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OGH vom 19.05.2010, 8Ob145/09w

OGH vom 19.05.2010, 8Ob145/09w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R***** S*****, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Brandl Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 17.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 36/09s 26, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 2 Cg 13/08y 20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.049,04 EUR (darin enthalten 174,84 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

K***** M***** war zunächst als Vermögensberater tätig. Ab dem Jahr 2000 oder 2001 war er auch an einem EDV Unternehmen beteiligt; im Jahr 2006 gründete er zudem ein Software Unternehmen. Etwa 1996 wechselte er von seiner bisherigen Bank zur Rechtsvorgängerin der Beklagten, wo er ein Privatkonto und sein Geschäftskonto als Vermögensberater unterhielt. In den Jahren 2001 bis 2006 verschuldete sich der Vermögensberater zunehmend, weshalb er Kundengelder nicht mehr veranlagte, sondern für sich vereinnahmte. Als der Vermögensberater im Jahr 2006 auch die Bankverbindungen seines EDV Unternehmens und seines Software Unternehmens zur Beklagten transferierte, fiel deren Mitarbeitern auf, dass auf dem Konto des EDV Unternehmens laufend Überweisungen vom Privatkonto einlangten. Da diese Zahlungsströme mit den Schilderungen des Vermögensberaters in Widerspruch standen, verständigte die Beklagte die Finanzmarktaufsicht. Durch die Abzweigung von Kundengeldern schädigte der Vermögensberater bis 2006 etwa 100 Kunden im Ausmaß von insgesamt rund 5 Mio EUR. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom wurde er für diese Taten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs rechtskräftig verurteilt. Der Kläger war ab November 1995 Kunde des Vermögensberaters. Im Frühjahr 2004 wandte er sich wegen einer kurzfristigen Veranlagung eines Betrags von 24.000 EUR neuerlich an ihn. Im Rahmen des abgeschlossenen „Vermögensverwaltungsvertrags“ erhielt der Kläger im Jänner 2006 4.500 EUR und im Juli 2006 2.500 EUR ausgezahlt.

Der Kläger begehrte den Klagsbetrag aus dem Titel des Schadenersatzes. Bei dem Konto, auf das er das verlorene Geld überwiesen habe, habe es sich um ein Privatkonto des Vermögensberaters gehandelt. Dieser Umstand sei der Beklagten bekannt gewesen. Die Höhe der Einzahlungen auf diesem Konto sei auffällig gewesen. Lange vor seiner Einzahlung hätte daher der begründete Verdacht der Geldwäsche bestanden, wobei dieser Begriff nach § 40 Abs 1 Z 3 BWG auch solche Vermögenswerte erfasse, die aus strafbaren Handlungen des Geldwäschers selbst herrührten. In diesem Fall sei die Bank nach § 41 BWG zur Meldung an die Sicherheitsbehörden verpflichteVt. Bei dieser Norm handle es sich um ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB.

Die Beklagte entgegnete, dass sie erst im Jahr 2006 die Betreuung der relevanten Geschäftskonten übernommen und nach Entstehen von Verdachtsmomenten umgehend die zuständige Behörde informiert habe. Da ihr bekannt gewesen sei, dass der Vermögensberater auch noch an zwei EDV Unternehmen beteiligt gewesen sei, sei es plausibel erschienen, dass die Überweisungen auf das Privatkonto aus Gewinnen oder Provisionen stammten. Zu aktiven Nachforschungen sei sie nicht verpflichtet gewesen. Die Sorgfaltspflichten der §§ 39 ff BWG habe sie stets eingehalten. Der aufsichtsrechtliche Charakter der fraglichen Bestimmungen des BWG spreche gegen eine Einordnung als Schutzgesetz. Darüber hinaus fehle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Zweck der in § 41 Abs 1 Z 1 bis 3 BWG festgelegten Meldepflichten der Bank bestehe in der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. Daraus könne keine Verpflichtung der Finanzinstitute abgeleitet werden, den Erfolg möglicher Vortaten einer Geldwäscherei ex ante zu verhindern. Der aufsichtsrechtliche Charakter der Sorgfaltspflichten des BWG spreche gegen die Einordnung als Schutzgesetz.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Sowohl die Verpflichtung zur Feststellung der Identität des Kunden als auch die Meldepflichten der Banken bezweckten nicht die Verhinderung von Vermögensschäden aus betrügerischen Handlungen und dienten nicht dem Schutz der Opfer aus Vermögensdelikten. Es fehle daher sowohl am Schutzgesetzcharakter der §§ 39 ff BWG als auch am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer Verletzung dieser Bestimmungen und dem Schaden des Klägers. Die Revision sei zulässig, weil zum Schutzzweck bzw zum Schutzgesetzcharakter des § 41 Abs 1 BWG noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Stattgebung des Klagebegehrens anstrebt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, der Revision den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

