OGH vom 25.10.2017, 8Ob117/17i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Mag. K***** W*****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1) J***** E*****, 2) J***** W*****, und 3) G***** B*****, alle vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung, über die Revision der beklagten Parteien sowie die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 64/17k-27, mit dem das Teilanerkenntnis- und Endurteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 1 Cg 58/16w-20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 958,16 EUR (darin enthalten 159,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaften EZ 2 und EZ 12 GB *****; dabei handelt es sich um den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des „E*****guts“. Er hat die Liegenschaften mit Kaufvertrag vom von H***** C***** erworben. Letzterer ist der Sohn und Erbe der „Eheleute C*****“. In Pkt VI dieses Kaufvertrags wurde festgehalten, dass der Kläger in die betriebsbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Verkäufers mit allen bisher entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten eintritt. Unter anderem wurde vom Kläger der Vergleich vom „übernommen“; dieser Vergleich ist unter CLNR der EZ 11 GB ***** eingetragen.
Der Erst- und der Drittbeklagte sind, der Zweitbeklagte war (zum Zeitpunkt der Klagseinbringung) Miteigentümer der Liegenschaft EZ 11 GB *****. Sie haben diese Liegenschaft mit Vertrag vom erworben. Im CBlatt des Grundbuchs dieser Liegenschaft finden sich unter anderem folgende Eintragungen:
„C-LNR 2: Dienstbarkeit der Brunnenleitung auf GSt 6/1, 6/2 gemäß Lokalerhebungsprotokoll 1882-07-10 für E
C-LNR 11: Fruchtgenussrecht bis 2073-10-09 auf GSt 6/1 gemäß Pkt I, II Vergleich 1974-10-09 für [die Eheleute C*****].“
Rechtsvorgängerin der Beklagten war E***** K*****. Sie hat mit den Eheleuten C***** (Rechtsvorgänger des Klägers) am folgenden gerichtlichen Vergleich abgeschlossen:
„1.) E
2.) Dieses Fruchtnießungsrecht gemäß Punkt 1.) dieses Vergleiches wird auf die Dauer von 99 Jahren (neunundneunzig Jahren), gerechnet ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses, eingeräumt.
...
5.) Die Ehegatten
6.) Die Ehegatten
...
8.) Die derzeit bestehende Wassernutzung wird von beiden Parteien anerkannt und im Bestand nicht geändert. Die Ehegatten
...“
Der Kläger begehrte die Feststellung, dass ihm und seinen Rechtsnachfolgern als Eigentümer der Liegenschaft EZ 2
- ob dem Teil A des GSt 6/1 im Ausmaß von 167.200 m² das Fruchtgenussrecht unter Einschluss des Holznutzungsrechts
- sowie weiters als Eigentümer der Liegenschaften EZ 2 und EZ 12 das Recht, von der Liegenschaft EZ 11 Quellen zu fassen und das Wasser abzuleiten, zustehe. Zudem begehrte er, die Beklagten zu verpflichten, in die grundbücherliche Einverleibung der genannten Grunddienstbarkeiten einzuwilligen. Die Beklagten würden sein Fruchtgenussrecht bestreiten. Das Wassernutzungsrecht würden sie auf die bestehende Quelle beschränken. Im Vergleich vom seien jedoch umfassende Grunddienstbarkeiten eingeräumt worden.
Die Beklagten entgegneten, dass es sich beim Fruchtgenussrecht nur um eine persönliche Dienstbarkeit gehandelt habe. Das bestehende Wassernutzungsrecht sei unbestritten. Die im Vergleich aus dem Jahr 1974 vorgesehene gemeinsame Quellfassung sei nicht errichtet worden. Eine über das bestehende Wassernutzungsrecht hinausgehende Dienstbarkeit sei durch Nichtgebrauch erloschen.
Im Verfahren wurde von den Beklagten anerkannt, dass den jeweiligen Eigentümern der Liegenschaften EZ 2 und EZ 12 das Recht zur Quellfassung auf dem Grundstück 6/1 der EZ 11 und die Ableitung des Wassers zu den Liegenschaften EZ 2 und EZ 12 zustehe, allerdings nur im Umfang der am bestehenden und auch heute noch genutzten Quelle.
