OGH vom 28.01.2014, 10ObS180/13p

OGH vom 28.01.2014, 10ObS180/13p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duninger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. G***** O*****, vertreten durch Dr. Robert Kugler und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Kärntner Gebietskrankenkasse, 9021 Klagenfurt, Kempfstraße 8, vertreten durch Dr. Gerhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 52/13s 11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 68 Cgs 19/13k 7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 186,66 EUR (darin enthalten 30,96 EUR USt) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war im Rahmen eines Dienstverhältnisses vom bis als Leiterin der Abteilung „Finanz , Rechnungs und Personalwesen sowie Controlling“ beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung.

Ab wurde für die Klägerin ein individuelles Beschäftigungsverbot im Sinn des § 3 Abs 3 MSchG wirksam. Am brachte sie ihr erstes Kind zur Welt. Sie nahm in der Folge Karenzurlaub in Anspruch und wurde in der Karenzzeit neuerlich schwanger. Am brachte sie ihr zweites Kind zur Welt und verlängerte ihren Karenzurlaub aus diesem Anlass bis . Sie wurde in dieser Zeit neuerlich schwanger, wobei sie dieses Kind am verlor. Aus diesem Grund befand sie sich ab im Krankenstand. Während des Krankenstands wurde die Klägerin erneut schwanger. Sie bezog zunächst vom bis (43 Tage) Entgeltfortzahlung durch den Dienstgeber, danach vom bis Entgeltfortzahlung und 50 % des gesetzlichen Krankengeldes und schließlich vom bis (36 Tage) 100 % des gesetzlichen Krankengeldes. Ab bezog die Klägerin aufgrund eines individuellen Beschäftigungsverbots im Sinn des § 3 Abs 3 MSchG Wochengeld. Am brachte sie ihr drittes Kind, den Sohn E*****, zur Welt.

Am beantragte die Klägerin bei der beklagten Gebietskrankenkasse die Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes (Variante 12+2) für ihren am geborenen Sohn E*****. Mit Schriftsatz vom begehrte die Klägerin bis zur endgültigen Erledigung des auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes im Sinn des § 24 KBGG gerichteten Hauptbegehrens als „Nebenbegehren“ die Gewährung des „pauschalen Kindergeldes (Pauschalvariante 12+2)“ im Sinn des § 2 KBGG, weil sie sämtliche Voraussetzungen dafür erfülle.

Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom den Antrag der Klägerin auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes für den Sohn E***** mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld in § 2 iVm § 24 Abs 1 und 2 KBGG normierten Anspruchsvoraussetzungen.

Mit der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage begehrt die Klägerin soweit im Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung die beklagte Partei zu verpflichten, ihr „rückwirkend mit Ende des Mutterschutzes Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens im Sinn der §§ 24 iVm 2 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 5 KBGG in der gesetzlichen Höhe zu bezahlen“. Eventualiter begehrt sie die beklagte Partei zu verpflichten, ihr „rückwirkend mit Ende des Mutterschutzes Pauschalkindergeld (12+12) in gesetzlicher Höhe zu bezahlen“. Sie brachte im Wesentlichen vor, sie erfülle die Voraussetzungen für die Zuerkennung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes, da sie zumindest neun Monate zuzüglich anrechenbarer Karenz und Mutterschutzzeiten in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 24 Abs 2 KBGG gestanden sei und daher jedenfalls über die erforderliche Beschäftigungszeit von sechs Monaten verfüge. Der Begriff der Erwerbstätigkeit sei legal definiert. Demnach verstehe man unter Erwerbstätigkeit die Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Nach dem Wortlaut des Gesetzes seien der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG gleichgestellt. Nicht vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt sei die Auffassung der beklagten Partei, dass ein längerer Krankenstand zu einer Unterbrechung führe. Auch wenn die Klägerin Krankengeld bezogen habe, sei ihr Dienstverhältnis durchgehend aufrecht gewesen. In jedem Fall hätte ihr die beklagte Partei bis zur rechtsgültigen Entscheidung über ihr Hauptbegehren aufgrund des vorgelegten Antrags das pauschale Kinderbetreuungsgeld zusprechen müssen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, die Klägerin habe die Voraussetzungen für die Zuerkennung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nicht erfüllt, weil sie nicht die geforderte durchgehende Erwerbstätigkeitsdauer vorweisen könne. Darüber hinaus habe sie im maßgebenden Zeitraum von sechs Monaten vor dem Beginn des individuellen Beschäftigungsverbots () im Zeitraum vom bis , somit für die Dauer von 35 Tagen, Krankengeld bezogen. Ein Krankengeldbezug sei keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit und begründe auch keine Teilversicherung in der Krankenversicherung. Krankengeldbezugszeiten wirkten somit für den Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld anspruchsvernichtend, zumal diese im gegenständlichen Fall über 14 Tage andauerten.