1.1 Der Kläger stützt den vom ihm geltend gemachten Schadenersatzanspruch auf die Verletzung der Meldepflicht nach § 41 Abs 1 BWG zufolge Geldwäscherei iSd § 40 Abs 1 Z 3 leg cit. Dabei beruft er sich auf den Schutzgesetzcharakter der Sorgfaltspflichten der §§ 39 ff BWG. Hätte die Beklagte die sich aus § 40 f BWG ergebenden Pflichten erfüllt, so wäre die betrügerische Vorgangsweise des Vermögensberaters rechtzeitig entdeckt worden.

Die einschlägigen Bestimmungen des BWG für den fraglichen Zeitraum (2004 bis 2006) lauten:

„§ 40 (idF BGBl I 2003/35)

(1) Die Kredit und Finanzinstitute haben die Identität eines Kunden festzuhalten:

3. wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei (§ 165 StGB unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dienen.

...

§ 41 (idF BGBl I 2003/35)

(1) Ergibt sich der begründete Verdacht,

1. dass eine bereits erfolgte, eine laufende oder eine bevorstehende Transaktion der Geldwäscherei dient, oder

2. dass der Kunde der Verpflichtung zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen gemäß § 40 Abs 2 zuwidergehandelt hat, oder

3. dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung gemäß § 278b StGB angehört oder dass die Transaktion der Terrorismusfinanzierung gemäß § 278d StGB dient,

so haben die Kredit und Finanzinstitute die Behörde (§ 6 SPG) hievon unverzüglich in Kenntnis zu setzen und bis zur Klärung des Sachverhalts jede weitere Abwicklung der Transaktion zu unterlassen, es sei denn, dass die Gefahr besteht, dass die Verzögerung der Transaktion die Ermittlung des Sachverhalts erschwert oder verhindert. …“

1.2 Auf die Verletzung der Pflicht zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen durch den Vermögensberater beruft sich der Kläger nicht. Er bestreitet auch nicht, dass der Geldwäschereitatbestand iSd § 165 StGB, der die Vortat eines Dritten voraussetzt, nicht erfüllt ist. Ebenso unstrittig ist, dass sich die Beklagte bzw deren Mitarbeiter nicht als Mit oder Beitragstäter an einer strafbaren Handlung beteiligt haben.

Die vom Kläger angesprochene Verpflichtung zur Einrichtung eines Kontroll und Mitteilungsverfahrens zur Vermeidung von Geldwäscherei (§ 40 Abs 4 BWG) dient der Aufdeckung von Verdachtsfällen, die eine Meldepflicht auslösen kann. Die Kontrollpflicht ist somit der Meldepflicht vorgelagert, weshalb sich eine mögliche Haftung der Beklagten auf § 41 Abs 1 BWG bezieht.

2.1 Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass sich der Schutzbereich der Sorgfaltspflichten der Kreditinstitute nach §§ 39 ff BWG auf die Überweisungen der Betrugsopfer auf das Konto der Beklagten erstreckt, weil auch die Betrugshandlungen des Geldwäschers unter den Geldwäschebegriff des § 40 Abs 1 Z 3 BWG fielen.

