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OGH 01.07.2003, 10ObS167/03m

OGH 01.07.2003, 10ObS167/03m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Scherz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Angela W***** , vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1103 Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.136,41 EUR s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 351/02g-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 30 Cgs 99/02x-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 89 Abs 2 B-VG den Antrag,

gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen, dass in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 1999, Seite 650, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999 (Stammfassung), in der Fassung der 2. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 556, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der 3. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 678, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, und der 4. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 911, Amtliche Verlautbarung Nr 161/2001, außer Kraft getreten aufgrund des § 51 der Satzung 2003 der Wiener Gebietskrankenkasse (avsv Nr. 1/2003) mit 31.

12. 2002,

a) in § 38 die Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151

ASVG)" und

b) im Anhang 6 die Z 3. ("Für medizinische Hauskrankenpflege durch

diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem

medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde ...... höchstens 120,-

S [8,72 EUR] (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S [8,72

EUR] (inkl. Wegegebühren).")

gesetzwidrig waren.

Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 57 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Die bei der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse pflichtversicherte Klägerin ist die Mutter der am geborenen und am verstorbenen Sarah P*****, die bei der Klägerin gemäß § 123 ASVG mitversichert war. Sarah P***** erhielt von 8. 10. bis , von bis und von bis an insgesamt 88 Tagen mit der Indikation Kurzdarmsyndrom medizinische Hauskrankenpflege. Vom bis befand sich Sarah P***** in stationärer Anstaltspflege im AKH Wien.

Für die medizinische Hauskrankenpflege wurde mangels Bestehens von Verträgen der beklagten Partei mit Einrichtungen, die medizinische Hauskrankenpflege für Kinder anbieten, die mobile Kinderkrankenschwester Gabriele H***** in Anspruch genommen. Gabriele H***** legte am eine Honorarnote über 2.345,17 EUR, die sich in geleistete Einzelstunden, geleistete Pflegeminuten, Hausbesuchspauschale und Fahrtkosten aufgliedert. Am legte Gabriele H***** eine weitere Honorarnote über 3.558,60 EUR, welche vergleichbare Leistungen beinhaltet. Beide Rechnungen über insgesamt 5.903,77 EUR wurden von der Klägerin bezahlt.

Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der medizinischen Hauskrankenpflege bei der Tochter der Klägerin ist nicht strittig. Die Beklagte bezahlte an die Klägerin für 88 Pflegetage à 8,72 EUR einen Kostenzuschuss von 767,36 EUR.

Mit Bescheid vom lehnte die Wiener Gebietskrankenkasse die Gewährung eines höheren Kostenersatzes als des zuerkannten Kostenzuschusses ab. Gemäß § 38 ihrer Satzung leiste die Kasse für medizinische Hauskrankenpflege einen pauschalen Kostenzuschuss in der Höhe von höchstens 8,72 EUR pro Fall und Pflegetag (inklusive Wegegebühren).

Die gegen diesen Bescheid erhobene, auf Zahlung von 5.136,41 EUR gerichtete Klage wird in erster Linie darauf gestützt, dass es die beklagte Partei unterlassen habe, für die medizinische Hauskrankenpflege für Kinder, eine Pflichtleistung der Krankenversicherungsträger, Sachleistungsvorsorge zu treffen, sodass sie Kostenerstattung nach Marktpreisen zu gewähren habe. Die in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Kostenzuschüsse von 8,72 EUR pro Tag seien im Verhältnis zu den Marktpreisen zu gering und daher gesetzwidrig. Die Klägerin habe Anspruch auf Ersatz der gesamten für die medizinische Hauskrankenpflege ihrer Tochter aufgewendeten Kosten.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Im vorliegenden Fall sei § 131b ASVG anzuwenden, der eine Vorsorge für diejenigen Fälle treffe, in denen für den Bereich eine Berufsgruppe noch keine Verträge bestünden. In diesem Fall habe der Versicherungsträger den Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten. Das Ausmaß der Zuschüsse sei vom Versicherungsträger unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten festzusetzen. Hinsichtlich der Höhe des Kostenzuschusses habe der Gesetzgeber damit keine Festlegung getroffen, sondern es der Verantwortung der Versicherungsträger überlassen, die Höhe satzungsmäßig festzulegen.

Für die Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege für Kinder bestünden keine vertraglichen Regelungen. Entweder gehe man davon aus, dass es sich bei mobilen Kinderkrankenschwestern um eine Berufsgruppe im Sinne des § 131b ASVG handle, dann komme diese Bestimmung direkt zur Anwendung. Seien die Anbieter für medizinische Hauskrankenpflege als eine Berufsgruppe im Gesamten zu werten, sei diese Regelung analog anzuwenden. Ähnlich wie bei den außervertraglichen Leistungen im „kassenfreien Raum" bestehe kein voller Kostenersatzanspruch, sondern nur ein Anspruch auf Kostenzuschüsse. § 131b ASVG stelle eine Spezialregelung dar, die die Bestimmungen des § 121 Abs 1 und 3 ASVG ergänze und im Ergebnis auch einschränke. Auf die Ursachen des Nichtbestehens von Verträgen komme es nicht an.

