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OGH vom 27.11.2014, 9ObA120/14h

OGH vom 27.11.2014, 9ObA120/14h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Dr. Peter Schnöller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei BUAK Bauarbeiter Urlaubs und Abfertigungskasse, *****, vertreten durch Mag. Vera Noss, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei F***** KFT, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 18.483,63 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 96/13s 21, mit der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom , GZ 10 Cga 15/13t 17, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.554,06 EUR (darin 259,01 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.481,24 EUR (darin 1.362 EUR Barauslagen, 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die in Ungarn ansässige Beklagte entsandte als Subunternehmerin der Fa F***** O***** GmbH Co KG (idF: Auftraggeberin) Arbeitnehmer nach Österreich, die auf dem Gelände der Auftraggeberin in einer Halle Betonelemente (Autobahnpoller „R*****“) fertigten. Diese Elemente werden vor allem auf Autobahnen als Absicherung im Mittelstreifen oder am Fahrbahnrand oder bei Baustellen als Fahrzeugrückhaltesystem verwendet. Bei der Fertigung verbanden die ungarischen Arbeitnehmer Stahlkörbe und Längseisen, die in eine Form gehoben und mit Beton vergossen und je nach Notwendigkeit noch mit Reflektoren versehen wurden. Die fertigen Teile wurden zur Autobahn transportiert. Ihre Montage auf der Autobahn wurde nicht von Arbeitnehmern der Beklagten durchgeführt. Unstrittig verfügt die Auftraggeberin noch über zwei weitere Produktionsstraßen (Deckenproduktion + Hohlwände; Dielenproduktion), in denen sie ihre eigenen Mitarbeiter beschäftigt. Verfahrensgegenständlich sind die von der Klägerin der Beklagten nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) vorgeschriebenen Zuschläge für die entsandten Arbeitnehmer in Höhe von zuletzt 18.483,63 EUR sA.

Die Klägerin begehrte die Zahlung dieses Betrags als Lohnzuschläge für die Beschäftigung der von der Beklagten im Zeitraum September 2011 bis Juni 2012 nach Österreich entsandten Arbeitnehmer. Die Beklagte habe sich verpflichtet, für die Auftraggeberin Fertigungs- und Montageaufträge mit eigenen Fachkräften und in eigener Regie zu übernehmen. Laut Meldung sollten sie als Eisenbieger/Eisenflechter und Betonier-Helfer eingesetzt werden. Auftragsgegenstand sei das Flechten von 220 Stück Betonstahl und das Flechten und die Betonproduktion von 1.110 Stück Autobahnpollern gewesen. Die Auftraggeberin verfüge über die Gewerbeberechtigung für die industriegemäße Erzeugung von Betonwaren, Deckenträgern und Baufertigteilen. Die durchgeführten Tätigkeiten unterschieden sich in keiner Weise von den Tätigkeiten auf sonstigen Baustellen. Die Auftraggeberin bzw die Beklagte baue Teile, die üblicherweise direkt auf der Baustelle hergestellt würden. Es mache rechtlich keinen Unterschied, ob Wände, Decken, Dielen und Straßenbegrenzungen vor Ort erzeugt oder in einer Produktionshalle gefertigt und dann in Teilen zum Zielort gebracht würden, weil die Arbeiten jeweils ident seien. Die von der Auftraggeberin und der Beklagten durchgeführten Eisenbieger/Eisenflechter- und Betonier- und Verschalungsarbeiten seien daher vom Anwendungsbereich des § 2 Abs 1 BUAG umfasst.

Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass es sich bei der Herstellung der Autobahnpoller um die Erzeugung eines Betonfertigteilprodukts handle. Aufgrund der größtenteils maschinellen Herstellung und Einsetzung der für die Armierung notwendigen Bewehrungskörbe bzw der dafür notwendigen Stahl-/Eisenstangen, der maschinellen Einfüllung des Betons in die Schalungen und die Arbeiten mit dem voll funkgesteuerten Hallenkran könne nicht von einer Eisenbiegertätigkeit bzw Betoniertätigkeit im Sinne einer Bautätigkeit nach dem BUAG ausgegangen werden. Es erfolge kein einziger Arbeitsschritt auf Baustellen oder beim Kunden. Vielmehr werde ein Endprodukt hergestellt und veräußert, sodass nur fertige Baustoffprodukte zur Ausführung und auf den Markt gelangten. Die Betonwarenerzeugung sowie generell die Erzeugung von Baustoffen aller Art und die Erzeugung von Fertigbauteilen seien jedoch von der taxativen Aufzählung des § 2 BUAG nicht erfasst. Auch § 33h BUAG, der nur für die Entsendung von ausländischen Arbeitnehmern nach Österreich Bautätigkeiten teilweise dem BUAG unterwerfe, schaffe keinen eigenen strengeren Tatbestand der Bautätigkeit. Es liege auch kein Spezialbetrieb im Sinn des § 2 Abs 1 lit g BUAG vor. Aufrechnungsweise würden die den Arbeitnehmern geleisteten Urlaubsentgelte eingewandt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zusammengefasst mit der Begründung ab, dass Baustofferzeuger vom BUAG nicht erfasst würden. Die Erzeuger von Betonfertigteilen seien den Baustofferzeugern wesentlich näher als dem Bauen, weil die Fertigteile an unterschiedlichen Orten in unterschiedlicher Weise eingesetzt werden könnten. Die Fahrzeugrückhaltesysteme der Beklagten behielten sogar eine gewisse Mobilität. Auch die Regeln über Mischbetriebe nach § 3 BUAG führten zu keinem anderen Ergebnis.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung mit Zwischenurteil dahin ab, dass es die Ansprüche der Klägerin dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannte. Von der Beklagten würden letztlich Eisenbieger/Eisenflechterarbeiten bzw Betonier und Verschalungsarbeiten durchgeführt. Jedenfalls die Eisenbiegerarbeiten fielen ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG; es würde Eisen be bzw verarbeitet, das für die Armierung von Bauteilen erforderlich sei. Ob diese Tätigkeit auf einer Baustelle oder einer Produktionshalle mit späterem Transport der Bauteile an die Baustelle erfolge, könne für die Anwendbarkeit des BUAG keinen Unterschied machen. Die weitgehend maschinelle Fertigung in großer Stückzahl, die nicht mit einer Tätigkeit auf einer Baustelle verbunden sei, stehe dem nicht entgegen, weil auch in Form eines Industriebetriebs geführte Betriebe vom BUAG erfasst seien. Die Revision sei mangels Rechtsprechung zur Frage, inwieweit die Herstellung von Baufertigteilen von § 2 Abs 1 BUAG umfasst sei, zulässig.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt .

1. Die inländische Gerichtsbarkeit, die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts und die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs sind nicht weiter strittig. Unstrittig ist auch, dass das BUAG in Umsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen auch entsandten Arbeitnehmern Anspruch auf Leistungen aus der BUAK für den Zeitraum ihrer Entsendung im Inland gewährt (vgl 9 ObA 43/09b).

2. Gemäß § 33d Abs 1 BUAG gilt Abschnitt VIb BUAG (Sonderbestimmungen für den Urlaub bei Entsendung) für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Sinne des Abschnitts I ohne gewöhnlichen Arbeitsort in Österreich, die von einem Arbeitgeber

1. zur fortgesetzten Arbeitsleistung oder

2. im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entsandt werden.

Arbeitnehmer im Sinne des ersten Abschnitts sind solche, deren Arbeitsverhältnisse auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen und die in Betrieben (Unternehmungen) gemäß § 2 BUAG beschäftigt werden (§ 1 Abs 1 BUAG). Zu prüfen ist damit, ob die Arbeitnehmer der Beklagten in einem solchen Betrieb beschäftigt sind.