Während § 165 StGB (derzeit noch) für die Strafbarkeit die Vortat „eines anderen“ voraussetzt, bezieht die Meldepflicht nach § 41 BWG iVm § 40 Abs 1 Z 3 leg cit (seit BGBl I 1998/11) auch die Verschleierung von Vermögen mit ein, das aus Vortaten des Geldwäschers selbst stammt („Eigengeldwäscherei“). Dies ändert allerdings nichts daran, dass auch eine Geldwäscherei im Sinn des BWG zum einen eine Vermögensverschleierung iSd § 165 StGB erfordert und zum anderen eine strafrechtsrelevante Vortat voraussetzt, also zwischen Vortat und Geldwäschehandlung zu unterscheiden ist.

2.2 Zunächst ist schon fraglich, ob die Überweisungen bzw Einzahlungen der Betrugsopfer mit einer Verschleierungshandlung des (Eigen-)Geldwäschers in Zusammenhang stehen und zu diesem Zeitpunkt ein relevanter Verschleierungseffekt besteht (vgl RIS Justiz RS0094947; RS0094850). Diese Überlegungen müssen hier aber nicht weiter vertieft werden, weil jedenfalls zwischen Vortat und Geldwäscherei zu unterscheiden ist. Ein Individualschutzzweck zu Gunsten der Opfer der Vortat, hier der einzahlenden bzw überweisenden Betrugsopfer, kann nur dann angenommen werden, wenn der Schutzzweck der Sorgfaltspflichten der §§ 39 ff BWG auch auf die Verhinderung der strafrechtsrelevanten Vortat zu erstrecken wäre.

3.1 Schutzgesetze sind objektiv abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines Personenkreises gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RIS-Justiz RS0027710; 6 Ob 197/08a mwN). Sie sind konkrete Verhaltensvorschriften, die einerseits durch die Gefahren, die vermieden werden sollen, und andererseits durch die Personen, die geschützt werden sollen, begrenzt sind (vgl Karollus , Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung 346). Die Strafsanktionierung bildet dabei ein Indiz für die Qualifikation als Schutzgesetz. Die Normzweckprüfung ist teleologisch ausgerichtet und stellt primär darauf ab, welcher Zweck mit der in ihrem primären Normgehalt feststehenden Anordnung verfolgt wird (1 Ob 97/07g). Maßgeblich ist, dass der Schutz des Einzelnen im beabsichtigten Aufgabenbereich der Norm gelegen ist. Ist die Norm in diesem Sinn auf den Schutz des Einzelnen ausgerichtet, so schadet es nicht, wenn primär der Schutz allgemeiner Interessen bezweckt wird. Nicht ausreichend ist aber, dass der Individualschutz durch die Befolgung der Norm nur objektiv gleichsam als Reflex erreicht wird.

3.2 Die gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche haben auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ihren Ausgangspunkt gefunden. In Erfüllung dieser europarechtlichen Vorgaben hat der Gesetzgeber in den §§ 39 bis 41 BWG die Sorgfaltspflichten von Kredit und Finanzinstituten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung normiert. Die in § 39 BWG allgemein formulierten Sorgfaltspflichten sind durch die §§ 40 f BWG näher konkretisiert. Dabei handelt es sich um Pflichten zur Feststellung der Identität des Kunden, zur Einführung von Kontroll und Mitteilungsverfahren und um Mitteilungspflichten (vgl 4 Ob 230/06m; 1 Ob 44/07p).

