OGH 07.09.2009, 9ObA110/09f
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz R*****, Elektrotechniker, *****, vertreten durch Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Rudolf W*****, Unternehmer, *****, vertreten durch Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 39.191,05 EUR brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 49/09v-30, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 36 Cga 41/08i-24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über den in der Revision enthaltenen Ablehnungsantrag der beklagten Partei betreffend den fachkundigen Laienrichter des Oberlandesgerichts Graz Mag. S***** unterbrochen.
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Graz mit dem Auftrag zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag der beklagten Partei übermittelt.
Text
Begründung:
In Stattgebung der Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, dass es die Klageforderung mit 33.534,16 EUR brutto als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und die beklagte Partei unter Einschluss eines rechtskräftigen Teilzuspruchs für schuldig erkannte, dem Kläger 33.534,16 EUR brutto sA zu zahlen. Ein Mehrbegehren von 5.479,41 EUR brutto sA wies es ab.
Gegen den Zuspruch von 24.747,96 EUR sA richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei, in der auch die Nichtigkeit des Berufungsverfahrens iSd § 477 Abs 1 Z 1 ZPO iVm § 20 Z 4 JN als Revisionsgrund geltend gemacht wird; diese bestehe darin, dass an der Entscheidung des Berufungsgerichts der fachkundige Laienrichter Mag. S***** „als von der Arbeiterkammer entsendetes Organ" mitgewirkt habe, obwohl der Kläger von einem von der Arbeiterkammer beauftragten Rechtsanwalt vertreten werde. Mag. S***** sei daher gemäß § 20 Z 4 JN ausgeschlossen. Hilfsweise werde er gemäß § 19 Z 2 JN wegen Befangenheit abgelehnt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag ist gemäß § 23 JN aber nicht der Oberste Gerichtshof, sondern das Oberlandesgericht Graz funktionell berufen, das ja auch, wenn es der Ablehnung stattgeben sollte, die von einem abgelehnten Richter vorgenommene Prozesshandlung aufzuheben hätte (§ 25 JN letzter Satz). Diese Zuständigkeit gilt auch, wenn die Ablehnung in einem Rechtsmittel erfolgt ist. Die Geltendmachung der Befangenheit ist auch noch im Rechtsmittelschriftsatz zulässig, wenn das Verfahren - wie hier - noch nicht rechtskräftig erledigt ist und erst im Rechtsmittelverfahren Gründe bekannt wurden, die die Ablehnung von Richtern einer Vorinstanz rechtfertigen. Das Revisionsverfahren ist daher zu unterbrechen und der zuständige Ablehnungssenat des Berufungsgerichts hat über den Ablehnungsantrag des Beklagten zu entscheiden (1 Ob 171/08s; 1 Ob 26/02h; 8 ObA 259/01y). Die weitere Vorgangsweise ist vom Ergebnis dieser Entscheidung abhängig (1 Ob 171/08s; 1 Ob 26/02h).
Gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG hatte der Oberste Gerichtshof im Dreiersenat zu entscheiden.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Heinz R*****, vertreten durch Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Rudolf W*****, vertreten durch Janezic & Schmidt Rechtsanwälte OG, Graz, wegen 39.191,05 EUR brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 49/09v-30, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 36 Cga 41/08i-24, abgeändert wurde, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
a.) Zur behaupteten Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO: Der Beklagte brachte gegen die an der Berufungsentscheidung beteiligte Laienrichterin Mag. Bettina S***** einen Ablehnungsantrag ein und machte deren Ausgeschlossenheit nach § 20 Z 4 JN geltend, weil diese „Organ" der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark sei, von welcher der Rechtsvertreter des Klägers bestellt worden sei. Eine Befangenheit wurde rechtskräftig verneint (7 Nc 2/09 des OLG Graz) und kann somit keine Nichtigkeit mehr begründen. Die dem Berufungssenat angehörende fachkundige Laienrichterin aus dem Kreis der Arbeitnehmer war in dieser Sache auch nie als Bevollmächtigte des Klägers tätig (s 10 ObS 88/94). Allein der Umstand, dass die Arbeitgeberin der Laienrichterin dem Kläger im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags (§ 7 Arbeiterkammergesetz 1992) Rechtsschutz durch Beistellung eines Rechtsanwalts gewährte, macht jene nicht zur „Partei". Eine Ausgeschlossenheit nach § 20 Z 4 JN liegt daher keinesfalls vor.
b.) Zur Nichteinräumung einer zweiten Zahlungsfrist: Der Kläger hatte durch Mahnung und Fristsetzung unter Androhung seines Austritts bereits die Ernsthaftigkeit seiner detaillierten Entgeltforderung deutlich zum Ausdruck gebracht. Auch wenn er dann durch Zuwarten und Vereinbaren von weiteren Gesprächsterminen dem Beklagten schlüssig eine Stundung gewährt haben mag, so ist die Auffassung des Berufungsgerichts zumindest vertretbar, dass der Arbeitgeber nach dem letzten - wieder erfolglos gebliebenen - Gespräch (mit Hinweisen des Klägers auf eine erneute Rücksprache bei der Arbeiterkammer und darauf, „stempeln gehen" zu wollen) von keiner weiteren Aufschubsgewährung mehr ausgehen konnte. Ebenfalls vertretbar ist die im vorliegenden Einzelfall vertretene Rechtsauffassung, dass dem Beklagten die Unhaltbarkeit seiner Gegenforderungen und somit das ungebührliche Vorenthalten der bedungenen Bezüge (§ 82a lit d Gewerbeordnung 1859) bewusst gewesen sein musste (vgl RIS-Justiz RS0028956 [T1]).
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird daher nicht geltend gemacht.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2009:009OBA00110.09F.0907.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAD-94031