§ 38 der Satzung der beklagten Gebietskrankenkasse bestimme, dass für den Fall, dass Vertragspartner für die medizinische Hauskrankenpflege auf Rechnung der Kasse mangels Bestehens von Verträgen nicht zur Verfügung stünden, Kostenzuschüsse nach der Regelung im Anhang 6 zur Satzung zu leisten seien. Anhang 6 der Satzung sehe für die Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem medizinische Hauskrankenpflege geleistet werde, einen Ersatz von höchstens 8,72 EUR inklusive Wegegebühren vor. Die Bedenken der Klägerin, der in der Satzung festgelegte Kostenzuschuss entspreche nicht den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Versicherten und sei im Verhältnis zu den tatsächlichen Marktpreisen zu niedrig, stünden die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes sowie verschiedene Lehrmeinungen entgegen. Im Verhältnis zu den tatsächlichen Marktpreisen sei der gewährte Kostenzuschuss nicht unangemessen niedrig. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch die sonstigen Vertragstarife der Krankenversicherungsträger im Verhältnis zu den tatsächlichen Marktpreisen einen relativ geringfügigen Prozentsatz darstellten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, verwies auf die ausführliche und fundierte rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und führte ergänzend aus: Seit bestehe ein Rechtsanspruch auf medizinische Hauskrankenpflege (§ 151 ASVG idF der 50. ASVG-Novelle). Diese Pflichtleistung sei als Sachleistung konzipiert und stelle eine "krankenhausersetzende" Leistung dar. Dazu bedürfe es des Abschlusses von Verträgen mit der ärztlichen Standesvertretung und den Wohlfahrtsverbänden bzw kommunalen Einrichtungen, die auf ärztliche Anordnung die Pflege zu Hause im Auftrag des zuständigen Krankenversicherungsträgers zu organisieren hätten. Wohl bestehe einerseits gemäß § 338 Abs 2 ASVG der gesetzliche Auftrag, die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen. Allerdings sehe der Gesetzgeber in § 131b ASVG eine Regelung für den Fall vor, dass Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung stünden oder wenn keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestünden, zumal es keine gesetzliche Verpflichtung zum Vertragsabschluss mit den in Betracht kommenden Gesundheitsberufen gebe. Der Sicherstellungsauftrag verpflichte auch die Krankenversicherungsträger nicht, Verträge um jeden Preis abzuschließen; deren Verhandlungsspielraum werde vom Beitragsaufkommen diktiert. Dass die beklagte Partei seit Inkrafttreten der 50. ASVG-Novelle keine Verträge mit Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege für Kinder anbieten, abgeschlossen habe, führe nicht zu einem Kostenersatzanspruch nach Marktpreisen, wie die Klägerin meine, sondern zu einem Anspruch auf Kostenzuschuss nach § 131b ASVG, der an die Stelle der Sachleistungsgewährung trete. Daran ändere nichts, dass es sich bei der medizinischen Hauskrankenpflege um eine Pflichtleistung nach § 121 Abs 1 ASVG handle. Ein über die Satzung hinausgehender Anspruch auf Kostenzuschuss könne auch aus § 133 Abs 3 ASVG nicht abgeleitet werden, weil dieser lediglich dem Versicherungsträger ermögliche, im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit satzungsmäßige Mehrleistungen zu erbringen. Gehe der Gesetzgeber im Falle fehlender Verträge davon aus, dass der Krankenversicherungsträger lediglich Zuschüsse zu leisten habe, liege bereits eine gesetzliche Beschränkung der Verpflichtung zum Kostenersatz vor. Dass die medizinische Hauskrankenpflege in den kostenintensiven Spitälern eine Bettenreduktion erreichen soll und somit zur Kostenreduktion beitrage sei angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bei Fehlen von Vertragspartnern (für die Hauskrankenpflege bei Kindern) keine rechtliche Grundlage für die begehrte Kostenerstattung nach Marktpreisen.

In Anbetracht des Fallpauschales von 15,99 EUR, das ein Vertragsarzt für Allgemeinmedizin pro Anspruchsberechtigtem und Quartal erhalte, bestünden auch keine Bedenken bezüglich der Höhe des Kostenzuschusses von 8,72 EUR pro Pflegetag, sodass kein Anlass zu einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art 139 Abs 1 B-VG bestehe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil - soweit überblickbar - eine Judikatur des Obersten Gerichtshof zur Angemessenheit des Kostenzuschusses nach § 131b ASVG in Verbindung mit der Satzung bei medizinischer Hauskrankenpflege nicht bestehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

In der Revision wiederholt die Klägerin ihren Rechtsstandpunkt, dass es sich bei der medizinischen Hauskrankenpflege seit um eine als Sachleistung konzipierte Pflichtleistung der Sozialversicherungsträger handle. Wenn die beklagte Partei ihre Verpflichtung nicht erfüllt habe und auch keine Bemühungen zum Abschluss von Verträgen gesetzt habe (§ 131b ASVG entbinde die Krankenversicherungsträger nicht von ihrer Verpflichtung), gehe es nicht an, dass Leistungen im Krankenhaus zur Gänze ersetzt würden, Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege - trotz deren Primats - dagegen nur zu einem Siebtel. Es wäre unbillig und nicht angemessen, durch den Nichtabschluss von Verträgen und die Festsetzung von niedrigen Kostenzuschüssen die Versicherten um Ansprüche zu bringen. Konsequenterweise müsse ein Versicherter in dieser Konstellation Anspruch auf Ersatz der Marktpreise für medizinische Hauskrankenpflege haben, weil die beklagte Partei aus eigenem Verschulden nicht in der Lage sei, die medizinische Hauskrankenpflege als Sachleistung zu erbringen. Die Festsetzung von Kostenzuschüssen für die medizinische Hauskrankenpflege widerspreche im Übrigen dem Gleichheitsgrundsatz, würden doch im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt anfallende Kosten vom Krankenversicherungsträger zur Gänze ersetzt, obwohl diese Kosten um ein Vielfaches höher seien als diejenigen der medizinischen Hauskrankenpflege. Die Versicherte habe im vorliegenden Fall sogar die kostengünstigere Leistung in Anspruch genommen. Deshalb sei auch der Kostenzuschuss von 8,72 EUR (inklusive Fahrtkosten pro Pflegetag) zu gering, weshalb angeregt werde, die Satzung der beklagten Partei diesbezüglich wegen Unangemessenheit der Höhe des Zuschusses auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen zu lassen. Durch eine derartige Beschränkung in der eigenen Satzung hätten es die Sozialversicherungsträger im Übrigen in der Hand, keine Verträge mit Einrichtungen, die medizinische Hauskrankenpflege anbieten, abzuschließen und sich dann mit geringen Zuschüssen von der gesetzlichen Verpflichtung zu befreien, medizinische Hauskrankenpflege als Sachleistung zu erbringen.

