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OGH vom 14.09.1999, 10ObS194/99y

OGH vom 14.09.1999, 10ObS194/99y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gerold R*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Herwig Hasslacher, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 42/99x-82„ womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cgs 299/93i-75, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltendgemachten Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei nur in Kürze folgendes entgegengehalten:

Eine Aktenwidrigkeit wäre nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen worden wären, dh. wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen worden wäre. Die Aktenwidrigkeit muß für das Urteil von wesentlicher Bedeutung, also geeignet sein, die Entscheidungsgrundlage zu verändern (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 503 mwN uva; RIS-Justiz RS0043347). Die vom Kläger nunmehr als aktenwidrig gerügten Feststellungen wurden vom Erstgericht aus der Aussage des Zeugen Dr. Herbert S***** in der Tagsatzung vom (Seite 1 ff in ON 74) übernommen und stehen somit mit dem Akteninhalt nicht in Widerspruch. Das Berufungsgericht hat diese vom Erstgericht getroffenen Feststellungen in seiner Entscheidung richtig wiedergegeben und seiner Entscheidung zugrundegelegt, so daß auch eine Aktenwidrigkeit des Berufungsurteiles nicht vorliegt (vgl Kodek aaO mwN ua). Im übrigen hat der Kläger in seiner Berufung die nunmehr gerügte angebliche Aktenwidrigkeit des Ersturteiles nicht geltendgemacht. Da nach ständiger Rechtsprechung die Aktenwidrigkeitsrüge im Revisionsverfahren nicht nachgetragen werden kann, liegt auch aus diesem Grunde der Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO nicht vor (vgl Kodek aaO mwN ua).

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wiederholt der Kläger seine bereits in der Berufung ausgeführte Mängelrüge bezüglich der Unterlassung der Anleitung des anwaltlich vertretenen Klägers zur Antragsstellung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Pathologie sowie der Unterlassung der Einvernahme der von ihm namhaft gemachten Zeugen. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß der gerügte Mangel nicht vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung (SSV-NF 7/74 mwN uva) können aber Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, im Revisionsverfahren nicht mehr geltendgemacht werden. Auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, ist der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen, sodaß auf diese Ausführungen in der Revision nicht weiter einzugehen ist.

Geht man vom festgestellten Sachverhalt aus, muß auch die Rechtsrüge versagen. Ausgehend von der grundsätzlichen Entscheidung des erkennenden Senates SSV-NF 5/140 genügt dann, wenn aufgrund des Anscheinsbeweises der Arbeitsunfall als Ursache für die Körperschädigung feststeht, dieser nur dann nicht, wenn es zumindest gleich wahrscheinlich ist, daß irgendein anderes alltägliches Ereignis die Körperschädigung im selben Ausmaß und etwa zur selben Zeit herbeigeführt hätte und ein solches Ereignis in naher Zukunft auch tatsächlich vorgekommen wäre und die Schädigung ausgelöst hätte. Ein äußeres Ereignis im Maß einer alltäglichen Belastung ist nämlich bei einem mitwirkenden Vorschaden immer nur eine sogenannte Gelegenheitsursache, begründet also keinen Arbeitsunfall. Alltäglich sind die Belastungen, die altersentsprechend üblicherweise mit gewisser Regelmäßigkeit im Leben auftreten, wenn auch nicht jeden Tag, wie etwa ein normales oder auch beschleunigtes Gehen, unter Umständen auch kurzes schnelles Laufen, Treppen steigen, Bücken, leichtes bis mittelschweres Heben oder ähnliche Kraftanstrengungen (SSV-NF 8/26).

Genau dies haben die Vorinstanzen aber hier festgestellt. Sie haben ihren Entscheidungen zugrundegelegt, daß bezogen auf das gegenständliche Ereignis vom ein alltäglich vorkommendes Ereignis, wie ein mittelschweres Heben (beispielsweise eines Koffers) in naher Zukunft vorgekommen wäre und dadurch dieselben Folgen im Bereich der vorgeschädigten Bandscheiben des Klägers verursacht hätte, die beim Kläger als Folge des Ereignisses vom eingetreten sind. Von diesen Feststellungen ist im Revisionsverfahren auszugehen.

Der Kläger vertritt dem gegenüber die Ansicht, daß der Vorfall vom keine vorgeschädigte Bandscheibe betroffen habe und auch nicht davon auszugehen sei, daß es durch irgendein alltäglich vorkommendes Ereignis in naher Zukunft zu einem Bandscheibenvorfall gekommen wäre, weshalb der Vorfall vom nicht als bloße Gelegenheitsursache angesehen werden könne. Soweit der Kläger in seiner Rechtsrüge entsprechende Feststellungen begehrt und die Ansicht vertritt, die Vorinstanzen hätten den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N***** den Vorzug gegenüber jenen des Sachverständigen Dr. L***** geben müssen, macht er keine der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden sekundären Feststellungsmängel geltend, sondern bekämpft in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann. Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn bei Übernahme der Ausführungen von Sachverständigen ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen wäre. Ob unter Berücksichtigung anderer Beweisergebnisse, insbesondere vorliegender Befunde oder widersprechende Gutachten, ein Sachverständigengutachten eine ausreichende Grundlage für die Feststellungen bildet, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die ausschließlich in den Tatsacheninstanzen zu beurteilen ist. Beschränkt sich der Sachverständige im Rahmen seiner Erkenntnisquellen und Schlußfolgerungen auf die Beurteilung naturwissenschaftlicher, medizinischer Fragen, so liegt darin kein Verstoß gegen die Denkgesetze, mögen auch andere Beweisergebnisse in eine andere Richtung weisen. Daß in den Gutachten ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen wäre, vermag die Revision jedoch nicht aufzuzeigen.

Letztlich kann auch von einer Nichtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 503 Z 1 iVm § 477 Abs 1 Z 9 ZPO keine Rede sein. Das Urteil des Berufungsgerichtes ist mit Sicherheit überprüfbar, es ist ausreichend begründet und steht auch nicht mit sich selbst in Widerspruch.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltendgemacht, noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.