3. Gemäß § 2 Abs 1 BUAG sind für die Sachbereiche Urlaub und Überbrückungsgeld Betriebe (Unternehmungen) im Sinne des § 1:

a) Baumeisterbetriebe, Maurermeisterbetriebe, Bauunternehmungen, Baueisenbieger und verlegerbetriebe, Demolierungsbetriebe, Betriebe der Inhaber von Konzessionen des Maurergewerbes nach § 6 des Baugewerbegesetzes, Erdbewegungsbetriebe (Deichgräber-betriebe), Erdbaubetriebe, Betonbohr und -schneidebetriebe, Gewässerregulierungsbetriebe, Wildbach- und Lawinenverbauungsbetriebe, Betriebe für Meliorations-arbeiten, Straßenbaubetriebe, Güterwegebaubetriebe, Kaminausschleiferbetriebe, Betriebe für die Beschichtung von Fassaden zum Zwecke der Wärmeisolierung;

b) Steinmetzmeisterbetriebe, Betriebe der Inhaber von Konzessionen des Steinmetzgewerbes nach § 6 des Baugewerbegesetzes, Kunststeinerzeugerbetriebe, Terrazzomacherbetriebe;

c) Dachdeckerbetriebe, Pflastererbetriebe;

d) Hafnerbetriebe (ausgenommen die reinen Erzeugungsbetriebe), Platten- und Fliesenlegerbetriebe;

e) Brunnenmeisterbetriebe, Betriebe der Inhaber von Konzessionen für das Brunnenmachergewerbe nach § 6 des Baugewerbegesetzes, Tiefbohrbetriebe, Gerüstverleiherbetriebe, Betriebe der Verleiher von Baumaschinen mit Bedienungspersonal, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmungsbetriebe, Asphaltiererbetriebe, Schwarzdeckerbetriebe, Betriebe der Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser, Stuckateur- und Trockenausbauerbetriebe, Gipserbetriebe, Steinholzlegerbetriebe, Estrichherstellerbetriebe;

f) Zimmererbetriebe und Betriebe der Inhaber von Konzessionen des Zimmermannsgewerbes nach § 6 des Baugewerbegesetzes, Parkettlegerbetriebe;

g) Spezialbetriebe, die Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach lit a bis f fallen; dabei schadet es nicht, wenn die Tätigkeit auch von Betrieben ausgeübt wird, die nicht in den Geltungsbereich nach lit a bis f fallen;

h) Arbeitskräfteüberlassungsbetriebe bezüglich jener Arbeitnehmer, die zur Überlassung für Tätigkeiten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach lit a bis g fallen, aufgenommen werden oder tatsächlich überwiegend zu solchen Tätigkeiten überlassen werden.

Gemäß § 2 Abs 3 BUAG sind Betriebe (Unternehmungen) nach Abs 1, 2 und 2a auch solche, die in Form eines Industriebetriebes betrieben werden.

Gemäß § 3 Abs 1 BUAG unterliegen Betriebe, in denen sowohl Tätigkeiten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG fallen, als auch Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach nicht in diese Tätigkeitsbereiche fallen, als Mischbetriebe nach Maßgabe der Abs 2 bis 5 leg cit den Bestimmungen des BUAG.

Gemäß § 3 Abs 2 BUAG unterliegen in Mischbetrieben, in denen entsprechend den unterschiedlichen Tätigkeiten nach Abs 1 leg cit eine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, diejenigen Arbeitnehmer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, die in Betriebsabteilungen beschäftigt werden, in denen Tätigkeiten verrichtet werden, die ihrer Art nach in die Tätigkeitsbereiche der Betriebe nach § 2 BUAG fallen. In Mischbetrieben, in denen keine organisatorische Trennung in Betriebsabteilungen besteht, unterliegen nur jene Arbeitnehmer den Bestimmungen des BUAG, die überwiegend Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich der Betriebe nach § 2 BUAG fallen (§ 3 Abs 3 BUAG).

Da die Arbeitnehmer der Beklagten in der organisatorisch getrennten „Fertigungsstraße Autobahnrückhaltesysteme“ der Auftraggeberin beschäftigt werden, ist im Sinn des § 3 Abs 2 BUAG nur maßgeblich, ob sie Tätigkeiten verrichten, die ihrer Art nach in die Tätigkeitsbereiche der Betriebe nach § 2 BUAG fallen.

4. Grundanliegen des BUAG ist es, Bauarbeitern trotz der in der Baubranche typischerweise saisonalen Beschäftigungsunterbrechungen den Erwerb eines Anspruchs auf Urlaub und auf Abfertigung zu ermöglichen, den sie mangels ununterbrochener Beschäftigungsdauer nach den allgemeinen Vorschriften nicht erreichen könnten. Dementsprechend zeigt auch der Titel „Bundesgesetz betreffend den Urlaub und die Abfertigung für Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft“ an, dass es im BUAG um die Urlaubs- und Abfertigungsansprüche von Arbeitnehmern in der Bauwirtschaft geht (9 ObA 150/11s).

