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OGH vom 12.10.2004, 10ObS167/03m

OGH vom 12.10.2004, 10ObS167/03m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Johann Ellersdorfer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Angela W*****, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1103 Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 5.136,41 EUR s. A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 351/02g-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 30 Cgs 99/02x-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der am an den Verfassungsgerichtshof gestellte Antrag, gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen,

dass in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 1999, Seite 650, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999 (Stammfassung), in der Fassung der 2. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 556, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der 3. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 678, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, und der 4. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 911, Amtliche Verlautbarung Nr 161/2001, außer Kraft getreten aufgrund des § 51 der Satzung 2003 der Wiener Gebietskrankenkasse (avsv Nr. 1/2003) mit 31.

12. 2002,

a) in § 38 die Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151

ASVG)" und

b) im Anhang 6 die Z 3. ("Für medizinische Hauskrankenpflege durch

diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem

medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde ...... höchstens 120,-

S [8,72 EUR] (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S 8,72

EUR] (inkl. Wegegebühren).")

gesetzwidrig waren,

wird aufrechterhalten (§ 57 Abs 4 VfGG).

Text

Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hat am an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, gemäß Art 139 Abs 4 B-VG auszusprechen,

dass in der Satzung 1999 der Wiener Gebietskrankenkasse, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 1999, Seite 650, Amtliche Verlautbarung Nr 70/1999 (Stammfassung), in der Fassung der 2. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 556, Amtliche Verlautbarung Nr 86/2001, der 3. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 678, Amtliche Verlautbarung Nr 99/2001, und der 4. Änderung der Satzung 1999, kundgemacht in der Fachzeitschrift „Soziale Sicherheit", Jahrgang 2001, Seite 911, Amtliche Verlautbarung Nr 161/2001, außer Kraft getreten aufgrund des § 51 der Satzung 2003 der Wiener Gebietskrankenkasse (avsv Nr. 1/2003) mit 31.

12. 2002,

a) in § 38 die Wortfolge "- die medizinische Hauskrankenpflege (§ 151

ASVG)" und

b) im Anhang 6 die Z 3. ("Für medizinische Hauskrankenpflege durch

diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem

medizinische Hauskrankenpflege geleistet wurde ...... höchstens 120,-

S [8,72 EUR] (inkl. Wegegebühren)

längstens aber für die Dauer von vier Wochen für ein und denselben

Versicherungsfall pro Pflegetag ................... 120,- S 8,72

EUR] (inkl. Wegegebühren).")

gesetzwidrig waren,

Am (Zustellung am ) hat der

Verfassungsgerichtshof den Obersten Gerichtshof aufgefordert, binnen

vier Wochen ergänzend zu folgender Frage Stellung zu nehmen:

"In dem in diesem Verordnungsprüfungsverfahren zu prüfenden Antrag vom vertritt der Oberste Gerichtshof die Auffassung, es müsse aufgrund der angefochtenen Satzungsbestimmung davon ausgegangen werden, dass 'nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll' (Hervorhebung nicht im Original).

Im Beschluss vom , 10 ObS 68/04d, vertritt der Oberste Gerichtshof - nach Ablehnung der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass Intensivpflege nicht unter den Begriff der Hauskrankenpflege falle - zu einer gleich gelagerten Satzungsbestimmung der Betriebskrankenkasse Austria Tabak (auch im Widerspruch zur Begründung des zunächst gestellten Verordnungsprüfungsantrages zu hg. V 91/03) anscheinend nunmehr die gegenteilige Rechtsauffassung: Es stelle der in der Satzung vorgesehene Pauschalsatz von EUR 8,72 pro Verpflegstag 'ganz offensichtlich auf den typischen (einfachen) Fall der Hauskrankenpflege (Verabreichung von Injektionen, Sondenernährung, Dekubitusversorgung) ab' (Hervorhebung nicht im Original) und berücksichtige nicht den völlig außergewöhnlichen Fall einer zeitlich ohne Unterbrechung notwendigen medizinischen Behandlung eines Versicherten im häuslichen Bereich; es sei bei 'verfassungskonformer Auslegung' der Satzungsbestimmung davon auszugehen, dass dieser Pauschalsatz für die Bestimmung der Höhe des 'Kostenersatzes im vorliegenden Fall nicht heranzuziehen' sei.

