OGH 28.09.2004, 11Os140/03
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred U***** und andere Angeklagte wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Alfred U*****, Georgine U***** und Kurt K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 124 Hv 2/02a-137, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Raunig, des Vertreters für das Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk, Mag. Hötzl, der Angeklagten Alfred U*****, Georgine U***** und Kurt K***** sowie ihrer Verteidiger Mag. Fröschl, Dr. Höllerl und Mag. Kux zu Recht erkannt:
Spruch
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Georgine U***** sowie aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, welches in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, in den die Angeklagten Alfred U*****, Georgine U***** und Kurt K***** betreffenden Schuldsprüchen und demzufolge in sämtlichen Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Alfred U*****, Georgine U***** und Kurt K***** sind schuldig, sie haben in Wien im Bereich des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk, Georgine U***** als Geschäftsführerin der B***** GesmbH, Alfred U***** und Kurt K***** als deren faktische Geschäftsführer, in Wahrnehmung der steuerlichen Agenden der Gesellschaft vorsätzlich unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer, und zwar Alfred U***** und Georgine U***** gewerbsmäßig für die Jahre 1990 bis 2000 um insgesamt 989.918,95 S (= 71.940,22 EUR) sowie Kurt K***** für die Jahre 1990 bis 1996 um insgesamt 761.238,28 S (= 55.321,34 EUR) bewirkt.
Alfred U***** und Georgine U***** haben hiedurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG, Kurt K***** die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begangen.
In Neubemessung der Strafe jeweils unter Anwendung des § 21 Abs 1 und Abs 2 FinStrG, bei Alfred U***** und Georgine U***** nach § 38 Abs 1 FinStrG und bei Kurt K***** nach § 33 Abs 5 FinStrG wird bei sämtlichen Angeklagten unter Bedachtnahme gemäß § 21 Abs 3 FinStrG auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , GZ 12e Vr 2077/01-105, abgeändert durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 11 Os 27/02-9, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
In ihrer zum AZ 12e Vr 2077/01 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien eingebrachten Anklageschrift vom legte die Staatsanwaltschaft den Angeklagten zur Last, als eingetragene (Georgine U*****) und faktische Geschäftsführer der B***** GesmbH (im Folgenden: B*****; Alfred U***** und Kurt K*****) zwischen 1990 und 2000 (K***** von 1990 bis 1997) durch gefälschte (als Urkundenfälschung inkriminiert: Punkt II der Anklageschrift) Eingangsrechnungen namentlich angeführter Firmen im Gesamtbetrag von mehr als 1 Milliarde S zu Unrecht Vorsteuergutschriften in beträchtlicher Höhe geltend gemacht, die vom Finanzamt lukrierten Beträge auf ein Konto der B***** in Ungarn transferiert, entnommen und ihrer Privatsphäre zugeführt (I A 1 a und b der Anklage) und diese als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehenden Beträge nicht der Kapitalertragsbesteuerung unterworfen und solcherart Kapitalertragsteuer in der Gesamthöhe von 73,596.063 S (Alfred U***** und Georgine U***** gewerbsmäßig) bzw 43,701.535 S (Kurt K***** für die Jahre 1990 bis 1997) vorsätzlich hinterzogen zu haben (I A 2 a und b). Darüber hinaus warf sie Alfred und Georgine U***** vor, am unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 (richtig: 1994) entsprechenden Voranmeldungen, nämlich unter Abgabe einer unrichtigen Voranmeldung für Jänner 2001, eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlung um 2,853.365 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben (I A 3 der Anklageschrift).
Nach Ausscheidung des - nunmehr verfahrensgegenständlichen - Faktenkomplexes I A 2 a und b gemäß § 57 StPO wurden die Angeklagten mit dem über die verbleibenden Anklagepunkte ergangenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , GZ 12e Vr 2077/01-105, im Wesentlichen anklagekonform der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Alfred und Georgine U*****) und des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (Kurt K***** jedoch nur für den Zeitraum 1990 bis 1996) sowie des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Die im Erstverfahren rechtskräftig mit 245,926.294 S festgestellte Umsatzsteuerhinterziehung hatten Alfred U***** und Georgine U***** zur Gänze, Kurt K***** mit dem auf die Jahre 1990 bis 1996 entfallenden Betrag von 132,784.602 S zu verantworten.
