OGH 19.12.2002, 8ObA162/02k
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Ing. Wilhelm Sturm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sylvia S*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei D***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Rohracher, Rechtsanwalt in Wien,
wegen EUR 26.180,38 (= S 360.249) brutto sA (Revisionsstreitwert EUR
17.743,57 [= S 241.404,79 brutto sA; richtig EUR 15.890,94 = S
218.664,13 brutto sA]), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 60/02f-29, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 25 Cga 129/99v-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird, soweit die Stattgebung des Klagebegehrens mit einem Betrag von EUR 1.652,63 brutto samt 8 % Zinsen aus dem Nettobetrag aus dem Titel der Urlaubsabfindung für 22 Werktage Urlaubsrest aus dem Urlaubsjahr 1996 beantragt wird, zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die bezüglich eines Zuspruches von EUR 1.652,63 brutto sA und einer Abweisung von EUR 8.636,81 brutto sA als in Rechtskraft erwachsen bzw unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen - in ihrem ein Begehren von EUR 15.890,94 brutto samt 8 % Zinsen seit abweisenden Teil - aufgehoben.
Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin war als Angestellte der beklagten D***** GmbH im Anwendungsbereich des Kollektivvertrages der Handelsangestellten ab beschäftigt. Sie bezog zuletzt ein Monatsentgelt von S 23.036 (= EUR 1.674,09) brutto 14 mal jährlich. Ab befand sich die Klägerin in der Schutzfrist des § 3 Abs 1 MSchG, am brachte sie ein Kind zur Welt, die achtwöchige Schutzfrist endete am , der Karenzurlaub begann infolgedessen am .
Der Geschäftsführer der beklagten GmbH betrieb in Wien neben der D*****-GmbH auch eine Firma C***** in der Rechtsform einer GmbH. Die beiden Unternehmen befassten sich mit dem Import von Textilien aus der Türkei und dem Weiterverkauf an den Detail- und Großhandel. Nachdem zunächst Umsatzzahlen in der Größenordnung von S 20 bis S 30 Mio erreicht worden waren, kam es im Verlauf der weiteren Jahre zu einem erheblichen Geschäftsrückgang, sodass schließlich Ende 1997 der Gewerbeschein bezüglich der beklagten GmbH und im April 1999 jener der C***** GmbH zurückgelegt wurde.
Eine Provisionsvereinbarung des Inhaltes, dass der Klägerin (von bestimmten Geschäften oder vom Umsatz oder vom Gewinn uä) Provisionen zukämen, bestand nicht. Alle drei bis sechs Monate kam es zu Auszahlungen unter dem Titel "Sonderzahlungen". Dabei handelte es sich aber nicht um Weihnachtsremuneration oder Urlaubszuschuss, die davon unabhängig geleistet wurden, sondern um Zahlungen auf der Basis folgender Gegebenheiten: Wenn ein günstiger Geschäftsabschluss gelungen war, pflegte die Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten mit von ihr verfassten "Listen" über geleistete Arbeitszeiten aufzusuchen. Unter Präsentation dieser "Listen" und unter Hinweis auf die von ihr geleisteten Arbeitszeiten pflegte sie sodann Ansprüche auf "Provisionszahlungen" zu stellen, welchen der Geschäftsführer auch nachkam. Unabhängig davon erfolgten im Verlauf des Dienstverhältnisses bis etwa Mitte 1995 auch verschiedene Zahlungen unter den Titeln "Prämie", "Überstunden", "Kilometergeld", "Mehrarbeit", "Diäten" und "Belohnung". Die Höhe dieser Zahlungen belief sich auf Beträge von einigen hundert Schillingen bis S 30.581,60. Eine Übereinstimmung der gewählten Bezeichnungen mit den tatsächlichen Gründen der jeweiligen Zahlungen konnte ebenso wenig festgestellt werden, wie ein Bestand unentgolten gebliebener Überstunden bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Ab befand sich die Klägerin in der Schutzfrist nach § 3 Abs 1 MSchG. Eine Ersatzkraft wurde weder damals, noch im weiteren Verlauf des an die Schutzfrist anschließenden Karenzurlaubes eingestellt.