Das Erstgericht gab dem dargestellten Klagebegehren – unter Einschluss des Anerkenntnisurteils – statt. Das Fruchtgenussrecht beziehe sich auf die Holznutzung. Dabei handle es sich um eine typische Felddienstbarkeit iSd § 477 Z 4 ABGB. Die in Rede stehende Dienstbarkeit komme daher auch den rechtsgeschäftlichen Rechtsnachfolgern im Eigentum der Liegenschaft EZ 2 zugute. Auch beim Recht der Wassernutzung handle es sich um eine Grunddienstbarkeit. Dieses Recht sei selbst im Hinblick auf neue Quellfassungen nicht verjährt, weil der Kläger im Fall des Versiegens der bestehenden Quelle auf die Schaffung neuer Quellen angewiesen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, jener der Beklagten hingegen teilweise Folge und gab nur dem Klagebegehren hinsichtlich des Wassernutzungsrechts statt. Das Klagebegehren in Bezug auf das Fruchtgenussrecht wurde abgewiesen. Hinsichtlich des Fruchtgenussrechts komme es auf die Auslegung des Vergleichs aus dem Jahr 1974 an. Beim Fruchtgenussrecht handle es sich um eine persönliche Dienstbarkeit. Das Vorliegen einer unregelmäßigen Grunddienstbarkeit müsse der Kläger, der sich auf eine solche Abweichung berufe, beweisen. Dieser Beweis sei ihm nicht gelungen. Hinsichtlich der Wassernutzung hätten die Beklagten ein Teilanerkenntnis abgegeben. Das darauf gestützte Teilanerkenntnisurteil sei unbedenklich; die Berufung enthalte auch keine inhaltlichen Ausführungen dagegen. Fraglich sei, ob die Dienstbarkeit der Wassernutzung verjährt sei. Dies sei nicht der Fall, weil das in Rede stehende Dienstbarkeitsrecht nur selten und in großen Zeitabständen ausgeübt werden könne, weshalb die Sonderregel des § 1484 ABGB zur Anwendung gelange. Danach werde für die Verjährung gefordert, dass während der Verjährungszeit von 30 Jahren von drei Gelegenheiten, das Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden sei. Eine solche Gelegenheit habe im Anlassfall bisher nicht bestanden, weil die bestehende Quelle noch nicht versiegt sei. Die ordentliche Revision sei in Ansehung des Rechts der Quellfassung und Wasserableitung zulässig, weil zur Frage, ob § 1484 ABGB auch auf das Recht anzuwenden sei, neben einer bestehenden Quelle weitere neue Quellen zu fassen und abzuleiten, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung (Wassernutzung) richtet sich die Revision der Beklagten, die auf eine Abweisung des gesamten Klagebegehrens abzielt. Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.
Gegen den klagsabweisenden Teil der Entscheidung (Fruchtgenussrecht) richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, die auf eine Klagsstattgebung abzielt.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts sind die Revisionen mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Trotz Zulässigerklärung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber die Revision ausführen und eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er hingegen nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, so ist das Rechtsmittel ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs zurückzuweisen (8 Ob 15/16p).
Die Beklagten zeigen in ihrer Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf.
2. Die Revision der Beklagten betrifft das Recht der Quellfassung und der Wasserableitung. Im Grundbuch der EZ 11 ist unter CLNR 2 das Recht der Brunnenleitung ob der Grundstücke 6/1 und 6/2 eingetragen; dieses Recht ist nicht befristet.
Der Streit betrifft allenfalls erforderliche Quellfassungen und Wasserleitungen in der Zukunft. Der Kläger beruft sich in dieser Hinsicht auf ein mögliches Versiegen der bestehenden Quelle. Auf Tatsachenebene wurde dazu festgestellt, dass der Kläger für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des „E*****guts“ darauf angewiesen ist, eine neue Quellfassung zu schaffen, sollte die bestehende Quelle versiegen.
Das Berufungsgericht gelangte zum Ergebnis, dass die hier in Rede stehende Grunddienstbarkeit nicht erloschen sei. Die strittige Dienstbarkeit der Fassung neuer Quellen hänge vom Bedarf ab, der – aufgrund der bestehenden Quelle – nur in ganz unregelmäßigen, großen Zeitabständen entstehe. Aus diesem Grund handle es sich um Rechte, die iSd § 1484 ABGB nur selten ausgeübt werden könnten. Der Kläger habe in dieser Hinsicht – mangels eines Anlasses – noch keine Gelegenheit iSd § 1484 ABGB versäumt. Die Revision wurde zu dieser Frage mit der Begründung zugelassen, dass in der Rechtsprechung nicht geklärt sei, ob § 1484 ABGB auf das in Rede stehende Recht der Quellfassung und Wasserableitung anzuwenden sei.
