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OGH vom 27.01.2009, 10ObS170/08k

OGH vom 27.01.2009, 10ObS170/08k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Andrea Eisler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Barbara H*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77, wegen Rückforderung des Karenzgeldes (Streitwert 5.303,45 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 77/08t-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 10 Cgs 80/08z-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,

1. § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) als verfassungswidrig aufzuheben und

2. auszusprechen, dass


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a)
§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) und
b)
§ 8 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) - in eventu § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) -, verfassungswidrig waren.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung:

Die Klägerin bezog von der beklagten Partei für ihre am geborene Tochter Katharina für den Zeitraum vom bis Karenzgeld in Höhe von 5.303,45 EUR sowie einen Zuschlag zum Karenzgeld in Höhe von 354,05 EUR. Sie ist Hauptschullehrerin und hatte für das Schuljahr 2001/02 eine Lehrverpflichtung von 11 Stunden (pro Woche) und für das Schuljahr 2002/03 eine von 12 Stunden (pro Woche). Für ihre Tätigkeit als Hauptschullehrerin bezog sie vom Land Oberösterreich im Jahr 2002 insgesamt 12.177,29 EUR an steuerpflichtigen Bezügen. Ihre Werbungskosten für das Jahr 2002 betrugen 473,54 EUR.

Mit Bescheid vom widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Karenzgeldes und des Zuschlags zum Karenzgeld für das Jahr 2002 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz von insgesamt 5.657,50 EUR binnen vier Wochen. Die beklagte Partei begründete die auf § 39 KGG iVm § 31 KBGG gestützte Rückforderung im Wesentlichen damit, dass der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG in der Höhe von 15.214,88 EUR den für das Jahr 2002 geltenden Grenzbetrag gemäß § 2 Abs 6 KGG iVm § 2 Abs 1 Z 3 KBGG von 14.600 EUR überschritten habe, sodass die Klägerin zur Rückzahlung der von ihr zu Unrecht empfangenen Leistungen verpflichtet sei. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren, es werde festgestellt, „dass das Karenzgeld für den Zeitraum vom bis zu Recht zuerkannt wurde und dass keine Verpflichtung zum Ersatz des in diesem Zeitraum bezogenen Karenzgeldes besteht". Sie brachte im Wesentlichen vor, die herabgesetzte Lehrverpflichtung auf 11 bzw 12 Stunden hätte zu keiner Überschreitung der Zuverdienstgrenze geführt. Auf Weisung des Landesschulrats für Oberösterreich habe sie allerdings im September 2002 für drei Tage eine volle Lehrverpflichtung unterrichten müssen. Weiters seien bei den Pflichtschullehrern die ersten zehn Supplierstunden pro Monat unbezahlt, sodass auch die 13 in den Monaten Jänner, März, Oktober und November 2002 ausbezahlten Überstunden unvorhersehbar gewesen seien. Im Übrigen gelangten solche Mehrdienstleistungen üblicherweise erst fünf bis sechs Monate später zur Auszahlung, sodass eine solche nicht vor Jänner 2003 zu erwarten gewesen sei. Da die Zuverdienstgrenze für das Jahr 2002 von der Klägerin nur um 614,88 EUR überschritten worden sei, liege jedenfalls ein Härtefall im Sinne der Härtefälle-Verordnung vor. Weiters machte die Klägerin verfassungsrechtliche Bedenken gegen die maßgebenden Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 8 KBGG geltend. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, ein Härtefall im Sinne des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung liege nicht vor, weil die geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze für die Klägerin nicht unvorhersehbar gewesen sei. Eine Entscheidung über Ratengewährung, Stundung oder Verzicht nach § 1 lit b der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die beklagte Partei könne erst dann erfolgen, wenn die Entscheidung über die Rückforderungsverpflichtung in Rechtskraft erwachsen sei. Im Übrigen unterliege diese Ermessensentscheidung des Sozialversicherungsträgers nicht der Überprüfung durch die Arbeits- und Sozialgerichte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im Wesentlichen noch fest, dass die Klägerin im Jahr 2002 zu ihrer vereinbarten Lehrverpflichtung noch zusätzliche Supplierstunden leisten musste und sie außerdem für insgesamt drei Tage das Gehalt für eine volle Lehrverpflichtung (21 Stunden wöchentlich) erhalten hat. Aus welchem Grund die Klägerin für drei Tage das volle Gehalt bekommen hat, sei nicht mehr feststellbar.

