OGH vom 17.12.1993, 8Ob14/93
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gunter Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Reinhard T*****, als Masseverwalter im Konkurs des Gemeinschuldners Hans-Georg T*****, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 2 R 58/93-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 28 Cg 42/92-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
4.528 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am wurde über das Vermögen des Hans-Georg T***** das Konkursverfahren eröffnet. Der Gemeinschuldner war je zur Hälfte Eigentümer zweier Liegenschaften in Graz. Er hatte jeweils Viertelanteile am um S 354.250 inklusive Grunderwerbssteuer und Grundbuchgebühren und die weiteren Viertelanteile am um S 414.200 inklusive Grunderwerbssteuer und Grundbuchgebühren erworben. Am wurde der Pfandgläubigerin C***** die Zwangsversteigerung dieser Liegenschaftsanteile bewilligt und diese wurden am Christiana L***** um das Meistbot von S 5,6 Mill zugeschlagen. Mit Verteilungsbeschluß vom wurde dem Gemeinschuldner eine Hyperocha von S 2,445.543,22 samt 43,68 % des Zinszuwachses zugewiesen.
Mit - noch nicht rechtskräftigem - Bescheid des Finanzamtes G***** vom wurde die Einkommensteuer des Gemeinschuldners für das Jahr 1990 mit S 2,043.586 festgesetzt. Dieser Bemessung wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen von insgesamt S
254.643 und ein - nach Abzug der Veräußerungskosten verbleibender - Spekulationsgewinn gemäß § 30 Abs 1 EStG von S 4,900.198 (rechnerisch richtig: S 4,609.198) zugrundegelegt. Die Steuerschuld wurde mit fällig gestellt. Der Steuerbescheid wurde vom Masseverwalter vor allem deshalb bekämpft, weil die Zwangsversteigerung einer Sache kein Veräußerungsgeschäft gemäß § 30 EStG sei.
Das Finanzamt hat die auf den Spekulationsgewinn entfallende Einkommensteuer als Masseforderung geltend gemacht.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die durch die Veräußerung der Eigentumsanteile des Gemeinschuldners an Liegenschaften durch Zwangsversteigerung entstehende Einkommensteuerforderung der Republik Österreich eine Konkursforderung sei. Nach der deutschen Rechtsprechung und Lehre, die wegen der im wesentlichen gleichen Gesetzeslage zu übernehmen sei, bestehe in einem solchen Fall keine Masseforderung des Finanzamtes. In der Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom sei ausgeführt worden, daß der Konkursverwalter auf ein bereits vor Konkurseröffnung von Absonderungsgläubigern eingeleitetes Zwangsversteigerungsverfahren keinen Einfluß habe. Auslagen im Zusammenhang mit der Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse umfaßten nur solche Verpflichtungen, die durch die Amtstätigkeit des Konkursverwalters ausgelöst worden seien. Betreibe daher ein Absonderungsgläubiger die vor Eröffnung des Konkursverfahrens eingeleitete Zwangsversteigerung, so gehöre die durch die Veräußerung anfallende Einkommensteuer weder zu den Massekosten noch zu den Masseschulden. Diese Ansicht sei im Urteil des Bundesfinanzhofes vom wiederholt worden und werde von der deutschen - in den Schriftsätzen des Klägers im Detail dargestellten - Lehre einhellig geteilt. Es werde auch die Ansicht vertreten, daß bei der Einordnung der Steuerschuld als Konkurs- oder Masseforderung nur von konkursrechtlichen Prinzipien ausgegangen werden dürfe und daher zu berücksichtigen sei, daß die Steuerschuld tatsächlich bereits mit der realen Wertsteigerung der Liegenschaft eingetreten sei, sodaß es in Wahrheit zu einer Kreditgewährung der Steuerschuld bis zu deren Veranlagung gekommen sei. Der Fiskus müsse daher insoweit wie jeder andere Gläubiger behandelt werden.
