStrG eine Geldstrafe von 400.000 S, im Nichteinbringungsfall zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe.

Dagegen richten sich - mit gegensätzlichen Zielen - die Berufungen sowohl des Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft.

Keine davon ist berechtigt.

Wohl ist beiden Rechtsmitteln darin beizupflichten, daß die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe unvollständig und teilweise unzutreffend sind, weil als weiterer Erschwerungsgrund die Wiederholung der strafbaren Handlungen, als zusätzlicher mildernder Umstand dagegen die, wenn auch nicht rechtzeitige Erstattung einer Selbstanzeige (Dorazil/Harbich § 23 FinStrG E 12 b) zu werten gewesen wäre und überdies mangels irgendeines, geschweige denn eines wesentlichen aktenkundigen Beitrages zur Wahrheitsfindung durch die in subjektiver Hinsicht leugnende Verantwortung des Angeklagten der vom Schöffengericht bejahte Milderungsgrund des § 34 Z 17 StGB zu entfallen hat.

Daß sich der Angeklagte durch die Tat nicht persönlich, sondern seine von ihm steuerlich vertretene Mutter durch Finanzierung einer Haussanierung samt Dachbodenausbau bereichern wollte, hat (entgegen der vom Angeklagten vertretenen Berufungsauffassung) keine mildernde Bedeutung.

Angesichts der überaus plump unreflektierten und bei realistischer Betrachtungsweise - nachhaltig - ohne Erfolgsaussicht unternommenen Tatausführung sowie der Tatsache, daß letztlich kein Schaden entstanden ist, trägt eine Geldstrafe von 400.000 S bei gebührender Berücksichtigung (§ 23 Abs 3 FinStrG) der infolge Krankheit (siehe Beilage I bis III zu ON 13) geminderten Erwerbsfähigkeit des Angeklagten und seines deshalb kaum anhebbaren Einkommens von nur 5.000 S monatlich (Dorazil/Harbich aaO E 13) trotz des in der Tat aktualisierten nicht unbeträchtlichen sozialschädlichen Gesinnungsunwertes fallbezogen den spezial- und generalpräventiven Strafzwecken noch hinreichend Rechnung, weshalb der Berufung der Staatsanwaltschaft der Erfolg zu versagen war.

Für eine Herabsetzung der vergleichsweise ohnehin milden Strafe bleibt allerdings gleichfalls kein Raum.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.