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OGH vom 12.12.1996, 12Os67/96

OGH vom 12.12.1996, 12Os67/96

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.Mayrhofer und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Pösinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alexander C***** wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 11 b Vr 9405/95-32, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Oberstaatsanwalt Dr.Kirchbacher, des Vertreters des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz, Mag.Vogt, und des Verteidigers Dr.Brandstätter, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Alexander C***** zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Wertersatzstrafe nach § 19 Abs 1 lit a FinStrG aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Gemäß § 19 Abs 1 lit a FinStrG wird der Angeklagte wegen Unvollziehbarkeit des Verfalls nicht sichergestellter 2.655 Stangen Zigaretten (265.400 Stück der Marke Marlboro, 132.800 Stück der Marke Memphis Classic, 132.800 Stück der Marke Memphis Light) zu einer Wertersatzstrafe von 902.660 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung wird dazu aus dem Ersturteil übernommen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft - soweit sie den Ausspruch über die Wertersatzstrafe auch auf diesem Weg bekämpft - und die Finanzstrafbehörde erster Instanz auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Alexander C***** wurde der Finanzvergehen (A I und B I) des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG und (A II und B II) des teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach (richtig:) §§ 44 Abs 1 lit b und 13 FinStrG schuldig erkannt. Demnach hat er in Berg bzw Kittsee gewerbsmäßig in mehrfachen Tathandlungen in seinem PKW verborgene und beim Grenzübertritt jeweils nicht deklarierte Zigaretten (A) heimlich nach Österreich gebracht und dadurch (I) hinsichtlich Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer eingangsabgabepflichtige Waren dem Zollverfahren entzogen und zugleich (II) zu seinem Vorteil (Tabak-)Monopolgegenstände einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt, nämlich in der Zeit vom bis insgesamt 2.655 Stangen (265.400 Einzelstück der Marke Marlboro,

132.800 Stück der Marke Memphis Classic, 132.800 Stück der Marke Memphis Light) - strafbestimmende Wertbeträge 1, 135.658 S zu I bzw 902.660 S zu II; (B) dies am hinsichtlich weiterer 45 Stangen Zigaretten (3.000 Einzelstück der Marke Marlboro, 2.000 Stück der Marke Camel, 4.000 Stück der Marke Memphis Light) analog versucht - strafbestimmende Wertbeträge 19.426 S zu I bzw 15.400 S zu II.

Neben der Verhängung einer Geldstrafe und den Ausspruch des Verfalls der beim Deliktsversuch sichergestellten Tatobjekte bzw -mittel (Zigaretten, Schmuggelfahrzeug) erkannte das Erstgericht auch gemäß § 19 Abs 1 lit a FinStrG hinsichtlich der nicht ergriffenen 2.655 Stangen Zigaretten auf eine (anteilige) Wertersatzstrafe von 300.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit auf zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, wobei es sich mit Bedachtnahme auf jeweils zwei weitere (unausgeforscht gebliebene) Tatbeteiligte (je ein Auftraggeber bzw Abnehmer) an einem (abgerundeten) Drittel des mit 902.660 S festgestellten Inlandsverkaufspreises der in Rede stehenden Warenteilmenge orientierte.

Rechtliche Beurteilung

Den jeweils aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO allein gegen den Ausspruch über die Wertersatzstrafe gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden sowohl der Staatsanwaltschaft als auch des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz kommt Berechtigung zu.

Im Sinn der vorgebrachten Beschwerdeargumente und im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur trifft es nämlich zu, daß die bekämpfte Reduktion des dem Angeklagten auferlegten (den nicht vollziehbaren Verfall substituierenden) Wertersatzes um jene Anteilsquoten, die nach den Verfahrensergebnissen in Betracht kommenden - tatsächlich jedoch nach Lage des Falles bei realistischer Beurteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr ausforschbaren - Tatbeteiligten zuzuordnen wären, im Gesetz keine Deckung findet. § 19 Abs 4 FinStrG normiert als grundlegende Voraussetzung anteilsmäßiger Auferlegung des Wertersatzes, daß weitere Personen "als Täter, andere an der Tat Beteiligte oder Hehler vorsätzlich Finanzvergehen hinsichtlich der dem Verfall unterliegenden Gegenstände begangen haben". Auf der Basis der solcherart geforderten Faßbarkeit weiterer (strafgerichtlich überführbarer) Tatbeteiligter kann aber im Sinn der - entgegen den Urteilausführungen seit Jahren gefestigten - Rechtsprechung vom Vorliegen entsprechend determinierter Kriterien anteilsmäßiger Wertersatzdimensionierung ausschließlich dann die Rede sein, wenn die Ermittlung sowohl der Identität als auch des Aufenthaltes weiters in Betracht kommender Tatkomplizen nach Lage des Falles auf Grund bestimmter Tatsachen wenigstens absehbar erscheint. Im konkreten Fall sind aber weder den Urteilsgründen noch den aktenkundigen Verfahrensergebnissen hinreichende Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine absehbare Aktualisierung der strafrechtlichen Verantwortung zusätzlicher Beteiligter für anteiligen Wertersatz realistisch erwarten ließen. Mag auch die Beurteilung der Frage, ob die Ingerenz weiterer Tatkomplizen im dargelegten Sinn entsprechend faßbar ist oder nicht, von den Begleitumständen des jeweiligen Einzelfalls abhängen, so trifft es im Sinn der Beschwerdeausführungen der Staatsanwaltschaft zu, daß eine - wie hier - unkritische Orientierung an (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr eruierbaren oder allenfalls überhaupt bloß vorgegebenen) unbekannten Mitverantwortlichen die gesetzlichen Strafintentionen zum Wertersatz schlechtweg ad absurdum führt.

Davon ausgehend war aber in Stattgebung der zum Nachteil des Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der bekämpfte erstgerichtliche Ausspruch über den Wertersatz aufzuheben und spruchgemäß unter Zugrundelegung des gesamten gemeinen Wertes der nicht sichergestellten Tatobjekte in der Höhe von 902.660 S mit entsprechender Anhebung der Ersatzfreiheitsstrafe zu erneuern.

Soweit die sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch von der Finanzstrafbehörde erster Instanz erhobenen Berufungen hinsichtlich des Wertersatzes über den Anfechtungsrahmen der Nichtigkeitsbeschwerde nicht hinausgehen, waren sie auf die reformatorische Entscheidung zu verweisen.

Das von der Staatsanwaltschaft überdies bekämpfte Ausmaß der über den Angeklagten verhängten Geldstrafe von 300.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, erweist sich - der dazu vertretenen Berufungsauffassung zuwider - nach Lage des Falles als nicht korrekturbedürftig. Die unter Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG ausgesprochene Geldstrafe wird angesichts der hier wirksamen Milderungsgründe (bisher ordentlicher Lebenswandel, Geständnis und teilweiser Versuch) den vorliegend aktuellen Straferfordernissen tat- wie auch täterbezogen - insbesondere vor dem Hintergrund des nunmehrigen Gesamtgewichtes der dem Angeklagten auferlegten Unrechtsfolgen - in noch vertretbarer Weise gerecht. Insoweit war daher der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.