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OGH vom 24.06.2004, 15Os64/04

OGH vom 24.06.2004, 15Os64/04

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Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fuchs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dr. Adolf T***** wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom , GZ 19 Hv 98/03g-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Raunig, des Verurteilten Dr. Adolf T***** und seines Verteidigers Mag. Karl Komann

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 19 Hv 98/03g-25, mit dem Dr. Adolf T***** des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt wurde, verletzt das Gesetz in § 33 Abs 1 FinStrG und § 2 Abs 3 EStG.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Dr. Adolf T***** wird von der Anklage, er habe in den Jahren 1997 und 2000 in Villach vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenbarungs- und Wahrheitspflicht durch Nichterklärung von Betriebseinnahmen eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommenssteuer im Gesamtbetrag von 130.573,53 Euro (1,796.731 S) bewirkt, wobei es hinsichtlich der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer für das Jahr 2000 im Betrag von 92.050,32 Euro (1,266.640 S) beim Versuch geblieben ist, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

2. den Beschluss gefasst:

Gemäß § 6 Abs 2 StEG wird festgestellt, dass die in § 2 Abs 1 lit c StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind und keiner der in § 3 StEG bezeichneten Ausschlussgründe vorliegt.

Text

Gründe :

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom , GZ 14 Hv 1016/01t-23, wurde Dr. Adolf T***** der Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (A.) und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (B.) schuldig erkannt und zu einer gemäß § 43a Abs 4 StGB zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Diesem Schuldspruch zufolge hat er

A. in der Zeit vom bis zum in Villach die ihm als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma C***** GmbH durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und der Konkursmasse (gemeint: der Gemeinschuldnerin) einen Vermögensnachteil von insgesamt 1,802.962 S zugefügt, indem er vom Massekonto in neun (im Urteilsspruch näher umschriebenen) Angriffen Geldbeträge abhob und für eigene Zwecke verwendete;

B. sich ein ihm als Rechtsanwalt von seinen Klienten anvertrautes, zur Weiterleitung an die berechtigten Empfänger bestimmtes Gut, nämlich Bargeld im Gesamtbetrag von 3,720.000 S, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. Ende 1999/Anfang 2000 einen Betrag von 1,600.000 S, den er als Treuhänder von Otmar K***** als Kaufpreis für den Erwerb einer Liegenschaft zur Auszahlung an die Verkäufer Florian F***** und Mathilde F***** erhalten hatte;

2. im Juni 2000 einen Betrag von 2 Mio S, den er als Treuhänder von Michael St***** und Evelyn Sch***** als Kaufpreis für den Erwerb einer Liegenschaft zur Auszahlung an den Verkäufer Gerhard H***** erhalten hatte;

3. im September 2000 einen Betrag von 120.000 S, die ihm von der A***** AG zur Auszahlung an Bartholomäus L***** bzw dessen Sachwalterin Mag. Sylvia L***** übergeben worden war.

In weiterer Folge wurde Dr. Adolf T***** mit dem auch einen Teilfreispruch enthaltenden rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom , GZ 19 Hv 98/03g-25, des (Finanz-)Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, weil er in den Jahren 1997 und 2000 in Villach unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichterklärung von Betriebseinnahmen eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer im Gesamtbetrag von 130.573,53 Euro (1,796.731 S) bewirkte, wobei es hinsichtlich der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommenssteuer für das Jahr 2000 in der Höhe von 92.050,32 Euro (1,266.640 S) beim Versuch blieb.

Den Entscheidungsgründen zufolge erblickte das Landesgericht Klagenfurt in den Geldbeträgen, deren rechtswidrige Zuwendung dem erwähnten Schuldspruch im Verfahren AZ 14 Hv 1016/01t wegen der Verbrechen der Untreue und der Veruntreuung zu Grunde lag, Einnahmen im Sinne des § 15 Abs 1 EStG. Indem Dr. Adolf T***** diese Einnahmen in Kenntnis ihrer Eigenschaft nicht in seine Einkommensteuererklärung aufgenommen habe, hätte er gegen seine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verstoßen und dadurch vorsätzlich die ihm zur Last gelegte Verkürzung der bescheidmäßig festzustellenden Einkommensteuer für die betreffenden Jahre in der konstatierten Höhe bewirkt.

Rechtliche Beurteilung

Die Verurteilung wegen teils vollendeter, teils versuchter Hinterziehung der Einkommensteuer in Ansehung der Gelder, die Dr. Adolf T***** durch Untreue und Veruntreuung erlangte, steht, wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Ob ein Verhalten einen Abgabentatbestand erfüllt, richtet sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhaltes, auch wenn das zu prüfende Verhalten gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§§ 21 Abs 1, 23 Abs 2 BAO;11 Os 194/97, 14 Os 33/00).

Die der Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte sind in § 2 Abs 3 EStG erschöpfend aufgezählt. Die in Rede stehenden Zuflüsse fallen nicht darunter. Der Umstand, dass eine kriminelle Geldbeschaffung (durch Veruntreuung und Untreue) unter Ausnützung einer dem Täter durch seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gebotenen Gelegenheit erfolgt, begründet keine "Einkünfte aus der Berufstätigkeit" der Rechtsanwälte nach § 22 Z 1 lit b EStG. Solche oder andere Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs 3 Z 2 iVm § 22 EStG) liegen hier ebenso wenig vor wie in § 2 Abs 3 Z 7 EStG genau bezeichnete "sonstige" Einkünfte oder eine andere in § 2 Abs 3 EStG genannte Einkunftsart.

Der vom Erstgericht herangezogene § 15 EStG (US 6) betrifft nach dessen Abs 1 überhaupt nur Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG, also Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Z 4), aus Kapitalvermögen (Z 5), aus Vermietung und Verpachtung (Z 6) und "sonstige" Einkünfte (Z 7). Unter letztere fallen nach der taxativen Aufzählung des § 29 EStG nur bestimmte wiederkehrende Bezüge (Z 1 leg cit), Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Sinne der §§ 30 und 31 (Z 2), Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände (Z 3), und bestimmte Funktionsgebühren (Z 4). Nichts davon lag hier vor.

Die deliktische Geldbeschaffung war somit im gegebenen Fall nicht einkommensteuerpflichtig.

Der vorliegende Schuldspruch verletzt daher das Gesetz, weshalb er gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 letzter Satz StPO aufzuheben und Dr. Adolf T***** freizusprechen war.

Die fünfmonatige Ersatzfreiheitstrafe wurde vom bis zum teilweise verbüßt.

Diesbezüglich war gemäß § 6 Abs 2 StEG von Amts wegen festzustellen, dass die im § 2 Abs 1 lit c StEG bezeichneten Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind - was aus dem Freispruch folgt - und keiner der im § 3 bezeichneten Ausschlussgründe vorliegt.