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OGH vom 30.01.2018, 9Ob75/17w

OGH vom 30.01.2018, 9Ob75/17w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Pflegschaftssache des mj J***** M*****, geboren *****2016, *****, wegen Obsorge, Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters C***** K*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom , GZ 2 R 59/17i-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Bestätigt vom Rekursgericht, sprach das Erstgericht im Rahmen einer vorläufigen Regelung gemäß § 180 ABGB aus, dass die hauptsächliche Betreuung des Minderjährigen der Mutter aufgetragen werde und dem Vater (Antragsteller) ein Kontaktrecht (14tägig für zwei Stunden, begleitet im Kinderschutzzentrum *****) eingeräumt werde. Weiter verpflichtete es die Kindeseltern zum Besuch einer Elternberatung und der Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation und hielt fest, dass eine Unterhaltsregelung bereits erfolgt sei. Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht derzeit keine Gesprächsbasis zwischen den Eltern.

Regelungen der Obsorge sind ebenso wie die Ausmessung des dem anderen Elternteil einzuräumenden Kontaktrechts typischerweise Entscheidungen nach den Umständen des Einzelfalls, denen keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zukommt, sofern nicht durch die Entscheidung leitende Grundsätze der Rechtsprechung oder das Kindeswohl verletzt wurden (s RIS-Justiz RS0115719; RS0097114; RS0007101).

Nach § 180 Abs 1 ABGB hat das Gericht, sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung (Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung) zu treffen, wenn 1. nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft der Eltern binnen angemessener Frist eine Vereinbarung nach § 179 ABGB nicht zustande kommt oder 2. ein Elternteil die Übertragung der alleinigen Obsorge an ihn oder seine Beteiligung an der Obsorge beantragt. Die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung besteht darin, dass das Gericht einem mit der Obsorge betrauten Elternteil unter Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung für den Zeitraum von sechs Monaten die hauptsächliche Betreuung des Kindes in seinem Haushalt aufträgt und dem anderen ein derart ausreichendes Kontaktrecht einräumt, dass er auch die Pflege und Erziehung wahrnehmen kann. Für diesen Zeitraum sind im Einvernehmen der Eltern oder auf gerichtliche Anordnung die Details des Kontaktrechts, der Pflege und Erziehung sowie der Unterhaltsleistung festzulegen. In der Entscheidung 7 Ob 149/16m (= RIS-Justiz RS0130999) wurde dazu festgehalten, dass sich in der Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung an den bisher maßgeblichen Obsorgeverhältnissen nichts ändert. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung bedeutet in den Fällen des § 180 Abs 1 Z 2 ABGB, in denen der Vater – wie hier – seine Beteiligung an der Obsorge begehrt, dass die nach § 177 Abs 2 Z 1 ABGB allein mit der Obsorge betraute Mutter auch allein mit der Obsorge betraut bleibt.

Dass das Erstgericht hier zum Wohl des Kindes eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung im Sinn dieser Bestimmung traf, wird in der Zulassungsbeschwerde des Revisionsrekurses nicht schon grundsätzlich in Frage gestellt. Erwägungen zu einer Änderung des Obsorgerechts erübrigen sich hier damit (s § 180 Abs 1 ABGB: „unter Aufrechterhaltung der bisherigen Obsorgeregelung“). Der Antragsteller ist aber der Ansicht, dass ihm für die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung „kein derart ausreichendes Kontaktrecht“ eingeräumt worden sei, dass er auch Pflege und Erziehung wahrnehmen könne.

Auch nach der neuen Rechtslage ist für die Obsorgeregelung das Kindeswohl maßgeblich (arg § 180 Abs 1 S 1 HS 1 ABGB). Das Kindesinteresse ist dem Willen der Eltern übergeordnet. Maßgebend ist daher, ob die Interessen des Kindes auf diese Weise am besten gewahrt werden können (s RIS-Justiz RS0128813; RS0130247; Hopf in KBB5§ 180 Rz 2 mwN). Ob dies der Fall ist, kann jedoch stets nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl RIS-Justiz RS0128813).

Inwieweit die vom Erstgericht vorgenommene Ausgestaltung der Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung das Kindeswohl gefährdet, zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Das Erstgericht hat das festgelegte Kontaktintervall – in Abkehr vom Vorschlag des Jugendwohlfahrtsträgers (Besuchskontakte einmal pro Monat) – mit dem Erzielen eines Beziehungsaufbaus zum Kind begründet. Im Revisionsrekurs wird dazu festgehalten, dass es sich aufgrund der Notwendigkeit der Neuregelung des Kontaktrechts „erübrigt, auf die Ausführungen des Rekursgerichts zum 'derzeit begleiteten Kontakt von 2 Stunden/14-tägig' einzugehen“. Auch dass die Besuchsbegleitung nicht im Wohl des Minderjährigen läge, ist nicht ersichtlich, dient eine begleitete Kontaktaufnahme doch der behutsamen Neuanbahnung des persönlichen Kontakts zwischen dem nichterziehenden Elternteil und dem minderjährigen Kind (5 Ob 94/16h). Substanziierte Gründe gegen die Erwägung des Rekursgerichts, dass es bislang nur zu einem einzigen Kontakt zwischen Vater und Kind gekommen sei und die Kontakte daher zu beobachten seien, um sie allenfalls in unbegleitete Kontakte übergehen zu lassen, werden nicht dargelegt.

Mangels einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00075.17W.0130.000

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