Da der Oberste Gerichtshof den hier vorliegenden Antrag noch in ganz gleicher Weise wie jenen zu V 91/03 auf die Überlegung stützt, dass der Kostenzuschuss nur 13 % der tatsächlichen Kosten betrage (woraus die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmung letztlich abgeleitet wird), erhebt sich die Frage, ob der Oberste Gerichtshof an der im vorliegenden Anfechtungsbeschluss vertretenen Meinung festhält, dass in der hier zu entscheidenden Rechtssache die angefochtene Satzungsbestimmung von ihm anzuwenden ist bzw. ob der Anfechtungsantrag - im Hinblick auf seine in diesem Punkt zwischenzeitig anscheinend geänderte Meinung - aufrechterhalten wird. Bejahendenfalls möge ergänzend dargelegt werden, inwieweit der hier zu beurteilende Sachverhalt, der ebenso selten und außergewöhnlich wie der einer sonstigen Intensivpflege sein dürfte, dennoch eine andere Beurteilung (nämlich Anwendung einer nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes nur auf den Durchschnittsfall abstellenden Satzungsbestimmung) als in dem zu 10 ObS 68/04d entschiedenen Fall rechtfertigt."

Zu diesen Ausführungen wird wie folgt Stellung genommen:

1. Dem Verordnungsprüfungsantrag vom ist folgender

Sachverhalt zugrunde gelegt:

"Die bei der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse pflichtversicherte Klägerin ist die Mutter der am geborenen und am verstorbenen Sarah P*****, die bei der Klägerin gemäß § 123 ASVG mitversichert war. Sarah P***** erhielt von 8. 10. bis , von bis und von bis an insgesamt 88 Tagen mit der Indikation Kurzdarmsyndrom medizinische Hauskrankenpflege. Vom bis befand sich Sarah P***** in stationärer Anstaltspflege im AKH Wien.

Für die medizinische Hauskrankenpflege wurde mangels Bestehens von Verträgen der beklagten Partei mit Einrichtungen, die medizinische Hauskrankenpflege für Kinder anbieten, die mobile Kinderkrankenschwester Gabriele H***** in Anspruch genommen. Gabriele H***** legte am eine Honorarnote über 2.345,17 EUR, die sich in geleistete Einzelstunden, geleistete Pflegeminuten, Hausbesuchspauschale und Fahrtkosten aufgliedert. Am legte Gabriele H***** eine weitere Honorarnote über 3.558,60 EUR, welche vergleichbare Leistungen beinhaltet. Beide Rechnungen über insgesamt 5.903,77 EUR wurden von der Klägerin bezahlt.

Die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der medizinischen Hauskrankenpflege bei der Tochter der Klägerin ist nicht strittig. Die Beklagte bezahlte an die Klägerin für 88 Pflegetage à 8,72 EUR einen Kostenzuschuss von 767,36 EUR."

Dieser Sachverhalt hat sich nicht verändert.

2. Dem seinerzeitigen Verordnungsprüfungsantrag vom zu 10 ObS 119/03b (GZ V 91/03 des Verfassungsgerichtshofes) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

"Der am geborene Kläger erlitt am einen Verkehrsunfall. Seither besteht bei ihm eine nahezu komplette Querschnittlähmung unterhalb des Kopfes, wobei einige funktionell nahezu wertlose Restbewegungen der rechten und linken Hand sowie des rechten Beines vorhanden sind. Weiters besteht beim Kläger eine nahezu komplette Atemlähmung. Um die Atmung aufrecht zu erhalten, ist der Kläger mit einem Beatmungsgerät sowie einer Raumluftbeatmung ausgestattet. Die Beatmung erfordert eine Tracheostomiekanüle. Aufgrund der Blasen- und Mastdarmlähmung ist ein regelmäßiger Fremdkatheterismus erforderlich, der durch Pflegepersonen durchgeführt wird. Stuhlabsetzen ist aufgrund der vorhandenen Mastdarmlähmung nicht spontan möglich, sondern muss durch medikamentöse Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt werden. Da beim Kläger keine Hustenmöglichkeit besteht, ist eine laufende Toilettierung des Atembereiches und das Absaugen der großen Atemwege erforderlich. Hiefür ist die Beatmungsmaschine abzunehmen. Aktivitäten des täglichen Lebens können vom Kläger nicht wahrgenommen werden. Er ist nahezu vollständig auf fremde Hilfe angewiesen. Lediglich das Schlucken von Flüssigkeiten und das Kauen vorgeschnittener Speisen ist möglich. Aufgrund der eingetretenen hohen Lähmung ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Endzustand erreicht. Eine wesentliche funktionelle Besserung der Lähmungssituation an den Extremitäten bzw im Bereich der Blase und des Mastdarmes ist nicht zu erwarten.