Den Erwägungsgründen der einschlägigen Geldwäscherichtlinien (RL 91/308/EWG und RL 2001/97/EG bzw RL 2005/60/EG) lassen sich die Zielsetzungen dieser Regelungsbestrebungen klar entnehmen. Bei den Erwägungsgründen handelt es sich dabei um wichtige Leitlinien für die Interpretation des jeweiligen Rechtsakts ( Casa Fleischhandels GmbH, Slg 1989, 2789). Danach besteht das Ziel der Geldwäscherichtlinien zum einen in der Bekämpfung der Geldwäsche und zum anderen in der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Erlöse aus kriminellen Tätigkeiten sollen nicht in das Finanzsystem eingeschleust und auf diese Weise verschleiert werden. Auch Drogenhandel und organisiertes Verbrechen sollen bekämpft werden. Der Schutzzweck der Regelungen besteht im Schutz des europäischen Finanzsystems. Als Mittel der Bekämpfung werden unter anderem Finanzinstitute als Hilfsorgane der Aufsichts und Strafverfolgungsbehörden eingesetzt. Da dem Finanzsystem bei der Bekämpfung der Geldwäscherei eine höchst effektive Rolle zukommen kann, werden Sorgfaltspflichten vorgesehen, damit entsprechende Verdachtsinformationen an die zuständigen Behörden weitergegeben werden können. Dazu wird festgehalten, dass die zuständigen Behörden die Bekämpfung der Geldwäsche nicht ohne die Mithilfe der Kredit und Finanzinstitute und der Aufsichtsorgane meistern könnten.

Auch den innerstaatlichen Umsetzungsvorschriften kann keine andere Zielrichtung entnommen werden. In den Erläuterungen zur Einführung der genannten Sorgfaltspflichten der Banken wird ausdrücklich auf die Übernahme des acquis communautaire in das österreichische Recht hingewiesen (RV 1130 BlgNR 18. GP). Ebenso wird in den Erläuterungen zu den einschlägigen Novellen auf die Harmonisierung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben Bezug genommen (vgl RV 1230 BlgNR 20. GP). In den Erläuterungen zur BWG Novelle BGBl I 2003/35 (RV 32 BlgNR 22. GP) werden die Verhinderung des Missbrauchs des Bank und Finanzsystems für kriminelle Zwecke und das Aufspüren von Finanzquellen und Finanzströmen, die der Finanzierung terroristischer Aktivitäten oder der Geldwäsche dienen, als Regelungsziele angeführt. Die Einbeziehung der Eigengeldwäscherei in den Geldwäschebegriff des BWG durch BGBl I 1998/11 (AB 993 BlgNR 20. GP) erfolgte zur Lösung des in der Praxis auftretenden Problems, dass für die Finanzinstitute häufig nicht klärbar ist, um wessen Vermögen es sich bei einer verdächtigen Transaktion handelt. Aus diesem Grund sollte den Finanzinstituten die Erfüllung ihrer Verpflichtung (vor allem) zur Feststellung der Identität verdächtiger Kunden nach § 40 Abs 1 Z 3 BWG erleichtert werden. Eine inhaltliche Ausdehnung der Sorgfaltspflichten war aber nicht intendiert.

4.1 In der Literatur hat eine Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen Fragestellung bereits stattgefunden.

Nußbaumer/Schmaranzer (WBl 2007, 394 [397]) führen in ihrer Glosse zu 4 Ob 230/06m aus, dass die Geldwäscherichtlinie vor allem dem Schutz und der Aufrechterhaltung des Ansehens der europäischen Finanzsysteme vor den Auswirkungen der zunehmenden Geldwäsche und damit in erster Linie Gemeininteressen diene. Die der Geldwäscherichtlinie unterworfenen Berufsgruppen müssten bestmöglich im Sinn der Bekämpfung der Geldwäsche mit den zuständigen Behörden kooperieren. Eine Verpflichtung von Kreditinstituten, den Erfolg möglicher Vortaten einer Geldwäscherei ex ante zu verhindern, könne daraus nicht abgeleitet werden. Eine derart weitreichende Haftung der Kreditinstitute hätte weder die Geldwäscherichtlinie noch die nationale Umsetzung erreichen wollen. Der aufsichtsrechtliche Charakter der Sorgfaltspflichten des BWG spreche gemeinsam mit dem Schutzzweck der Bestimmungen gegen die Einordnung als Schutzgesetze.