Mit der Rechtsmittelentscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 11 Os 27/02-9, wurde Kurt K***** vom Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen, im Übrigen aber wurden die Schuldsprüche der Angeklagten bestätigt, jedoch die Strafen neu bemessen.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist somit der unter Punkt I A 2 a und b der Anklageschrift erhobene Anklagevorwurf, der in der Folge weder modifiziert noch ausgedehnt wurde.
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alfred U***** und Georgine U***** (richtig:) der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG durch Unterlassung der Anmeldung und Abfuhr von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1990 bis 2000 in der Gesamthöhe von 4,040.120 S und Kurt K***** (richtig:) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG durch Unterlassung der Anmeldung und Abfuhr von Kapitalertragsteuer für die Jahre 1990 bis 1996 in Höhe von 2,433.175 S (wobei dieser Angeklagte hinsichtlich der Abgabenhinterziehung für das Jahr 1997 rechtskräftig freigesprochen wurde) schuldig erkannt.
Dem Schuldspruch liegt die Feststellung zugrunde, dass die Angeklagten als (eingetragene oder faktische) Geschäftsführer der B***** namens der Gesellschaft an Georgine U***** und Ingrid K***** aufgrund eines tatsächlich nicht bestehenden Beschäftigungsverhältnisses Gehaltszahlungen überwiesen, die sich demnach als verdeckte Gewinnausschüttungen darstellten, ohne dass die darauf entfallende Kapitalertragsteuer abgeführt wurde (US 53 - 58, 66 f). Die von der GesmbH abgeführte Lohnsteuer wurde dabei nicht in Anrechnung gebracht. Darüber hinaus wurden von der Fa K***** GesmbH, Deutschland, und der Fa P***** S. A., Belgien, in den Jahren 1990 bis 1998 Umsatzboni der B***** in der Gesamthöhe von umgerechnet 2,353.371 S (s dazu ON 122, S 65 = S 137/VI) auf liechtensteinische Bankkonten überwiesen, die in der Buchhaltung der B***** nicht als Erlöse erfasst und daher ebenfalls als verdeckte Gewinnausschüttungen an die Angeklagten angesehen wurden (US 31, 45, 50 - 52, 63, 65 f, 69).
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden, welche sie auf die Z 5, Georgine U***** und Kurt K***** zudem auf die Gründe der Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO stützen. Die erst im Gerichtstag durch die Verteidigung und von Privatbeteiligtenvertreter erhobenen Einwendungen aus Z 7 und 8 des § 281 Abs 1 StPO sind unbeachtlich und könnten entgegen der vom Finanzamt in seiner Stellungnahme zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten vertretenen Ansicht (ON 154) auch nicht von Amts wegen aufgegriffen werden. Die Prüfung des Urteils hat sich daher auf die Berechtigung der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu beschränken (§ 290 Abs 1 erster Satz StPO).
Zur Verfahrensrüge (Z 4):
Entgegen dem von der Angeklagten Georgine U***** zu diesem Nichtigkeitsgrund erstatteten Vorbringen wurde die ergänzende Vernehmung des Sachverständigen Mag. Z***** in der Hauptverhandlung vom nicht zum Beweis dafür begehrt, dass der Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeit als Repräsentantin des Unternehmens bei Messen bei der Tochter(-gesellschaft) in Ungarn ein Aufwandersatz von zumindest 50 % zu gewähren ist, sondern zur Klärung der Frage, ob ihr hiefür “ein Aufwandersatz von zumindest 50 % gewährt wurde” (ON 136, S 71 sowie Beschluss des Erstgerichtes vom über den Protokollsberichtigungsantrag der Angeklagten, ON 148 iVm S 1 der ON 146). Weil bei der Antragstellung nicht dargetan wurde, aufgrund welcher Umstände und Unterlagen der Sachverständige zur Klärung dieser Frage überhaupt hätte beitragen können, verfiel der Beweisantrag zu Recht der Abweisung. Die zu seiner Untermauerung erst in der Rechtsmittelschrift nachgetragenen Ausführungen sind verspätet und daher prozessual unbeachtlich.