5. Der Begriff „Bauwirtschaft“ beschränkt sich nicht auf Bauunternehmen im engeren Sinn; er ist bei der gebotenen Zugrundelegung der Liste der Betriebe des § 2 Abs 1 BUAG vergleichsweise weit zu verstehen. Der Umfang der Liste macht deutlich, dass die Bauwirtschaft möglichst umfassend erfasst werden soll, um die Urlaubs- und Abfertigungsregelung aller Bauarbeiter im gesamten Bundesgebiet einer gleichmäßigen Behandlung zu unterziehen. Ein enges Verständnis des Begriffs „Bautätigkeit“ wird daher der Zielsetzung des BUAG nicht gerecht (9 ObA 150/11s mwN).

Die Aufzählung des § 2 Abs 1 BUAG ist allerdings taxativ zu verstehen ( Martinek/Widorn , Bauarbeiter Urlaubs und Abfertigungsgesetz BUAG,§ 2 S 67). Sie soll daher nicht zur Einbeziehung solcher Betriebe führen, die selbst bei einem weiten Begriffsverständnis der aufgelisteten Betriebe von der Aufzählung nicht erfasst werden.

6. Der Geltungsbereich des BUAG knüpft nicht an der Gewerbeberechtigung, sondern an der Betriebsart somit an der tatsächlichen Tätigkeit an. Für die Geltung des BUAG ist also in erster Linie die Beschäftigung in Betrieben, die in § 2 aufgezählt sind, maßgeblich. Zu einer Betriebsart zählen nicht nur Betriebe, die im gesamten oder überwiegenden Tätigkeitsbereich der Betriebsart tätig werden, sondern auch jene, die sich auf einen kleineren Teilbereich spezialisiert haben ( Martinek/Widorn aaO 68; Klinger , Praxiskommentar zum BUAG 22).

7. Die Betonfertigteilerzeugung als solche ist in der Auflistung des § 2 Abs 1 BUAG nicht enthalten. Dies kann nur vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Betonfertigelemente als Bauteile in unterschiedlichster Weise Verwendung finden (Gewerbe , Industrie und Wohnungsbau, Brücken- und Tunnelbau, Betonmasten, Mauer-, Rand-, Begrenzungs- und Böschungssteine, Pflaster- und Winkelsteine, Treppenstufen, Kanalschachtringe usw), dass sie sowohl zum Weiterverkauf (Handel) als auch zur eigenen Weiterverarbeitung produziert werden können und je nach Erfordernis in einem Werk oder auch auf einer Baustelle vor Ort hergestellt werden.

8. Aus der Auflistung des § 2 Abs 1 BUAG geht hervor, dass nicht nur die eine Bautätigkeit im engeren Sinn ausführenden Betriebe, die in typisierter Betrachtung witterungsbedingte Beschäftigungsunterbrechungen aufweisen, sondern auch Bauhilfsbetriebe erfasst werden sollen (s § 2 Abs 1 lit e BUAG), während Betriebe des reinen Produktionsbereichs nicht aufgezählt werden (s etwa § 2 Abs 1 lit d BUAG, nach dem Hafnerbetriebe zwar unter § 2 Abs 1 BUAG fallen sollen, dies aber nicht gilt, wenn es sich um die reinen Erzeugungsbetriebe handelt). Unstrittig werden auch Betriebe der reinen Baustoffproduktion nicht dem Baubereich zugeordnet. Martinek/Schwarz (aaO 70) nehmen neben Sprengungsunternehmern, Steinbruchunternehmern, Sand- und Schottererzeugern sowie Kalkbrennereien auch Betonwarenerzeuger, Erzeuger von Baustoffen aller Art sowie die Erzeugung von Fertigbauteilen aus handelsüblichen Baustoffen vom Anwendungsbereich des BUAG aus, es sei denn, dass die Fertigbauteile von Bau oder anderen dem Gesetz unterliegenden Betrieben hergestellt und von diesen zum Teil selbst montiert werden. Diese Wertung muss auch für die in § 2 Abs 1 lit a BUAG genannten Baueisenbieger- und -verlegerbetriebe gelten, bei denen es sich um Betriebe handelt, die sich mit dem Vorbiegen bzw der Montage der für Bauten notwendigen Baueisen befassen ( Martinek/Widorn aaO 69). Denn auch sie sind typischerweise auf eine vorwiegend in Außenarbeit am Einsatzort zu erbringende Leistung hin ausgerichtet.