Das Erstgericht gab dem auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes gerichteten Hauptbegehren der Klägerin statt. Es führte in rechtlicher Würdigung des bereits Eingangs wiedergegebenen Sachverhalts aus, dass die Klägerin vom bis im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgehend beschäftigt gewesen sei, wobei in dieser Zeit die Geburten ihrer drei Kinder gefallen seien. In § 24 Abs 2 KBGG werde der Begriff der Erwerbstätigkeit definiert. Da das durchgehende Beschäftigungsverhältnis der Klägerin nur durch Zeiten von Beschäftigungsverboten bzw Karenzzeiten und den vor dem gelegenen Krankenstand unterbrochen gewesen sei, sei auch die Voraussetzung der mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit erfüllt. Ein Krankenstand könne nicht als Unterbrechung der Erwerbstätigkeit im Sinne der Bestimmungen des KBGG angesehen werden. Die Klägerin erfülle daher alle Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des von ihr primär beantragten einkommensabhängigen Kinder-betreuungsgeldes.

Das Berufungsgericht wies in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei das auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes gerichtete Hauptbegehren ab und wies gleichzeitig das auf Gewährung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes gerichtete Eventualbegehren der Klägerin zurück. Es vertrat im Wesentlichen die Ansicht, dass im Fall der Klägerin die Zeiten des Beschäftigungsverbots nach dem MSchG sowie die Zeiten der Inanspruchnahme einer gesetzlichen Karenz nach dem MSchG vom bis zum Beginn des Krankenstands der Klägerin ab nur dann gleichgestellte Zeiten im Sinn des § 24 Abs 2 zweiter Satz KBGG idF BGBl I 2011/139, wären, wenn sie einer bereits sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit nachgefolgt wären. Selbst wenn was dahingestellt bleiben könne zur Beurteilung der Frage, ob von der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleich-gestellten Zeiten auszugehen sei, auch die tatsächliche Erwerbstätigkeit der Klägerin vor Beginn des vorzeitigen Mutterschutzes im Zusammenhang mit der ersten Schwangerschaft zu berücksichtigen wäre, sei für die Klägerin nichts gewonnen, weil sie nur fünfeinhalb Monate (vom bis ) und nicht sechs Monate der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit aufweise. Seien die Zeiten des Wochengeldbezugs sowie der gesetzlichen Karenz nach dem MSchG aber keine gleichgestellten Zeiten im Sinn des § 24 Abs 2 zweiter Satz KBGG idF BGBl I 2011/139, liege zwischen der tatsächlichen Erwerbstätigkeit der Klägerin im Jahr 2009 und dem Antritt ihres Krankenstands am eine (weit) mehr als 14 tägige und daher anspruchschädliche Unterbrechung. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne die Zusammenrechnung ihrer Erwerbstätigkeit von fünfeinhalb Monaten im Jahr 2009 mit den Krankenstandszeiten vor Beginn des vorzeitigen Mutterschutzes für ihren Sohn E***** am nicht erfolgen. Damit erfülle die Klägerin aber jedenfalls nicht die in § 24 Abs 1 Z 2 KBGG normierte Anspruchsvoraussetzung der durchgehenden Erwerbstätigkeit in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt. Der Klägerin stehe daher kein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zu.

