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OGH vom 18.12.2014, 9ObA123/14z

OGH vom 18.12.2014, 9ObA123/14z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** K*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Gewährung von Ersatzruhe (2.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 16/14m 13, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 43 Cga 111/13x 9, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 371,52 EUR (darin 61,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die revisionsgegenständliche Frage des Anspruchs auf Ersatzruhe nach § 6 Abs 1 ARG bereits in den Entscheidungen 9 ObA 164/91 und 8 ObA 96/06k hinreichend geklärt wurde. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

In einer auf das zwischen den Streitteilen bestehende Dienstverhältnis zur Anwendung gelangenden Betriebsvereinbarung sind der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit, die Dauer und Lage der Arbeitspausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage geregelt. Für den Kläger, der in der Normalschicht tätig ist, ist der Arbeitsbeginn mit 7:00 Uhr und das Arbeitsende mit 15:30 Uhr sowie eine unbezahlte Arbeitspause von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr festgelegt. Arbeitstage sind Montag bis Freitag, Samstage und Sonntage sind dienstfrei.

Am Montag, dem , und am Montag, dem , hatte der Kläger außertourlich von jeweils 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr dringende Inspektionsarbeiten zu verrichten. Für diese Arbeiten gewährte die Beklagte dem Kläger keine Ersatzruhe.

Das Berufungsgericht verpflichtete die Beklagte, dem Standpunkt des Klägers folgend dem Kläger für die vorgenannten Arbeitsleistungen insgesamt drei Stunden Ersatzruhe zu gewähren.

Die Revisionswerberin erkennt richtig, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Frage geht, ob der Kläger aus arbeitsrechtlicher Sicht zulässig am und von jeweils 5:30 Uhr bis 7:00 Uhr gearbeitet hat. Sie behauptet auch nicht, dass es an diesen beiden Tagen zu einer allgemeinen Vorverlegung des Arbeitsbeginns, also zu einer generellen Verschiebung der Normalarbeitszeit gekommen wäre. Sie vertritt vielmehr in ihrer Revision in Ablehnung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Ersatzruhe den Standpunkt, der außertourlich vorverlegte Arbeitsbeginn im Einzelfall, hier der tatsächliche Arbeitsbeginn des Klägers an den genannten beiden Tagen, sei der maßgebliche Zeitpunkt, von dem aus der in § 6 Abs 1 letzter Satz ARG festgelegte Zeitraum von 36 Stunden zurückzurechnen sei. Gehe man nämlich von 5:30 Uhr aus, dann sei die gesetzliche Dauer der Wochenendruhe von mindestens 36 Stunden beim Kläger nicht unterschritten worden.

Diese Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof aber bereits in der Entscheidung 9 ObA 164/91 verneint. Die Wochenendruhe hat mindestens 36 Stunden zu dauern und den ganzen Sonntag zu umfassen. Ein Anspruch auf Ersatzruhe entsteht gemäß § 6 Abs 1 ARG dann, wenn innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche während der wöchentlichen Ruhezeit (§ 2 Abs 1 Z 3 ARG) eine Arbeitsleistung erbracht wird. Es begründet nicht jede Arbeit während der aufgrund der Arbeitszeiteinteilung vorgesehenen Wochen (end )ruhezeit einen Ersatzruheanspruch, sondern gemäß § 6 Abs 1 letzter Satz ARG nur jene Arbeitsleistung während der Ruhezeit, die innerhalb von 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche erbracht wurde. Die Arbeitswoche im Sinne dieser Bestimmung beginnt nicht am Montag um 0:00 Uhr, sondern mit der Wiederaufnahme der Arbeit nach Ende der vorgesehenen Wochenruhezeit. Auf den tatsächlichen (und nicht den vorgesehenen) Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche ist nur dann abzustellen, wenn es zu einer generellen (wenn auch letztlich nur vorübergehenden) Festsetzung des Arbeitsbeginns gekommen wäre, also durch eine allgemeine Vorverlegung des Arbeitsbeginns die auch in 9 ObA 164/91 maßgebliche - Wochenendruhe mit dem tatsächlichen Arbeitsantritt in der nächsten Arbeitswoche früher geendet hätte. Davon ist aber im Anlassfall wie bereits oben erwähnt nicht auszugehen.

Lutz/Heilegger (Arbeitsruhegesetz 5 §§ 2 5 Rz 36 und § 6 Rz 23) verknüpfen § 6 Abs 1 letzter Satz ARG ebenfalls mit dem vorgesehenen Arbeitsbeginn.

Auch in der Entscheidung 8 ObA 96/06k, der für die Frage der Berechnung des Ersatzruheanspruchs vergleichbar mit dem hier vorliegenden Fall zur Abdeckung eines außergewöhnlichen Bedarfs erbrachte Arbeiten während der wöchentlichen Ruhezeit zugrunde lägen, wurde mangels Änderung des vorgesehenen planmäßigen Arbeitsbeginns auf das Ende der vorgesehenen Wochenruhezeit abgestellt.

Die von Schrank (Arbeitszeitgesetze² § 6 ARG Rz 11) vertretene „Zwei Zeitkreise Theorie“, auf die sich auch die Revisionswerberin stützt, bietet keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Nach Schrank lösten nur jene Beschäftigungszeiten in den letzten 36 Stunden vor dem Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche (erster Kreis) eine entgeltpflichtige Ersatzruhe aus, die noch innerhalb der gesetzlichen, in den §§ 3 und 4 ARG präzisierten Ruhezeiten (zweiter Kreis) lägen. Betrage die de-facto-Freizeit daher mehr als 36 Stunden, seien nicht alle Beschäftigungen während der 36 Stunden ersatzruhepflichtig. Dem ist entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber mit dem in § 6 Abs 1 erster Satz ARG enthaltenen Klammerausdruck (§ 2 Abs 1 Z 3 ARG) lediglich auf die Definition des Begriffs der wöchentlichen Ruhezeit (so auch die Überschrift zu § 2 ARG), zu verstehen nämlich sowohl als Wochenendruhe als auch als Wochenruhe, verwiesen hat. Da die gesetzliche Dauer der Wochenendruhe (§ 3 Abs 1 ARG) und der Wochenruhe (§ 4 ARG) auch nach Schrank (Arbeitszeitgesetze² § 3 ARG Rz 12 und § 4 ARG Rz 5) nur als Mindestmaß anzusehen ist ( Pfeil in ZellKomm² §§ 2 6a ARG Rz 8, 13; 9 ObA 164/91 ua), das nicht unterschritten, aber selbstverständlich überschritten werden darf, löst der Eingriff in die individuell vorgesehene Wochenendruhe oder Wochenruhe mag diese auch mehr als 36 Stunden betragen einen Ersatzruheanspruch nach § 6 Abs 1 ARG aus, wenn dieser Eingriff in den letzten 36 Stunden vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn in der nächsten Arbeitswoche erfolgt ist. Nur dieses Ergebnis wird dem im ARG erkennbaren Ziel des Gesetzgebers, den Arbeitnehmer vor beliebigen Verschiebungen der Arbeits und Ruhezeiten zu schützen, gerecht ( B. Schwarz in DRdA 1992/24). Auch Schrank (Arbeitszeitgesetze² § 6 ARG Rz 1) betont zu Recht vor allem den vorbeugenden Zweck der Ersatzruheregelung.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00123.14Z.1218.000