OGH vom 15.09.1992, 10ObS169/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Oskar Harter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Bayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Willibald K*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Integritätsabgeltung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 127/91-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 35 Cgs 112/91-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war im Jahre 1987 als Arbeiter bei der Müllabfuhr der Marktgemeinde St.Paul im Lavanttal beschäftigt. Im Unfallszeitpunkt befand er sich auf der Ladefläche des LKW. Als der Lenker das Fahrzeug aus Schrittgeschwindigkeit anhielt und daraufhin anfuhr, um im Rückwärtsgang in Schrittgeschwindigkeit in eine Sackgasse einzufahren, stürzte der Kläger von der Ladefläche und wurde dabei verletzt. Auf der Ladefläche mußten im Zug der Arbeit die Müllsäcke wiederholt geschlichtet werden. Sowohl dem Kläger wie auch dem zweiten mitfahrenden Müllaufleger war jedoch die Vorschrift der Marktgemeinde St.Paul im Lavanttal bekannt, nach der sich die Müllarbeiter während der Fahrt entweder im Führerhaus oder auf der Standfläche am Heck des Fahrzeuges aufzuhalten haben und ein Aufenthalt auf der Ladefläche in dieser Zeit verboten ist. Es war aber unter den Müllarbeitern trotzdem vielfach üblich, daß sich ein Arbeiter während der Fahrt auf der Ladefläche aufhielt. Der Lenker des LKW konnte zum Unfallzeitpunkt weder durch das hintere Fenster der Kabine noch durch die Spiegel beobachten, ob sich jemand auf der Ladefläche befand, da die Sicht durch das Ladegut behindert war. Es war ihm nicht bekannt, daß sich der Kläger auf der Ladefläche aufhielt. Er fuhr mit dem LKW jeweils erst dann wieder an, wenn er von einem der Müllaufleger durch ein entsprechendes Handzeichen oder Pfeifen das Zeichen zur Weiterfahrt erhielt. Er ging davon aus, daß das Zeichen erst gegeben werde, wenn sich beide Kollegen auf den Standflächen am Heck aufhielten. Auch beim letztmaligen Anfahren vor dem Unfall hatte der Lenker ein entsprechendes Zeichen vom Kollegen des Klägers erhalten. Ein gegen den Lenker des Fahrzeuges und die Haftpflichtversicherung des LKW erhobenes Begehren des Klägers auf Schadenersatz wurde mit der Begründung abgewiesen, daß dem das Haftungsprivileg des § 333 ASVG entgegenstehe, zumal der Lenker des LKW als Aufseher im Betrieb zu qualifizieren sei.
Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei die Leistung einer Integritätsabgeltung ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei zur Leistung einer Integritätsabgeltung von 60 vH der doppelten, zum in Geltung gestandenen Höchstbeitragsgrundlage zu verpflichten. Der Unfall sei auf das grob fahrlässige Verhalten des LKW-Lenkers zurückzuführen. Ihm sei bekannt gewesen, daß sich der Kläger während der Fahrt auf der Ladefläche aufgehalten habe, um dort die Müllsäcke zu verstauen; es sei ihm sogar eine Weisung dieses Inhalts erteilt worden. Überdies habe der Lenker den LKW ohne ersichtlichen Grund abrupt abgebremst, was schließlich zum Absturz des Klägers geführt habe.
Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Eine Integritätsabgeltung stehe nicht zu, weil dem LKW-Lenker eine grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht zur Last falle und im übrigen weder ihn noch den Dienstgeber ein Verschulden treffe.