Die Pflege des Klägers erfolgt im Erdgeschoß eines von der Familie des Klägers errichteten und behindertengerecht ausgestatteten Wohnhauses durch geschultes Personal aufgrund ärztlicher Anordnung. Das Pflegepersonal arbeitet im 12 Stunden-Rhythmus, wobei jeweils zwei Pflegepersonen eine Woche lang im Wechseldienst die Pflege durchführen. Naturgemäß war es für den Kläger längere Zeit äußerst schwierig, seinen Gesundheitszustand zu akzeptieren. Sein psychischer Zustand war während des eineinhalbjährigen Klinikaufenthaltes in Bad W***** (Deutschland) labil und gestört. Dem gegenüber hat sich sein psychischer Zustand durch die häusliche Pflege ganz erheblich verbessert. Es bestehen keinerlei kognitive Defekte, der emotionale Zustand ist recht gut, Zeichen einer Depressivität bestehen nicht. Dem Kläger ist es mit Hilfe des Betreuungspersonals und auch seiner Mutter gelungen, sich beispielsweise mit Schachspielen (über einen Computer mit Kinnsteuerung) zu beschäftigen. Darüber hinaus sieht der Kläger gern interessante Filme im Fernsehen. Die Bedingungen der derzeitigen Betreuung des Klägers sind trotz der intensiv-medizinischen Versorgung optimal; das Milieu ist als emotional angenehm zu bezeichnen.

Bei der Unterbringung zu Hause handelt es sich um eine der Anstaltspflege gleichwertige Behandlung, die in Bezug auf die psychischen Auswirkungen der Behandlung auf einer Intensivstation weit überlegen ist. Würde man den Kläger langfristig auf einer Intensivstation unterbringen, würden daraus schwere psychische Störungen resultieren; es wäre mit ausgeprägten depressiven Dekompensationen zu rechnen, die wiederum zu einer erheblichen Gefährdung im vitalen Bereich und zu erheblichen Komplikationen im somatischen Bereich führen würden. Nur das optimale Zusammenwirken von Milieufaktoren und Betreuungspersonen hat dazu geführt, dass beim Kläger eine für die Verhältnisse beachtliche Lebensqualität vorliegt. Es handelt sich dabei allerdings um ein sehr labiles Gleichgewicht. Die institutionelle Unterbringung auf einer Intensivstation mit dem damit verbundenen Wechsel der Bezugspersonen und des vertrauten Milieus würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einem (lebensgefährlichen) depressiven Zustand führen.

Die Anzahl der Intensivbetten ist österreichweit gesehen aus ökonomischen Gründen äußerst knapp gehalten. Kein Krankenhaus mit einer Intensivstation könnte den jahrelangen Belag mit einem "Dauerpatienten" verantwortungsvoll auf sich nehmen. Eine dauernde Betreuung auf einer Intensivstation wäre daher auch im Sinne der Ressourcengerechtigkeit nicht zielführend. Zudem kostet ein Intensivbett einer Beatmungsstation je nach Infrastruktur des Krankenhauses ca S 25.000 bis S 45.000 täglich und damit entstünden therapiebedingt Pflegekosten von mindestens S 750.000 bis S 1,350.000 pro Monat.

Das Infektionsrisiko auf einer Intensivstation hängt von der Invasivität und der Dauer des Aufenthaltes ab. Die am häufigsten auftretende intensivstationsbezogene Infektion ist die Lungenentzündung; dazu entwickeln sich noch selektierte krankmachende, gegen Antibiotika resistente Keime. Das Infektionsrisiko steigt mit der Aufenthaltsdauer; bereits nach 21 Tagen beträgt es 100 %. Im häuslichen Umfeld sind hingegen nur "normale" Besiedlungskeime zu erwarten, mit denen jeder Mensch in Symbiose lebt.

Die Risiken aus Sicht der Beatmungspflicht sind im häuslichen Bereich kaum höher einzuschätzen als bei einer stationären Pflege auf einer Intensivstation. Andere Risiken im Sinne der notwendigen intensiven Körperpflege (Blasen- und Mastdarmpflege, Dekubitusprophylaxe) sind gleichwertig hoch oder bei sachgerechter Durchführung sogar niedriger als auf einer Intensivstation. Insgesamt würden die Auswirkungen einer Infektion (insbesondere der Lunge) bei einer Dauerunterbringung auf einer Intensivstation zu einer nicht beherrschbaren Komplikation führen.