3. Zu der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage führen die Beklagten ihre Revision inhaltlich nicht näher aus. Vielmehr stellen sie nur die Behauptung auf, die Verpflichtung zur Duldung der Quellfassung und Ableitung sei infolge 30jährigen Nichtgebrauchs erloschen. Dadurch wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass Dienstbarkeiten (ohne Vorliegen einer Widersetzlichkeit iSd § 1488 ABGB) allgemein gemäß § 1479 ABGB durch bloßen Nichtgebrauch erst in 30 Jahren verjähren. Die 30jährige Verjährung wird bereits durch eine Teilausübung des Dienstbarkeitsrechts ausgeschlossen. Eine Teilrechtsausübung liegt vor, wenn der Berechtigte Handlungen vornimmt, zu denen er nur aufgrund der Dienstbarkeit befugt ist. Es genügt, wenn ein auch nur geringer Teil der zustehenden Befugnisse ausgeübt wird. Ebenso genügt die Rechtsausübung auf einem räumlichen Teil des dienenden Grundstücks (RISJustiz RS0121871; 8 Ob 116/08d). Nach dem Inhalt des Vergleichs aus dem Jahr 1974 liegt es nahe, das Recht auf neue Quellfassungen als Teil des gesamten Wassernutzungsrechts zu sehen. In diesem Fall würde bereits durch die bestehende Wassernutzung eine Teilrechtsausübung vorliegen.
4.1 Die Beklagten vertreten in ihrer Revision die Auffassung, dass das Recht der Quellfassung und der Wasserableitung nicht im Grundbuch der EZ 11 eingetragen sei und es sich dabei auch um keine offenkundige Dienstbarkeit gehandelt habe.
Das im Grundbuch eingetragene Recht der „Brunnenleitung“ dient dem Wasserbezug für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des „E*****guts“, das der Kläger erworben hat. Diese Wassernutzung ist Gegenstand des Pkt 8 des Vergleichs vom . Das im Grundbuch eingetragene Recht wurde durch den Vergleich modifiziert. Grundlage auch der hier in Rede stehenden Dienstbarkeit ist damit der erwähnte Vergleich. Der Argumentation der Beklagten, sie hätten nur vom eingetragenen Recht der Brunnenleitung, nicht aber von einem Recht der Quellfassung Kenntnis gehabt, steht ihr Teilanerkenntnis entgegen. Das Berufungsgericht hat dazu festgehalten, dass die Beklagten ihre Berufung gegen das erstgerichtliche Teilanerkenntnisurteil inhaltlich nicht ausgeführt haben. Eine in der Berufung unterlassene Rechtsrüge kann in der Revision aber nicht mehr nachgeholt werden.
Damit ist in rechtlicher Hinsicht geklärt, dass sich das Recht der Wassernutzung nach dem Vergleich aus dem Jahr 1974 richtet und in dieser Hinsicht eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Liegenschaften EZ 2 und EZ 12 eingeräumt wurde.
4.2 Soweit die Beklagten ausführen, das Recht der Quellfassung sei nach Pkt 8 des Vergleichs nicht für den Fall des Versiegens der bestehenden Quelle eingeräumt worden, beziehen sie sich auf die Auslegung des Vergleichs. Diese Frage betrifft den Einzelfall. Dazu setzen sich die Beklagten mit der Argumentation des Berufungsgerichts nicht näher auseinander, sondern verweisen nur darauf, dass sich ihr Standpunkt aus der Wortinterpretation ergebe. Auch damit zeigen sie keine erhebliche Rechtsfrage auf.
4.3 Dem Einwand der Beklagten, das Begehren auf Feststellung des Bestands der behaupteten Dienstbarkeit sei verfehlt und der Kläger könne erst nach dem Fassen einer neuen Quelle und der Verlegung neuer Leitungen eine Klage auf Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Dienstbarkeitsvertrags einbringen, steht ebenfalls ihr Teilanerkenntnis entgegen. Davon abgesehen geht das Klagebegehren der Servitutenklage (actio confessoria) iSd § 523 ABGB im Allgemeinen je nach den Verhältnissen des Falls auf Feststellung der Dienstbarkeit und/oder auf Einverleibung des noch nicht eingetragenen Rechts gegen den Eigentümer der dienenden Sache, oder aber auf Unterlassung und/oder Beseitigung (vgl 8 Ob 104/14y). Für ein konfessorisches Feststellungsbegehren ist gemäß § 228 ZPO ein rechtliches Interesse des Klägers und eine tatsächliche Gefährdung seiner Rechtssphäre erforderlich. Ein solches Feststellungsinteresse liegt insbesondere dann vor, wenn eine objektive Ungewissheit über den Bestand oder Umfang eines Rechts besteht, die durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beklagte den Bestand eines Rechts bestreitet (vgl 8 Ob 62/14x).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil die Beklagten dem Kläger das Recht auf neue Quellfassungen absprechen.
