OGH vom 14.11.2006, 10ObS177/06m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Ploteny (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Marcel M*****, Inhaber der nicht protokollierten C*****-Unternehmungsberatung, *****, vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua Rechtsanwälte in Wien, wegen Zuschuss nach Entgeltfortzahlung (Streitwert EUR 449,30), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 107/06v-10, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die von der beklagten Partei in ihrem Rechtsmittel vertretene Rechtsansicht, auch in den Fällen andauernder krankheitsbedingter Arbeitsverhinderungen sei der mit Beginn des neuen Arbeits-/Kalenderjahres neu entstehende Anspruch des Dienstgebers auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung (§ 53b ASVG) erst ab dem 11. Tag der Entgeltfortzahlung im neuen Arbeits-/Kalenderjahr zu gewähren, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits in der einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Entscheidung 10 ObS 108/06i vom ausdrücklich abgelehnt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht der beklagten Partei weder mit dem Wortlaut des § 53b Abs 2 Z 2 ASVG idF BGBl I 2004/171 bzw des § 4 Abs 1 und 2 der Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung, BGBl II 2005/64, noch mit der ausdrücklich erklärten Absicht des Gesetzgebers, den Zuschuss auf lang andauernde und betriebsgefährdende Krankheitsfälle auszudehnen, in Einklang zu bringen ist. Nach § 53b Abs 2 Z 2 ASVG idF BGBl I 2004/171 gebühren die Zuschüsse bei Arbeitsverhinderung durch Krankheit ab dem 11. Tag der Entgeltfortzahlung bis höchstens 6 Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr), sofern die der Entgeltfortzahlung zugrundeliegende Arbeitsunfähigkeit länger als 10 aufeinander folgende Tage gedauert hat. Nach dieser Bestimmung erhält der Arbeitgeber somit für kurzfristige Krankheiten, d.h. solche die bis zu 10 Tage dauern, keine Erstattung. Bei länger als 10 aufeinander folgende Tage dauernden krankheitsbedingten Arbeitsverhinderungen gebühren dem Arbeitgeber Zuschüsse ab dem 11. Tag der Entgeltfortzahlung bis höchstens 6 Wochen je Arbeitsjahr (Kalenderjahr), d. h. auch in diesen Fällen erhält der Arbeitgeber für die ersten 10 Kalendertage der Krankheit keine Erstattung. Die Zuschüsse fallen somit bei krankheitsbedingten Arbeitsverhinderungen erst ab dem 11. Tag der Entgeltfortzahlung an. In diesem Sinne legt auch § 4 Abs 1 Z 1 der Entgeltfortzahlungs-Zuschussverordnung BGBl II 2005/64, fest, dass Zuschüsse bei Arbeitsverhinderung durch Krankheit, sofern die der Entgeltfortzahlung zugrunde liegende Arbeitsunfähigkeit länger als 10 aufeinander folgende Tage gedauert hat, jeweils ab dem 11. Tag der Arbeitsverhinderung zu gewähren sind. Es wird somit sowohl im Gesetz als auch in der Verordnung hinsichtlich der für die Gewährung eines Zuschusses geforderten Mindestdauer der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung des betreffenden Dienstnehmers ausschließlich auf die Dauer der Entgeltfortzahlung bzw Arbeitsverhinderung an sich und nicht auf die Dauer der Entgeltfortzahlung bzw Arbeitsverhinderung innerhalb eines Arbeitsjahres oder Kalenderjahres abgestellt.
Der Ansicht der beklagten Partei, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung, weil die Entgeltfortzahlung sowohl im Jahr 2005 als auch im Jahr 2006 jeweils weniger als 11 Tage gedauert habe, ist entgegenzuhalten, dass es auch im Hinblick auf den bereits erwähnten Regelungszweck, nur langdauernde und betriebsgefährdende Krankheitsfälle und nicht auch nur kurzfristig krankheitsbedingte Ausfälle von Dienstnehmern bis zu 10 Tagen zu bezuschussen, keinen sachlichen Unterschied machen kann, ob die vorgesehene Mindestdauer der ununterbrochenen Dienstverhinderung des Dienstnehmers in ein neues Kalender-/Arbeitsjahr reicht oder nicht. Daran vermag auch der weitere Umstand nichts zu ändern, dass auch in den Fällen andauernder krankheitsbedingter Arbeitsverhinderungen mit Beginn des neuen Arbeits-/Kalenderjahres ein neuer Anspruch des Arbeitgebers auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung im Höchstausmaß von 6 Wochen entsteht. Wenn nämlich die krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung den maßgebenden Mindestzeitraum von 10 Tagen bereits im alten Arbeitsjahr überschritten hat, steht dem Dienstgeber, wie der Oberste Gerichtshof in der E 10 ObS 108/06i ebenfalls bereits ausgesprochen hat, bereits mit dem ersten Tag des neuen Arbeits-/Kalenderjahres das neue Zuschusskontingent in voller Höhe (42 Tage zur Verfügung).
Der Kläger hat daher für die Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung seiner Dienstnehmerin vom bis (15 Kalendertage) Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung für insgesamt 5 Kalendertage. Gegen die Höhe des von den Vorinstanzen dem Kläger zugesprochenen Zuschusses wurden von der beklagten Partei in ihrem Rechtsmittel keinerlei Einwände erhoben, sodass auf diese Frage nicht weiter einzugehen ist.
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei war daher im Hinblick auf die mittlerweile bereits vorliegende und einen vergleichbaren Sachverhalt betreffende Entscheidung 10 ObS 108/06i mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.