In seiner rechtlichen Beurteilung folgte das Erstgericht den Berechnungen der beklagten Partei und gelangte zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze für das Jahr 2002 um insgesamt 614,88 EUR. Es handle sich dabei zwar um eine bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinn des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung, es liege aber kein Härtefall im Sinne dieser Bestimmung vor, weil die Überschreitung für die Klägerin nicht unvorhersehbar gewesen sei. Angesichts der näher festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin sei eine Rückforderung auch nicht unbillig im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es teilte die von der Klägerin gegen die maßgebenden Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 8 KBGG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Die Rückzahlungsverpflichtung sei von der beklagten Partei zu Recht ausgesprochen worden, weil rückwirkend festgestellt worden sei, dass die Klägerin, wenn auch ohne ihr Verschulden, aufgrund ihres nach § 8 KBGG ermittelten unselbständigen Erwerbseinkommens von 15.214,88 EUR die Zuverdienstgrenze des § 2 Abs 1 Z 3 KBGG von damals 14.600 EUR überschritten habe. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge sei gemäß § 31 Abs 2 KBGG von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft. Ob ein Härtefall im Sinne des § 31 Abs 4 KBGG in Verbindung mit der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliege, könne vom Krankenversicherungsträger erst geprüft werden, wenn die der Rückforderung zugrundeliegende Entscheidung in Rechtskraft erwachsen sei. Da das Erstgericht - von der beklagten Partei unbekämpft - keine Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz der zu Unrecht bezogenen Leistung ausgesprochen habe, könne die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Ratengewährung gemäß § 89 Abs 4 ASGG im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Fragen, ob eine Entscheidung im Sinn des § 31 Abs 4 KBGG erst nach Rechtskraft der Entscheidung über die Rückersatzverpflichtung zu erfolgen habe und eine Verletzung der Verpflichtung zur Auferlegung des Rückersatzes nach § 89 Abs 4 ASGG durch das Erstgericht nur über entsprechende Rüge der beklagten Partei vom Berufungsgericht aufgegriffen werden könne, fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der hier anzuwendenden Fassung die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens angezeigt erscheinen lassen.

Die Klägerin macht in ihren Revisionsausführungen im Wesentlichen geltend, die Berechnung des für eine Rückforderung nach den Verweisungsnormen des KGG maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) sei äußerst komplex und für den Normunterworfenen nicht leicht nachvollziehbar. Damit sei es aber für eine Karenzgeldbezieherin im Vorhinein schwer bis gar nicht feststellbar, ob die Zuverdienstgrenze überschritten werde und sie daher mit Rückzahlungsverpflichtungen zu rechnen habe. Es sei auch nicht einzusehen, dass in diesem Bereich vom Grundsatz abgegangen werde, wonach in der Vergangenheit erbrachte staatliche Sozialleistungen nur zurückgefordert werden, wenn den Empfangsberechtigten eine Meldepflichtverletzung treffe. Es sei auch nicht angemessen, dass bei einer bloß geringfügigen Überschreitung der Zuverdienstgrenze die gesamte Leistung zurückgefordert werde. Weiters macht die Klägerin geltend, es liege ein Härtefall im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vor, bei welchem der Krankenversicherungsträger zwingend auf den Rückforderungsanspruch zu verzichten habe und dessen Vorliegen auch im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht überprüft werden könne.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Zum Anspruch der Klägerin auf Karenzgeld für den Zeitraum vom bis :