9. Im vorliegenden Fall haben die Arbeitnehmer der Beklagten in der Fertigungshalle der Auftraggeberin Autobahn-Betonpoller hergestellt, die sodann vom Auftraggeber erworben und zur Montage auf die Autobahn gebracht wurden. Die Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten beschränkte sich damit ausschließlich auf die Herstellung der Betonfertigteile. Wie bereits das Erstgericht ausführte, stellt diese Tätigkeit aber selbst bei einem weit verstandenen Begriff keine Bau-, sondern eine reine Produktionstätigkeit in der Halle dar. Soweit dafür auch das Verbinden von Stahlkörben und Längseisen zur Bewehrung der Betonform erforderlich war, handelte es sich im konkreten Fall nicht um eine eigenständige Baueisenbiegerleistung, sondern um eine untergeordnete Hilfstätigkeit für das Vergießen der Betonformen. All das spricht aber dafür, dass die Arbeitnehmer der Beklagten nicht vom Anwendungsbereich des BUAG erfasst sind.

10. Dieses Ergebnis steht auch mit der Entscheidung 8 ObA 39/03y im Einklang, in der der Oberste Gerichtshof wenngleich ohne die Notwendigkeit einer näheren Untersuchung davon ausging, dass die Betonfertigteile herstellende Beklagte bezüglich eines Abfertigungsanspruchs nicht dem BUAG unterlag.

11. Der Umstand, dass § 2 Abs 3 BUAG auch solche Betriebe (Unternehmungen) nach Abs 1, 2 und 2a als Betriebe iSd Abs 2 ansieht, die in Form eines Industriebetriebs betrieben werden, steht dem nicht entgegen, bedeutet er doch nicht, dass die industrielle Produktion von Baustoffen und insbesondere Betonfertigteilelementen generell Betrieben iSd § 2 gleichgestellt wird. Vielmehr kommt damit nur zum Ausdruck, dass es keinen Unterschied machen darf, ob ein § 2 unterliegender Betrieb oder, im Falle eines Mischbetriebs, eine organisatorisch getrennte Betriebseinheit als Gewerbe- oder Industriebetrieb bzw -betriebseinheit geführt wird. Ein nicht unter § 2 fallender Industriebetrieb unterliegt dadurch aber noch nicht dem BUAG.

12. Schließlich ergibt sich auch aus dem vom Berufungsgericht angesprochenen Anhang zur Entsenderichtlinie nichts anderes. Nach diesem umfassen die in Art 3 Abs 1 zweiter Gedankenstrich genannten Tätigkeiten alle Bauarbeiten, die der Errichtung, der Instandsetzung, der Instandhaltung, dem Umbau oder dem Abriss von Bauwerken dienen, insbesondere „… 4. Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen …“. Der Begriff der Errichtung von Fertigbauelementen ist aber sowohl nach seinem Wortlaut als auch als dem Abbau entgegengesetzter Begriff nur auf das Aufstellen und Einbauen, dh die Montage, nicht aber auf die reine Produktion von Fertigbauelementen zu beziehen (vgl die insoweit noch deutlichere französische Sprachfassung: „montage et démontage d´ éléments préfabriqués“).

13. Zusammenfassend fällt daher die reine Herstellung von Betonfertigteilen wie die hier zu beurteilenden Autobahnpoller, die in einer Produktionshalle als Massenprodukt hergestellt und von einem Unternehmer für seine Bau- und Montagetätigkeit erworben werden sollen, nicht unter den Anwendungsbereich der §§ 2 f BUAG.

Da sich die Revision der Beklagten daher als berechtigt erwies, war ihr Folge zu geben und das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00120.14H.1127.000