Bollenberger (Zur Frage der Haftung der Bank wegen Durchführung von Überweisungen zu verbotenem Zweck, ÖBA 2009, 858 [865 ff]) gelangt zum Ergebnis, dass man den Gesetzgeber nicht dahin verstehen könne, es ginge ihm in § 41 BWG um die Bekämpfung aller möglichen Vortaten zur Geldwäscherei. Die Geldwäscherichtlinien dienten nicht auch der Bekämpfung jener Straftaten, aus denen die Vermögensbestandteile stammten. Die Geldwäscherichtlinie weise den Banken nicht die Rolle der allgemeinen Kriminalpolizei zu. Es sei daher zu bezweifeln, dass § 41 BWG Individualinteressen schützen solle. Die Meldepflicht nach § 41 BWG bezwecke nicht, zum Schutz aller potentiellen künftigen Opfer Betrüger aus dem Verkehr zu ziehen. Die Bank müsse auch nicht die Vortat des Eigengeldwäschers oder künftige solcher Vortaten verhindern. Sie könne daher nicht für den Betrugsschaden haften.

Seibert (Die Haftung der Empfängerbank im Überweisungsverkehr, WM 2008, 2006 [2008]) führt zur Rechtslage in Deutschland aus, dass § 11 dGwG, der ähnlich wie § 41 BWG zur Verdachtsanzeige verpflichtet, nach der insoweit einheitlichen Rechtsprechung nicht Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 dBGB sei, weil diese Bestimmung ausschließlich zum Schutz des staatlichen Strafverfolgungsinteresses dazu beitragen solle, die verdächtigen Finanztransaktionen aufzudecken. Die öffentlich rechtliche Pflicht zur Verdachtsanzeige gemäß § 11 dGwG sei deshalb auch nicht geeignet, den vertraglichen oder deliktischen Pflichtenkreis des Empfängerinstituts gegenüber dem Überweisenden zu erweitern. Eine Haftung der Kreditinstitute aus § 823 Abs 2 dBGB wegen eines Verstoßes (unter anderem) gegen ihre Anzeigepflicht gemäß § 11 dGwG komme mangels Schutzgesetzcharakters dieser Norm nicht in Betracht.

Graf (Verletzung der Geldwäschereibestimmungen, ÖBA 2009, 799) vertritt demgegenüber die Ansicht, dass die Bestimmungen der §§ 40 f BWG als Schutzgesetze zu Gunsten der Opfer der Vortat zu qualifizieren seien, weil die Geldwäscherichtlinien auch auf die Bekämpfung der Vortaten abzielten. Außerdem könne aufgrund des erweiterten Geldwäschebegriffs nach § 40 BWG durch Einbeziehung der Eigengeldwäscherei eine betrügerische Handlung gleichzeitig den Tatbestand der Geldwäscherei im Sinn des BWG erfüllen.

4.2 Auch der bisherigen Judikatur lassen sich gewisse Ansätze entnehmen, die für die zu beurteilende Fallkonstellation nutzbar gemacht werden können.

In der Entscheidung 4 Ob 230/06m wurde eine Sorgfaltspflichtverletzung der Bank mangels begründeten Verdachts verneint. Dazu wurde auch festgehalten, dass keine allgemeine Pflicht der Kreditinstitute bestehe, Schäden durch Untreuehandlungen in einer fremden Sphäre hintanzuhalten.

Auch in der Entscheidung 1 Ob 44/07p wurde die allgemeine Pflicht eines Kreditinstituts, Schäden durch Untreue- bzw Betrugshandlungen in einer fremden Sphäre zu vermeiden, verneint. Zudem wurde ausgesprochen, dass der Zweck der in § 40 Abs 1 BWG festgelegten Pflichten der Bank, die Identität ihrer Kunden festzuhalten, in der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bestehe. Der Verhinderung von Vermögensschäden, die aus betrügerischen Handlungen zum Nachteil eines Geschäftspartners resultierten, diene § 40 BWG nicht. Aus dieser Bestimmung lasse sich daher keine Schadenersatzpflicht der Bank ableiten.