Soweit auch der Angeklagte Kurt K***** Nichtigkeit aus demselben Grund behauptet, ist er hiezu mangels Antragstellung in der Hauptverhandlung (s Berichtigungsbeschluss ON 148) nicht legitimiert.
Zur Mängelrüge (Z 5):
Die in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred U***** mit Blick auf die Gewerbsmäßigkeit nach § 38 Abs 1 lit a FinStrG geübte Kritik an den konstatierten Gesellschafterbeteiligungen betrifft keine entscheidende Tatsache. Denn die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit der gegenständlichen Abgabenhinterziehung wurde erst mit dem am in Kraft getretenen Artikel XI Z 7 BGBl I 1999/28 in die Bestimmung des § 38 Abs 1 lit a FinStrG aufgenommen und dem Beschwerdeführer daher auch erst ab diesem Zeitpunkt bis zum Jahr 2000 (somit für einen Zeitraum, in dem er unbestritten Gesellschafter war) zur Last gelegt und auch bei der Strafbemessung mit dieser Einschränkung berücksichtigt (US 94 f).
Unerheblich ist es, zu welchem Zeitpunkt diesem Beschwerdeführer die Prokura für die B***** erteilt wurde, ist doch für die vom Schöffengericht angenommene Tätigkeit als faktischer Geschäftsführer eine Prokura nicht Voraussetzung.
Mit der auf die Verantwortung der Georgine U***** und allgemeine Überlegungen gestützten Argumentation, die dieser Angeklagten zugekommenen Beträge seien als Entschädigung für deren Geschäftsführertätigkeit geleistet worden und stellten daher (gemeint: als betrieblich veranlasste Aufwendungen) keine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wendet sich der Beschwerdeführer bloß nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung gegen die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter. Diese haben mit mängelfreier Begründung dem Vorbringen Georgine U*****s keine Glaubwürdigkeit zuerkannt und ausdrücklich als erwiesen angenommen, dass diese keine einer Geschäftsführerin entsprechende Tätigkeit entfaltet hat (US 53 ff, 57 ff und 69 ff). Ob sie formell nicht nur handels-, sondern auch gewerberechtliche Geschäftsführerin gewesen ist, war daher ohne Bedeutung und demzufolge auch nicht erörterungsbedürftig.
Aus dem Umstand, dass die der B***** gewährten Umsatzboni im Rechenwerk dieser Gesellschaft nicht erfasst wurden, sondern auf firmenfremde liechtensteinische Bankkonten überwiesen und damit aus dem wirtschaftlichen Verfügungsbereich der B***** in jenen der Angeklagten verlagert wurden, konnte das Erstgericht im Einklang mit der Lebenserfahrung und denkrichtig folgern, dass es sich bei diesen Beträgen insgesamt um verdeckte Gewinnausschüttungen handelte (s insbes US 52, 53 und 69 iVm dem Sachverständigengutachten ON 122, S 87 bis 91 sowie S 137 und 149/VI). Dass von dem nach Liechtenstein überwiesenen Gesamtbetrag von 2,353.373 S nur ein Rückfluss im Umfang von 129.500 SFr an die Angeklagten Alfred U***** und Kurt K***** durch Gutschriften dokumentiert ist, steht der erwähnten Heranziehung der nach Liechtenstein geflossenen Gesamtsumme nicht entgegen.
In den ebenfalls gegen die Zurechnung dieser Provisionen als verdeckte Gewinnausschüttungen remonstrierenden Einwendungen der Angeklagten Kurt K***** und Georgine U***** wiederum wird der behauptete Begründungsmangel (Z 5 vierter Fall) nicht dargetan, sondern lediglich versucht, durch Umdeutung der betreffenden Vorgänge zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Tatvariante zu gelangen.