Hinsichtlich des auf die Gewährung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes gerichteten Eventualbegehrens der Klägerin sei der Rechtsweg nicht zulässig. Voraussetzung für eine Klageerhebung sei nach § 67 ASGG entweder das Vorliegen eines Bescheids im Zeitpunkt der Klagseinbringung oder das Vorliegen eines Säumnisfalles. Da die beklagte Partei mit dem gegenständlichen Bescheid vom ausschließlich über den Antrag der Klägerin auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinder-betreuungsgeldes entschieden habe, sei die Frage zu prüfen, ob die beklagte Partei zur Erlassung eines Bescheids über das von der Klägerin mit Schriftsatz vom gestellte Eventualbegehren auf Zuerkennung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes in der Variante 12+2 verpflichtet gewesen wäre. Gemäß § 25a KBGG seien in Angelegenheiten des Kinderbetreuungsgeldes, soweit das KBGG nichts anderes bestimme, die für Leistungssachen in der Krankenversicherung geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ASVG, GSVG, BSVG und B KUVG anzuwenden. Gemäß § 367 Abs 1 ASVG sei unter anderem über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung ein Bescheid (nur) zu erlassen, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt werde und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlange.

Die Klägerin habe zwar ausdrücklich einen Antrag auf Zuerkennung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes in der Variante 12+2 bis zur endgültigen Erledigung ihres vorrangigen Antrags auf Gewährung des einkommensabhängigen Kinder-betreuungsgeldes gestellt. Sie habe aber die Erlassung eines Bescheids über ihren Eventualantrag nicht verlangt, weshalb die beklagte Partei keine Verpflichtung getroffen habe, einen Bescheid zu erlassen. Treffe den Versicherungsträger aber keine Bescheiderlassungspflicht, stehe dem Versicherten eine Säumnisklage nicht zu. Das Eventualbegehren sei daher wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 73 ASGG zurückzuweisen.

Die Bestimmung des § 24d Abs 2 KBGG, wonach der Krankenversicherungsträger bei Erfüllung sämtlicher anderer Anspruchsvoraussetzungen auf Antrag des klagenden Elternteils ein Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens in der Höhe des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes nach § 5c Abs 1 bis 3 KBGG zu gewähren habe, wenn gegen die Ablehnung des Kinderbetreuungsgeldes als Ersatz des Erwerbseinkommens mangels Erfüllung der Erfordernisse der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Klage erhoben worden sei, sei gemäß § 50 Abs 8 KBGG erst mit in Kraft getreten und auf erstmalige Antragstellungen ab anzuwenden. Diese Bestimmung komme daher im vorliegenden Fall noch nicht zur Anwendung.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob Zeiten der Erwerbstätigkeit zusammengerechnet werden können, wenn dazwischen 14 Kalendertage übersteigende Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG und der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG liegen, die mangels Erfüllung der in § 24 Abs 2 KBGG in der ab geltenden Fassung nicht als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleich-gestellte Zeiten gelten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, sie habe die geforderte mindestens sechs Monate andauernde Erwerbstätigkeit vor Geburt ihres Sohnes E***** am erreicht, weil sie vom bis (Beginn des ersten vorzeitigen Mutterschutzes) und ab dem bis zum (Beginn des letzten vorzeitigen Mutterschutzes), somit zumindest neun Monate (zuzüglich anrechenbarer Karenzzeiten), in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden sei. Darüber hinaus seien Zeiten eines Krankenstands, welche über den Zeitraum eines Entgeltfortzahlungsanspruchs der Dienstnehmerin gegenüber ihrem Dienstgeber hinausgehen, als Zeiten gleichartiger und vorübergehender Unterbrechung der zuvor mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit anzusehen und daher für den Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld unschädlich. Eine Nichteinbeziehung von Zeiten eines Krankenstands in die Berechnung der Beschäftigungsdauer bzw eine Unterbrechung der Beschäftigungsdauer durch Zeiten eines Krankenstandes würde dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz und dem Unionsrecht widersprechen. Schließlich habe die Klägerin jedenfalls Anspruch auf pauschales Kinderbetreuungsgeld. Die beklagte Partei sei insoweit mit der Bescheiderlassung säumig geworden, weshalb eine zulässige Säumnisklage vorliege. Das Arbeits- und Sozialgericht habe den Anspruch der Klägerin auf pauschales Kinderbetreuungsgeld selbständig zu prüfen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

