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OGH vom 17.05.2018, 9Ob71/17g

OGH vom 17.05.2018, 9Ob71/17g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Dr. Bernd Roßkothen, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Johann Essl, Rechtsanwalt in Werfenweng, wegen 32.421,60 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 20.604,33 EUR sA) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 31.099,20 EUR sA), gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 48/17z-95, mit dem den Berufungen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 7 Cg 149/12s-84, teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei und die Revision der beklagten Partei werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 1.175,22 EUR (darin enthalten 195,87 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 418,78 EUR (darin enthalten 69,80 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Voranzustellen ist, dass für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 3 ZPO immer der gesamte Wert des Streitgegenstands maßgeblich ist, über den das Berufungsgericht entschieden hat, auch wenn es ein Teilurteil gefällt und bezüglich eines anderen Teils einen Aufhebungsbeschluss gefasst hat (RISJustiz RS0042821 [T6]). Hat das Erstgericht die eingeklagte Forderung nur zum Teil zugesprochen und haben Kläger und Beklagter dagegen Berufung erhoben, bestimmt sich der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts durch Zusammenrechnung des Berufungsinteresses der Streitteile (vgl RISJustiz RS0085801).

Der Kläger hat nach dem Inhalt seiner Berufung das Ersturteil im Umfang der Abweisung von 7.565,60 EUR bekämpft, der Beklagte im Umfang der Klagsstattgebung von 22.000 EUR. Gegenstand der Berufungsentscheidung war daher ein Betrag von 29.565,60 EUR. Richtig ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass aufgrund des zunächst erfolgten Ausspruchs, dass die Revision nicht zulässig ist, eine nachträgliche Zulassung der Revision nur über einen Antrag nach § 508 Abs 2 ZPO möglich ist und die „außerordentliche Revision“ des Klägers als ein solcher Antrag zu deuten ist. Durch die nachträgliche Zulassung der Revisionen wurden jedoch nur im Umfang des Teilurteils zulässig. Soweit diese sich die Revisionen der Parteien daher inhaltlich auch gegen die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsgericht wenden, sind sie jedenfalls unzulässig. Ein Ausspruch des Berufungsgerichts, dass der Rekurs gegen die Aufhebung an den Obersten Gerichtshof zulässig ist (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO), ist nämlich nicht erfolgt.

2. Der Kläger übersieht weiters, dass er die abweisende Entscheidung des Erstgerichts nur teilweise bekämpft hat. Im nicht bekämpften Umfang ist sie in Rechtskraft erwachsen. Soweit er sich daher in der Revision auch gegen die rechtskräftige Abweisung eines Betrags von 2.856 EUR wendet, die das Berufungsgericht nur zur Übersichtlichkeit in seine Entscheidung aufgenommen hat, ist die Revision wegen entschiedener Rechtssache unzulässig und zurückzuweisen.

3. Im Übrigen sind die Revisionen des Klägers und des Beklagten entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zulässig.

4. Zur Revision des Klägers:

4.1. Die Fälligkeit einer Forderung richtet sich primär nach (ausdrücklicher oder konkludenter) Vereinbarung, wobei der Vertragszweck eine maßgebende Rolle spielt, und nach Gesetz, subsidiär auch nach der Natur der Leistung. Erst bei Versagen dieser Bestimmungsgründe ist „ohne unnötigen Aufschub“ zu leisten (RISJustiz RS0123392).

Nach den Feststellungen vereinbarten die Parteien für die Errichtung eines Einfahrtsschiebetors und einer Gartentür einen Fertigstellungstermin im März 2012. Für den ebenfalls vom Kläger zu errichtenden Zaun konnte die Vereinbarung eines Fertigstellungstermins nicht festgestellt werden, allerdings sollten alle Arbeiten Anfang Jänner 2012 beginnen. Ausgehend davon, dass der Auftrag binnen eines Leistungszeitraums von maximal 3,5 Monaten hätte durchgeführt werden können, ist die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, dass die Arbeiten insgesamt vor Zugang des Schreibens vom hätten abgeschlossen sein müssen, der Kläger sich daher zu diesem Zeitpunkt bereits in Verzug befand, nicht korrekturbedürftig.

Soweit der Kläger in seiner Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt.

4.2. Ob das Schreiben des Beklagten vom als Aufforderung zur Erfüllung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei sonstigem Rücktritt iSd § 918 ABGB oder als Erklärung der Übernahme des mangelhaften Werkes und Aufforderung zur Verbesserung und Herstellung eines mangelfreien Werkes iSd § 932 ABGB zu verstehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und begründet keine wesentliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Wenn der Kläger sich gegen die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts wendet, dass von einer Übernahme des Gewerks durch den Beklagten auszugehen sei, übergeht er, dass er sich selbst in erster Instanz auf eine solche Übernahme berufen hat (ON 29 S 4). Für die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts spricht insbesondere, dass der Beklagte, obwohl er darauf hinweist, dass das Werk nicht fertiggestellt wurde, eine Mängelbehebung fordert und im Fall des Fristablaufs eine solche durch Dritte ankündigt, also gerade keine Rückabwicklung des Vertrags bei Nichteinhaltung der Frist fordert. Vor diesem Hintergrund ist die Auslegung des Berufungsgerichts jedenfalls vertretbar.

