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OGH vom 18.12.2014, 9ObA117/14t

OGH vom 18.12.2014, 9ObA117/14t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekurs und Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Gerda Höhrhan Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. *****, vertreten durch Dr. Robert Kugler und Mag. Michael Wohlgemuth, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. Norbert Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (15.000 EUR), über den Rekurs und die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 7 Ra 25/14x 17, mit dem der Berufung und dem „Rekurs“ der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 68 Cga 65/13d 13, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs und die Revision der klagenden Partei werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die als Vertragsbedienstete in einem unbefristeten privatrechtlichen Dienstverhältnis zur beklagten Stadt stehende Klägerin wurde über Antrag des Bürgermeisters der Beklagten nach Zustimmung des Stadtsenats mit Beschluss des Gemeinderats der Beklagen mit Wirkung vom befristet auf die Dauer von drei Jahren zur Magistratsdirektorin bestellt (§ 79 Abs 4 des Klagenfurter Stadtrechts [K KStR 1998], LGBl 1998/70 iVm § 35h Vertragsbedienstetenordnung der Landeshauptstadt Klagenfurt 1985 [VBO 1985]). Über diese Entscheidung informierte der Bürgermeister der Beklagten die Klägerin schriftlich.

Mit Schreiben vom teilte der Bürgermeister der Beklagten der Klägerin mit, dass ihre mit befristete Funktion der Magistratsdirektorin mit diesem Tag auslaufe. Eine Nachprüfung der Funktionsausübung der Klägerin durch die Objektivierungskommission im Sinne des § 35h Satz 2 VBO 1985 erfolgte nicht.

Die Klägerin möchte mit dem Hauptbegehren ihrer Klage festgestellt haben, dass die mit vorgenommene Befristung ihrer Bestellung in der Funktion der Magistratsdirektorin rechtsunwirksam sei und sie sich daher über den hinaus in dieser Funktion befinde. In eventu begehrt sie die Feststellung, dass die Erklärung des Bürgermeisters der Beklagten vom rechtsunwirksam sei und ihr ein Rechtsanspruch auf die Betrauung mit der Funktion der Magistratsdirektorin auf unbestimmte Zeit zukomme; in eventu, dass diese Erklärung des Bürgermeisters ohne Abhaltung eines Objektivierungsverfahrens gemäß § 35h Satz 2 der VBO 1985 rechtsunwirksam sei und ihr dieser Rechtsanspruch, vorbehaltlich einer positiven Funktionsbeurteilung als Ergebnis eines gemäß § 35h Satz 2 der VBO 1985 durchzuführenden Verfahrens, zukomme.

Die Befristung der Funktion eines Magistratsdirektors sei zufolge Art 21 Abs 5, Art 117 Abs 7 B VG, § 79 Abs 4 K KStR 1998 unzulässig und daher rechtsunwirksam. Jedenfalls habe sie aber einen Rechtsanspruch auf die Verlängerung ihrer Verwendung als Magistratsdirektorin, weil keine nach § 35h VBO 1985 vorgesehene Nachprüfung stattgefunden habe; dies zumindest vorbehaltlich einer positiven Funktionsbeurteilung.

Die Beklagte wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein, weil die Klägerin Ansprüche öffentlich rechtlicher Natur geltend mache. Im Übrigen bestritt sie das Klagebegehren und beantragte Klagsabweisung. Das Schreiben ihres Bürgermeisters, mit dem dieser der Klägerin mitgeteilt habe, dass sie befristet auf drei Jahre zur Magistratsdirektorin bestellt werde, sei als Bescheid zu qualifizieren. Diesen habe die Klägerin nicht bekämpft, weshalb mit Ablauf der Befristung ihre Funktion als Magistratsdirektorin wieder geendet habe. Einen Rechtsanspruch auf Betrauung mit dieser Funktion auf unbestimmte Zeit oder auf Durchführung eines Objektivierungsverfahrens im Sinne des § 35h VBO 1985 habe die Klägerin nicht, weil die bloße Verwendung als Magistratsdirektorin ohne Bestellung durch den Gemeinderat ausgeschlossen sei.

Das Erstgericht verwarf mit Beschluss die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und gab dem Klagehauptbegehren statt.

Gegen den die Einrede verwerfenden Beschluss erhob die Beklagte Rekurs, gegen das klagsstattgebende Urteil Berufung.

Das Berufungsgericht behandelte den Rekurs richtig als Teil der Berufung; dieser gab es statt. Die Entscheidung des Erstgerichts über das Hauptbegehren hob das Berufungsgericht hingegen als nichtig auf, erklärte das diesbezügliche Verfahren für nichtig und wies die Klage insofern zurück. Die Bestellung der Klägerin zur Magistratsdirektorin durch den Gemeinderat sei ein öffentlich-rechtlicher Vorgang, der in einem Zivilprozess nicht überprüft werden könne. Von der Bestellung zu trennen seien aber behauptete Ansprüche der Klägerin aus dem privatrechtlichen Dienstverhältnis. Denkbar seien hier finanzielle Ansprüche; die Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Ausübung der Funktion als Magistratsdirektorin. Hinsichtlich der Zurückweisung des Hauptbegehrens der Klage sprach das Berufungsgericht aus, dass der Rekurs jedenfalls zulässig sei. Die Revision hinsichtlich der Abweisung des Eventualbegehrens der Klägerin ließ es mit der Begründung zu, dass sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage noch nicht auseinandergesetzt habe, ob ein Vertragsbediensteter auf vertraglicher Grundlage einen Anspruch auf Ausübung der Funktion des Magistratsdirektors durchsetzen könne, wenn eine entsprechende Beschlussfassung durch den Gemeinderat nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richten sich der Rekurs und eventualiter die Revision der Klägerin, jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Der Rekursantrag ist auf die Wiederherstellung des Ersturteils gerichtet. Mit den Revisionsanträgen strebt die Klägerin in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klagsstattgabe ihres ersten, in eventu ihres zweiten Eventualbegehrens an. Hilfsweise werden jeweils Aufhebungsanträge gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung , dem Rekurs der Klägerin keine Folge zu geben und die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Rekurs:

