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OGH vom 28.02.2017, 9Ob88/16f

OGH vom 28.02.2017, 9Ob88/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. U*****, 2. Dr. D*****, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. J*****, 2. H*****, vertreten durch Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in Nußdorf am Attersee, wegen 156.000 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 140/16w-39, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom , GZ 2 Cg 84/15b-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.914,19 EUR (darin 485,70 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Rechtsstreits sind die voraussichtlichen Sanierungskosten für ein in den 80er Jahren an einem Hang errichtetes Wohnhaus, das die Kläger von den Beklagten im Juni 2012 zum Preis von 370.000 EUR kauften und das erhebliche Baumängel (insbesondere statische Probleme wegen unzureichender Fundamentierung) aufweist. Fest steht, dass die Beklagten, die von der mangelnden Gründung des Hauses Kenntnis hatten, vor dem Verkauf an die Kläger Risse am und im Haus optisch ausbessern ließen, um dadurch einen Zustand des Hauses vorzuspiegeln, der einen leichten Verkauf zum beabsichtigten Preis ermöglichen sollte. Die Kläger hatten hingegen von der statischen Problematik des Gebäudes beim Ankauf keine Kenntnis.

Die Vorinstanzen gaben der Klage (Leistungsbegehren in Höhe der voraussichtlichen Sanierungskosten und Feststellungsbegehren für weitere Schäden im Zusammenhang mit der Mangelhaftigkeit des Hauses) statt. Die Beklagten hätten für die Baumängel des Objekts einzustehen. Die Höhe der den Klägern zuerkannten Sanierungskosten stellte das Erstgericht in Übereinstimmung mit dem vom Sachverständigen ermittelten Aufwand für die nachträgliche Herstellung eines fachgerechten Fundaments für das Wohnhaus fest. Die – näher dargestellte – Methode der Unterfangung des Gebäudes ist die einzige technisch machbare Vorgangsweise, bei der keine gravierenden zusätzlichen Risse auftreten und die sicherstellt, dass danach durch mögliche weitere Hangbewegungen keine Bauschäden mehr entstehen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zur Frage zu, ob „zur Ermittlung des Deckungskapitals die (voraussichtlichen) Sanierungskosten anhand einer überschlagsweisen Abschätzung ermittelt werden können, oder ob und in welchem Umfang eine detaillierte Kostenschätzung anhand der (aller) sich im Zuge der Sanierung darbietenden konkreten Gegebenheiten zugrunde zu legen“ sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern, hilfsweise aufzuheben.

Die Kläger beantragen, die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zurückzuweisen.

1. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Die Revision ist nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des materiellen oder des Verfahrensrechts abhängt. Das ist hier nicht der Fall. Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

2.1 Gemäß § 933a Abs 1 ABGB kann der Übernehmer einer mangelhaften Sache auch Schadenersatz fordern, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet hat. Gemäß § 933a Abs 2 ABGB kann der Übernehmer (ua) dann Geldersatz verlangen, wenn die Verbesserung unmöglich ist, sie für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre oder der Übergeber die Verbesserung verweigert. Ist der Mangel behebbar, steht dem Übernehmer der Anspruch auf das Erfüllungsinteresse zu; der Gläubiger ist insgesamt so zu stellen, wie er stünde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (RIS-Justiz RS0018239; 2 Ob 135/10g mwN).

Die Beklagten haben den ihnen nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis ihres fehlenden Verschuldens hier nicht erbracht (RIS-Justiz RS0022916 [T3]). Sie haben daher nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen für den Nichterfüllungsschaden (das Erfüllungsinteresse) der Kläger einzustehen. Das Erfüllungsinteresse umfasst bei Behebbarkeit des Mangels und Verbesserungsverzug oder -verweigerung des Schuldners die Kosten der Verbesserung (RIS-Justiz RS0086353).

2.2 Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass (auch) bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen der Berechtigte nicht verpflichtet ist, eigenes Kapital zur Mängelbehebung einzusetzen; er hat vielmehr Anspruch auf das Deckungskapital (6 Ob 117/15x mwN).

Der vom Schädiger als Deckungskapital für die beabsichtigte Sanierung zu leistende Vorschuss ist zweckgebunden. Verwendet der Berechtigte den Vorschuss nicht oder nur teilweise zur Durchführung der Sanierung, so kann der andere seine Leistung, soweit sie die tatsächlichen Aufwendungen übersteigt, nach § 1435 ABGB kondizieren (6 Ob 117/15x mwN; RIS-Justiz RS0021411).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Gründung des am Hang errichteten Hauses fehlerhaft ist und eine dauerhafte Sanierung notwendig eine bestimmte technische Methode (Unterfangung des Gebäudes und Errichtung eines fachgerechten Fundaments) voraussetzt, deren voraussichtliche Kosten in einzelne, nachvollziehbare Positionen aufgeschlüsselt ist. Die Revisionswerber wenden sich in Wahrheit – im Revisionsverfahren unzulässig (RISJustiz RS0043371 [T15, T 22, T 24, T 30]) – gegen diese Tatsachenfeststellungen, wenn sie meinen, aus dem von ihnen vorgelegten Privatgutachten ergebe sich eine kostengünstigere, ebenfalls geeignete Sanierungsmethode. Der vom Erstgericht bestellte Sachverständige hat sich im Übrigen mit diesem Privatgutachten befasst und erklärt, aus welchen Gründen das dort vorgeschlagene Sanierungskonzept hier nicht in Betracht kommt.

Die Vorinstanzen haben die Frage, ob die Forderung der Kläger gegen die Beklagten auf Zahlung der voraussichtlichen Sanierungskosten für das mangelhafte Wohnhaus berechtigt ist, auf der Grundlage der maßgebenden Rechtslage und angesichts der Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls in vertretbarer Weise gelöst, sodass vom Vorliegen einer die Zulässigkeit der Revision rechtfertigenden Rechtsfrage nicht ausgegangen werden kann.

3. Im Anlassfall steht fest, dass die Beklagten von der statischen Problematik des Gebäudes wussten und vor dem Verkauf eine (bloß) optische Sanierung zum Zweck eines besseren Verkaufserfolgs durchführen ließen. Soweit sie daher in ihrer Revision die Beurteilung ihres Verhaltens beim Verkauf gegenüber den Klägern als arglistig beanstanden und argumentieren, ihnen könne hier nur ein bloßes „Unterlassen“ vorgeworfen werden, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, weshalb ihr Rechtsmittel insoweit nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt ist (RIS-Justiz RS0043312). Das Berufungsgericht hat sich mit ihrer diesbezüglichen Beweisrüge hinreichend auseinandergesetzt, weshalb auch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt (RIS-Justiz RS0043371 ua).

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0090OB00088.16F.0228.000

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