Aus Anlass der zulässigen Revision hat der erkennende Senat Folgendes erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Das österreichische Krankenversicherungsrecht ist vom Sachleistungsprinzip geprägt. Die Sozialversicherungsträger haben sich darum zu bemühen, ein System zu schaffen, das die Inanspruchnahme der Versicherungsleistungen ermöglicht, ohne dass die Versicherten selbst zur Honorierung herangezogen werden müssen. So obliegt es den Krankenversicherungsträgern gemäß § 23 Abs 5 ASVG, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen. Nach der im Sechsten Teil des ASVG enthaltenen Bestimmung des § 338 Abs 1 ASVG werden die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den freiberuflich tätigen Ärzten, Gruppenpraxen, Dentisten, Hebammen, Apotheker, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen, freiberuflich tätigen Psychotherapeuten, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege gemäß § 151 ASVG erbringen, und anderen Vertragspartnern durch privatrechtliche Verträge geregelt. Durch diese Verträge ist die ausreichende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen (§ 338 Abs 2 erster Satz ASVG). Schließlich ist auch in § 133 Abs 2 letzter Satz ASVG festgelegt, das die Leistungen der Krankenbehandlung, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird (vgl § 130 Abs 3, § 131 Abs 1 und 3, § 131a, § 131b, § 132 ASVG), als Sachleistungen erbracht werden.

Auch bei der medizinischen Hauskrankenpflege steht die Sachleistungsgewährung im Vordergrund. Nach § 151 Abs 2 ASVG wird die medizinische Hauskrankenpflege durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (§ 12 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, BGBl I 1997/108) erbracht, die vom Krankenversicherungsträger beigestellt werden oder die mit dem Krankenversicherungsträger in einem Vertragsverhältnis im Sinne des Sechsten Teiles dieses Bundesgesetzes stehen oder die im Rahmen von Vertragseinrichtungen tätig sind, die medizinische Hauskrankenpflege betreiben. Nach § 151 Abs 3 ASVG kann die Tätigkeit der Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege nur auf ärztliche Anordnung erfolgen. Die Tätigkeit umfasst medizinische Leistungen und qualifizierte Pflegeleistungen, wie die Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung. Zur medizinischen Hauskrankenpflege gehören nicht die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung des Kranken.

Die Mitwirkung der Vertragsärzte im Bereich der medizinischen Hauskrankenpflege wurde in einer zwischen der österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abgeschlossenen gesamtvertraglichen Vereinbarung geregelt (vgl Scholz, Medizinische Hauskrankenpflege als krankenhausersetzende Leistung, SozSi 1993, 380 ff). Dem Vertragsarzt gebühren danach ein pauschales Betreuungshonorar und die Abgeltung gewisser Sonderleistungen (zB für das Legen einer Ernährungssonde, chirurgische Intervention, Verbandswechsel). In Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung haben die Sozialversicherungsträger neben dieser Vereinbarung mit der Ärzteschaft auch in den Bundesländern Abmachungen mit jenen Organisationen geschlossen, die die im Zusammenhang mit der medizinischen Hauskrankenpflege benötigten pflegerischen Leistungen bieten. Aufgrund dieser Verträge kommt es zu einer Direktverrechnung zwischen dem Krankenversicherungsträger und seinen Vertragspartnern (vgl ARD 4493/21/93 und 4364/10/92; Binder in Tomandl, SV-System 15. ErgLfg 232 [2.2.3.3.]).

Ist der Krankenversicherungsträger - wie offensichtlich auch im vorliegenden Fall - nicht in der Lage, dem Versicherten die notwendigen Sachleistungen durch eigene oder Vertragserrichtungen der Krankenbehandlung zur Verfügung zu stellen, so tritt an deren Stelle die Erbringung von Geldleistungen (Kostenerstattung bzw Kostenzuschuss). Bei der Kostenerstattung bzw beim Kostenzuschuss hat der Versicherte die gewünschte Leistung selbst am Markt zu besorgen; die Sozialversicherung leistet dabei grundsätzlich keine Hilfestellung. Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf, die vom Versicherten für die Inanspruchnahme von Gesundheitsgütern aufgewendeten Kosten im Nachhinein bis zu einem gewissen Höchstbetrag zu erstattet (Schrammel, Die Durchsetzung von Leistungsansprüchen in der sozialen Krankenversicherung, FS Tomandl [1998] 679 ff [680] ua; SSV-NF 10/114 ua). So räumt § 131 Abs 1 ASVG den Versicherten die Möglichkeit ein, ärztliche Hilfe nicht nur bei Vertragspartnern oder in eigenen Einrichtungen der Versicherungsträger, sondern auch bei Ärzten und Einrichtungen in Anspruch zu nehmen, die in keinem Vertragsverhältnis zum leistungspflichtigen Krankenversicherungsträger stehen. Der Kostenerstattungsanpruch gemäß § 131 Abs 1 ASVG ist mit 80 % jener Aufwendungen begrenzt, die der Krankenkasse bei Inanspruchnahme eines entsprechenden Vertragspartners erwachsen wären. In den §§ 131a und 131b ASVG sind für den Fall des Fehlens vertraglicher Regelungen mit Ärzten (Dentisten) oder mit den Gruppenpraxen (§ 131a ASVG) bzw anderen Vertragspartnern (§ 131b ASVG) Sonderregelungen über die Festsetzung der Höhe der Kostenerstattung vorgesehen. So hat der Krankenversicherungsträger bei Fehlen vertraglicher Regelungen mit Ärzten (Gesundheitseinrichtungen) dem Versicherten gemäß § 131a ASVG für die außerhalb seiner eigenen Einrichtung in Anspruch genommene Behandlung Kostenerstattung in Höhe jenes Betrages zu gewähren, der vor Eintritt des vertragslosen Zustandes bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes zu leisten gewesen wäre. Da im vertragslosen Zustand die Versicherten grundsätzlich stärker geschont werden sollen als bei Inanspruchnahme eines Wahlarztes, ist der Sozialversicherungsträger ermächtigt, mittels Satzung eine Erhöhung der Kostenerstattung vorzusehen. Auf diese Weise ist es möglich, den Eigenanteil des Versicherten auf ein zumutbares Maß zu senken (Binder in Tomandl, SV-System aaO 226 [2.2.3.2.1.F.).