1. Der Rekurs ist aus folgenden Überlegungen nicht jedenfalls zulässig:

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt der „Vollrekurs“ gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (Zurückweisung der Klage durch das Berufungsgericht) dann nicht in Betracht, wenn die Frage des Vorliegens eines bestimmten Prozesshindernisses bereits Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens und der erstgerichtlichen Entscheidung war. In diesen Fällen wurde das Gericht zweiter Instanz, das sich ebenfalls mit dem Prozesshindernis befasst hat, funktionell als Rekursgericht tätig. Ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof unterliegt dann den Beschränkungen des § 528 ZPO (RIS Justiz RS0043861 [T4]; RS0116348; Kodek in Rechberger 4 § 519 ZPO Rz 14).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Richtigerweise hätte das Berufungsgericht gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO aussprechen müssen, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist (vgl 2 Ob 105/11x ua). Dessen ungeachtet ist es aber nicht erforderlich, die Arbeitsrechtssache an das Berufungsgericht zur Berichtigung bzw Ergänzung seiner Entscheidung zurückzustellen. Die Rekurswerberin wurde nämlich in ihren Rechtsmittelmöglichkeiten nicht beschränkt, weil sie Gelegenheit hatte, die von ihr als erheblich erachteten Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zu bezeichnen (vgl 9 ObA 267/01g).

2. Der somit nicht jedenfalls unzulässige Rekurs der Klägerin zeigt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtswegs zutreffend dargestellt (vgl RIS Justiz RS0005896; RS0010522; RS0045584; RS0045644), weshalb darauf verwiesen werden kann (§ 528a iVm § 510 Abs 3 Z 2 ZPO). Die Rekurswerberin bestreitet nur deren Vorliegen im Einzelfall, dies jedoch nicht zu Recht:

Die ausführlich begründete Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Bestellung der Klägerin zur Magistratsdirektorin durch den Gemeinderat gemäß § 79 Abs 4 K KStR 1998 sei ein öffentlich-rechtlicher Akt und keine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Streitteilen, wird im Rekurs nicht in Zweifel gezogen. Auch wenn die Klägerin (dennoch) behauptet, (auch) ihr Hauptbegehren gründe sich auf einen privatrechtlichen Anspruch, ist der Rechtsweg dafür ausgeschlossen. Mit ihrem Hauptbegehren strebt die Klägerin nämlich einen unmittelbaren Eingriff des ordentlichen Gerichts in die vom Gemeinderat ihrer öffentlich-rechtlichen Bestellung zur Magistratsdirektorin beigesetzte Befristung an und begehrt deren Beseitigung (vgl RIS Justiz RS0010522 [T9, T 11]). Soweit die Rekurswerberin das Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Bestellungsakts ausschließlich damit bestreitet, dass das K KStR 1998 die Bestellung zum Magistratsdirektor durch Bescheid nicht vorsehe und die Bestellungsmitteilung des Bürgermeisters ohnehin kein Bescheid sei, zeigt sie keine für die Entscheidung relevante und daher im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.

II. Zur Revision:

Die den Eventualbegehren zugrunde liegenden Ansprüche auf eine über den Fristablauf hinausgehende Verwendung als Magistratsdirektorin stützt die Klägerin in ihrer Revision erkennbar auf eine schlüssige privatrechtliche Vereinbarung mit der Beklagten. Diese leitet sie aus dem Umstand ab, dass ihre befristete Bestellung zur Magistratsdirektorin mit § 35h VBO 1985 verknüpft worden sei. Damit habe der Gemeinderat bekundet, dass er mit einer weiteren Funktionsausübung der Klägerin als Magistratsdirektorin einverstanden sei, wenn das Ergebnis der Nachobjektivierung positiv sei. Die Beklagte habe sich ihre Untätigkeit in Bezug auf die Beurteilung der Funktionsausübung anzurechnen.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig (vgl 9 ObA 145/13h ua).

Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete, bereits oben genannte Rechtsfrage könnte sich nur dann stellen, wenn die Klägerin überhaupt einen privatrechtlichen Anspruch auf Weiterverwendung als Magistratsdirektorin hätte. Die dazu erstmals in der Revision vorgetragenen Argumente der Klägerin verstoßen aber gegen das Neuerungsverbot des § 504 ZPO und müssen daher unbeachtet bleiben. Eine andere Rechtsgrundlage für die mit den Eventualbegehren geltend gemachten Ansprüche wird und wurde von der Klägerin aber nicht ins Treffen geführt. Richtig ist, dass § 35h Satz 2 VBO 1985 bestimmt, dass nach positiver Beurteilung der Funktionsausübung durch die Objektivierungskommission und den Stadtsenat die Verlängerung der Betrauung auf unbestimmte Zeit vorzunehmen ist. Die behauptete Verletzung dieser Vorschrift durch die Beklagte („muss sich die Beklagte anrechnen lassen“) hat aber nicht zur Folge, dass für die Klägerin so die Revision ein privatrechtlicher Anspruch auf Ausübung der Funktion als Magistratsdirektorin auf unbestimmte Zeit entstanden ist. Gründe, weshalb „jedenfalls davon ausgegangen werden müsse“, dass das zweite Eventualbegehren der Klägerin zu Recht bestehe, bleibt die Revision schuldig.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO waren der Rekurs und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision, nicht jedoch auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen (RIS Justiz RS0035979).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00117.14T.1218.000