Eine Einrichtung zur Unterbringung beatmungspflichtiger Patienten außerhalb einer Intensivstation, also in einem Einzelzimmer auf einer normalen Bettenstation, gibt es in Österreich nicht. Eine solche Maßnahme wäre zwar im Vergleich zur Intensivstation die bessere Variante, ist aber der derzeitigen Betreuungsmaßnahme im häuslichen Bereich unterlegen."

3. Der Oberste Gerichtshof hat am in beiden Fällen einen Verordnungsprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, der darauf gestützt wurde, dass gegen eine Satzungsregelung, wonach für die Hauskrankenpflege durch diplomiertes Pflegepersonal pro Fall und Pflegetag, an dem medizinische Hauskrankenpflege geleistet werde, ein Ersatz von höchstens 8,72 EUR inklusive Wegegebühren geleistet werde, Bedenken wegen Gesetzwidrigkeit bestünden, da dadurch dem Kläger im Ergebnis nur ein geringfügiger, nur wenig ins Gewicht fallender Teil (ca 13 % bzw ca 1 %) seiner Krankenbehandlungskosten ersetzt würde und ihm damit der gesetzliche Anspruch auf Sachleistungsgewährung im Wege des Kostenzuschusses de facto "abgeschnitten" werden würde.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in seinen Verordnungsprüfungsanträgen ausdrücklich angeführt, "aufgrund des Wortlauts der Satzungsbestimmung" (Hervorhebung nicht im Original) müsse davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen des Satzungsgebers jeder Fall der medizinischen Hauskrankenpflege von der in der Satzung festgesetzten Pauschalvergütung umfasst sein soll.

4. In seinem den Verordnungsprüfungsantrag zu 10 ObS 119/03b abweisenden Erkenntnis vom , V 91/03-6, verweist der Verfassungsgerichtshof zwar zunächst darauf, dass er nicht berechtigt sei, das antragstellende Gericht an eine bestimmte Auslegung des Gesetzes (der Verordnung) zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung in der Hauptsache vorgreifen würde. Dennoch gelangt er letztlich - entgegen dem Inhalt des Verordnungsprüfungsantrags - zum Ergebnis, dass kein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vorliege:

"2.3. Da die Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Höhe der

in den angefochtenen Satzungsbestimmungen vorgesehenen

Kostenerstattungsbeträge, aber auch gegen das dort vorgesehene

Erfordernis der Vorlage einer 'saldierten' Honorarnote auf der

Prämisse beruhen, dass Intensivpflegepatienten wie jene der

Ausgangsfälle Anspruch auf medizinische Hauskrankenpflege haben,

(woraus abgeleitet wird, dass die in den Satzungsbestimmungen

vorgesehene Kostenerstattung nur einen Bruchteil der in den

Anlassfällen erforderlichen Kosten der medizinischen

Intensivbetreuung abdecke und in einem grundsätzlich auf

Sachleistungen gerichteten System eine Vorfinanzierung der enormen Kosten einer solchen Betreuung regelmäßig nicht zumutbar sei) die erwähnte Prämisse aber nicht zutrifft, ist den Bedenken der Boden entzogen."

5. Der Verfassungsgerichtshof ist somit in diesem Erkenntnis vom nicht inhaltlich auf den Verordnungsprüfungsantrag eingegangen, weil er meinte, es liege - weil ein Fall der Intensivpflege - kein Fall der medizinischen Hauskrankenpflege vor. Aus diesem Grund war die in Frage stehende Satzungsbestimmung seines Erachtens zwar präjudiziell (Pkt 1.2.), aber doch nicht anzuwenden (Pkt 2.3.; siehe zu diesem Erkenntnis im Übrigen die [durchwegs negativen] Kommentare von Mazal, ASoK 2004, 178, und Schrammel, ZAS 2004, 232).

Der Oberste Gerichtshof war jedoch gemäß § 511 Abs 1 ZPO an seine im Aufhebungsbeschluss vom , 10 ObS 315/00x(SSV-NF 15/57), geäußerte Rechtsansicht gebunden, weshalb auf dieser Grundlage (- auch Prämisse des Verordnungsprüfungsantrags an den Verfassungsgerichtshof zu 10 ObS 119/03b -) das Revisionsverfahren fortgesetzt und eine Entscheidung in der Sache getroffen werden musste.

Im Beschluss vom , 10 ObS 68/04d, hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass bei verfassungskonformer (gesetzeskonformer) Auslegung der Satzungsbestimmungen der in der Satzung vorgesehene Pauschalsatz, der im Ergebnis nur rund 1 % der beim Kläger tatsächlich erforderlichen Krankenbehandlungskosten abdecken würde, für die Bestimmung der Höhe des Kostenersatzes nicht heranzuziehen sei; der Kläger habe - ausnahmsweise (Hervorhebung nicht im Original) - Anspruch auf volle Kostenerstattung nach Marktpreisen.