Während somit §§ 131 und 131a ASVG bestehende oder früher bestandende Vertragstarife voraussetzen, soll § 131b ASVG dort Anwendung finden, wo mit einer Berufsgruppe noch überhaupt keine Verträge existieren bzw existierten. Die Zuschussregelung des § 131b ASVG wurde mit der 50. ASVG-Novelle eingeführt, mit welcher auch die medizinische Hauskrankenpflege als Pflichtleistung im Sozialversicherungsrecht verankert wurde (§§ 117 Z 2, 144 Abs 1 und 3, 151 ASVG sowie Parallelbestimmungen in den übrigen Sozialversicherungsgesetzen). Nach § 131b ASVG, der Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen betrifft, gilt dann, wenn andere Vertragspartner infolge Fehlens von Verträgen nicht zur Verfügung stehen, § 131a ASVG mit der Maßgabe, dass in jenen Fällen, in denen noch keine Verträge für den Bereich einer Berufsgruppe bestehen, der Versicherungsträger den Versicherten die in der Satzung festgesetzten Kostenzuschüsse zu leisten hat. Der Versicherungsträger hat das Ausmaß dieser Zuschüsse unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis des Versicherten festzusetzen. Damit trifft § 131b ASVG Vorsorge für die Fälle, in denen für den Bereich einer Berufsgruppe noch keine Verträge bestehen und keine derartigen Verträge zustande kommen. Die Regelung eröffnet der Satzung die Möglichkeit, Kostenzuschüsse für den Versicherten unter Bedachtnahme auf dessen wirtschaftliches Bedürfnis bzw auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers festzusetzen. Hinsichtlich der Höhe des Kostenzuschusses hat der Gesetzgeber damit keine Festlegung getroffen, sondern es der Verantwortung der Versicherungsträger überlassen, die entsprechende Höhe des Kostenzuschusses satzungsmäßig festzulegen (SSV-NF 12/104 mwN). Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung als ausreichend determiniert erachtet (G 24/98 ua, VfSlg 15.787); § 131b ASVG enthält daher keine formalgesetzliche Delegation. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes drückt sich in der "Bedachtnahmeformel" das für die Krankenbehandlung allgemein geltende Wirtschaftlichkeitsgebot aus. Die Satzung hat zu berücksichtigen, dass die finanziellen Ressourcen der versicherten Gemeinschaften beschränkt sind, weil ein angemessenes Beitragsniveau beibehalten werden soll; die Satzung hat bei Festsetzung des Kostenzuschusses aber auch zu berücksichtigen, dass die Versicherten Anspruch auf eine ausreichende Versorgung mit Krankenbehandlungsleistungen haben (VfSlg 13.133, 15.787). Nach § 38 der Satzung der beklagten Partei betreffend Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen (§ 131b ASVG) leistet die Kasse unter anderem für den Fall, dass Vertragspartner für die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151 ASVG) auf Rechnung der Kasse nicht zur Verfügung stehen, weil Verträge nicht zustande gekommen sind, Kostenzuschüsse nach der Regelung im Anhang 6 der Satzung. Anhang 6 der Satzung regelt den Kostenzuschuss für medizinische Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal in der Form, dass pauschal pro Fall und Pflegetag, an dem medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde, höchstens 8,72 EUR (inkl. Wegegebühren) geleistet werden. Die dafür einschlägige Z 3. lautet in der Stammfassung der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse (SozSi 1999, 650 ff, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999):

"Für medizinische Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal

pro Fall und Pflegetag, an dem medizinische Hauskrankenpflege

geleistet wurde ...... höchstens 120,-- S (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S (inkl.

Wegegebühren)."

Diese Fassung wurde durch die nachfolgenden fünf Änderungen der Satzung 1999 nicht novelliert, sieht man von der Umstellung auf Euro-Beträge mit der 4. Änderung der Satzung 1999 ab, womit der Betrag von 120,- S auf 8,72 EUR geändert wurde.

Zur Frage, ob und inwieweit Bedenken wegen Gesetzwidrigkeit dieser Satzungsregelung bestehen, da mit dem Kostenzuschuss dem Versicherten nur ein verhältnismäßig geringfügiger Teil der Krankenbehandlungskosten ersetzt würde, ist darauf hinzuweisen, dass die Krankenversicherung nicht verpflichtet ist, dem Versicherten alle denkbaren und medizinisch möglichen Leistungen als Sachleistungen ohne Zuzahlungen zu erbringen (vgl zu der dem § 131b ASVG entsprechenden Bestimmung des § 60a B-KUVG VfGH V 70, 71/96, ZAS 2001/7, zust Kletter, ZAS 2001, 33). Der Krankenversicherungsträger ist dann aber auch bei Fehlen (gesamt)vertraglicher Regelungen nicht verpflichtet, den Kostenzuschuss so zu bemessen, dass dem Versicherten die tatsächlich entstandenen Behandlungskosten zur Gänze ersetzt werden (G 24/98 ua, VfSlg 15.787). Es ist daher verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn der durch die Satzung bestimmte Kostenzuschuss nur zu einem teilweisen Ersatz der Behandlungskosten führt (10 ObS 57/03k).

Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom (VfSlg 13.571) einen Kostenzuschuss zu einem festsitzenden Zahnersatz von rund 10 % der tatsächlichen Kosten (500 S pro Zahn) als zu gering angesehen und die entsprechende Satzungsbestimmung als gesetzwidrig aufgehoben. In einem weiteren Erkenntnis vom (VfSlg 15.322 = SozSi 1998, 961, Kletter) hielt er in einer vergleichbaren Konstellation den mittlerweile auf 1000 S angehobenen Kostenzuschuss für unbedenklich. Im vorliegenden Fall beträgt der Kostenzuschuss 13 % der tatsächlich von der Klägerin bezahlten Kosten.

