OGH vom 20.10.2009, 10ObS162/09k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Markus Kaspar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johannes W*****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Invaliditätspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Rs 44/09b-55, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 24 Cgs 24/07f-50, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bei dem am geborenen Kläger liegen im maßgeblichen Zeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (), also ab dem , folgende Beschäftigungszeiten vor:
Vom bis war der Kläger bei der H & F B***** GmbH & Co KG mit dem Transport von Baumaterialien, Containern und Rohren mittels LKW von und zu Baustellen sowie mit dem Verladen mittels Frontkran beschäftigt. Er erwarb aufgrund dieser Beschäftigung ab insgesamt 30 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung.
Am absolvierte der Kläger erfolgreich die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Berufskraftfahrer.
Vom bis war der Kläger mit Unterbrechungen als Hausbesorger beschäftigt. Er erwarb in dieser Zeit insgesamt 52 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung.
Vom bis sowie vom bis war der Kläger bei der L*****C***** GmbH bzw H*****D***** GmbH in seinem erlernten Beruf als Berufskraftfahrer beschäftigt. Er erwarb in dieser Zeit insgesamt 12 Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung.
In den Jahren 1991 bis 2000 war der Kläger auch immer wieder als Taxilenker bei verschiedenen Dienstgebern beschäftigt.
Vom bis war der Kläger bei der A***** GmbH & Co KG bzw der F***** GmbH & Co KG ebenfalls in seinem erlernten Beruf als Berufskraftfahrer beschäftigt. Er erlitt im Zuge dieser Tätigkeit am einen Arbeitsunfall. Nach diesem Unfall übte er seine erlernte Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr aus. Er bezog bis Entgeltfortzahlung von seinem Dienstgeber und in der Folge vom bis Krankengeld von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Seit bezieht der Kläger einen Pensionsvorschuss aus der Arbeitslosenversicherung. Sein Dienstverhältnis endete am durch einvernehmliche Auflösung.
Der Kläger kann aufgrund seines näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls seine erlernte Tätigkeit als Berufskraftfahrer oder eine für diesen erlernten Beruf in Betracht kommende Verweisungstätigkeit nicht mehr verrichten. Er wäre aber noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Informationstätigkeiten wie etwa als Tagportier zu verrichten.
Das Erstgericht erkannte im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren auf Gewährung einer Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem als zu Recht bestehend und trug der beklagten Partei die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von 700 EUR monatlich auf. Das weitere Begehren des Klägers auf Gewährung einer Invaliditätspension auch für den Zeitraum vom bis wies es ab. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen führte das Erstgericht aus, dass die Tätigkeit des Klägers bei der H & F B***** GmbH & Co KG noch keinen Berufsschutz begründet habe, sodass der Kläger erst mit der erfolgreichen Absolvierung der Lehrabschlussprüfung am einen Berufsschutz als Berufskraftfahrer erworben habe. Voraussetzung für den Berufsschutz des Klägers als Berufskraftfahrer nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG sei aber auch, dass er den erlernten Beruf überwiegend, das heißt in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag, ausgeübt habe. Dies sei beim Kläger erst zum Stichtag der Fall, da erstmals zu diesem Stichtag die Zeiten einer berufsschutzerhaltenden Tätigkeit (12 Beitragsmonate aufgrund der Tätigkeit des Klägers für die L***** C***** GmbH bzw H*****D***** GmbH sowie 51 Beitragsmonate aufgrund der Beschäftigung des Klägers bei der A***** bzw F***** GmbH & Co KG) die Zeiten einer nichtberufsschutzbegründenden bzw -erhaltenden Tätigkeit (54 Beitragsmonate als Hausbesorger und 8 Beitragsmonate als Transportfahrer bei der H & FB***** GmbH & Co KG) überwogen hätten. Bei der Beschäftigung des Klägers bei der A***** bzw F***** GmbH & Co KG seien alle Zeiten, in denen der Kläger aufgrund seines Dienstverhältnisses der Pflichtversicherung unterlegen sei (also von März 2003 bis einschließlich August 2005 sowie von November 2006 bis einschließlich Juli 2008 = 51 Monate der Pflichtversicherung) zu berücksichtigen, nicht jedoch die Zeiten des Krankengeldbezugs von November 2005 bis einschließlich Oktober 2006. Der Kläger habe daher ab Anspruch auf Invaliditätspension, wobei die Leistung gemäß § 86 Abs 3 Z 2 ASVG erst nach Aufgabe der Beschäftigung anfalle. Für den Zeitraum vor dem sei die Frage der Invalidität des Klägers nach § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen, wobei aufgrund der festgestellten Verweisbarkeit des Klägers am allgemeinen Arbeitsmarkt