In Bezug auf die Inanspruchnahme von Karenzurlaub wurde vor dessen Antritt zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten keine nähere Festlegung getroffen. Seitens der Klägerin wurde bekundet, "die vollen 18 Monate", bzw "das, was gesetzlich ist" in Anspruch zu nehmen. Ein fixer Endzeitpunkt des Karenzurlaubes wurde nicht determiniert, zwischen den Streitteilen allerdings besprochen, dass die Klägerin "allenfalls Bildungskarenz in Anspruch nehme". Die Streitteile verblieben (etwa im Zeitraum während der Schutzfrist nach § 3 Abs 1 MSchG) mit der Absprache, sich zu einem späteren Zeitpunkt darüber zu unterhalten, wann die Karenz zu Ende gehe. Bei der Klägerin bestand damals eine eher diffuse Vorstellung von der möglichen Dauer des Karenzurlaubes, der Geschäftsführer ging davon aus, "dass es sich um eine gesetzliche, zweijährige Karenzzeit handle".
Nach der Geburt des Kindes kam es in den Betriebsräumlichkeiten des Beklagten im Verlauf des Wochengeldbezuges und der Karenzzeit zu mehreren Treffen zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten. Dabei wurde besprochen, wie es der Firma gehe. Eine Festlegung des Beendigungszeitpunktes der Karenz oder des Zeitpunktes der Arbeitsaufnahme erfolgte nicht.
Die Klägerin verfügte über drei Anschriften, an welchen der Geschäftsführer der Beklagten (einstens) Aktivitäten entfaltete, nämlich die Firmenanschrift der D***** GmbH, wo jedoch kein Geschäftsbetrieb mehr herrschte und die Firmenräumlichkeiten verschlossen waren, andererseits die Adresse der C***** GmbH und schließlich die Privatanschrift des Geschäftsführers. Nach Konsultierung einer Interessenvertretung richtete die Klägerin an den Geschäftsführer der Beklagten ein mit datiertes Schreiben mit Folgenden Inhalt:
"Sehr geehrter Herr K*****,
am wäre mein Dienstbeginn bei Firma D***** ... . Da es diesen Dienstort nicht mehr gibt wegen Stilllegung der Firma, bitte sich Sie mir bekannt zu geben, wo und wann ich meine Tätigkeit aufnehmen soll".
Das Schreiben, welches von der Klägerin an alle ihr bekannten Anschriften expediert worden war, ging dem Geschäftsführer an der Adresse der C***** GmbH auch zu.
Daraufhin kam es am in einem Cafehaus zu einem neuerlichen Treffen zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer. Im Verlauf des Gespräches teilte der Geschäftsführer mit, dass er auch die Gewerbeberechtigung der C***** GmbH zurückgelegt, die Geschäftstätigkeit beendet und demnach keine Verwendungsmöglichkeit mehr für die Klägerin hätte. Er bot ihr eine Bezahlung von S 50.000 zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche an. Eine Determinierung eines Termines der Beendigung des Karenzurlaubes wurde auch im Verlauf dieses Gespräches nicht getroffen. Das Gespräch endete ohne konkrete Vereinbarung. Die Klägerin bekundete, sich noch mit ihrem Ehemann besprechen und auch bei der Arbeiterkammer erkundigen zu wollen. "Der Ausspruch einer Kündigung konnte nicht festgestellt werden."
Über Anraten der Arbeiterkammer ging die Klägerin am zu den - ihr bekanntermaßen verschlossenen - Firmenräumlichkeiten. Dort wies sie einen Passanten darauf hin, dass sie ihren Dienst antreten sollte, aber alles verschlossen sei.