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab. Der LKW-Lenker habe auf Grund der jahrelang unbeanstandet geübten Vorgangsweise davon ausgehen können, daß sich bei Abgabe des Zeichens zur Weiterfahrt beide Müllarbeiter auf den Standflächen am Heck befinden und er ohne Gefahr für diese anfahren könne; er sei nicht verpflichtet gewesen, auszusteigen, um sich persönlich davon zu überzeugen, daß sich niemand auf der Ladefläche aufhalte. Umstände, die eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sorgfaltspflicht geboten hätten, seien nicht vorgelegen, zumal der LKW nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren sei. Dem Lenker falle daher kein Verschulden an dem Unfall zur Last, umsoweniger habe er eine grob fahrlässige Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu vertreten. Die Voraussetzungen für den erhobenen Anspruch seien daher nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Begriff "Arbeitnehmerschutzvorschriften" in § 213 a ASVG sei im Sinne der Erläuterungen in den Gesetzesmaterialien einschränkend auszulegen; darunter seien nur jene Normen zu verstehen, die von der Lehre als Arbeitnehmerschutzrecht im engeren Sinne bezeichnet werden, sohin nur positive, generelle Normen, die durch konkrete Anordnungen Schutzbestimmungen für die Arbeitnehmer treffen. § 7 Abs 1 ASchG erkläre zwar jene Bestimmungen der StVO, die die Sicherheit des Verkehrs betreffen, zu Arbeitnehmerschutzvorschriften beziehe sich jedoch nur auf den Verkehr in Betrieben; die Straßenverkehrsordnung könne auf Grund dieser Bestimmung nicht generell als Arbeitnehmerschutzbestimmung im Sinne des § 213 a ASVG angesehen werden. Daß der LKW-Lenker dem Kläger die Weisung erteilt habe, sich während der Fahrt auf der Ladefläche aufzuhalten, was als grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften qualifiziert werden könnte, sei nicht erwiesen worden. Überhaupt bestehe für die Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens des LKW-Lenkers keine Grundlage. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000.- S übersteige.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht oder aber an das Erstgericht zurückzuverweisen; hilfsweise wird der Antrag gestellt, die angefochtene Entscheidung im klagestattgebenden Sinne abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Durch die 48. ASVG-Novelle BGBl 1989/642 wurde in den Leistungskatalog der gesetzlichen Unfallversicherung eine völlig neuartige Leistung aufgenommen, nämlich die sogenannte Integritätsabgeltung. Deren besondere Anspruchsvoraussetzungen, Höchstausmaß und Kriterien für die Abstufung der Anspruchshöhe innerhalb des Höchstausmaßes sind im ebenfalls neu eingefügten § 213 a ASVG normiert. Primäre Anspruchsvoraussetzung ist demnach die Verursachung des Arbeitsunfalles bzw der Berufskrankheit durch die grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften. Diese Leistung ist im Konkurrenzbereich zwischen ziviler Haftpflichtordnung und Sozialversicherung angesiedelt. Ihr Zweck ist es, durch eine Geldleistung einen gewissen Ausgleich für köperliche Schmerzen, Leid, verminderte Lebensfreude, Beeinträchtigung des Lebensgenusses und ähnliche Ursachen seelischen Unbehagens wie etwa dauernde Verunstaltung zu bieten. Damit wird ihre Verwandtschaft mit den immateriellen Schadenersatzansprüchen des ABGB deutlich (Dörner-Holzer, Ein Betriebsschitag, DRdA 1990, 372 [374]; Tomandl in Tomandl, SV-System, 5.ErgLfg 344 f; Meisel-Widlar, Die Integritätsabgeltung - eine neue Leistung der Unfallversicherung, SozSi 1991, 362; Pöltner, Die Integritätsabgeltung in der gesetzlichen Unfallversicherung, DRdA 1990, 152; vgl auch Schmidt in ecolex 1990, 772; 10 Ob S 97/92).
In den Gesetzesmaterialien zur 48. ASVG-Nov 1142 BlgNR 17. GP 2 wird dargelegt, daß ein durch einen Arbeitsunfall verletzter Arbeitnehmer aufgrund der geltenden Gesetzeslage Ansprüche, die über die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hinausgehen, gegenüber dem Unternehmer und dem Aufseher im Betrieb nur unter der Voraussetzung geltend machen könne, daß dieser den Unfall vorsätzlich herbeigeführt habe. Die vollständige Befreiung des Dienstgebers bzw des Aufsehers im Betrieb von der Haftpflicht (ausgenommen den Fall des Vorsatzes) habe zu ungerechtfertigten Härten geführt. Dies bildete nach den zitierten Gesetzesmaterialien den wesentlichen Grund für die Neuregelung. Der Gesetzestext geht jedoch über diese Fälle hinaus. Der Anspruch auf Integritätsabgeltung wird nach § 213 a ASVG gewährt, wenn der Arbeitsunfall durch grob fahrlässige Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften verursacht wurde; eine Einschränkung auf Fälle, in denen das grob fahrlässige Verhalten dem Dienstgeber oder dem Aufseher im Betrieb zur Last fällt, besteht nicht (s.a. Schmidt, ecolex 1990, 772). Grundsätzlich besteht daher der Anspruch auch, wenn andere Personen, etwa Arbeitskollegen, Arbeitnehmerschutzvorschriften grob fahrlässig verletzen und dies die Ursache des Arbeitsunfalles bildet. Im vorliegenden Fall könnte daher grundsätzlich sowohl ein entsprechendes Verhalten des Lenkers, der im vorangegangenen Haftpflichtprozeß als Aufseher im Betrieb qualifiziert wurde, wie auch ein solches Verhalten des anderen Müllarbeiters, der dem Lenker das Zeichen zur Weiterfahrt gab, obwohl sich der Kläger auf der Ladefläche befand, als Grundlage für den begehrten Anspruch in Frage kommen. Auf die Einschränkung des Anspruches durch die Richtlinien (SozSi, Amtliche Verlautbarung Nr 28/1991) für Fälle, in denen die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Anspruches gegen den Schädiger billigerweise zugemutet werden kann (dies könnte bei Verursachung des Unfalles durch einen Arbeitskollegen der Fall sein, zumal hier ein Haftungsausschluß einem Schadenersatzbegehren nicht im Wege steht), ist nicht einzugehen, weil die genannten Richtlinien nicht anzuwenden sind, da der begehrte Anspruch schon aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nicht zusteht.