4.4 Schließlich begründet auch das Argument der Beklagten, das Recht der Quellfassung könne nur das GSt 6/1 im Flächenausmaß des Pkt 1 des Vergleichs aus dem Jahr 1974 erfassen, keine erhebliche Rechtsfrage. Im Urteilsspruch wird ausdrücklich auf den Inhalt des Vergleichs aus dem Jahr 1974 Bezug genommen.
5. Insgesamt gelingt es den Beklagten nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen.
1. Die außerordentliche Revision des Klägers betrifft das Fruchtgenussrecht. Auch das Urteilsbegehren des Klägers nimmt ausdrücklich auf ein Fruchtgenussrecht – unter Einschluss des Holznutzungsrechts – Bezug. Diese Dienstbarkeit ist unter CLNR 11 der EZ 11 ob des GSt 6/1 im Grundbuch eingetragen; sie ist bis (insgesamt 99 Jahre) befristet. Grundlage dieser Dienstbarkeit ist der Vergleich vom , vor allem dessen Pkt 1 und 2.
2. Der Rechtsstreit betrifft die Auslegung des Vergleichs aus dem Jahr 1974. Die Auslegung eines Vertrags und ebenso eines Vergleichs betrifft typisch den Einzelfall. Dadurch wird grundsätzlich – abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall, dass das Berufungsgericht ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt hat – keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RISJustiz RS0042936).
Das Berufungsgericht gelangte zum Ergebnis, dass es sich beim eingeräumten Fruchtgenussrecht um eine reguläre persönliche Dienstbarkeit handle. Ein vom Wortlaut des Vergleichs abweichender übereinstimmender Parteiwille stehe nicht fest. Das vom Kläger angesprochene Holznutzungsrecht sowie die Verpflichtung des Dienstbarkeitsberechtigten zur Aufforstung sprächen für eine Bewirtschaftung nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen. Diese Nutzung stehe mit einem Fruchtgenussrecht im Einklang. Eine unregelmäßige Grunddienstbarkeit liege nicht vor. Der Kläger habe den Beweis für eine solche Abweichung von der Natur des (regulären) Fruchtgenussrechts nicht erbracht. Auch die Befristung des Rechts allein spreche nicht zwingend für eine unregelmäßige Grunddienstbarkeit.
3.1 Pkt 1 des zugrunde liegenden Vergleichs spricht ausdrücklich von einem Fruchtnießungsrecht. Zudem wird ausdrücklich angeordnet, dass dieses Recht zugunsten der namentlich genannten Berechtigten (Eheleute C*****) und deren Rechtsnachfolger eingeräumt wird. Diese Formulierungen sprechen klar für eine nur persönliche Dienstbarkeit. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die unterschiedlichen Formulierungen in Bezug auf die Dienstbarkeitsbelastung einerseits und die Dienstbarkeitsberechtigung andererseits bestätigt. Die Belastung gilt auch „für die Rechtsnachfolger “ der belasteten Liegenschaft. Ein solcher Zusatz wurde bei der Begünstigung hingegen nicht aufgenommen. Dementsprechend besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Begünstigung für den jeweiligen Eigentümer der EZ 2 eingeräumt werden sollte. Bekräftigt wird dieses Ergebnis wiederum dadurch, dass kein herrschendes Grundstück benannt wird.
Die Wendung „und ihre Rechtsnachfolger“ in Pkt 1 des Vergleichs aus dem Jahr 1974 ist somit dahin auszulegen, dass damit „der jeweilige Eigentümer“ eines (gar nicht bezeichneten) Grundstücks gemeint ist.