6. Der Oberste Gerichtshof hält nach wie vor daran fest, dass in der hier zu entscheidenden Rechtssache die angefochtene Satzungsbestimmung von ihm anzuwenden ist (so wie der Oberste Gerichtshof seinerzeit auch im Verordnungsprüfungsantrag zu 10 ObS 119/03b [GZ V 91/03 des Verfassungsgerichtshofes] dargelegt hat). Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , V 91/03-6, die Ansicht vertreten, dass die Satzungsbestimmung dann nicht anzuwenden sei, wenn kein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vorliege. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Satzungsbestimmung - auch nach Ansicht des VfGH - bei Bejahung des (hier dem Grunde nach nicht strittigen) Anspruchs auf medizinische Hauskrankenpflege anzuwenden ist.

Der Verordnungsprüfungsantrag vom , 10 ObS 167/03m, wird daher aufrecht erhalten. Die Vermutung des Verfassungsgerichtshofes, der Oberste Gerichtshof könnte allenfalls zwischenzeitig von der in seinen Verordnungsprüfungsanträgen vom , 10 ObS 119/03b und 10 ObS 167/03m dargelegten Rechtsansicht abgerückt sein, ist unzutreffend. Die Entscheidung 10 ObS 68/04d vom ist allein eine Folge des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses vom , V 91/03-6, in dem der Verordnungsprüfungsantrag mit der Begründung abgewiesen wurde, dass die vom Obersten Gerichtshof seiner Auslegung zugrunde gelegte Prämisse unrichtig sei. Auf die Frage, ob die die Höhe des Ersatzes regelnde Satzungsbestimmung gesetzeskonform oder gesetzwidrig ist, geht das Erkenntnis nicht ein. Im vorliegenden Fall wurde niemals und von niemandem in Betracht gezogen, dass ein Fall einer "Intensivpflege" vorliegen könnte, wie er den Verordnungsprüfungsanträgen vom , 10 ObS 119/03b und 10 ObS 167/03m, zugrunde liegt. Ausgehend vom Sachverhalt liegt ganz eindeutig ein Fall einer medizinischen Hauskrankenpflege vor, weshalb auch die nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes gesetzeswidrige Satzungsbestimmung - nach ihrem Wortlaut - jedenfalls anzuwenden ist.

Darüber hinaus liegt ein maßgeblicher Unterschied auch darin, dass im vorliegenden Fall der in der Satzung vorgesehene Kostenersatz bei rund 13 % der tatsächlich aufgelaufenen Kosten liegt, während der Kostenersatz in der der Entscheidung 10 ObS 68/04d zugrunde liegenden Konstellation lediglich bei 1 % und damit außerhalb jeglicher Relation zu einem vertretbaren Kostenersatz lag (vgl VfSlg 13.571 und 15.322 zum Kostenzuschuss für einen festsitzenden Zahnersatz).

7. Maßgebliche Determinanten bei der Auslegung von Gesetzen (im materiellen Sinn) müssen Wortlaut und Absicht des Gesetzgebers sein. Ungeachtet kompetenzrechtlichen Vorgaben ist es nicht ausgeschlossen, dass auch einfache Gerichte der Verfassung oder generell höherrangigen Normen zum Durchbruch verhelfen, indem verfassungskonform (bzw genereller gesprochen in Entsprechung der höherrangigen Norm) ausgelegt wird. Zweifellos besteht hier ein Spannungsfeld mit kompetenzrechtlichen Vorgaben, nämlich den Kompetenzen des Gesetz- bzw Verordnungsgebers sowie Kontrollkompetenzen des Verfassungsgerichtshofes. Man hat es hier mit Maß- und Gradfragen zu tun (vgl - anstatt vieler - Rüffler, Analogie:

Zulässige Rechtsanwendung oder unzulässige Rechtsfortbildung? JRP 2002, 60 ff), sodass es im Fall von Bedenken gegen die Gesetzesgemäßheit einer Verordnung - trotz der allfälligen Möglichkeit einer Interpretation im Sinn des höherrangigen Rechts - zulässig sein muss, einen Verordnungsprüfungsantrag gemäß Art 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

8. Damit wird - für das Verordnungsprüfungsverfahren - auch die Frage

bejaht, ob "der hier beurteilende Sachverhalt .... eine andere

Beurteilung .... als in dem zu 10 ObS 68/04d entschiedenen Fall

rechtfertigt.