für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Invaliditätspension bestehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und änderte das Ersturteil über Berufung der beklagten Partei dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es verwies darauf, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers für die H & F B***** GmbH & Co KG sowie bei der zeitlich noch früheren Tätigkeit des Klägers als LKW- bzw Kranfahrer bei der W***** Vertriebs GesmbH und der J***** GmbH um keine berufsschutzbegründende Tätigkeit gehandelt habe. Ein Berufsschutz nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG liege vor, wenn die erlernten (angelernten) Berufstätigkeiten in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt worden seien. Zeiten des Krankengeldbezugs seien - auch nach der Rechtslage nach dem APG - nicht als Ausübung einer Tätigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle zu verstehen. Daher könne die Zeit ab dem Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs des Klägers gegen die F***** GmbH & Co KG () nach dem Arbeitsunfall des Klägers vom nicht mehr als Zeit der Ausübung einer berufsschutzerhaltenden Tätigkeit gewertet werden. Der Kläger habe ab zunächst Krankengeld, in der Folge ab Pensionsvorschuss bezogen und bis zur einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses mit keine Tätigkeiten mehr ausgeübt. Er habe daher eine berufsschutzerhaltende Tätigkeit nach Ablegung seiner Lehrabschlussprüfung als Berufskraftfahrer lediglich über 12 Monate bei der L***** C***** GmbH bzw H***** D***** GmbH sowie über insgesamt 32 Monate bei der A***** bzw F***** GmbH & Co KG (vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses im März 2003 bis zum Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs im Oktober 2005), insgesamt somit über 44 Monate ausgeübt. Im Beobachtungszeitraum der letzten 15 Jahre vor dem durch den Pensionsantrag des Klägers ausgelösten Stichtag ( bis ) bzw des aufgrund des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz am spätestmöglichen (verschobenen) Stichtags am hätten diese Zeiten in keiner Phase die festgestellten Zeiten einer ungelernten Berufsausübung (vgl 52 Beitragsmonate als Hausbesorger) überwogen. Dem Kläger komme daher zu keinem der in Betracht kommenden Pensionsstichtage Berufsschutz als Berufskraftfahrer im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 ASVG zu, weshalb ihm am allgemeinen Arbeitsmarkt die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit als Tagportier zumutbar sei. Eine Invalidität des Klägers liege somit nicht vor.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Bewertung von Zeiten eines Krankengeldbezugs nach dem Inkrafttreten des APG als anspruchsbegründende Zeit im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens ab abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1.1 Der Kläger macht geltend, er habe bereits im Rahmen seiner Beschäftigung bei den Unternehmen W***** und J***** als LKW- und Kranfahrer alle für die Ausübung des Berufs des Berufskraftfahrers notwendigen Fähigkeiten und damit Berufsschutz erworben. Ausgehend davon sei seine Tätigkeit bei der H & F B***** GmbH & Co KG als berufsschutzerhaltend zu werten und bei der Frage des Berufsschutzes zu berücksichtigen.
1.2 Diesen Ausführungen hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass der Kläger bei den genannten Dienstgebern nach den Feststellungen bloße Teiltätigkeiten des Berufs eines Berufskraftfahrers ausgeübt und dadurch keinen Berufsschutz erworben hat.
2.1 Weiters macht der Kläger geltend, es seien jedenfalls auch Zeiten eines Krankenstands aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit als „Ausübung der erlernten Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 2 zweiter Satz ASVG" zu werten. Es stelle eine unsachliche Gleichbehandlung dar, wenn ein Versicherter, der an der Ausübung seines Berufs durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit gehindert sei, gleichbehandelt werde wie ein Versicherter, der seinen Beruf etwa aufgrund eines Freizeitunfalls oder einer „normalen" Erkrankung nicht ausüben könne. Bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit verwirkliche sich das Risiko, das aus einer bestimmten (gefahrengeneigten) Erwerbstätigkeit resultiere. Insofern sei ein daran anknüpfender Krankengeldbezug der Ausübung der Tätigkeit gleichzuhalten und im Ergebnis als berufsschutzerhaltende Versicherungszeit anzusehen.
2.2 Invalidität im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG liegt dann vor, wenn ein Versicherter überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig war und seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe herabgesunken ist. Als überwiegend im Sinn des Abs 1 gelten solche erlernten (angelernten) Berufstätigkeiten, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag ausgeübt wurden (§ 255 Abs 2 Satz 2 ASVG).