In weiterer Folge verfasste sie am ein Mahnschreiben, in welchem sie für den Fall des Nichteinlangens des Entgeltes bis auf ihrem Bankkonto den berechtigten vorzeitigen Austritt ankündigte. Da eine Zahlung nicht erfolgte, erklärte sie mit Schreiben vom den "berechtigten vorzeitigen Austritt wegen Entgeltvorenthalts". Die Schreiben gingen dem Geschäftsführer zu; er reagierte jedoch hierauf nicht.
Außer Streit gestellt wurde ein Urlaubsrest von 22 Werktagen aus dem Jahr 1996 und der Umstand, dass die Klägerin im Jahr 1997 keinen Urlaub konsumiert hat. Eine Bezahlung von S 43.000 netto auf offene Urlaubsansprüche konnte nicht festgestellt werden.
Mit Klage vom begehrte die Klägerin die Bezahlung von S 277.236,42 brutto bestehend aus den Einzelpositionen:
Gehalt vom 3. 5. bis brutto S 38.393,32
Abfertigung 2 Monatsentgelte brutto S 53.750,66
Kündigungsentschädigung vom
bis brutto S 76.018,79
Urlaubszuschuss vom
3. 5. bis brutto S 3.101,--
Weihnachtsremuneration vom
3. 5. bis brutto S 3.101,--
SZ zu KE vom 22. 6. bis brutto S 13.290,--
Urlaubsabfindung U-Jahr 1996,
Rest 22 WT und U-Jahr 1997 brutto S 53.750,07
Urlaubsentschädigung brutto S 28.942,66
Überstunden 31,5
(- ) brutto S 6.888,92
sohin brutto S 277.236,42
Nach einem Wechsel in der Person des Klagevertreters dehnte sie am das Klagebegehren um S 83.013,53 brutto sA aus dem Titel der Überstunden im Zeitraum vom bis aus, wobei der Ausdehnung 323,75 Überstunden mit 50 %igem und 65,5 Überstunden mit 100 %igem Zuschlag zugrunde gelegt wurden, sodass sie insgesamt S 360.249,95 brutto begehrte.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung; eine Weiterbeschäftigung der Klägerin sei infolge Einstellung der Geschäftstätigkeit nicht möglich gewesen, weshalb der Geschäftsführer der Beklagten beim Treffen mit der Klägerin am die Kündigung ausgesprochen habe; hinsichtlich der Gehalts- und Abfertigungsansprüche sei bereits am eine Stundung bis April 2000 getroffen worden. Die Urlaubsansprüche für 1996 und 1997 seien im Ausmaß von S 43.000 abgegolten worden und überdies verjährt. Überstunden seien nicht geleistet worden. Zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche äußerte sich die beklagte Partei nicht. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 22.740,66 (= EUR 1.652,63) brutto statt; dies betraf die Urlaubsentschädigung für unbestrittene 22 Werktage "aus 1996" (näheres siehe S 18 f des Ersturteils). Das Mehrbegehren von S 337.508,34 (= EUR 24.527,69) sA wies es ab.