Von maßgebender Bedeutung ist für den VfGH weniger die Relation des Kostenzuschusses zu den tatsächlich aufgewendeten Kosten, sondern als Orientierungshilfe ein Vergleich mit den für vergleichbare Pflichtleistungen festgelegten Tarifen: Die finanzielle Aufwendung des Krankenversicherungsträgers für eine vergleichbare Sachleistung ist dem Kostenzuschuss gegenüberzustellen (VfSlg 15.322 = SozSi 1998, 961, Kletter).

Ein unmittelbar vergleichbarer Tarif ergibt sich aus dem von der Ärztekammer für Wien mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abgeschlossenen Gesamtvertrag aber nicht, zumal die allenfalls vergleichbare Tätigkeit eines Vertragsarztes für Allgemeinmedizin im Wesentlichen pauschal pro Anspruchsberechtigtem und pro Quartal honoriert wird, sodass ein Vergleich mit einer einzelnen Sachleistung nicht möglich ist.

Aufgrund des Wortlauts der Satzungsbestimmung des Anhangs 6 Z 3. muss davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll. Gegen eine solche Satzungsregelung bestehen jedoch Bedenken wegen Gesetzwidrigkeit, da dadurch dem Kläger im Ergebnis nur ein geringfügiger, nur wenig ins Gewicht fallender Teil (ca 13 %) seiner Krankenbehandlungskosten ersetzt würde und damit dem Kläger der gesetzliche Anspruch auf Sachleistungsgewährung im Wege des Kostenzuschusses de facto "abgeschnitten" werden würde. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 13.571 ausgesprochen hat, muss ein Zuschuss (eine Kostenbeteiligung) eine bestimmte Höhe erreichen, um begrifflich noch als Zuschuss gelten zu können. Es bestehen daher im vorliegenden Fall erhebliche Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der im Anhang 6 der Satzung der beklagten Partei für Leistungen der medizinischen Hauskrankenpflege vorgesehenen pauschalen Zuschussregelung.

Da die Satzung der beklagten Partei als Verordnung zu qualifizieren ist (vgl VfSlg 3219, 3709, 5422, 8875 ua), sieht sich der erkennende Senat aufgrund der aufgezeigten Bedenken veranlasst, einen entsprechenden Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Johann Ellersdorfer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Angela W*****, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1103 Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.136,41 EUR s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 351/02g-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 30 Cgs 99/02x-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der am an den Verfassungsgerichtshof gestellte Antrag, gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen,

dass in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 1999, Seite 650, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999 (Stammfassung), in der Fassung der 2. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 556, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der 3. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 678, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, und der 4. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 911, Amtliche Verlautbarung Nr 161/2001, außer Kraft getreten aufgrund des § 51 der Satzung 2003 der Wiener Gebietskrankenkasse (avsv Nr. 1/2003) mit 31.

12. 2002,

a) in § 38 die Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151

ASVG)" und

b) im Anhang 6 die Z 3. ("Für medizinische Hauskrankenpflege durch

diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem

medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde ...... höchstens 120,-

S [8,72 EUR] (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S [8,72

EUR] (inkl. Wegegebühren).")

gesetzwidrig waren,

wird aufrechterhalten (§ 57 Abs 4 VfGG).

Text

Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hat am an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen,

dass in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 1999, Seite 650, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999 (Stammfassung), in der Fassung der 2. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 556, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der 3. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 678, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, und der 4. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 911, Amtliche Verlautbarung Nr 161/2001, außer Kraft getreten aufgrund des § 51 der Satzung 2003 der Wiener Gebietskrankenkasse (avsv Nr. 1/2003) mit 31.

12. 2002,

a) in § 38 die Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151

ASVG)" und

b) im Anhang 6 die Z 3. ("Für medizinische Hauskrankenpflege durch

diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem

medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde ...... höchstens 120,-

S [8,72 EUR] (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S [8,72

EUR] (inkl. Wegegebühren).")

gesetzwidrig waren,

Am (Zustellung am ) hat der

Verfassungsgerichtshof den Obersten Gerichtshof aufgefordert, binnen

vier Wochen ergänzend zu folgender Frage Stellung zu nehmen:

"In dem in diesem Verordnungsprüfungsverfahren zu prüfenden Antrag vom vertritt der Oberste Gerichtshof die Auffassung, es müsse aufgrund der angefochtenen Satzungsbestimmung davon ausgegangen werden, dass 'nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll' (Hervorhebung nicht im Original).

Im Beschluss vom , 10 ObS 68/04d, vertritt der Oberste Gerichtshof - nach Ablehnung der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass Intensivpflege nicht unter den Begriff der Hauskrankenpflege falle - zu einer gleich gelagerten Satzungsbestimmung der Betriebskrankenkasse Austria Tabak (auch im Widerspruch zur Begründung des zunächst gestellten Verordnungsprüfungsantrages zu hg. V 91/03) anscheinend nunmehr die gegenteilige Rechtsauffassung: Es stelle der in der Satzung vorgesehene Pauschalsatz von EUR 8,72 pro Verpflegstag 'ganz offensichtlich auf den typischen (einfachen) Fall der Hauskrankenpflege (Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung) ab' (Hervorhebung nicht im Original) und berücksichtige nicht den völlig außergewöhnlichen Fall einer zeitlich ohne Unterbrechung notwendigen medizinischen Behandlung eines Versicherten im häuslichen Bereich; es sei bei 'verfassungskonformer Auslegung' der Satzungsbestimmung davon auszugehen, dass dieser Pauschalsatz für die Bestimmung der Höhe des 'Kostenersatzes im vorliegenden Fall nicht heranzuziehen' sei.