Auch nach der österreichischen Rechtslage seien nur die mit der im Interesse aller Gläubiger vorgenommenen Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbundenen Steuern den Masseforderungen im Sinn des § 46 Abs 1 Z 2 KO zu subsumieren. Die Einreihung der Einkommensteuerforderung nach § 30 EStG als Masseforderung würde zu einer Schlechterstellung der Konkursgläubiger führen. Dies werde besonders in jenen Fällen deutlich, in denen keine Hyperocha vorhanden sei. Als Auslagen zur Erhaltung und Verwaltung der Masse könnten nur solche in Frage kommen, die vom Masseverwalter als gesetzlich vorgesehenes Verwaltungsorgan unter entsprechender Kontrolle des Gerichtes erfolgten. Auslagen im Zusammenhang mit Verwertungshandlungen, die nicht diesem Gläubigerschutzsystem unterlägen, könnten nicht als Masseforderung anerkannt werden. Der Masseverwalter habe im vorliegenden Fall keinerlei Einflußmöglichkeit auf den Anfall der Einkommensteuer gehabt. Er habe insbesondere nicht so lange mit der Verwertung zuwarten können, bis durch den Ablauf der Spekulationsfrist des § 30 EStG eine steuerfreie Veräußerung der Liegenschaft möglich gewesen sei. Mit der Annahme der Hyperocha durch den Masseverwalter sei keine mit einer Auslage im Sinn des § 46 Abs 1 Z 2 KO verbundene Verwaltungshandlung gesetzt worden.
Der Oberste Gerichtshof habe bereits in GlUNF 5.983, Jud 199 ausgesprochen, daß die Raten der Personaleinkommensteuer keine Masseschulden seien. An diesem Grundsatz habe auch die Einführung der Konkursordnung 1914 insofern nichts geändert, als die Einkommensteuer nunmehr insoweit Masseforderung sein sollte, als sie Einkommen, das durch den Betrieb eines Unternehmens der Masse entstanden sei, betreffe.
Das rechtliche Interesse an der Feststellungsklage liege darin, daß eine alsbaldige Klärung der Meinungsverschiedenheiten über die Zugehörigkeit der Forderung zum Kreis der Masseforderungen im Interesse der raschen und richtigen Abwicklung des Konkursverfahrens geboten sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Die Heranziehung der Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes und der deutschen Lehre sei wegen der anders gestalteten Regelungen der österreichischen Konkursordnung nicht zielführend. Abgesehen davon habe sich der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom ausdrücklich von seiner Entscheidung vom distanziert. Nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs 1 Z 2 KO sei die an einen erst während des Konkursverfahrens verwirklichten Sachverhalt anknüpfende Einkommensteuer jedenfalls eine Masseforderung, auch wenn die Erzielung des betreffenden Einkommens nicht der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse im engeren Sinn zuzuweisen sei. Dies bestätige auch die rechtshistorische Entwicklung der betreffenden Bestimmung. Es lasse sich kein sachliches Kriterium für eine unterschiedliche Behandlung der Einkommensteuer aus Spekulationsgewinn je nach dem, ob der Masseverwalter oder einer der Absonderungsgläubiger die exekutive Verwertung der Sondermasse betreibe, finden. Die Einstufung der Einkommensteuer als Masseforderung oder als Konkursforderung läge andernfalls im Belieben des Masseverwalters, weil er sich für oder gegen einen Eintritt in das Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 119 Abs 4 KO entscheiden könne.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es schloß sich der Rechtsansicht des Klägers an und führte zudem aus, daß der letzte Halbsatz des § 46 Abs 1 Z 2 KO nur den Schluß zulasse, daß eine während des Konkursverfahrens fällig werdende Steuer lediglich dann eine Masseforderung sein könne, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Konkursverfahren fällig werde und mit einem aktiven Tätigwerden des Masseverwalters oder des Konkursgerichtes zusammenfalle. Im vorliegenden Fall habe der Masseverwalter das Zwangsversteigerungsverfahren nicht zur Einstellung oder Unterbrechung bringen können. Der die Steuerschuld bewirkende Sachverhalt sei "rein zufällig" und durch Umstände, die nicht in den Händen des Masseverwalters gelegen seien, entstanden, sodaß § 46 Abs 1 Z 2 KO nicht anwendbar sei. Der die Steuerpflicht auslösende Sachverhalt sei auch nicht während des Konkursverfahrens verwirklicht worden, sondern habe nur zufällig das Entstehen einer Steuerschuld während des Konkursverfahrens nach sich gezogen. Es liege auch kein Veräußerungsgeschäft im Sinn des § 30 EStG vor, weil darunter nur Rechtshandlungen, die einem derivativen Eigentumserwerb nach sich zögen, zu verstehen seien. Das Feststellungsinteresse sei zu bejahen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren, dem es die Formulierung unterstellte, es möge festgestellt werden, daß