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass auf den vorliegenden Fall § 15 Abs 1 MSchG 1979 idF BGBl 434/1995 anzuwenden sei, wonach Dienstnehmerinnen auf ihr Verlangen im Anschluss an die Schutzfrist des § 5 Abs 1 und 2 MSchG Urlaub gegen Entfall des Arbeitsentgeltes (Karenzurlaub) bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes zu gewähren sei; damals sei keine Mindestfrist für den Karenzurlaub und keine Frist vorgesehen gewesen, bis zu der dem Dienstgeber Beginn, Dauer und Ende des Karenzurlaubes bekannt zu geben gewesen wäre. Ein bestimmtes Datum der Beendigung des Karenzurlaubes sei vorliegendenfalls nicht festgelegt worden. Allerdings habe die Klägerin bekundet, "die vollen 18 Monate" oder "das, was gesetzlich ist" in Anspruch zu nehmen. Daraus folge, dass der Karenzurlaub im Falle einer Inanspruchnahme von 18 Monaten Dauer frühestens am , im Fall der Inanspruchnahme der gesetzlich möglichen Dauer (bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes) bis zum gedauert hätte. Für eine der Dienstnehmerin eingeräumte Möglichkeit, das Dienstverhältnis durch einseitige Erklärung vor Ablauf einer (allenfalls) vereinbarten oder gesetzlich determinierten Dauer wiederum aufzunehmen, biete das Gesetz keine Grundlage. Zum Zeitpunkt des hier erklärten Austrittes durch schriftliche Erklärung am habe sich die Klägerin (nach beiden oben dargestellten Varianten) noch in Karenzurlaub befunden, welche entsprechend der Bestimmung des § 15 Abs 1 MSchG gegen Entfall des Entgelts zu gewähren gewesen sei. Es habe daher zum Austrittszeitpunkt kein Entgeltanspruch bestanden, sodass der auf Vorenthalten des Entgelts gestützte Austritt als unberechtigt qualifiziert werden müsse. Daraus folge, dass Ansprüche auf Gehalt und Sonderzahlungen aus den Monaten Mai und Juni 1999 bis zum Austritt, weiters Kündigungsentschädigung samt Sonderzahlungen und Abfertigung nicht gebührten. Für den Zuspruch von Überstundenentlohnung habe sich kein Sachverhaltsubstrat gefunden, sodass auch diesbezüglich mit Abweisung vorzugehen gewesen sei.
Die Klägerin erhob Berufung wegen der Abweisung von S 248.811,08 (= EUR 18.081,81) brutto sA, wobei allerdings dieser Betrag nicht nachvollziehbar ist ("unter Berücksichtigung des zuerkannten Betrages hinsichtlich des ursprünglichen Begehrens"; dies ergäbe S 254.495,76 [= EUR 18.494,93]); sie meinte, sie sei berechtigt wegen Vorenthaltens des Entgelts ausgetreten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin im Wesentlichen aus dem Grund des Ersturteils keine Folge. Dem Verhalten der beklagten Partei könne keine schlüssige Willenserklärung auf Zustimmung zur Aufnahme des Dienstverhältnisses vor Ablauf einer 18-monatigen Karenzzeit entnommen werden; die 18 Monatsfrist sei zur Zeit des vorzeitigen Austritts der Klägerin noch nicht abgelaufen gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie begehrt die Abänderung des Berufungsurteils im Umfang der Abweisung von EUR 17.743,57 (= S 241.404,79) brutto sA und schlüsselt ihn wie folgt auf:
"Ursprüngliches Klagebegehren abzüglich Urlaubsentschädigung brutto S 28.942,66 und 31,5 Überstunden brutto S 6.888,92".
