OGH vom 15.09.2004, 9Ob90/04g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache der Isabella P*****, Kindergärtnerin, *****, wegen Nichtigerklärung des Urteils des Landesgerichtes Klagenfurt vom , GZ 25 Cg 181/00g-13, infolge Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz vom , GZ 3 Nc 3/04a-2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Das Oberlandesgericht Graz wies den Ablehnungsantrag der Antragstellerin gegen den Vorsitzenden des Senates 6 des Oberlandesgerichtes Graz ab. Es böten sich keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit iSd § 19 Z 2 JN. Soweit ein Entscheidungsfehler überhaupt eine Befangenheit annehmen ließe, liege hier keine unvertretbare Beurteilung vor.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben oder abzuändern, dem Ablehnungsantrag stattzugeben und die Verfahrenshandlungen (Entscheidungen), an denen der abgelehnte Richter beteiligt gewesen sei, als nichtig aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN; RIS-Justiz RS0043830); er ist jedoch nicht berechtigt.
Ein Richter kann in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, weil ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (§ 19 Z 2 JN). Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (RIS-Justiz RS0045975). Ein solcher Grund wird von der Rekurswerberin nicht dargetan. Bei Prüfung der Unbefangenheit ist zwar im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0045949), die Ablehnung soll jedoch nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien eines nicht genehmen Richters entledigen können (RIS-Justiz RS0109379). Weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch ein Verfahrensmangel bildet in der Regel einen Ablehnungsgrund; Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungs-, sondern im Rechtsmittelverfahren auszutragen (RIS-Justiz RS0046019, RS0046090, RS0111290).
Richtig ist, dass die Antragstellerin im Ablehnungsantrag auch begehrte, sie bei dessen weiterer Ausführung anzuleiten. Dafür bestand jedoch nach der zutreffenden Begründung des Oberlandesgerichts Graz, auf die verwiesen wird, keine Notwendigkeit (§ 510 Abs 3 Satz 2 iVm § 528a ZPO).
Eine Verletzung des § 537 ZPO ist im Rechtsmittelverfahren gegen eine Entscheidung, an der ein nach dieser Bestimmung ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat, wahrzunehmen. Gegenstand des vorliegenden Rekurses ist jedoch nicht eine derartige Entscheidung, sondern die Richtigkeit der Verneinung der Befangenheit des abgelehnten Richters durch den zuständigen Senat des Oberlandesgerichtes Graz; an der angefochtenen Entscheidung hat der abgelehnte Richter nicht mitgewirkt.
Im Rekursverfahren gilt das Neuerungsverbot (Kodek in Rechberger, ZPO² § 526 Rz 3 mwN); auf erstmals im Rekurs zur Dartuung der Befangenheit des abgelehnten Richters aufgestellte Behauptungen, kann daher nicht eingegangen werden.
Der abgelehnte Richter hat sich nach § 22 Abs 2 JN zum Ablehnungsantrag zu äußern. Eine Stellungnahme der Partei zu dieser Äußerung ist nicht vorgesehen (Mayr in Rechberger, ZPO² § 22 JN Rz 2; Ballon in Fasching² I § 22 JN Rz 5, jeweils mwN). Gegebenenfalls sind vor der Entscheidung über den Ablehnungsantrag weitere Erhebungen durchzuführen. Dies war hier jedoch nicht nötig. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin liegt nicht vor. Gegenstand des Rekursverfahrens ist nicht ein Antrag auf Akteneinsicht, der vom Rekursgericht zu prüfen wäre. Die Rekurswerberin wird mit ihrem Antrag, ihr die Äußerung des abgelehnten Richters zur Kenntnis zu bringen, an das Oberlandesgerichtes Graz verwiesen.