die betreffende Steuerschuld keine Masseforderung darstelle, ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Dem Kläger sei zwar das Feststellungsinteresse in der vom Berufungsgericht modifizierten Form zuzubilligen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei aber der die Einkommensteuerpflicht auslösende Sachverhalt nicht vor der Konkurseröffnung verwirklicht worden, weil der hiefür in Frage kommende frühestmögliche Zeitpunkt mit der erst später erfolgten Zuschlagserteilung anzusetzen sei. Ob tatsächlich ein Spekulationsgeschäft im Sinn des § 30 EStG vorliege, habe nicht das Gericht, sondern die Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Da es für die von den Gerichten zu beurteilende Frage, ob die erhobene Forderung - falls sie tatsächlich bestehe - eine Masseforderung sei, nur auf den Zeitpunkt der Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes, nicht aber auf die Fälligkeit der Steuerschuld ankomme, handle es sich hier um eine die Konkursmasse treffende Steuer und somit um eine Masseforderung. Das Klagebegehren müßte daher selbst dann abgewiesen werden, wenn dem Kläger auch ein Interesse an der Feststellung der Qualifikation der Abgabenforderung als Konkursforderung zugebilligt werden sollte. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Einordnung der vorliegenden Steuerforderung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber sachlich nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, daß die Zulässigkeit des Rechtsweges und das grundsätzliche Interesse des Klägers an der Festellung, die vorliegende Steuerforderung sei keine Masseforderung, vom Prozeßgegner zu Recht nicht in Zweifel gezogen wurden (vgl JBl 1986, 666 = SZ 58/191; SZ 60/247). Darauf, ob die Steuer zu Recht oder zu Unrecht vorgeschrieben wurde und ob die Steuerschuld bereits rechtskräftig feststeht, kommt es nicht an.
Nach § 46 Abs 1 Z 2 KO in der geltenden Fassung sind Masseforderungen
"alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung
der Masse verbunden sind, einschließlich..... ...der die Masse
treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung
und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und so weit der die
Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens
verwirklicht wird. Hiezu gehören auch die nach persönlichen
Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen
Abgaben......".
Vor dem Inkrafttreten des Insolvenrechtsänderungsgesetzes BGBl
1982/370 zählte die Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 1 KO zu den
Masseforderungen "alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung
und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich der die
Masse betreffenden Steuern...... und anderen öffentlichen Abgaben,
die während des Konkurses fällig werden. Hiezu gehören auch die nach persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners bemessenen öffentlichen Abgaben.....".
Der Oberste Gerichtshof hatte sich mit der vom Revisionswerber in den Vordergrund gestellten Frage, ob nur Auslagen, die unmittelbar mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, und nur solche, auf deren Entstehen der Masseverwalter Einfluß nehmen kann, Masseforderungen sind, bereits in seiner Entscheidung vom , JBl 1986, 666 zu befassen. Obgleich in dem dort zugrundeliegenden Fall Sozialversicherungsbeiträge (für den bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortdauernden Entgeltanspruch von Dienstnehmern, die der Gemeinschuldner noch vor Konkurseröffnung gekündigt und dienstfrei gestellt hatte und die keinerlei Leistungen für die Masse erbrachten) zu klassifizieren waren, sind die Rechtsausführungen wegen der grundsätzlich gleichgelageren Problemstellung auch auf den hier vorliegenden Fall übertragbar. Demnach zählt zwar § 46 Abs 1 Z 2 KO - wie auch schon § 46 Abs 1 Z 1 KO idF vor dem Insolvenrechtsänderungsgesetz 1982 - in der Satzeinleitung die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbundenen Auslagen auf, hält diesen aber die durch einen nach Konkurseröffnung liegenden Sachverhalt ausgelöste Abgabenpflicht gleich. Entscheidend ist schon bisher gewesen, daß Abgabenforderungen, sollen sie als Masseforderungen behandelt werden,
1. die Masse treffen, also zeitlich für einen Vorgang oder Zustand zu entrichten sind, der in die Zeit nach der Konkurseröffnung fällt, und
2. während des Konkurses fällig werden (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 524; Heller-Berger-Stix 121). In der zitierten Entscheidung wurde auch ausdrücklich dargelegt, daß es nicht darauf ankomme, ob die Dienstnehmer tatsächlich Arbeiten für den Masseverwalter verrichtet hätten oder noch vom Gemeinschuldner dienstfrei gestellt worden seien.
