Suchen Hilfe
OGH vom 20.12.2016, 8ObA22/16t

OGH vom 20.12.2016, 8ObA22/16t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und den Hofrat Dr. Brenn (Senat gemäß § 11a Abs 3 Z 1 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. H***** B*****, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 18.882,90 EUR brutto sA, im Verfahren über die Revisionen 1. der klagenden Partei und 2. der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 6 Ra 76/15s 33, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 38 Cga 135/13k 29, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren 8 ObA 22/16t wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am zu 9 ObA 141/15y gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt.

Text

Begründung:

Der 1972 geborene Kläger absolvierte nach Erfüllung seiner Schulpflicht eine Lehrausbildung bei den Österreichischen Bundesbahnen, wo er auch anschließend – unterbrochen durch den Wehrdienst – bis September 2006 beschäftigt war. Ab November 2005 wurde er von seinem Arbeitgeber an die Justiz im Rahmen des Projekts „Jobchance Justiz“ überlassen. Mit begann er ein Dienstverhältnis als Vertragsbediensteter des Bundes und absolvierte die Ausbildung zum Rechtspfleger. Seit steht der Kläger als Diplomrechtspfleger in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Graz setzte mit Bescheid vom den Vorrückungsstichtag des Klägers gemäß § 26 Abs 1 VBG 1948 mit fest. Zur Ermittlung des Vorrückungsstichtags wurden die zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers und dem Tag der Anstellung liegenden Zeiten berücksichtigt.

Mit weiterem Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Graz vom wurde mit Wirksamkeit vom der Vorrückungsstichtag unter Voransetzung weiterer Zeiten gemäß § 12 GehG mit neu berechnet. Gleichzeitig wurde in diesem Bescheid festgehalten, dass sich an der Besoldung des Klägers durch diese Neufestsetzung nichts ändere. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Nachzahlung von Entgeltdifferenzen wegen des verbesserten Vorrückungsstichtags lehnte die Finanzprokuratur ab.

In der vorliegenden Klage wird die Nachzahlung von Entgeltdifferenzen für (ausgedehnt) Oktober 2006 bis Juni 2015 begehrt.

Der Kläger macht geltend, dass sich seine besoldungsrechtliche Situation dem Klagebegehren entsprechend verbessert hätte, wenn die Beklagte die mit BGBl I 2010/82 dahingehend geänderte Regelung des § 19 Abs 1 zweiter Satz VBG 1948, wonach der für die Vorrückung in die zweite in jeder Entlohnungsstufe in Betracht kommende Entlohnungsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre betrage, nicht angewandt hätte bzw nicht anwenden hätte müssen. Diese Bestimmung prolongiere die durch Nichtanrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag verwirklichte, gemeinschaftsrechtswidrige Altersdiskriminierung.

Der Kläger habe seine Ansprüche im Verwaltungsweg bereits geltend gemacht. Die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ergebe sich einerseits daraus, dass Entgeltansprüche privatrechtliche Ansprüche seien. Er stütze sich auch auf den Titel der Amtshaftung, weil die Verwaltungsbehörde den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts missachtet und eine gemeinschaftsrechtswidrige Gesetzeslage angewandt habe. Auch durch die während des Verfahrens in Kraft getretene Neuordnung des Gehaltsgesetzes BGBl I 2015/32 seien die Auswirkungen der diskriminierenden Vorrückung nicht beseitigt worden.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, die neu geschaffene Rechtslage sei weder altersdiskriminierend, noch verstoße sie sonst gegen Grundsätze des Unionsrechts bzw des Verfassungsrechts. Seit dem sei der Kläger Beamter, sodass für seine Gehaltsansprüche ab diesem Zeitpunkt der Rechtsweg unzulässig sei. Darüber hinaus sei das Klagebegehren, soweit es sich auf länger als drei Jahre zurückliegende Entgeltzeiträume beziehe, verjährt.

Das Erstgericht wies die Klage in Ansehung eines Teilbetrags von 11.934,30 EUR sA wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs mit Beschluss zurück, im Übrigen wies es das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Erstgerichts teilweise Folge. Es bestätigte die Teilzurückweisung des Klagebegehrens, soweit sich dieses auf einen Erfüllungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis stütze. Hingegen behob es den angefochtenen Beschluss insoweit, als das Begehren des Klägers auf Schadenersatz (Amts- bzw Staatshaftung) gestützt wurde, und trug dem Erstgericht unter diesem Aspekt die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht teilweise dahin Folge, dass es die Beklagte unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Zahlung von 1.015,60 EUR brutto sA verpflichtete. Die ordentliche Revision sei wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zulässig.

Für den vor dem liegenden Zeitraum sei das Klagebegehren verjährt. Bei diskriminierungsfreier Berechnung des Vorrückungsstichtags wäre dieser mit festzusetzen gewesen, wodurch sich bei einem Vorrückungszeitraum von jeweils zwei Jahren im Zeitraum vom bis zum (Ende des Vertragsbedienstetenverhältnisses) ein um den zuerkannten Betrag höheres Bruttoentgelt ergeben hätte.

Der Kläger begehrt mit seiner Revision die Abänderung des zweitinstanzlichen Urteils durch Zuerkennung weiterer 5.933 EUR brutto. Das Berufungsgericht habe die Verjährungsfrage rechtlich falsch beurteilt.

Die Revision der Beklagten strebt die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens an.

Beide Parteien haben jeweils eine Revisionsbeantwortung zum Rechtsmittel des Gegners erstattet.

Rechtliche Beurteilung

1. Im Verfahren 9 ObA 141/15y, einem gegen die hier beklagte Partei als Antragsgegnerin eingeleiteten besonderen Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG, hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom , GZ 9 ObA 141/15y 1, ein Ersuchen um Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet.

Die in diesem Ersuchen gestellten Rechtsfragen betreffen die Vereinbarkeit der Bestimmungen der Besoldungsreform 2015 (unter Berücksichtigung der Rechtslage nach dem BGBl I Nr 104/2016) mit dem Gemeinschaftsrecht und sind auch für das vorliegende Verfahren präjudiziell.

2. Es ist daher aus prozessökonomischen Gründen zu unterbrechen (RIS Justiz RS0110583).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00022.16T.1220.000

Fundstelle(n):
VAAAD-92426