1. Nach § 24 Abs 1 KBGG in der hier maßgebenden Fassung BGBl I 2011/139 hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nach diesem Abschnitt („Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens“) für sein Kind, sofern

„1. die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs 1 Z 1, 2, 4 und 5 erfüllt sind,

2. dieser Elternteil in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs 2 war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken, und

3. ...“

1.1 Der Begriff der Erwerbstätigkeit ist legal definiert (§ 24 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2011/139):

„Unter Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes versteht man die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichgestellt gelten Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG) BGBl. Nr. 221, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften, sowie Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens sechs Monate andauernden Erwerbstätigkeit zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder Väter Karenzgesetz (VKG), BGBl. Nr. 651/1989, oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres eines Kindes.“

2. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 16) zur KBGG Novelle BGBl I 2009/116, mit der das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld eingeführt wurde, soll dadurch jenen Eltern, die vor der Geburt über ein relativ hohes Erwerbseinkommen verfügt haben, die Möglichkeit gegeben werden, trotz kurzzeitigem Rückzug aus dem Erwerbsleben den bisherigen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld steht daher nur vor der Geburt tatsächlich erwerbstätigen Eltern offen. Die Erwerbstätigkeit muss durchgehend in den letzten sechs Monaten vor Geburt tatsächlich ausgeübt werden, wobei sehr geringfügige Unterbrechungen (das sind solche bis zu 14 Tagen) zulässig sind. Keine Unterbrechung der tatsächlichen Ausübung der Erwerbstätigkeit stellen Zeiten des Erholungsurlaubs oder der Krankheit dar (unter der Voraussetzung, dass die Sozialversicherungspflicht aus der Erwerbstätigkeit aufrecht bleibt, wie es etwa bei arbeitsrechtlicher Entgeltfortzahlung der Fall ist).

Zeiten des Beschäftigungsverbots nach MSchG (Mutterschutz) werden Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt ... Weiters gelten Zeiträume, in denen die Erwerbstätigkeit unterbrochen wurde, um sich der Kindererziehung zu widmen, als der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt, sofern es sich um Zeiten der gesetzlichen Karenz nach dem MSchG oder VKG handelt (aufrechtes, ruhendes Dienstverhältnis). ... Die gesetzliche Karenz nach MSchG/VKG beginnt frühestens im Anschluss an das absolute Beschäftigungsverbot nach der Geburt und kann maximal bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden (endet daher spätestens am Tag vor dem zweiten Geburtstag des Kindes), diese zeitliche Maximaldauer soll auch hier Anwendung finden. ... Mit dieser Gleichstellungsregelung soll insbesondere erreicht werden, dass jene Eltern, die bereits ein älteres Kind haben, und jene Eltern, die das Kinderbetreuungsgeld für ihr erstgeborenes Kind beziehen, denselben Zugang zu dieser Leistung haben.