Wie in dem hier zu beurteilenden Fall wurde auch in dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall die Abgabenpflicht ohne jedes Zutun des Masseverwalters ausgelöst.
Gerade die in bezug auf die Abgabenforderungen wesentlich andere Textierung der §§ 57 ff der deutschen KO ("Massegläubiger") schließt eine enge Orientierung der rechtlichen Beurteilung an der einschlägigen deutschen Rechtsprechung und Lehre aus. Die die Masse treffenden Steuern sind in den vergleichsweisen Regelungen der deutschen KO nicht eigens angeführt, sondern werden dem § 58 Z 2 der deutschen KO subsumiert, der lautet: "Massekosten sind die Ausgaben für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse". Die sich aus dieser Formulierung ergebenden Auslegungsmöglichkeiten in bezug auf die Einkommensteuer für außerordentliche Erträge (vgl die Zusammenfassung in Kilger, Becksche Kurzkommentare, KO15, 260, 3 f zu § 58 KO) sind durch die differenzierte, die Steuern in der aufgezeigten Weise behandelnde Regelung des § 46 Abs 1 Z 2 KO weitgehend eingeschränkt. Dazu kommt, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens in Deutschland das Gesamtvermögen des Gemeinschuldners in konkursrechtlicher Hinsicht in zwei verschiedene Vermögensmassen spaltet, nämlich in die Konkursmasse, zu der nach § 1 dKO das gesamte pfändbare Vermögen des Gemeinschuldnes im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gehört, und in das davon abgegrenzte konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners, das aus dem Neuerwerb und dem pfändungsfreien Vermögen besteht. In Österreich fällt hingegen der Neuerwerb während des Konkursverfahrens in die Konkursmasse. Auch dieser Aspekt schließt eine generelle Übernahme der deutschen Ansicht zur Frage der Behandlung der Einkommensteuer im Konkursverfahren aus.
Die historische Interpretation spricht ebenfalls gegen den Standpunkt des Klägers. Die zu § 29 Z 1 lit c des Gesetzes Reichsgesetzblatt I/1869 ("als Massekosten sind zu betrachten: ....... alle Auslagen, welche mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, wozu auch die die Masse treffenden Steuern und öffentlichen Abgaben zu rechnen sind, welche während des Konkurses fällig werden") ergangene Rechtsprechung war hinsichtlich der Personaleinkommensteuer uneinheitlich: nach GlUNF 3.183 ua war sie eine Masseschuld; daß die Steuer die Masse treffen müsse, sei nicht dahin zu verstehen, daß sie von einem durch die Verwaltung der Konkursmasse erzielten Einkommen bemessen worden sei, sondern bedeute nur, daß sich die Steuer auf diejenige Masse beziehen müsse, deren Masseschulden in Frage kämen, also entweder auf die gemeinschaftliche oder eine besondere Masse. Hingegen lehnte die E GlUNF 5.983 = Jud 199 diese Ansicht ab und beurteilte die für das Jahr der Konkurseröffnung vorgeschriebenen, während des Konkurses fällig werdenden Raten der Personaleinkommensteuer als Konkursforderungen.
Nach den Ausführungen der Denkschrift zur kaiserlichen Verordnung zur Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung 1914, S 47 zu § 46 KO, wurde in der neuen Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 1 KO eben deshalb, "weil die Praxis darüber im Zweifel war", die dem Gemeinschuldner nach dessen persönlichen Verhältnissen vorgeschriebene Steuer besonders erwähnt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte demnach die Einkommensteuer als Masseforderung behandelt werden. Der in der Denkschrift weiters enthaltene Hinweis, daß "darunter vor allem die Einkommensteuer von dem Einkommen, das durch den Betrieb eines Unternehmens der Masse erzielt wurde" fällt, ist als Verdeutlichung, keineswegs aber als eine Einschränkung dahin aufzufassen, daß die Einkommensteuer nur in diesem Fall eine Masseforderung sei.
Nach geltendem österreichischem Recht ist daher lediglich maßgebend, ob der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt vor oder nach Konkurseröffnung verwirklicht wurde.