Davon ausgehend ist aber auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei einem Arbeitsaufwand für die Fertigstellung von 72 Arbeitsstunden die vom Beklagten gesetzte einmonatige Verbesserungsfrist als angemessen erachtete. Soweit der Kläger dazu auf die Notwendigkeit einer Interessenabwägung verweist, erkennt er selbst, dass sich diese stets nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Eine Fehlbeurteilung zeigt er auch hier nicht auf.

4.3. Wenn der Kläger moniert, dass das Berufungsgericht bei Beurteilung der Höhe der Rechnung die nachträglichen Änderungswünsche des Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt hat, lässt er offen, auf welche Positionen der Rechnung und auf welche Änderungswünsche er sich bezieht.

4.4. Die Kosten der Ersatzvornahme hat das Berufungsgericht nicht nach § 932 ABGB, sondern nach § 933a Abs 2 ABGB zugesprochen. Es ist daher nicht von einer Preisminderung, sondern von einem Schadenersatzanspruch ausgegangen, den der Beklagte zu Recht gegen die (fällige) Werklohnforderung des Klägers eingewendet hat. Auf die Ausführungen des Klägers zur Berechnung der Preisminderung und zur Fälligkeit des Werklohns muss daher nicht weiter eingegangen werden.

4.5. Insgesamt gelingt es dem Kläger daher nicht, eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

5. Zur Revision des Beklagten:

5.1. Der Beklagte wendet sich ebenfalls dagegen, dass das Berufungsgericht das Schreiben vom als Übernahme und Forderung von Gewährleistung durch Verbesserung verstanden hat. Diesbezüglich ist er auf die Ausführungen zur Revision des Klägers zu verweisen.

Richtig ist, dass Gewährleistungsansprüche erst dann in Betracht kommen, wenn der Vertrag in das Erfüllungsstadium getreten ist. Dabei erfolgt aber bei Werkherstellung im Bereich des Bestellers häufig keine formelle Übergabe. Ein förmliches Abnahmeverfahren ist nur dann erforderlich, wenn es ausdrücklich vereinbart wurde (vgl 9 Ob 81/04h). Entscheidend ist, ob der Werkbesteller die Werkleistung als Vertragserfüllung angenommen hat oder einen Vorbehalt erklärt hat, die Leistung nicht als Vertragserfüllung zu akzeptieren. Wie die Erklärung des Beklagten vom auszulegen ist, ist aber, wie schon erwähnt, eine Frage des Einzelfalls.

5.2. Stehen Klagsforderung und Gegenforderung in rechtlichem Zusammenhang (Konnexität), ist die Fällung eines den Beklagten zu einer Zahlung verhaltenden Teilurteils unzulässig. Ein als nicht berechtigt erachtetes Teilbegehren kann aber mit Teilurteil abgewiesen werden. Ebenso kann über den die eingewendete konnexe Gegenforderung übersteigenden Teil der Hauptforderung mit Teilurteil entschieden werden. Das hat das Berufungsgericht gemacht (RISJustiz RS0040878). Ein unzulässiges Teilurteil liegt daher nicht vor.

5.3. Dadurch, dass das Berufungsgericht die vagen Äußerungen des Klägers bei Vorlage der Beilagen ./17 und ./18 (ON 45) als ausreichende Geltendmachung einer Gegenforderung wertete, kann sich der Beklagte nicht als beschwert erachten. Aus der entsprechenden Erklärung bei Vorlage der Beilage ./17 lässt sich ebenso wenig wie aus der Urkunde selbst entnehmen, dass sich dieser Kostenvoranschlag nur auf den Zaun bezieht. Wenn in der Revision des Beklagten dazu auf die Ausführungen des Sachverständigen verwiesen wird, ist es nicht Aufgabe des Sachverständigen, das Vorbringen einer Partei zu deuten oder zu konkretisieren.

5.4. Auch die Revision des Beklagten ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. In den Revisionsbeantwortungen wurde zwar auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision, nicht jedoch auf die teilweise absolute Unzulässigkeit hingewiesen. Als Bemessungsgrundlage war daher bei der Kostenberechnung nur jener Betrag zugrundezulegen, hinsichtlich dessen die Revisionen nicht absolut unzulässig waren. Bei der Revision des Klägers beträgt die Bemessungsgrundlage daher 3.422,40 EUR, bei der des Beklagten 16.773,27 EUR.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00071.17G.0517.000

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