Da der Oberste Gerichtshof den hier vorliegenden Antrag noch in ganz gleicher Weise wie jenen zu V 91/03 auf die Überlegung stützt, dass der Kostenzuschuss nur 13 % der tatsächlichen Kosten betrage (woraus die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmung letztlich abgeleitet wird), erhebt sich die Frage, ob der Oberste Gerichtshof an der im vorliegenden Anfechtungsbeschluss vertretenen Meinung festhält, dass in der hier zu entscheidenden Rechtssache die angefochtene Satzungsbestimmung von ihm anzuwenden ist bzw. ob der Anfechtungsantrag - im Hinblick auf seine in diesem Punkt zwischenzeitig anscheinend geänderte Meinung - aufrechterhalten wird. Bejahendenfalls möge ergänzend dargelegt werden, inwieweit der hier zu beurteilende Sachverhalt, der ebenso selten und außergewöhnlich wie der einer sonstigen Intensivpflege sein dürfte, dennoch eine andere Beurteilung (nämlich Anwendung einer nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes nur auf den Durchschnittsfall abstellenden Satzungsbestimmung) als in dem zu 10 ObS 68/04d entschiedenen Fall rechtfertigt."

Zu diesen Ausführungen wird wie folgt Stellung genommen:

1. Dem Verordnungsprüfungsantrag vom ist folgender

Sachverhalt zugrunde gelegt:

"Die bei der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse pflichtversicherte Klägerin ist die Mutter der am geborenen und am verstorbenen Sarah P*****, die bei der Klägerin gemäß § 123 ASVG mitversichert war. Sarah P***** erhielt von 8. 10. bis , von bis und von bis an insgesamt 88 Tagen mit der Indikation Kurzdarmsyndrom medizinische Hauskrankenpflege. Vom bis befand sich Sarah P***** in stationärer Anstaltspflege im AKH Wien.

Für die medizinische Hauskrankenpflege wurde mangels Bestehens von Verträgen der beklagten Partei mit Einrichtungen, die medizinische Hauskrankenpflege für Kinder anbieten, die mobile Kinderkrankenschwester Gabriele H***** in Anspruch genommen. Gabriele H***** legte am eine Honorarnote über 2.345,17 EUR, die sich in geleistete Einzelstunden, geleistete Pflegeminuten, Hausbesuchspauschale und Fahrtkosten aufgliedert. Am legte Gabriele H***** eine weitere Honorarnote über 3.558,60 EUR, welche vergleichbare Leistungen beinhaltet. Beide Rechnungen über insgesamt 5.903,77 EUR wurden von der Klägerin bezahlt.

Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der medizinischen Hauskrankenpflege bei der Tochter der Klägerin ist nicht strittig. Die Beklagte bezahlte an die Klägerin für 88 Pflegetage à 8,72 EUR einen Kostenzuschuss von 767,36 EUR."

Dieser Sachverhalt hat sich nicht verändert.

2. Dem seinerzeitigen Verordnungsprüfungsantrag vom zu 10 ObS 119/03b (GZ V 91/03 des Verfassungsgerichtshofes) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

"Der am geborene Kläger erlitt am einen Verkehrsunfall. Seither besteht bei ihm eine nahezu komplette Querschnittlähmung unterhalb des Kopfes, wobei einige funktionell nahezu wertlose Restbewegungen der rechten und linken Hand sowie des rechten Beines vorhanden sind. Weiters besteht beim Kläger eine nahezu komplette Atemlähmung. Um die Atmung aufrecht zu erhalten, ist der Kläger mit einem Beatmungsgerät sowie einer Raumluftbeatmung ausgestattet. Die Beatmung erfordert eine Tracheostomiekanüle. Aufgrund der Blasen- und Mastdarmlähmung ist ein regelmäßiger Fremdkatheterismus erforderlich, der durch Pflegepersonen durchgeführt wird. Stuhlabsetzen ist aufgrund der vorhandenen Mastdarmlähmung nicht spontan möglich, sondern muss durch medikamentöse Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt werden. Da beim Kläger keine Hustenmöglichkeit besteht, ist eine laufende Toilettierung des Atembereiches und das Absaugen der großen Atemwege erforderlich. Hiefür ist die Beatmungsmaschine abzunehmen. Aktivitäten des täglichen Lebens können vom Kläger nicht wahrgenommen werden. Er ist nahezu vollständig auf fremde Hilfe angewiesen. Lediglich das Schlucken von Flüssigkeiten und das Kauen vorgeschnittener Speisen ist möglich. Aufgrund der eingetretenen hohen Lähmung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Endzustand erreicht. Eine wesentliche funktionelle Besserung der Lähmungssituation an den Extremitäten bzw im Bereich der Blase und des Mastdarmes ist nicht zu erwarten.

Die Pflege des Klägers erfolgt im Erdgeschoß eines von der Familie des Klägers errichteten und behindertengerecht ausgestatteten Wohnhauses durch geschultes Personal aufgrund ärztlicher Anordnung. Das Pflegepersonal arbeitet im 12 Stunden-Rhythmus, wobei jeweils zwei Pflegepersonen eine Woche lang im Wechseldienst die Pflege durchführen. Naturgemäß war es für den Kläger längere Zeit äußerst schwierig, seinen Gesundheitszustand zu akzeptieren. Sein psychischer Zustand war während des eineinhalbjährigen Klinikaufenthaltes in Bad W***** (Deutschland) labil und gestört. Dem gegenüber hat sich sein psychischer Zustand durch die häusliche Pflege ganz erheblich verbessert. Es bestehen keinerlei kognitive Defekte, der emotionale Zustand ist recht gut, Zeichen einer Depressivität bestehen nicht. Dem Kläger ist es mit Hilfe des Betreuungspersonals und auch seiner Mutter gelungen, sich beispielsweise mit Schachspielen (über einen Computer mit Kinnsteuerung) zu beschäftigen. Darüber hinaus sieht der Kläger gern interessante Filme im Fernsehen. Die Bedingungen der derzeitigen Betreuung des Klägers sind trotz der intensiv-medizinischen Versorgung optimal; das Milieu ist als emotional angenehm zu bezeichnen.