1.1. Das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) trat am in Kraft und ist nur für Geburten nach dem anzuwenden (vgl § 49 Abs 1 KBGG). Aus diesem Grund galten für Geburten bis zum weiterhin die Bestimmungen des Karenzgeldgesetzes (KGG - vgl § 60 KGG). Das KGG wurde jedoch für Geburten zwischen dem und dem durch die Schaffung von Übergangsbestimmungen in der mit BGBl I 2001/103 unter anderem erfolgen Novellierung des KGG gemäß dem KBGG geändert. So gilt gemäß § 2 Abs 6 KGG idF BGBl I 2001/103 für Ansprüche (auf Karenzgeld) aufgrund von Geburten vom bis ab , dass abweichend von Abs 2 bis 5 vom Anspruch auf Karenzgeld ausgeschlossen ist, wer ein Einkommen gemäß § 8 KBGG erzielt, das den Grenzbetrag gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG übersteigt. Für den Anspruch der Klägerin auf Karenzgeld für das Jahr 2002 anlässlich der Geburt ihrer Tochter am gilt somit bereits die für das Kinderbetreuungsgeld geltende Zuverdienstgrenze. Gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung (BGBl I 2001/103) ist vom Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld - im Falle der Klägerin vom Anspruch auf Karenzgeld - der Elternteil ausgeschlossen, dessen maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14.600 EUR übersteigt. Die Klägerin bezog vom bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12.177,29 EUR. Daraus ergibt sich nach der im § 8 KGBB vorgesehenen Berechnungsweise für das Jahr 2002 ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte in der unstrittigen Höhe von 15.214,88 EUR. Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG hat daher den für das Jahr 2002 geltenden Grenzbetrag von 14.600 EUR um 614,88 EUR überschritten, weshalb nach der bestehenden Gesetzeslage kein Anspruch der Klägerin auf Karenzgeld für das Jahr 2002 besteht.

1.2. Mit der Änderung des KBGG durch die Novelle BGBl I 2007/76 wurde in § 8a KBGG eine sogenannte Einschleifregelung geschaffen. Übersteigt der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG den Grenzbetrag nach § 2 Abs 1 Z 3 bzw § 9 Abs 3 bzw § 12 KBGG, so verringert sich das für das betreffende Kalenderjahr gebührende Kinderbetreuungsgeld bzw der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld um den übersteigenden Betrag. Diese Einschleifregelung soll nach den Gesetzesmaterialien (RV 229 BlgNR XXIII. GP 6) in Hinkunft zu einer Verringerung der Rückforderungsbeträge und daher zur finanziellen Verbesserung der Eltern führen. Überschreitet in Hinkunft jemand die Zuverdienstgrenze zB um 500 EUR, so verringert sich das für dieses Kalenderjahr gebührende (ausgezahlte) Kinderbetreuungsgeld um diesen Betrag und es muss nicht das gesamte Kinderbetreuungsgeld zurückgezahlt werden. Diese Einschleifregelung, welche gemäß § 2 Abs 7 KGG idF BGBl I 2007/76 auch auf den Anspruch auf Karenzgeld sinngemäß anzuwenden ist, ist gemäß § 49 Abs 14 KBGG idF BGBl I 2007/76 mit in Kraft getreten und nur auf Bezugszeiträume nach dem Jahr 2007 anzuwenden. Schon aufgrund dieser Übergangsbestimmung hat die Einschleifregelung des § 8a KBGG im vorliegenden Fall keine Anwendung zu finden.

2. Zur Rückforderung des von der Klägerin bezogenen Karenzgeldes:

2.1. Auch hinsichtlich der Rückforderung eines zu Unrecht bezogenen Karenzgeldes sieht § 39 KGG idF BGBl I 2003/71 vor, dass § 31 KBGG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass an die Stelle des Kinderbetreuungsgeldes das Karenzgeld oder die Teilzeitbeihilfe und an die Stelle der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse die jeweils zuständige Gebietskrankenkasse tritt. Damit sollte die Rückforderungsregelung des Karenzgeldgesetzes an jene des Kinderbetreuungsgeldgesetzes angeglichen und insbesondere auch die aufgrund des § 31 Abs 4 letzter Satz des Kinderbetreuungsgeldgesetzes erlassene KBGG-Härtefälle- Verordnung, BGBl II 2001/405, anwendbar werden (vgl RV 59 BlgNR XXII. GP 192). Die zitierte Bestimmung des § 39 KGG idF BGBl I 2003/71 ist mit in Kraft getreten und gilt für Bezugszeiträume nach dem (vgl § 57 Abs 20 KGG).

2.2. Nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmung des § 31 Abs 1 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) ist der Leistungsbezieher bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht. Darüber hinaus ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz nach § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (gemäß § 39 KGG an die jeweils zuständige Gebietskrankenkasse) übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

2.3. § 31 Abs 4 KBGG sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,

1. die Erstattung des zu Unrecht bezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,


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2.
die Rückforderung stunden,
3.
auf die Rückforderung verzichten kann.
Der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.