2.1 Mit der KBGG Novelle BGBl I 2011/139 wurde klargestellt, dass (nur) Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung einer zuvor mindestens sechs Monate andauernden sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit unter anderem während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG oder während der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG als der Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleich-gestellte Zeiten gelten. Nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1522 BlgNR 24. GP 4) sollte durch diese Ergänzung, dass die Gleichstellungsbestimmung nur durch die mindestens sechsmonatige durchgehend andauernde tatsächliche Ausübung der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes ausgelöst werden kann, eine Missbrauchsbekämpfung durch Verhinderung von (kurzfristiger) Scheinerwerbstätigkeit in Österreich erfolgen.

3. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Klägerin die Anspruchsvoraussetzung für ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld nach § 24 Abs 1 Z 2 KBGG in der zitierten Fassung BGBl I 2011/139 erfüllt, also in den letzten sechs Kalendermonaten unmittelbar vor der am erfolgten Geburt ihres Sohnes E*****, für den Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß § 24 Abs 2 KBGG war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchschädigend auswirken.

3.1 Die Klägerin bezog aufgrund eines individuellen Beschäftigungsverbots im Sinn des § 3 Abs 3 MSchG ab Wochengeld. Sie befand sich daher im maßgebenden Zeitraum der letzten sechs Monate vor der Geburt ( bis ) durchgehend im Mutterschutz und hat daher in dieser Zeit keine Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt.

3.2 Nach der bereits dargelegten Bestimmung des § 24 Abs 2 KBGG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 2011/139 ist eine Gleichstellung der Zeiten des Mutterschutzes oder der gesetzlichen Karenz mit den Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nur dann möglich, wenn zuvor eine mindestens sechs Monate andauernde Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Die Klägerin hat auch in den sechs Monaten vor Beginn des Mutterschutzes vor der Geburt des Sohnes E*****, also in der Zeit vom bis , keine durchgehende sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt, weil sie in diesem Zeitraum bis Karenzzeit, vom bis Mutterschutz und vom bis Entgeltfortzahlung bzw Krankengeld konsumiert bzw bezogen hat. Die Klägerin hat daher auch für diesen Zeitraum vom bis das Erwerbstätigkeitserfordernis des § 24 KBGG mangels entsprechender Ausübung einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nicht erfüllt.

3.3 Selbst wenn man entgegen der Rechtsansicht der beklagten Partei zugunsten der Klägerin davon ausginge, dass dieses Erwerbstätigkeitserfordernis im konkreten Fall auch durch eine tatsächliche Erwerbstätigkeit der Klägerin vor Beginn des vorzeitigen Mutterschutzes vor der Geburt des ersten Kindes erfüllt werden könnte, wäre für den Prozessstandpunkt der Klägerin nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Ergebnis nichts gewonnen, weil sie für diesen Zeitraum vom bis unbestritten nur fünfeinhalb Monate (vom bis ) und nicht die erforderlichen sechs Monate der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit aufweist.

3.4 Dem Argument der Klägerin, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzung für ein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld nach § 24 KBGG schon deshalb, weil sie vom bis (Beginn des ersten vorzeitigen Mutterschutzes) und vom bis (Beginn des letzten vorzeitigen Mutterschutzes), insgesamt somit über einen Zeitraum von neun Monaten „in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Gesetzes gestanden sei und jedenfalls über die geforderte Beschäftigungszeit zum Antragszeitpunkt verfüge“, ist entgegenzuhalten, dass das Kinderbetreuungsgeld eine solche Anrechnungsbestimmung nicht vorsieht. Aus § 24 Abs 1 Z 2 KBGG ergibt sich vielmehr, dass nur sehr geringfügige Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit in einer Dauer von bis zu 14 Tagen ohne anspruchschädliche Wirkung sein sollen.

3.5 Die Klägerin erfüllt somit nach den dargelegten Ausführungen nicht das Erwerbstätigkeitserfordernis des § 24 KBGG, weshalb ihr nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts kein einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld zusteht. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die in der Revision der Klägerin weiters relevierte Frage, ob ihr ein Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld auch deshalb nicht zusteht, weil die Zeit ihres vollen Krankengeldbezugs vom bis zu einer anspruchschädlichen Unterbrechung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinn des § 24 KBGG geführt hat.