Aber auch den übrigen Ausführungen der Angeklagten Georgine U***** zu diesem Nichtigkeitsgrund kommt keine Berechtigung zu.
Das Schöffengericht hat die Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Funktion der Geschäftsführerin bloß formell innehatte, aber nie eine entsprechende Tätigkeit entfaltete, mängelfrei aus der gebotenen Gesamtschau aller maßgeblichen Verfahrensergebnisse einschließlich jener abgeleitet, die in der Hauptverhandlung vom (ON 136) vorgekommen sind (s insbes US 57 ff) und dabei das eine entsprechende Tätigkeit behauptende Vorbringen der Angeklagten und ihres mitangeklagten Gatten in dieser Hauptverhandlung als unglaubwürdig verworfen. Wenn die Beschwerde demgegenüber - unter Bezugnahme auf bestimmte Passagen des entsprechenden Protokolls - diese Angaben dennoch als zutreffend hinzustellen trachtet, gleitet sie in eine ihr unter dem relevierten Nichtigkeitsgrund verwehrte Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung ab.
Gleiches gilt auch für den Versuch, Divergenzen in den Aussagen der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung vom (wonach sie noch nie eine Geschäftsführertätigkeit ausgeübt habe - insbes ON 103, S 41) und in der Hauptverhandlung vom (danach hätte sie die B***** vor allem bei Messen und im Ausland vertreten) zu relativieren und unter isoliertem Abstellen auf ihre zuletzt angeführte Verantwortung zu günstigeren Folgerungen als das Erstgericht zu gelangen.
Schließlich übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Tatrichter die Urteilsannahmen zum objektiven Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite der ihr angelasteten Finanzvergehen keineswegs allein damit begründet haben, dass sie aufgrund ihrer intakten Ehe mit dem Erstangeklagten “in sämtliche deliktischen Ideen eingeweiht” war (US 90 - insoweit nimmt das Erstgericht bloß auf relevante Urteilsausführungen aus dem erwähnten Vorverfahren zum AZ 12 eVr 2077/01 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Bezug), sondern aufgrund der gebotenen Würdigung aller maßgeblichen Beweisumstände zu ihrer Überzeugung gelangt sind.
Zu den Rechtsrügen (Z 9 lit a):
Ins Leere geht das Vorbringen des Angeklagten Kurt K*****, welcher formell das Fehlen ausreichender Feststellungen zur objektiven Tatseite behauptet, sachlich jedoch (durch Relevierung des mangelnden Niederschlags der in Rede stehenden Geldüberweisungen nach Liechtenstein in der Firmenbuchhaltung und der später erfolgten Gutschriften zugunsten seiner Person und des Erstangeklagten über Privatkonten) abermals die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter kritisiert und solcherart nicht am entsprechenden Urteilssachverhalt festhält.
Hingegen kommt der Rechtsrüge der Angeklagten Georgine U***** insoweit Berechtigung zu, als sie sich gegen die Nichtanrechnung der von der B***** für Georgine U***** und Ingrid K***** abgeführten Lohnsteuer wendet.