Diese seit dem IRÄG 1982 in Geltung stehende Formulierung bringt zum Ausdruck, daß es nicht mehr auf die Fälligkeit oder das Entstehen der Steuerschuld auf der Grundlage eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes ankommt und eine formale Anknüpfung an § 4 BAO nicht stattzufinden hat (Bericht des Justizausschusses zum IRÄG, 1147 Blg
15. GP S 20 iVm S 6 f; SZ 60/247; EvBl 1993/102, 428).
Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, kann der maßgebende Zeitpunkt nicht vor der Zuschlagserteilung liegen; dies unabhängig davon, ob die Zuschlagserteilung, der Meistbotserlag, der Meistbotsverteilungsbeschluß oder dessen Realisierung als "Zufließen" der Einkünfte im Sinn des § 19 Abs 1 EStG anzusehen ist. Die Abgabepflicht wurde erst durch das Veräußerungsgeschäft, d.i. hier die Zuschlagserteilung, ausgelöst. Die vom Rekurswerber zitierte Ansicht Frotschers (in seiner Monographie Steuern im Konkurs2, 88), daß nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts die Aktivposten eigentlich regelmäßig nach ihrer realen Wertsteigerung besteuert werden müßten und der Veräußerungsgewinn bis zur Veranlagung gleichsam kreditiert werde, kann aufgrund des diese rechtliche Konstruktion ausschließenden Wortlautes des § 46 Abs 1 Z 2 KO auf den österreichischen Rechtsbereich nicht übertragen werden.
Es ist zwar richtig, daß Gessler (Steuern bei Konkurs und Ausgleich, Vorwort) auf die Ähnlichkeit der steuerlichen Gesetzgebung in Deutschland verweist; bei Behandlung der Einkommensteuer betont er jedoch mehrfach, daß insoweit insbesondere bei den konkursrechtlichen Regelungen wesentliche Unterschiede bestehen (S 77 ff).
Die von Gessler (aaO, 87 ff) und Chalupsky-Ennöckl-Holzapfel (Handbuch des österreichischen Insolvenzrechtes, 352 f) unterschiedlich behandelte Frage der Aufdeckung stiller Reserven im Lauf des Konkursverfahrens, die aufgrund von Handlungen des Gemeinschuldners vor Konkurseröffnung entstanden sind, stellt sich beim Spekulationsgewinn, der jedenfalls erst bei der Veräußerung (hier: der Zuschlagserteilung) und überhaupt nur im Fall der Veräußerung innerhalb einer bestimmten Frist die Steuerschuld auslöst, nicht. Die reale Wertsteigerung alleine bewirkt noch nicht die Steuerschuld (vgl auch die E EvBl 1993/102, 428, die ebenfalls auf die Verwertungshandlung abstellt).
Auch in den sonstigen vom Revisionswerber zitierten Belegstellen der österreichischen Lehre findet sich kein Hinweis, der seine Argumentation stützen würde. Der Abhandlung Baumgartners, Steuerforderungen im Konkurs, in ÖJZ 1955, 401 ist entgegen den Ausführungen in der Revision nicht zu entnehmen, daß der Autor für die Behandlung der Einkommensteuerforderung aus Veräußerungsgewinn als Konkursforderung eintritt; er führt vielmehr aus, daß die nach den persönlichen Verhältnissen des Gemeinschuldners zu bemessenden öffentlichen Abgaben wie Einkommen- und Körperschaftssteuer insoweit, als sie auf das während des Konkurses erzielte Einkommen entfallen, Masseforderungen seien - und zwar anders als nach der deutschen KO -, obwohl sie nicht mit der Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind.
Ob die infolge des erzielten Erlöses aus der Zwangsversteigerung vorgeschriebene Spekulationssteuer als Sondermasseforderung im Sinn des § 49 KO bei Verteilung des Meistbotes vor den Ansprüchen der Absonderungsberechtigten zu berücksichtigen ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bejaht dies bei der Umsatzsteuer, die durch den Verkauf des Liegenschaftszubehörs im Rahmen der exekutiven Versteigerung der Liegenschaft ausgelöst wird (SZ 59/85, SZ 62/81, EvBl 1993/102). Die Behandlung der Steuer für Spekulationsgewinn als Sondermasseforderung würde allerdings die vom Revisionswerber befürchtete Aushöhlung der allgemeinen Masse durch derartige Steuerforderungen insbesondere in jenen Fällen, in denen keine oder keine ausreichende Hyperocha zu deren Abdeckung vorhanden ist, hintanhalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.