Der Auslegung des Begriffes Arbeitnehmerschutzvorschriften in § 213 a ASVG durch das Berufungsgericht ist beizutreten. Der Kläger behauptet ein grob fahrlässiges Verhalten des LKW-Lenkers; dieser habe angeordnet, daß sich der Kläger während der Fahrt auf der Ladefläche aufzuhalten habe und habe durch abruptes Abbremsen und Anfahren den Absturz des Klägers verschuldet. Selbst wenn dieses Vorbringen erwiesen worden wäre, könnte es keine Grundlage für den erhobenen Anspruch bilden.
Wie den Gesetzesmaterialien zu § 213 a ASVG zu entnehmen ist, werden durch den Ausdruck "Arbeitnehmerschutzvorschriften" alle Normen des österreichischen Arbeitnehmerschutzrechtes erfaßt. Das sind insbesondere das Arbeitnehmerschutzgesetz BGBl 1972/234, das Arbeitszeitgesetz, BGBl 1969/641, das Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz, BGBl 1987/599, die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) BGBl 1983/218 und die Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche, BGBl 1981/527 (1142 BlgNR 17. GP, 2). Der Gesetzgeber versteht demnach unter Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht das gesamte Arbeitsrecht in seiner Funktion als Schutzrecht der Arbeitnehmer, sondern bloß jenes Segment an arbeitsrechtlichen Normen, das von der Lehre als Arbeitnehmerschutzrecht im engeren Sinne bezeichnet wird (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 702;
Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht I3 326). Es handelt sich dabei um öffentlich-rechtliche Arbeitsrechtsnormen, die dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung dienen, auf unmittelbaren staatlichen Eingriffen basieren und typischerweise als Sanktion die Verwaltungsstrafe vorsehen (Schwarz-Löschnigg aaO 701; Tomandl, Arbeitsrecht 2, 29; Dörner-Holzer aaO 375). Allgemeine Fahrregeln der Straßenverkehrsordnung und Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes gehören demnach nicht zum Kreis der Arbeitnehmerschutzvorschriften, weil sie einen für jedermann geltenden Sorgfaltsmaßstab und von jedermann einzuhaltende Schutznormen darstellen, also prinzipiell nicht auf den Kreis der Arbeitnehmerschaft beschränkt sind (Dörner-Holzer aaO zu den sogenannten Pistenregeln; 10 Ob S 97/92). Bezüglich des Transportes des Klägers auf der Ladefläche des LKW könnte ein Verstoß gegen § 106 KFG vorliegen. Gemäß Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung dürfen Personen mit Kraftfahrzeugen nur befördert werden, wenn ihre Sicherheit gewährleistet ist. Gemäß § 106 Abs 2 leg cit dürfen Personen auf der Ladefläche von Lastkraftwagen nur unter den dort genannten Bedingungen befördert werden. Die Verletzung dieser Bestimmung, die im übrigen vom Anwendungsbereich des § 7 ASchG gar nicht umfaßt ist, bedeutet ebensowenig wie ein Verstoß gegen die §§ 20 Abs 1 oder 21 Abs 1 StVO, der im plötzlichen Abbremsen bzw Anfahren gelegen sein könnte, eine Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften. Gemäß § 1 Abs 1 regelt das ASchG unter anderem den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei der beruflichen Tätigkeit. Nach § 2 Abs 1 ASchG umfaßt die Vorsorge für den Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer alle Maßnahmen, die der Verhütung von beruflich bedingten Unfällen und Erkrankungen der Arbeitnehmer dienen; dieser Vorsorge entsprechend müssen Betriebe eingerichtet sowie unterhalten und geführt werden. Nach § 18 Abs 1 ASchG hat sich der Arbeitgeber so zu verhalten, daß im Betrieb eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Beschäftigten soweit als möglich vermieden wird. Diese Generalklauseln, die nicht unter Strafsanktion stehen und denen der Gesetzgeber des ASchG auch so wenig vertraut, daß er sie in eine Fülle