Nach den getroffenen Feststellungen zahlte die B***** an Georgine U***** und Ingrid K*****, der Gattin des Drittangeklagten, in den Jahren 1990 bis 2000 (für Ingrid K***** bis 1999) ein Gehalt aus, ohne dass diese für die Gesellschaft irgendeine Leistung erbrachten, welche eine finanzielle Zuwendung - sei es als Geschäftsführerentschädigung (Georgine U*****rban) oder als Lohn (Ingrid K*****) - gerechtfertigt hätte (US 53 ff, 56 ff, 67), wobei eine (lohnsteuerpflichtige) Gehaltszahlung an Georgine U***** angesichts ihres 25 % überschreitenden Gesellschafteranteils schon nach dem Gesetz nicht möglich gewesen wäre (§ 22 Z 2 EStG). Die Beurteilung dieser Zuwendungen als verdeckte Gewinnausschüttungen erfolgte daher zu Recht. Daraus folgt, dass zum einen die Gesellschaft diese demnach nicht betrieblich veranlassten Aufwendungen bei Ermittlung der Körperschaftssteuer nicht in Ansatz hätte bringen dürfen und insoweit eine Verkürzung dieser Abgaben bewirkt wurde, welche jedoch nicht angeklagt war und auch zu keinem Schuldspruch führte. Zum anderen aber hätten diese Beträge von den Empfängern als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterworfen werden müssen (§ 2 Abs 3 Z 5 iVm § 27 EStG). Allerdings verpflichtet § 93 Abs 3 EStG bereits die auszahlende Gesellschaft zur Einbehaltung und Abfuhr der auf diese Zuwendungen entfallenden Kapitalertragsteuer, welche sodann bei der Einkommensteuerveranlagung der Kapitalertragsempfänger, die Schuldner der Kapitalertragsteuer sind (§ 95 Abs 2 EStG), auf die ermittelte Zahllast anzurechnen gewesen wäre, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft die Kapitalertragsteuer zwar einbehalten, aber nicht abgeführt hat (§ 46 Abs 1 EStG). Sie ist dem Empfänger der Kapitalerträge ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsgemäß gekürzt hat oder der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsgemäß abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt (§ 95 Abs 5 Z 1 EStG).
Im Falle verdeckter Gewinnausschüttung wird in der Regel Kapitalertragsteuer nicht einbehalten. In einem solchen Fall steht der Einbehaltung gleich, wenn der Gesellschafter nach Aufdeckung der verdeckten Gewinnausschüttung den Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer ersetzt oder wenn die Gesellschaft ohne Einforderung eines Ersatzes vom Gesellschafter - und damit in Zuwendung eines weiteren Vorteils an den Gesellschafter - die Kapitalertragsteuer an das Finanzamt entrichtet. Für die vorliegende Fallgestaltung hat indes diese Regelung keine Bedeutung. Denn die Angeklagten, die als formelle und faktische Geschäftsführer der B***** gemäß § 80 BAO für die Erfüllung deren abgabenrechtlicher Pflichten Sorge tragen und somit die auf die verdeckten Gewinnausschüttungen entfallende Kapitalertragsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen mussten, haben diese Pflicht, die auch ihre finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit begründet - nach den Urteilsannahmen vorsätzlich - unabhängig davon verletzt, ob die - weder einbehaltene noch abgeführte - Kapitalertragsteuer auf die Abgabenschuld der Empfänger anzurechnen ist oder nicht. Allerdings trifft sie dieser Vorwurf nur insoweit, als die Kapitalertragsteuer die abgeführte Lohnsteuer übersteigt. Denn weil die Kapitalertragsteuer ebenso eine Form der Einkommenbesteuerung darstellt wie die Lohnsteuer, zu deren Einbehaltung und Abfuhr die Gesellschaft als Dienstgeber ebenfalls verpflichtet ist, ist auch die Abfuhr fälschlich als Lohnsteuer statt richtig als Kapitalertragsteuer deklarierter und berechneter Steuerleistungen in Ansatz zu bringen, sofern sie sich auf ein und dasselbe Einkommen beziehen. Demgegenüber verweist die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/15/0059, welches jedoch über die Beschwerde eines Gesellschafters einer GesmbH gegen einen ihn persönlich betreffenden Einkommensteuerbescheid zu entscheiden hatte. Diesem Fall lag zugrunde, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung (Schwarzgeldeinnahmen) erfolgte, die Gesellschaft aber die darauf entfallende Kapitalertragsteuer nicht einbehalten und auch, trotz Vorschreibung, nicht abgeführt hatte, der abgabepflichtige Gesellschafter jedoch die Auffassung vertrat, dass ungeachtet dessen die rechnerische Kapitalertragsteuer bei seiner Einkommensteuer in Anrechnung gebracht werden müsse, was der Verwaltungsgerichtshof mangels eines dem Einbehalten gleichzusetzenden (oben dargestellten) Sachverhaltes als unzutreffend verwarf.