2.3 Der Versicherte genießt somit nach § 255 Abs 1 ASVG nur dann Berufsschutz, wenn er in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in einem erlernten Beruf tätig war. Wer einen Beruf erlernt, diesen aber im Beobachtungszeitraum nicht oder nicht überwiegend ausgeübt hat, genießt daher keinen Berufsschutz. Der Gesetzgeber billigt die privilegierende Wirkung des Berufsschutzes somit nur dann zu, wenn der Versicherte die erworbenen qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten auch in der Praxis anwendet (10 ObS 418/02x mwN). Der Berufsschutz kann daher verloren gehen, wenn der Versicherte seinen erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen (zB als Folge eines Arbeitsunfalls) aufgeben musste und anschließend längere Zeit nichtqualifizierte Arbeit geleistet hat (vgl Tomandl, Sozialrecht6 Rz 258 mwN). Da § 255 Abs 1 und 2 ASVG auf das „Tätigsein" bzw das „Ausüben einer Tätigkeit" abstellt, sind auch Zeiten der freiwilligen Versicherung bei der Frage, ob ein Beruf überwiegend ausgeübt wurde, als Beitragszeiten mitzuberücksichtigen; sie sind jedoch nicht als „qualifizierte" Zeiten anzurechnen (vgl 10 ObS 418/02x mwN). Zeiten, in denen ein Versicherter an der Ausübung seines erlernten (oder angelernten) Berufs durch Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder durch geminderte Arbeitsfähigkeit oder Erwerbsfähigkeit gehindert war, können daher bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit überwiegend im Sinne des zweiten Satzes des § 255 Abs 2 ASVG ausgeübt wurde, ebenfalls nicht berücksichtigt werden (vgl 10 ObS 177/98x = RIS-Justiz RS0110093). Es erscheint keineswegs unsachlich, dass der Gesetzgeber in der Frage des Berufsschutzes der Berufsausbildung allein noch keine privilegierende Wirkung zubilligt, sondern darauf abstellt, ob der erlernte Beruf auch überwiegend ausgeübt wurde (10 ObS 97/03t). Es erscheint vor dem Hintergrund, dass es in der Frage des Berufsschutzes somit letztlich nur auf den tatsächlichen Einsatz bestimmter Kenntnisse und Fähigkeiten ankommt, entgegen der Ansicht des Revisionswerbers aber auch keineswegs unsachlich, dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang keine Differenzierung danach vorgenommen hat, ob ein Krankengeldbezug durch einen Arbeitsunfall bzw eine Berufskrankheit oder beispielsweise durch einen Freizeitunfall ausgelöst wurde.
2.4 Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Zeit ab dem Ende des Entgeltfortzahlungsanspruchs des Klägers gegenüber dem Dienstgeber () nach dem Arbeitsunfall vom , somit die Zeiten des Bezugs des Krankengelds und des Pensionsvorschusses, nicht mehr als Zeit der Ausübung einer (berufsschutzerhaltenden) Tätigkeit im Sinn des § 255 Abs 1 und 2 ASVG gewertet werden könne, im Sinne der bisherigen Judikatur als zutreffend.
3.1 Der Kläger macht jedoch weiters geltend, seit dem Inkrafttreten des APG mit sei eine Differenzierung zwischen Zeiten der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit und Zeiten des Krankenstands nicht mehr zulässig, weil § 3 APG keine Unterscheidung in Beitragszeiten und Ersatzzeiten mehr kenne. Es seien daher Zeiten des Krankengeldbezugs ebenso wie Zeiten, in denen das Dienstverhältnis aufrecht sei, der Dienstnehmer aber keiner Tätigkeit nachgehe, als berufsschutzerhaltend anzusehen.
3.2 Auch diesen Ausführungen kann, wie der Oberste Gerichtshof erst jüngst in seiner Entscheidung 10 ObS 139/09b vom näher begründet hat, nicht gefolgt werden.
3.2.1 Danach regelt das am in Kraft getretene Allgemeine Pensionsgesetz (APG) - wie aus § 1 Abs 1 Z 3 APG folgt - nicht die Anspruchsvoraussetzungen für eine Invaliditätspension. Diese sind weiter nach den §§ 254 f ASVG zu beurteilen (vgl Teschner/Widlar/Pöltner, ASVG 101. Erg-Lfg § 1 APG Anm 5). Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl I 2004/142, mit dem das APG erlassen und unter anderem das ASVG novelliert wurde, wurden die bisherigen Ersatzzeiten, soweit diese noch zukünftig erworben werden könnten, ab durch entsprechende Teilpflichtversicherungen in der Pensionsversicherung abgelöst (§ 8 Abs 2 lit a bis g ASVG). Bezieher und Bezieherinnen von Krankengeld sind gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit c ASVG in der Pensionsversicherung teilversichert. Auf Personen hingegen, die vor dem geboren sind, ist § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g idF der 62. ASVG-Novelle nicht anzuwenden; für diese Personen gelten weiterhin die §§ 227 und 227a ASVG in der jeweils geltenden Fassung (§ 617 Abs 3 ASVG). Daher sind von ihnen auch nach dem erworbene Ersatzmonate weiterhin keine Beitragsmonate im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG.