Bei der Unterbringung zu Hause handelt es sich um eine der Anstaltspflege gleichwertige Behandlung, die in Bezug auf die psychischen Auswirkungen der Behandlung auf einer Intensivstation weit überlegen ist. Würde man den Kläger langfristig auf einer Intensivstation unterbringen, würden daraus schwere psychische Störungen resultieren; es wäre mit ausgeprägten depressiven Dekompensationen zu rechnen, die wiederum zu einer erheblichen Gefährdung im vitalen Bereich und zu erheblichen Komplikationen im somatischen Bereich führen würden. Nur das optimale Zusammenwirken von Milieufaktoren und Betreuungspersonen hat dazu geführt, dass beim Kläger eine für die Verhältnisse beachtliche Lebensqualität vorliegt. Es handelt sich dabei allerdings um ein sehr labiles Gleichgewicht. Die institutionelle Unterbringung auf einer Intensivstation mit dem damit verbundenen Wechsel der Bezugspersonen und des vertrauten Milieus würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem (lebensgefährlichen) depressiven Zustand führen.

Die Anzahl der Intensivbetten ist österreichweit gesehen aus ökonomischen Gründen äußerst knapp gehalten. Kein Krankenhaus mit einer Intensivstation könnte den jahrelangen Belag mit einem "Dauerpatienten" verantwortungsvoll auf sich nehmen. Eine dauernde Betreuung auf einer Intensivstation wäre daher auch im Sinne der Ressourcengerechtigkeit nicht zielführend. Zudem kostet ein Intensivbett einer Beatmungsstation je nach Infrastruktur des Krankenhauses ca S 25.000 bis S 45.000 täglich und damit entstünden therapiebedingt Pflegekosten von mindestens S 750.000 bis S 1,350.000 pro Monat.

Das Infektionsrisiko auf einer Intensivstation hängt von der Invasivität und der Dauer des Aufenthaltes ab. Die am häufigsten auftretende intensivstationsbezogene Infektion ist die Lungenentzündung; dazu entwickeln sich noch selektierte krankmachende, gegen Antibiotika resistente Keime. Das Infektionsrisiko steigt mit der Aufenthaltsdauer; bereits nach 21 Tagen beträgt es 100 %. Im häuslichen Umfeld sind hingegen nur "normale" Besiedlungskeime zu erwarten, mit denen jeder Mensch in Symbiose lebt.

Die Risiken aus Sicht der Beatmungspflicht sind im häuslichen Bereich kaum höher einzuschätzen als bei einer stationären Pflege auf einer Intensivstation. Andere Risiken im Sinne der notwendigen intensiven Körperpflege (Blasen- und Mastdarmpflege, Dekubitusprophylaxe) sind gleichwertig hoch oder bei sachgerechter Durchführung sogar niedriger als auf einer Intensivstation. Insgesamt würden die Auswirkungen einer Infektion (insbesondere der Lunge) bei einer Dauerunterbringung auf einer Intensivstation zu einer nicht beherrschbaren Komplikation führen.

Eine Einrichtung zur Unterbringung beatmungspflichtiger Patienten außerhalb einer Intensivstation, also in einem Einzelzimmer auf einer normalen Bettenstation, gibt es in Österreich nicht. Eine solche Maßnahme wäre zwar im Vergleich zur Intensivstation die bessere Variante, ist aber der derzeitigen Betreuungsmaßnahme im häuslichen Bereich unterlegen."

3. Der Oberste Gerichtshof hat am in beiden Fällen einen Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, der darauf gestützt wurde, dass gegen eine Satzungsregelung, wonach für die Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem medizinische Hauskrankenpflege geleistet werde, ein Ersatz von höchstens 8,72 EUR inklusive Wegegebühren geleistet werde, Bedenken wegen Gesetzwidrigkeit bestünden, da dadurch dem Kläger im Ergebnis nur ein geringfügiger, nur wenig ins Gewicht fallender Teil (ca 13 % bzw ca 1 %) seiner Krankenbehandlungskosten ersetzt würde und ihm damit der gesetzliche Anspruch auf Sachleistungsgewährung im Wege des Kostenzuschusses de facto "abgeschnitten" werden würde.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in seinen Verordnungsprüfungsanträgen ausdrücklich angeführt, "aufgrund des Wortlauts der Satzungsbestimmung" (Hervorhebung nicht im Original) müsse davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll.

4. In seinem den Verordnungsprüfungsantrag zu 10 ObS 119/03b abweisenden Erkenntnis vom , V 91/03-6, verweist der Verfassungsgerichtshof zwar zunächst darauf, dass er nicht berechtigt sei, das antragstellende Gericht an eine bestimmte Auslegung des Gesetzes (der Verordnung) zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung in der Hauptsache vorgreifen würde. Dennoch gelangt er letztlich - entgegen dem Inhalt des Verordnungsprüfungsantrags - zum Ergebnis, dass kein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vorliege:

"2.3. Da die Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Höhe der

in den angefochtenen Satzungsbestimmungen vorgesehenen

Kostenerstattungsbeträge, aber auch gegen das dort vorgesehene

Erfordernis der Vorlage einer 'saldierten' Honorarnote auf der

Prämisse beruhen, dass Intensivpflegepatienten wie jene der

Ausgangsfälle Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege haben,

(woraus abgeleitet wird, dass die in den Satzungsbestimmungen

vorgesehene Kostenerstattung nur einen Bruchteil der in den

Anlassfällen erforderlichen Kosten der medizinischen

Intensivbetreuung abdecke und in einem grundsätzlich auf

Sachleistungen gerichteten System eine Vorfinanzierung der enormen Kosten einer solchen Betreuung regelmäßig nicht zumutbar sei) die erwähnte Prämisse aber nicht zutrifft, ist den Bedenken der Boden entzogen."