2.4. Nach § 1 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405) gelten in Bezug auf die Einkommensgrenze als Härtefälle:

a) Fälle einer geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung liegt nur dann vor, wenn die Grenzbeträge gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG um nicht mehr als 10 % überstiegen werden. In solch einem Fall ist auf die Rückforderung zu verzichten.

b) Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise oder zum gegebenen Zeitpunkt als unbillig erscheint.

Seit der Änderung der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die Verordnung des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen, ausgegeben am (BGBl II 2004/91), gilt eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der im § 2 Abs 1 Z 3 KBGG und § 9 Abs 3 KBGG vorgesehenen Zuverdienstgrenzen um nicht mehr als 15 % als Härtefall, bei dem von einer Rückforderung der ausbezahlten Leistungen abzusehen ist.

Die Bestimmung des § 31 Abs 4 letzter Satz KBGG wurde zwar mit der Novelle BGBl I 2007/76 insofern geändert, als an die Stelle der Verordnungsermächtigung der Verweis auf die §§ 60 bis 62 Bundeshaushaltsgesetz (BHG) trat, weshalb die KBGG-Härtefälle-Verordnung mit Ablauf des außer Kraft getreten ist; sie ist jedoch auf Anspruchsüberprüfungen der Kalenderjahre 2002 bis 2007 weiterhin anzuwenden (§ 49 Abs 15 KBGG).

3. Der Oberste Gerichtshof hat daher bei der Entscheidung über das Rechtsmittel der Klägerin, wie bereits dargelegt, unter anderem die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG jeweils in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) anzuwenden.

4. Wie der erkennende Senat schon in seinen Entscheidungen 10 ObS 93/08m und 10 ObS 81/08x jeweils vom dargelegt hat, bestehen gegen die genannten Bestimmungen unter anderem folgende verfassungsrechtliche Bedenken:

4.1. Gegen die Berechnungsweise des Gesamtbetrags der Einkünfte für die Zuverdienstgrenze (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) bei unselbständiger Erwerbstätigkeit (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG) bestehen schon insofern Bedenken, als diese Berechnungsweise sehr kompliziert gestaltet und für einen juristischen Laien kaum nachvollziehbar ist. Zu beurteilen ist nämlich bei unselbständig Erwerbstätigen nicht ein reales Bruttoeinkommen, das dem Lohnzettel entnommen werden könnte, sondern eine Pauschale, in der Regel sogar ein fiktives Einkommen, das unter Zugrundelegung relativ komplizierter Berechnungskriterien zu bestimmen ist. Vorerst ist das steuerpflichtige Einkommen zu ermitteln, das heißt, das Bruttoeinkommen ist um die gesetzlichen Abzüge (Beiträge zur Sozialversicherung ...) zu reduzieren. Dieser Betrag ist in der Folge jedenfalls um 30 % zu erhöhen, auch wenn dies im Einzelfall nicht gerechtfertigt ist, weil beispielsweise kein Anspruch auf Sonderzahlungen besteht. Auf der so errechneten Grundlage wird sodann der maßgebende Jahresbetrag bestimmt. Es erscheint dabei für die einzelnen Betroffenen insbesondere in Grenzfällen mit zumutbarem Aufwand fast nicht möglich, im Vorhinein zu beurteilen, ob die Zuverdienstgrenze überschritten werden wird. Doch selbst wenn eine Dienstnehmerin ihr fiktives Jahreseinkommen fehlerfrei berechnet hat, ist sie nicht davor gefeit, dass die Zuverdienstgrenze durch Umstände, die nicht in ihrem Einflussbereich liegen (wie zB kollektivvertragliche Lohnerhöhungen oder angeordnete bezahlte Überstunden), doch noch überschritten wird. Auch der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung des Arbeitslohns kann die Dienstnehmerin in der Regel nicht beeinflussen. Selbst wenn daher die Anwendung des Zuflussprinzips für die Ermittlung der maßgebenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich durchaus sachlich gerechtfertigt erscheint, können durch das Abstellen auf die tatsächliche Zahlung und nicht auf die Fälligkeit oder den anspruchsbegründenden Zeitraum für die Dienstnehmerin erhebliche Unsicherheiten entstehen und es kann bei der Anrechnung von Einkommen insbesondere bei verspäteter Auszahlung des Arbeitslohns durch den Arbeitgeber zu willkürlichen und grob unbilligen Ergebnissen kommen (vgl Ehmer ua, Kinderbetreuungsgeldgesetz 110). Gerade der vorliegende Fall zeigt anschaulich, dass es durch eine von der Betroffenen nicht beeinflussbare Anordnung von Überstunden durch den Dienstgeber und durch eine vom Dienstgeber abweichend von den üblichen Gepflogenheiten vorgenommene Auszahlung des Überstundenentgelts zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze kommen kann.