Vorliegend setzen sich die als verdeckte Gewinnausschüttungen gewerteten Kapitalzuwendungen aus zwei Komponenten zusammen, nämlich einerseits aus den zu Unrecht als solche deklarierten Gehaltszahlungen an Georgine U***** und Ingrid K***** und andererseits aus jenen der B***** zustehenden Provisionsbeträgen, welche von den Firmen K***** GesmbH und P***** S. A. auf liechtensteinische Bankkonten überwiesen und von den Angeklagten in ihr Privatvermögen transferiert wurden.
Während hinsichtlich der Gehaltszahlungen die darauf entfallende Lohnsteuer von der B***** einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wurde, wurde die ebenfalls von der GesmbH auf die zutreffend als verdeckte Gewinnausschüttungen gewerteten Umsatzboni entfallende Kapitalertragsteuer weder einbehalten noch abgeführt. Im erstgenannten Fall kamen die Angeklagten ihrer Einbehaltungs- und Abfuhrpflicht grundsätzlich nach, doch unterwarfen sie die richtig als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilenden Beträge anstelle der Kapitalertragsteuer der Lohnsteuer, welche, wie noch zu zeigen sein wird, in concreto die Höhe der Kapitalertragsteuer nicht erreicht. Angesichts des festgestellten Tatvorsatzes haben die Angeklagten daher hinsichtlich des sich hieraus ergebenden Differenzbetrages in diesem Umfang eine Verkürzung der Kapitalertragsteuer zu verantworten.
Hinsichtlich der Umsatzboni hingegen wurde die darauf entfallende Kapitalertragsteuer weder einbehalten noch abgeführt, sodass den Angeklagten insoweit die Hinterziehung der gesamten darauf entfallenden Kapitalertragsteuer anzulasten ist.
Bei Berechnung der Kapitalertragsteuer ist differenziert vorzugehen:
Bezüglich der auf die (fälschlich) als Gehaltszahlungen deklarierten Kapitalzuflüsse ist die jeweilige Kapitalertragsteuer, deren Steuersatz in den Jahren 1990 bis 1993 und seit dem Jahr 1996 25 %, in den Jahren 1994 und 1995 22 % und im Jahr 1996 (als Mischsatz) 23,5 % betrug (vgl US 68), aus dem vom Erstgericht unter Verweis auf das Sachverständigengutachten exakt festgestellten Bruttogehalt (als Bemessungsgrundlage) direkt zu errechnen.
In Ansehung der Umsatzboni hingegen ist die darauf entfallende Kapitalertragsteuer durch Rückrechnung aus den auf liechtensteinische Bankkonten tatsächlich überwiesenen (Netto-)Beträgen zu ermitteln (s hiezu auch SV-Gutachten ON 122 Anlage 16).
Die bei richtiger Rechtsanwendung als hinterzogen zu wertende Kapitalertragsteuer ergibt sich aus den vom Schöffengericht getroffenen, ausdrücklich auf das Sachverständigengutachten (ON 122/VI) gestützten Feststellungen, aus welchen der Umfang der Gehaltszahlungen und die davon einbehaltenen und abgeführten (Lohn-)Steuern einerseits sowie die Höhe der Umsatzboni andererseits hervorgehen, durch einfache Rechenoperationen zwangsläufig.
Dem Sachverständigengutachten ist demnach zu entnehmen, dass sich das an Georgine U***** und Ingrid K***** zugeflossene Kapital aus den tatsächlich an die Empfänger ausbezahlten Beträgen, der einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer und den ebenfalls einbehaltenen und überwiesenen Sozialversicherungsbeträgen zusammensetzt.