5. Der Verfassungsgerichtshof ist somit in diesem Erkenntnis vom nicht inhaltlich auf den Verordnungsprüfungsantrag eingegangen, weil er meinte, es liege - weil ein Fall der Intensivpflege - kein Fall der medizinischen Hauskrankenpflege vor. Aus diesem Grund war die in Frage stehende Satzungsbestimmung seines Erachtens zwar präjudiziell (Pkt 1.2.), aber doch nicht anzuwenden (Pkt 2.3.; siehe zu diesem Erkenntnis im Übrigen die [durchwegs negativen] Kommentare von Mazal, ASoK 2004, 178, und Schrammel, ZAS 2004, 232).

Der Oberste Gerichtshof war jedoch gemäß § 511 Abs 1 ZPO an seine im Aufhebungsbeschluss vom , 10 ObS 315/00x (SSV-NF 15/57), geäußerte Rechtsansicht gebunden, weshalb auf dieser Grundlage (- auch Prämisse des Verordnungsprüfungsantrags an den Verfassungsgerichtshof zu 10 ObS 119/03b -) das Revisionsverfahren fortgesetzt und eine Entscheidung in der Sache getroffen werden musste.

Im Beschluss vom , 10 ObS 68/04d, hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass bei verfassungskonformer (gesetzeskonformer) Auslegung der Satzungsbestimmungen der in der Satzung vorgesehene Pauschalsatz, der im Ergebnis nur rund 1 % der beim Kläger tatsächlich erforderlichen Krankenbehandlungskosten abdecken würde, für die Bestimmung der Höhe des Kostenersatzes nicht heranzuziehen sei; der Kläger habe - ausnahmsweise (Hervorhebung nicht im Original) - Anspruch auf volle Kostenerstattung nach Marktpreisen.

6. Der Oberste Gerichtshof hält nach wie vor daran fest, dass in der hier zu entscheidenden Rechtssache die angefochtene Satzungsbestimmung von ihm anzuwenden ist (so wie der Oberste Gerichtshof seinerzeit auch im Verordnungsprüfungsantrag zu 10 ObS 119/03b [GZ V 91/03 des Verfassungsgerichtshofes] dargelegt hat). Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , V 91/03-6, die Ansicht vertreten, dass die Satzungsbestimmung dann nicht anzuwenden sei, wenn kein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vorliege. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Satzungsbestimmung - auch nach Ansicht des VfGH - bei Bejahung des (hier dem Grunde nach nicht strittigen) Anspruchs auf medizinische Hauskrankenpflege anzuwenden ist.

Der Verordnungsprüfungsantrag vom , 10 ObS 167/03m, wird daher aufrecht erhalten. Die Vermutung des Verfassungsgerichtshofes, der Oberste Gerichtshof könnte allenfalls zwischenzeitig von der in seinen Verordnungsprüfungsanträgen vom , 10 ObS 119/03b und 10 ObS 167/03m dargelegten Rechtsansicht abgerückt sein, ist unzutreffend. Die Entscheidung 10 ObS 68/04d vom ist allein eine Folge des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses vom , V 91/03-6, in dem der Verordnungsprüfungsantrag mit der Begründung abgewiesen wurde, dass die vom Obersten Gerichtshof seiner Auslegung zugrunde gelegte Prämisse unrichtig sei. Auf die Frage, ob die die Höhe des Ersatzes regelnde Satzungsbestimmung gesetzeskonform oder gesetzwidrig ist, geht das Erkenntnis nicht ein. Im vorliegenden Fall wurde niemals und von niemandem in Betracht gezogen, dass ein Fall einer "Intensivpflege" vorliegen könnte, wie er den Verordnungsprüfungsanträgen vom , 10 ObS 119/03b und 10 ObS 167/03m, zugrunde liegt. Ausgehend vom Sachverhalt liegt ganz eindeutig ein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vor, weshalb auch die nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes gesetzeswidrige Satzungsbestimmung - nach ihrem Wortlaut - jedenfalls anzuwenden ist.

Darüber hinaus liegt ein maßgeblicher Unterschied auch darin, dass im vorliegenden Fall der in der Satzung vorgesehene Kostenersatz bei rund 13 % der tatsächlich aufgelaufenen Kosten liegt, während der Kostenersatz in der der Entscheidung 10 ObS 68/04d zugrunde liegenden Konstellation lediglich bei 1 % und damit außerhalb jeglicher Relation zu einem vertretbaren Kostenersatz lag (vgl VfSlg 13.571 und 15.322 zum Kostenzuschuss für einen festsitzenden Zahnersatz).

7. Maßgebliche Determinanten bei der Auslegung von Gesetzen (im materiellen Sinn) müssen Wortlaut und Absicht des Gesetzgebers sein. Ungeachtet kompetenzrechtlichen Vorgaben ist es nicht ausgeschlossen, dass auch einfache Gerichte der Verfassung oder generell höherrangigen Normen zum Durchbruch verhelfen, indem verfassungskonform (bzw genereller gesprochen in Entsprechung der höherrangigen Norm) ausgelegt wird. Zweifellos besteht hier ein Spannungsfeld mit kompetenzrechtlichen Vorgaben, nämlich den Kompetenzen des Gesetz- bzw Verordnungsgebers sowie Kontrollkompetenzen des Verfassungsgerichtshofes. Man hat es hier mit Maß- und Gradfragen zu tun (vgl - anstatt vieler - Rüffler, Analogie:

Zulässige Rechtsanwendung oder unzulässige Rechtsfortbildung? JRP 2002, 60 ff), sodass es im Fall von Bedenken gegen die Gesetzesgemäßheit einer Verordnung - trotz der allfälligen Möglichkeit einer Interpretation im Sinn des höherrangigen Rechts - zulässig sein muss, einen Verordnungsprüfungsantrag gemäß Art 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

8. Damit wird - für das Verordnungsprüfungsverfahren - auch die Frage

bejaht, ob "der hier beurteilende Sachverhalt .... eine andere

Beurteilung .... als in dem zu 10 ObS 68/04d entschiedenen Fall

rechtfertigt.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2003:010OBS00167.03M.0701.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAD-90513