4.2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG vorgesehene Berechnungsweise des Gesamtbetrags der Einkünfte für die Zuverdienstgrenze bei unselbständiger Erwerbstätigkeit bestehen aber auch im Hinblick auf die dazu unterschiedliche Regelung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG für „andere Einkünfte" aus selbständiger Ewerbstätigkeit. Während nämlich bei Einkünften aus unselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) als maßgebliche Einkünfte für die Zuverdienstgrenze generell (nur) jene Einkünfte gelten, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes bzw des Zuschusses (hier: des Karenzgeldes) zugeflossen sind, bestimmt § 8 Abs 1 Z 2 KBGG für „andere Einkünfte", dass diese mit jenem Betrag zu berücksichtigen sind, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht, somit grundsätzlich die Einkünfte des gesamten Kalenderjahres maßgebend sind. Darüber hinaus ist selbständig Erwerbstätigen auch die Wahlmöglichkeit eingeräumt, eine zeitliche Zuordnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte zu treffen, indem sie einen Zuordnungsnachweis erbringen. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, die vor dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld (hier: Karenzgeld) beendet oder erst im Anschluss an diesen Bezug begonnen wurde, bleiben damit außer Betracht. In diesem Fall sind die während des Anspruchszeitraums angefallenen Einkünfte ebenso auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Es bestehen daher verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese selbständig Erwerbstätigen eingeräumte Wahlmöglichkeit in Bezug auf die Berechnungsweise der für die Prüfung der Zuverdienstgrenze maßgebenden Einkünfte, weil eine vergleichbare Wahlmöglichkeit (Kalenderjahr oder Anspruchszeitraum) unselbständig Erwerbstätigen nicht eingeräumt ist.

4.3. Weiters bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier maßgebende Gesetzeslage auch insofern, als nach dieser Rechtslage bei Überschreiten der Zuverdienstgrenze das gesamte, im betreffenden Kalenderjahr gebührende Kinderbetreuungsgeld (hier: Karenzgeld) zurückzuzahlen ist, sofern nicht ein Härtefall vorliegt. Die in der Bestimmung des § 8a KBGG idF BGBl I 2007/76 nunmehr vorgesehene Einschleifregelung ist, wie bereits dargelegt wurde, nur auf Bezugszeiträume nach dem Jahr 2007 anzuwenden und findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung.

4.4. Nach der nicht angreifbaren Bestimmung des § 31 Abs 1 KBGG besteht eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen, wenn der Leistungsbezieher den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) besteht die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht. Darüber hinaus ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

Den Empfänger des Kinderbetreuungsgeldes (hier: Karenzgeldes) trifft somit nach dieser Bestimmung schlechthin das Risiko, dass er die Leistung zur Gänze zu Unrecht empfangen hat, weil seine (fiktiven) Einkünfte die Zuverdienstgrenze überschreiten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des erkennenden Senats gehen nun dahin, ob das mit dem erklärten Zweck der teilweisen Abgeltung der Betreuungsleistung und der mit einer außerhäuslichen Betreuung von Kindern verbundenen finanziellen Belastung der Eltern gewährte Kinderbetreuungsgeld (hier: Karenzgeld) ohne jede weitere Voraussetzung, insbesondere auch ohne jedes Verschulden des Leistungsempfängers, auch nach Verbrauch des Geldes noch zur Gänze zurückverlangt werden darf, wenn das Überschreiten der Zuverdienstgrenze im Jahreseinkommen im Zeitpunkt des Empfangs (Verbrauchs) der Leistung noch nicht voraussehbar, sondern erst nachträglich erkennbar war oder überhaupt erst durch nachfolgende Ereignisse ausgelöst wurde (vgl VfSlg 14.095 betreffend die Verpflichtung zur Rückzahlung von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe zur Gänze infolge Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze des Einkommens eines selbständig Erwerbstätigen ohne Vorhersehbarkeit der Ungebührlichkeit der Leistung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz). Durch die KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405 idgF) wird eine mögliche Verletzung des aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebots zwar für bestimmte Fälle (Härtefälle) ausgeschlossen, aber nicht grundsätzlich behoben.