3.2.2 Personen hingegen, die - wie der Kläger - nach dem geboren sind, können nach der seit geltenden Rechtslage keine Ersatzzeiten mehr erwerben. Das APG, mit dem das Pensionskonto eingeführt wurde, enthält im Hinblick auf die Versicherungszeiten eine wesentliche Änderung. Da es in einem Pensionskonto keine Ersatzzeiten gibt, werden die bisher als solche anerkannten Zeiten bei der Berechnung der Pension künftig wie Beitragszeiten mit einer Beitragsgrundlage behandelt; es müssen für sie Beiträge entrichtet werden. Diese Beiträge sind nicht von der versicherten Person, sondern vom Bund, vom Arbeitsmarktservice oder von einem öffentlichen Fonds zu entrichten (§ 3 Abs 1 Z 2 APG). Aus systematischen Gründen wird in Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (§ 3 Abs 1 Z 1 APG); in Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat (§ 3 Abs 1 Z 2 APG), und in Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der Pensionsversicherung (§ 3 Abs 1 Z 3 APG) unterschieden. Die Zeiten, die zu einer Teilversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG führen, sind als Zeiten der Pflichtversicherung gemäß § 225 ASVG Beitragszeiten. Die Beiträge für Teilversicherte nach § 8 Abs 1 Z 2 lit c ASVG (Bezieher und Bezieherinnen von Krankengeld) sind zur Gänze vom Bund zu tragen (§ 52 Abs 4 Z 1 ASVG).
3.2.3 Gemäß § 232 Abs 1 ASVG idF der 62. ASVG-Novelle gilt der einzelne Versicherungsmonat nach § 231 Z 1 ASVG als Beitragsmonat der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, als Beitragsmonat der freiwilligen Versicherung, als Ersatzmonat oder als Monat einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG, je nach dem, ob Beitragszeiten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit, Beitragszeiten der freiwilligen Versicherung, Ersatzzeiten oder Zeiten der Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG in dem betreffenden Monat das zeitliche Übergewicht haben. § 231 ASVG regelt, wie zur Feststellung der Leistungen aus der Pensionsversicherung und der Überweisungsbeiträge nach den §§ 308 und 311 ASVG Versicherungszeiten in Versicherungsmonate zusammenzufassen sind. Auch darin werden Ersatzzeit und Zeit der Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG gleichbehandelt (vgl § 231 Z 1 lit b ASVG).
3.2.4 Aufgrund dieser Rechtslage ist der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 139/09b zu der Auffassung gelangt, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Feststellung der Leistungen aus der Pensionsversicherung Zeiten einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG nicht als Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit behandelt, auch wenn sie gemäß § 225 Abs 1 Z 1 ASVG Beitragszeiten sind. Daraus und aus dem Umstand, dass in diesen Zeiten ebenso wie in den Ersatzzeiten, die sie ablösten, eine „Berufstätigkeit", die beurteilt werden soll, nicht ausgeübt wird, ist abzuleiten, dass unter „Beitragsmonate" im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG nicht Zeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG zu verstehen sind. Würde dies anders gesehen werden, bestünde ein sachlich nicht rechtfertigbarer Unterschied zu jenen (vor dem geborenen) Versicherten, für die weiterhin die Ersatzzeitenregelung des § 227 ASVG Anwendung findet.
3.2.5 Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass auch die aufgrund des Krankengeldbezugs erworbenen Zeiten einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit c ASVG nicht als Ausübung des vom Kläger erlernten Berufs eines Berufskraftfahrers zu zählen sind.
3.3 Nichts anderes kann aber nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts auch für die Zeiten vom bis gelten, in denen das Dienstverhältnis des Klägers zwar weiterhin aufrecht, der Kläger jedoch keine Tätigkeiten mehr verrichtet, sondern einen Pensionsvorschuss aus der Arbeitslosenversicherung bezogen hat. Auch in dieser Zeit wurde vom Kläger eine Berufstätigkeit nicht ausgeübt.
3.4 Daraus folgt, dass nach der ebenfalls zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts die Beitragsmonate der Ausübung des erlernten Berufs als Berufskraftfahrer im Hinblick auf die vom Kläger in dem in Betracht kommenden Beobachtungszeitraum ebenfalls ausgeübte Tätigkeit eines Hausbesorgers jedenfalls nicht überwiegen, sodass sich damit ein Eingehen auf die Frage der Zulässigkeit einer solchen vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall bejahten Möglichkeit einer Stichttagsverschiebung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erübrigt, da auch durch eine solche Stichtagsverschiebung kein für den Kläger günstigeres Ergebnis erzielt werden könnte. Das Vorliegen der Invalidität des Klägers ist daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen. Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ist der Kläger nicht invalide im Sinn dieser Gesetzesstelle, da das Verweisungsfeld in diesem Fall mit dem gesamten Arbeitsmarkt ident ist.
Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht dargetan und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.