3.2 Durch die Wendung „und ihre Rechtsnachfolger“ sollte die persönliche Dienstbarkeit erweitert werden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, diese Ausdehnung beziehe sich iSd § 529 ABGB nur auf den ersten gesetzlichen Erben der persönlich (namentlich genannten) Berechtigten, ist gut vertretbar. Dieser Fall entspricht einer im Gesetz vorgesehenen Regelung. Nach § 529 ABGB werden – mangels anderweitiger Regelung – unter dem Begriff „die Erben“ nur die ersten gesetzlichen Erben des Berechtigten begünstigt (Memmer in Kletečka/Schauer, ABGBON1.03 § 529 Rz 8). Unter Bedachtnahme auf den Grundsatz, dass dem Dienstbarkeitsbelasteten eine möglichst geringe Beschränkung seines Eigentums auferlegt werden soll, liegt es nahe, auch den Begriff „Rechtsnachfolger“ grundsätzlich einschränkend zu verstehen. Der Kläger kann sich auf nichts stützen, das für eine Erweiterung des Fruchtgenussrechts auf ihn als rechtsgeschäftlichen Rechtsnachfolger sprechen würde. Eine Grunddienstbarkeit wurde gerade nicht begründet.
Der Umstand, dass keine Ausdehnung auf weitere (rechtsgeschäftliche) Rechtsnachfolger erfolgen sollte, war letztlich auch dem Kläger und seinem Verkäufer bewusst. Dementsprechend wurde im Kaufvertrag vom festgehalten, dass der Kläger unter anderem den Vergleich vom übernehmen solle. Eine einseitige Vertragsübernahme, hier ohne Zustimmung des Dienstbarkeitsbelasteten, ist aber nicht wirksam.
3.3 Zum Argument des Klägers, die Befristung des Fruchtgenussrechts spreche für eine „unregelmäßige Feldservitut“, hat das Berufungsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung aus dem Jahr 2001 (1 Ob 125/01s: eine unregelmäßige Grunddienstbarkeit ist nur bei einer Befristung verbücherungsfähig) nicht zwingend für eine bestimmte Auslegung eines Vergleichs aus dem Jahr 1974 spricht. Auch aus den weiteren von ihm zitierten Entscheidungen kann der Kläger nichts für seinen Standpunkt ableiten. Unregelmäßige Dienstbarkeiten sind rechtlich zulässig. Dies bedeutet aber nicht, dass – ungeachtet der Auslegung der konkreten Vereinbarung – im Fall einer Befristung des Dienstbarkeitsrechts zwingend von einer (hier unregelmäßigen) Grunddienstbarkeit ausgegangen werden müsste.
3.4 Auch das Argument des Klägers, im Vergleich sei die Übertragung auf die Rechtsnachfolger der Berechtigten (Eheleute C*****) bedungen worden, spricht nicht für eine Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Grundeigentümers. Wie bereits dargestellt, bezieht sich auch der Fall des § 529 ABGB auf „Rechtsnachfolger“.
3.5 Der Hinweis des Klägers auf § 477 Z 4 ABGB ist ebenfalls kein zwingendes Argument für seinen Standpunkt. Aus der Verpflichtung zur Aufforstung nach dem Vergleich aus dem Jahr 1974 sowie aus dem Kaufvertrag vom kann abgeleitet werden, dass vom Fruchtgenussrecht der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des „E*****guts“ erfasst sein sollte. Die Regelung bezieht sich daher nicht ausschließlich auf die Einräumung eines Holzbezugsrechts. Die Holznutzung wird in den Pkt 1 und 2 des Vergleichs aus dem Jahr 1974 gar nicht gesondert genannt. Soweit der Kläger die von ihm erwähnte „Feldservitut gemäß § 477 ABGB“ wiederholt mit einer „irregulären Grunddienstbarkeit“ in Verbindung bringt, ist darauf hinzuweisen, dass Felddienstbarkeiten zu den Grunddienstbarkeiten gehören (vgl 1 Ob 181/04f).
3.6 Schließlich kann der Kläger auch den Grundbuchstand der EZ 11 nicht für sich ins Treffen führen. Unter CLNR 11 werden ausschließlich zwei Berechtigte (die Eheleute C*****) namentlich genannt. Auf die persönliche Beschränkung des Begünstigtenkreises wird somit explizit hingewiesen.
4. Insgesamt erweist sich das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis, dass mit dem Vergleich vom ein regelmäßiges Fruchtgenussrecht und damit eine persönliche Dienstbarkeit eingeräumt wurde, nicht als korrekturbedürftig. Damit gelingt es dem Kläger nicht, mit seinen Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Auch die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Die Vorinstanzen haben den Inhalt des Vergleichs aus dem Jahr 1974 richtig wiedergegeben. Das Ergebnis einer Auslegung durch rechtliche Schlussfolgerungen begründet keine Aktenwidrigkeit.
Mangels erheblicher Rechtsfrage war auch die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00117.17I.1025.000 |
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