4. Zur Frage des von der Klägerin als Eventualbegehren geltend gemachten Anspruchs auf pauschales Kinderbetreuungsgeld hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Versicherten eine Säumnisklage nach § 67 Abs 1 Z 2 ASGG nur zusteht, wenn der Versicherungsträger zur Erlassung eines Bescheids verpflichtet war (vgl Neumayr in ZellKomm² § 67 ASGG Rz 12 mwN). Gemäß § 25a KBGG sind in Angelegenheiten des Kinderbetreuungsgeldes, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die für Leistungssachen in der Krankenversicherung geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ASVG, GSVG, BSVG und B KUVG anzuwenden. § 27 KBGG regelt die Entscheidung über Ansprüche nach dem KBGG, wobei zwei Erledigungsarten (formlose Mitteilung und Bescheid) erwähnt sind. Ein Bescheid ist gemäß § 27 Abs 3 Z 1 KBGG auszustellen, wenn ein Anspruch auf eine Leistung gar nicht oder nur teilweise anerkannt wird, dem Antrag des Anspruchswerbers somit nicht vollinhaltlich entsprochen wurde.

4.1 Die Klägerin begehrte mit Schriftsatz vom bei der beklagten Partei neben der Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes als Hauptbegehren die Gewährung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes (Variante 12+2) als „Nebenbegehren“ (= Eventualbegehren). Im Verfahren der Versicherungsträger in Leistungssachen sind gemäß § 357 ASVG unter anderem die §§ 13 bis 17a AVG anzuwenden. Ein sogenannter Eventualantrag ist im Verwaltungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durchaus zulässig (vgl VwGH 89/01/0114 mwN). Das Wesen eines solchen Antrags liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Eine Erledigung des Eventualantrags ist daher erst zulässig (und damit auch im Hinblick auf § 73 Abs 1 AVG geboten), wenn der Bescheid, mit welchem dem Primärantrag nicht stattgegeben wird, in Rechtskraft erwachsen ist (vgl Hengstschläger/Leeb , AVG § 13 Rz 4 mwN). Die beklagte Partei hatte daher im vorliegenden Fall zunächst über den Primärantrag der Klägerin abzusprechen und erst im Falle der rechtskräftigen Nichtstattgebung über den Eventualantrag der Klägerin zu erkennen. Vor der rechtskräftigen Erledigung des auf die Gewährung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes gerichteten Hauptbegehrens traf daher die beklagte Partei keine Verpflichtung über das auf die Gewährung des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes gerichtete Eventualbegehren der Klägerin abzusprechen. Es lag somit kein Säumnisfall vor, weshalb das Eventualbegehren vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 73 ASGG zurückgewiesen wurde.

4.2 Die Richtigkeit der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Bestimmung des § 24d Abs 2 KBGG erst mit in Kraft getreten und daher im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden ist, wird auch von der Klägerin zu Recht nicht in Zweifel gezogen.

Der Revision der Klägerin musste daher insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 1 und 2 lit b ASGG. Die rechtlichen Schwierigkeiten des Revisionsverfahrens sowie die bereits vom Berufungsgericht dargestellten angespannten finanziellen Verhältnisse der Klägerin rechtfertigen es, der Klägerin auch die Hälfte ihrer nach dem RAT bemessenen Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen. Der Ansatz nach TP 3C beträgt bei einem bei wiederkehrenden Leistungen zugrunde liegenden Streitwert von 3.600 EUR (§ 77 Abs 2 ASGG) 193,50 EUR. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung gemäß § 77 Abs 1 Z 1 ASGG unabhängig vom Verfahrensausgang selbst zu tragen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00180.13P.0128.000