Ähnlich gelangte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 84/08y zum Ergebnis, dass der Schutzzweck des § 40 Abs 1 BWG in der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, nicht aber darin zu sehen sei, der Verhinderung von Vermögensschäden zu dienen, die aus betrügerischen Handlungen zum Nachteil eines Geschäftspartners resultierten.

In der Entscheidung XI ZR 56/07 (= WM 2008, 1252) beschäftigte sich auch der deutsche Bundesgerichtshof mit dem Schutzzweck der Geldwäscherichtlinien und der innerstaatlichen Umsetzungsbestimmungen. Dazu sprach er aus, dass Ansprüche der geschädigten Anleger gemäß § 823 Abs 2 dBGB in Verbindung mit den Vorschriften des Geldwäschegesetzes (dGwG) ausschieden, weil diese keine Schutzgesetze seien. Schutzwirkung komme einer Norm dann zu, wenn sie, sei es auch nur neben dem Schutz der Allgemeinheit, dazu diene, den Einzelnen oder bestimmte Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Es genüge, dass die Norm auch das Interesse des Einzelnen schützen solle, möge sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Nicht ausreichend sei aber, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm nur als ihr Reflex objektiv erreicht werde; er müsse vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen. Außerdem müsse die Schaffung eines individuellen Schadenersatzanspruchs sinnvoll und im Licht des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen. Dass den Identifizierungs- und Anzeigepflichten des Geldwäschegesetzes nach dem Willen des Gesetzgebers zumindest auch die Funktion zukommen solle, die Vermögensinteressen der durch die Vortaten Geschädigten zu schützen, sei den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Ziel des Geldwäschegesetzes sei es, die Weiterverwendung von Gewinnen aus Straftaten, insbesondere aus organisierter Kriminalität, zu unterbinden. Soweit die Identifizierungs- und Anzeigepflichten auch eine Sicherstellung der inkriminierten Gelder ermöglichten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber neben der Abschöpfung der illegalen Gewinne auch den Schutz einzelner Geschädigter bezweckt habe.

5.1 Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen und dem referierten Meinungsstand gelangt der erkennende Senat zu folgendem Ergebnis: Der Zweck der Geldwäschevorschriften des BWG, insbesondere auch der Meldepflichten nach § 41 leg cit, liegt in der Heranziehung der Finanzinstitute zur Unterstützung der Aufsichts und Strafbehörden bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung. Sie werden in dieser Hinsicht als Hilfsorgane der Rechtspflege eingesetzt. Der Schutzzweck der Sorgfaltspflichten nach §§ 39 ff BWG ist demnach auf die Verfolgung von Allgemeininteressen gerichtet. Direkte Schutzpflichten zu Gunsten potentieller Opfer aus den Vortaten werden in den einschlägigen Rechtsquellen nicht angesprochen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Vorschriften gerade auch den Zweck verfolgen, den aus der Vortat Geschädigten vor eintretenden Vermögensnachteilen zu schützen. Auch für einen bewusst mitverfolgten Individualschutzzweck bestehen nach den zugrunde liegenden Wertungen keine Anhaltspunkte. Bei möglichen Vorteilen einzelner Verbrechensopfer handelt es sich vielmehr um bloße Reflexwirkungen.

Demnach sind die den Finanzinstituten durch §§ 39 ff BWG auferlegten Verhaltenspflichten auf die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bezogen. Eine allgemeine Pflicht zur Verhinderung von Vortaten kann aus diesen Bestimmungen nicht abgeleitet werden. Auf den Schutz einzelner Geschädigter aus den Vortaten sind sie daher nicht gerichtet. Nach der konkreten Schutzzweckprüfung (vgl 1 Ob 97/07g) kommt den §§ 40 und 41 BWG somit kein spezifischer Individualschutzzweck iSd § 1311 ABGB zu. Die gegenteilige Ansicht von Graf wird abgelehnt.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit diesen Grundsätzen im Einklang. Die vom Kläger behaupteten Verfahrens und Feststellungsmängel liegen nicht vor. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.