einzelner (unter Strafsanktion stehender) Verhaltenspflichten aufsplittert (Tomandl aaO 34 f), sind keine Arbeitnehmerschutzvorschriften im Sinne des § 213 a ASVG (aM offenbar Dörner-Holzer aaO, die aber zugeben, daß den Gesetzesverfassern diese Sicht zweifellos nicht vor Augen geschwebt sein dürfte). Es hätte nämlich dann keine besondere Bedeutung, daß im § 213 a ASVG der Anspruch auf Integritätsabgeltung von der Außerachtlassung von Arbeitnehmerschutzvorschriften abhängig gemacht wird, weil jede (grob) fahrlässige Verursachung eines Verkehrsunfalles oder einer Berufskrankheit unter diese Generalklauseln fiele. Dem Gesetzgeber kann aber nicht unterstellt werden, eine überflüssige und damit inhaltslose Regelung getroffen zu haben (Bydlinski in Rummel, ABGB2 I Rz 18 zu § 6 mwN). Im Zweifel darf also eine Norm nicht so verstanden werden, daß sie überflüssig ist (10 Ob S 97/92). Für den hier zu entscheidenden Fall kommt noch dazu, daß sich beide Bestimmungen auf das Verhalten im Betrieb beziehen, während sich der Unfall des Klägers außerhalb des Betriebes auf einer öffentlichen Straße ereignet. Ebensowenig kann daraus etwas gewonnen werden, daß § 7 Abs 1 ASchG die StVO und Abs 3 dieser Bestimmung das KFG (allerdings nur bezogen auf einzelne Bestimmungen dieses Gesetzes) erwähnt, zumal § 7 ASchG seiner Überschrift entsprechend nur Regelungen für den Verkehr in Betrieben regelt; dadurch wird nur die Geltung der Bestimmungen der StVO bzw von Teilen des KFG, die auf öffentlichen Verkehrsflächen für jedermann maßgebend sind, für den Verkehr innerhalb von Betrieben angeordnet. Die genannten Normen werden jedoch damit nicht für den Bereich des öffentlichen Verkehres in den Rang von Arbeitnehmerschutzbestimmungen erhoben.
Auch einer Anordnung des Dienstgebers, daß sich die Arbeiter während der Fahrt nicht auf der Ladefläche aufzuhalten haben, kommt der Charakter einer Arbeitnehmerschutzvorschrift im Sinne des § 213 a ASVG nicht zu. Wie dargestellt können als solche nur öffentlich-rechtliche Arbeitsrechtsnormen qualifiziert werden, die dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeitsleistung dienen, auf unmittelbarem staatlichen Eingriff basieren und typischerweise als Sanktionsinstrument die Verwaltungsstrafe vorsehen. Diese Kriterien fehlen jedoch bei einer internen Dienstanweisung. Gemäß § 24 Abs 2 ASchG ist die zuständige Behörde zu ermächtigen, in jenen Fällen, in denen die besonderen Betriebsverhältnisse im Einzelfall Maßnahmen zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer erfordern, die über die Vorschriften dieser Verordnungen hinausgehen, im Rahmen der Bestimmungen des ASchG solche Maßnahmen auf Antrag des Arbeitsinspektorates durch Bescheid vorzuschreiben. Ob ein aufgrund dieser Bestimmungen erlassener Bescheid eine Arbeitnehmerschutzbestimmung im Sinne des § 213 a ASVG darstellt, kann unerörtert bleiben, weil kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß ein solcher Bescheid erlassen wurde.
Da Arbeitnehmerschutzvorschriften im Sinne des § 213 a ASVG, durch die ein bestimmtes Verhalten der bei dem gegenständlichen Mülltransport beteiligten Personen vorgeschrieben gewesen wäre, nicht bestanden, kann der Unfall nicht durch die Verletzung solcher Vorschriften verursacht worden sein. Der Anspruch besteht schon aus diesem Grunde nicht zu Recht, womit sich ein Eingehen auf die Frage, ob den Lenker des Fahrzeuges oder den zweiten Müllarbeiter ein Verschulden an dem Unfall trifft und welcher Grad des Verschuldens von dem Betreffenden allenfalls zu verantworten ist, erübrigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen würden, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich Hinweise auf solche Gründe aus dem Akt.