Die beklagte Partei beantragt der Revision nicht Folge zu geben; die Klägerin könne nicht einseitig einen in Anspruch genommenen Karenzurlaub vorzeitig beenden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist, soweit sie sich gegen die Abweisung eines Begehrens von EUR 1.652,63 sA richtet, unzulässig, da die Klägerin, wie sich aus der Anfechtungserklärung ergibt, neuerlich den gesamten Betrag von S 53.750,07 laut Klage (Urlaubsabfindung U-Jahr 1996, Rest 22 WT + U-Jahr 1997) geltend macht, obwohl ihr für den offenen Urlaubsanspruch von 22 Werktagen aus dem Jahr 1996 vom Erstgericht ein Betrag von EUR 1.652,63 sA rechtskräftig zuerkannt wurde. Die Revision ist im Übrigen im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass sie bekundet habe, die vollen 18 Monate oder "das, was gesetzlich ist", in Anspruch zu nehmen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes sei unrichtig, dass der Karenzurlaub im Falle einer Inanspruchnahme von 18 Monaten frühestens am geendet hätte. Es sei zwar zutreffend, dass der Karenzurlaub nach Ende des Wochenschutzes gemäß § 5 Abs 1 MSchG beginne. Das Ende des Karenzurlaubes werde jedoch vom Tage der Geburt des Kindes berechnet, sodass aufgrund der Geburt des Kindes am ein Karenzurlaub von 18 Monaten am geendet habe. Zum Zeitpunkt des Antrittes des Karenzurlaubes am habe die Dauer des Karenzurlaubes aufgrund der damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen im Anschluss an die Frist des § 5 Abs 1 und 2 bis zum Ablauf des 2. Lebensjahres des Kindes begehrt werden können. Eine Fristsetzung zur Bekanntgabe, ob und in welchem Ausmaß Karenzurlaub in Anspruch genommen werde, sei im Gesetz nicht vorgesehen gewesen. Sie habe im Schreiben vom eindeutig festgelegt, dass das Ende der Karenz der sein solle und habe sich in diesem Schreiben nur erkundigt, wo sie weiter beschäftigt werde, da ihre ursprüngliche Firma gesperrt gewesen sei. Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe zu keinem Zeitpunkt Bedenken gegen die Beendigung des Karenzurlaubes mit geäußert. Es sei für ihn schlichtweg unerheblich gewesen, wann der Karenzurlaub enden werde, da er weder zum , noch zu einem späteren Zeitpunkt bereit gewesen sei, sie weiter zu beschäftigen. Das Anbot einer Bezahlung von S 50.000 zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche lasse keinen anderen Schluss zu, als dass sich der Geschäftsführer der beklagten Partei bewusst gewesen sei, dass die Beendigung der Karenz Rechtsfolgen nach sich ziehe, deren er sich durch das Anbot einer Zahlung S 50.000 entledigen wollte. Trotz seiner Verpflichtung, sie ab weiter zu beschäftigen, habe er dies nicht getan und ihr auch kein Entgelt bezahlt, sodass sie nach Fristsetzung und Androhung des Austritts berechtigt am vorzeitig ausgetreten gewesen sei.
Es trifft zu, dass der Karenzurlaub erst nach dem Ende der Schutzfrist, die verschieden lang sein kann (§ 5 Abs 1 und 2 MSchG), beginnt; im Regelfall beträgt er, wie auch hier, 8 Wochen. Das ändert aber nichts daran, dass das Ende der Karenzzeit nicht nur bei Vollausschöpfung der Zweijahresfrist zwei Jahre nach der Geburt endet, wie dies § 15 Abs 1 erster Satz am Ende ausdrücklich normiert, sondern dass auch dann, wenn eine kürzere Karenzzeit in Anspruch genommen wird, sich diese stets - gerade wegen des variablen Beginns - ab Geburt des Kindes berechnet. Wird demnach zB eine einjährige Karenz in Anspruch genommen, so endet die Karenzzeit mit dem 1. Lebensjahr des Kindes und nicht etwa - unter Zugrundelegung einer achtwöchigen Schutzfrist - erst dann, wenn das Kind bereits ein Jahr und zwei Monate alt ist. Wird eine 18-monatige Karenzzeit in Anspruch genommen, endet daher die Karenzzeit genau 1 ½ Jahre nach der Geburt des Kindes. Trotz der Möglichkeit Karenzzeit volle zwei Jahre in Anspruch zu nehmen, nehmen viele Dienstnehmerinnen - wohl aus finanziellen Gründen - Karenzurlaub nur solange in Anspruch, als sie auch Karenzgeld erhalten. Dies war offensichtlich auch bei der Klägerin der Fall, weshalb sie ab Ende ihres Anspruchs auf Karenzgeld (siehe den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom , Bezirksstelle für Karenzgeld, demzufolge der Klägerin Karenzgeld vom bis gewährt wird) ihre Arbeit aufzunehmen trachtete.