5. Zum Umfang der Anfechtung:

5.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs müssen die Grenzen der Anfechtung sowie dann der Aufhebung in einem auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren so gezogen werden, dass einerseits der nach der Aufhebung verbleibende Teil des Gesetzes nicht einen völlig veränderten, dem Gesetz überhaupt nicht zusinnbaren Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.232 mwN). Dass gesetzliche Bestimmungen durch die Aufhebung anderer Bestimmungen unanwendbar werden, führt für sich allein noch nicht dazu, dass diese Bestimmungen miteinander in untrennbarem Zusammenhang stehen (VfSlg 16.948 mwN). In Fällen, in denen sich verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegen die Verweisungsnorm, sondern gegen die verwiesene Norm richten, muss geprüft werden, ob den Bedenken - sofern sie zutreffen - durch Aufhebung der verweisenden oder der verwiesenen Norm Rechnung zu tragen ist (vgl VfSlg 18.033).

5.2. Der antragstellende Senat geht im Sinne dieser Grundsätze davon aus, dass der Sitz der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit nicht in den Verweisungsnormen (§§ 2 Abs 6 und 39 KGG), sondern in den verwiesenen Normen (§§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG) gelegen ist. Gegen die genannten Verweisungsnormen des KGG, wonach für den Anspruch auf Karenzgeld für Geburten zwischen dem und dem bereits die für die Karenzgeldbezieher günstigeren Zuverdienstgrenzen sowie die Rückforderungsbestimmungen des KBGG gelten sollen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weshalb diese Bestimmungen nicht in den Anfechtungsantrag einbezogen wurden. Außerdem würde eine Aufhebung der Verweisungsnorm des § 39 KGG einen erheblich über die zur Beseitigung der dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken erforderliche Bereinigung hinausgehenden Eingriff in das Rechtsgefüge mit sich bringen, weil dadurch auch alle sonstigen Regelungen des § 31 KBGG wie insbesondere die in dieser Bestimmung auch vorgesehene Härtefallregelung und die gesetzliche Ermächtigung zur Festlegung der Kriterien für Härtefälle sowie für Art und Weise der Rückforderung im Verordnungsweg nicht mehr gelten würden (vgl VfSlg 18.033). Eine Aufhebung der Verweisungsnorm des § 2 Abs 6 KGG hätte wiederum zur Folge, dass entgegen der erklärten Absicht des Gesetzgebers nicht mehr für die Karenzgeldbezieher günstigeren Zuverdienstgrenzen des KBGG, sondern jene des KGG (vgl § 2 Abs 2 bis 5 KGG) gelten würden, wodurch dem Gesetz ein gegenüber der rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers veränderter Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 13.232). Der Senat geht weiters davon aus, dass die Regelungen des § 8 KBGG betreffend die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte eine sachlich untrennbare Einheit bilden, sodass sie nur gemeinsam angefochten werden können. Für den Fall, dass jedoch das Vorliegen eines sachlich untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Regelung des § 8 Abs 1 KBGG und jener des § 8 Abs 2 KBGG verneint wird, wird eventualiter die Feststellung begehrt, dass § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung verfassungswidrig war. Weiters bestehen im konkreten Anlassfall aus den dargelegten Gründen auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die mit § 8 KBGG in unmittelbarem Zusammenhang stehende Regelung der Anspruchsberechtigung in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG sowie der Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG jeweils in der Stammfassung.

5.3. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher auch im vorliegenden Fall veranlasst, im Hinblick auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes und einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Da die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3 und 8 KBGG in der hier jeweils anzuwendenden Fassung nicht mehr in Kraft sind, war im Sinne des Art 89 Abs 3 B-VG insoweit die Entscheidung zu begehren, dass diese Rechtsvorschriften verfassungswidrig waren.

6. Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.