Dies ergibt für die Jahre 1990 bis 2000 einen Gesamtbetrag von 10,238.016,24 S als Bruttobemessungsgrundlage (US 67), die darauf entfallende Kapitalertragssteuer beträgt unter Berücksichtigung der oben angeführten unterschiedlichen Steuersätze somit insgesamt 2,477.343.70 S. Abzüglich der abgeführten Lohnsteuer in Höhe von 2,232.878,20 S (ON 122, Anl 6 und 8) errechnet sich somit ein Differenzbetrag von 244.465,48 S, für dessen Hinterziehung die Angeklagten finanzstrafrechtlich verantwortlich sind. Die korrespondierenden Beträge für den für den Angeklagten K***** relevanten Zeitraum (1990 bis 1996) sind: Bruttobemessungsgrundlage 5,648.479,92 S, Kapitalertragsteuer 1,338.959,62 S, abgeführte Lohnsteuer 1,234.074,72 S, Differenz- und damit strafbestimmender Wertbetrag 104.884,90 S.
Hinsichtlich der mit den Umsatzboni gleichzusetzenden verdeckten Gewinnausschüttungen in der Nettohöhe von 2,353.371 S (S 137/VI; für 1990 bis 1996: 2,086.071 S) errechnet sich die Bruttobemessungsgrundlage (Nettozahlung + hochgerechnete KESt) mit 3,098.826,47 S (1990 bis 1996: 2,744.424,38 S), die darauf entfallende Kapitalertragsteuer, die einzubehalten und abzuführen die Angeklagten vorsätzlich unterlassen haben, somit mit 745.453,47 S (1990 bis 1996: 656.353,38 S).
Die hinterzogene Kapitalertragsteuer beträgt daher in Summe 989.918,95 S (= 71.940,22 EUR) bzw, bezogen auf die Jahre 1990 bis 1996, 761.238,28 S (= 55.321,34 EUR). Nur in diesem Umfang wurden die Angeklagten daher zu Recht der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung schuldig erkannt, während der darüber hinausgehende Schuldspruch mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist und in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Georgine U*****, zu Gunsten der Angeklagten Alfred U***** und Kurt K*****, welche diesen Nichtigkeitsgrund nicht releviert hatten, in amtswegiger Wahrnehmung nach § 290 Abs 1 erster Satz StPO, zu eliminieren war.
Im Übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.
Bei der demnach vorzunehmenden, an den strafbestimmenden Wertbeträgen von 71.940,22 EUR (bei Alfred und Georgine U*****) beziehungsweise 55.321,34 EUR (bei Kurt K*****) zu orientierenden Strafneubemessung war zu berücksichtigen, dass die schuldspruchgegenständlichen strafbaren Handlungen nach der Zeit ihrer Begehung bereits im Vorverfahren mitabgeurteilt hätten werden können, weshalb gemäß § 21 Abs 3 FinStrG auf die mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , GZ 11 Os 27/02-9, festgesetzten Strafen Bedacht zu nehmen war. Mit dieser Entscheidung wurden die Angeklagten bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von 18,079.522,98 EUR (Alfred und Georgine U*****) beziehungsweise 9,649.833,36 EUR (Kurt K*****) wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG, Alfred U***** und Georgine U***** auch wegen der gewerbsmäßigen Tatbegehung nach § 38 Abs 1 Z 1 lit a FinStrG, zu Geldstrafen verurteilt, und zwar Alfred U***** zu sechs Mio EUR, Georgine U***** zu vier Mio EUR und Kurt K***** zu zweieinhalb Mio EUR, wobei der strafbestimmende Wertbetrag bei Alfred und Georgine U***** 245,926.294 S, bei Kurt K***** 132,784.602 S betrug. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafen wurden Ersatzfreiheitsstrafen von zwölf, sechs und zwei Monaten bestimmt und Alfred U***** überdies zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt.
Wären die nun schuldspruchrelevanten Abgabenhinterziehungen ebenfalls Grundlage gemeinsamer Strafbemessung gewesen, so wären die Strafen angesichts des unvergleichlich höheren Schuld- und Unrechtsgehaltes der Vortaten nicht höher auszumessen gewesen, weshalb gemäß § 21 Abs 3 FinStrG von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen war.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2004:0110OS00140.030.0928.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAD-90555