Da die Klägerin bekannt gab, entweder die vollen 18 Monate oder "das, was gesetzlich ist" in Anspruch zu nehmen, kann ihre Erklärung nur dahin verstanden werden, dass sie jedenfalls 18 Monate oder auch zwei Jahre in Anspruch nehmen wollte. Das hat zur Folge, dass die Klägerin
außer aus besonders wichtigen, die Aufrechterhaltung der Vereinbarung unzumutbar erscheinen lassenden Gründen ihren Karenzurlaub nicht einseitig vor Ablauf von 18 Monaten beenden konnte (9 ObA 132/87 = JBl 1988, 662 = RdW 1988, 431). Das hat die Klägerin
rechnet man die Karenzzeit richtig - aber nicht getan; sie hat rechtzeitig vor Ablauf der von ihr jedenfalls in Anspruch genommenen Mindestzeit von 18 Monaten erklärt, dass sie mit Ablauf dieser Zeit ihren Karenzurlaub beendet, sich für Montag, den wieder arbeitsbereit gemeldet und lediglich um Zuweisung eines (neuen) Arbeitsplatzes ersucht, da ihr bekannt war, dass das Unternehmen, in dem sie bisher tätig, gesperrt ist.
Daraufhin erklärte der Geschäftsführer der Beklagten - wie von der Beklagten behauptet - beim Treffen vom gegenüber der Klägerin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Als privatrechtliche Willenserklärung ist die Kündigung an keine bestimmten Formerfordernisse gebunden; sie kann daher auch durch schlüssige Handlungen im Sinne des § 863 ABGB ausgesprochen werden (RIS-Justiz RS0031654, insbes Arb 9142, zuletzt 9 ObA 89/00d sowie 8 ObS 1/01g). Das Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten am lässt nur unzweifelhaft auf den Willen schließen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mangels weiterer Beschäftigungsmöglichkeit zu beenden; in diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Hinweis auf die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung und die Beendigung der Geschäftstätigkeit den einzigen ohne vorherige Zustimmung des Gerichtes rechtlich möglichen Kündigungsgrund gemäß § 10 Abs 3 letzter Satz iVm § 15 Abs 4 MuttSchG geltend gemacht hat, sodass seine Erklärung, für die Klägerin keine Verwendungsmöglichkeit mehr zu haben und ihr zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche einen Betrag von S 50.000 anzubieten, als Kündigung unter Dienstfreistellung mit einem Anbot zur einvernehmlichen Bereinigung sämtlicher Entgeltansprüche zu qualifizieren ist. Die negative "Feststellung", der Ausspruch einer Kündigung könne nicht festgestellt werden, ist - soferne es sich nicht nur um eine rechtliche Beurteilung handelt - lediglich dahin zu verstehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten seinen Willen nicht mit diesem dem Gesetz entsprechenden Wort zum Ausdruck gebracht hat, hindert aber nicht eine rechtliche Beurteilung des Verhaltens des Geschäftsführers der Klägerin als schlüssige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung zum nächstmöglichen Termin (bei einer Kündigungsfrist von 2 Monaten vor Vollendung des 5. Dienstjahres).
Der nachfolgende (berechtigte) Austritt ändert nichts an diesem
Endtermin auch für die Kündigungsentschädigung (siehe RIS-Justiz
RS0028446, inbes Arb 10.581).
Der Klägerin stehen daher die noch Gegenstand des Verfahrens
bildenden Ansprüche zu, die Kündigungsentschädigung allerdings nur
bis zum .
Da zur abschließenden Entscheidung eingehendere Berechnungen
erforderlich sind und eine Erörterung in erster Instanz zweckmäßig
erscheint, war mit Aufhebung und Rückverweisung an das Erstgericht
vorzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2002:008OBA00162.02K.1219.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAD-89604