VfGH vom 17.12.1999, B1952/97
Sammlungsnummer
15705
Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht und im Eigentumsrecht durch Unterlassung von Feststellungen über die Höhe und Berechtigung von Forderungen einer Versicherungsanstalt aus einem Einzelvertrag gegen einen Arzt im Verfahren über die Zulässigkeit der vorläufigen Einbehaltung strittiger Honorarteile durch die Versicherungsanstalt mangels eines zur Austragung der Hauptfrage geeigneten anderen Verfahrens
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten bei Exekution binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Er stand vom bis in einem Vertragsverhältnis mit der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen. Dieses Vertragsverhältnis endete durch wirksame Kündigung seitens der Krankenkasse, die vom Beschwerdeführer nicht bekämpft wurde.
Die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen behielt S 49.332,48 an gegen sie gerichteten Honorarforderungen des Beschwerdeführers mit der Begründung ein, daß eine erhebliche Anzahl der verrechneten Positionen durch den Antragsteller tatsächlich nicht erbracht worden seien. Zugleich erstattete sie gegen den Beschwerdeführer Strafanzeige wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs.
Der Beschwerdeführer begehrte die Auszahlung der von der Krankenkasse einbehaltenen Honorare und beantragte eine Entscheidung der paritätischen Schiedskommission. In einem vom Antragsteller beim BG Innere Stadt Wien gegen die Krankenkasse angestrengten Verfahren gab diese ein Teilanerkenntnis ab. Im übrigen wurde das Begehren des Beschwerdeführers abgewiesen. Die paritätische Schiedskommission wies daraufhin den bei ihr gestellten Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom wegen entschiedener Sache zurück. Über Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid mit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem Bescheid der Landesberufungskommission aufgehoben und der paritätischen Schiedskommission die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen, nachdem der OGH über Antrag der Landesberufungskommission gemäß § 42 Abs 2 JN die Nichtigkeit des Urteils des BG Innere Stadt Wien festgestellt und die Klage des Beschwerdeführers (wegen Unzuständigkeit der Zivilgerichte) zurückgewiesen hatte. Da es in der paritätischen Schiedskommission aber innerhalb der gesetzlichen Frist zu keiner Entscheidung kam, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung über das Begehren des Beschwerdeführers infolge seines Devolutionsantrages vom gemäß §§344 Abs 3 i. V.m. 345 Abs 2 Z 2 ASVG auf die Landesberufungskommission über.
1.2. Die Landesberufungskommission wies das auf Auszahlung der einbehaltenen Honorare gerichtete Begehren des Beschwerdeführers - nach hg. Zurückweisung einer gegen ihre ursprüngliche Erledigung gerichteten Beschwerde () - mit Bescheid vom ab.
1.2.1. Die Landesberufungskommission führte im wesentlichen aus, die gemäß § 29 des für die Streitparteien geltenden Gesamtvertrages bestehende Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers, strittige Honorarteile als vorläufige Honorarteile anzuweisen, und sie im Falle einer Streichung durch den Schlichtungsausschuß bzw. die paritätische Schiedskommission mit künftigen Honorarforderungen zu verrechnen, könne im vorliegenden Fall nicht greifen. Der nach dieser Bestimmung vorgesehene Modus der Abrechnung bestehe darin, daß der Krankenversicherungsträger die vorgelegten Abrechnungen des Arztes vorläufig zu begleichen habe. Bestünden Streitigkeiten über die Abrechnung, so habe der Krankenversicherungsträger die paritätische Schiedskommission anzurufen. Erst wenn eine solche Schiedsinstanz eine rechtskräftige Entscheidung über die Einbehaltung von Teilen der Honorarsumme getroffen habe, könne der gekürzte Teil von der nächsten Honorarzahlung in Abzug gebracht werden. Eine unbeschränkte Auszahlungspflicht könne jedoch auch nach dieser Bestimmung nicht angenommen werden:
Bestünde eine solche unbeschränkte Verpflichtung, so wäre der Krankenversicherungsträger nicht einmal in der Lage, offensichtliche Rechenfehler oder sonstige eindeutige, in die Augen springende Unrichtigkeiten zu korrigieren. In solchen Fällen liege ein im Sinne der Gesamtvertragsbestimmung "strittiger" Honorarteil nicht vor. Die Anwendung des § 29 des Gesamtvertrages auf den vorliegenden Fall scheide aber schon deswegen aus, weil diese denknotwendig das Weiterbestehen des Einzelvertrages voraussetze. Sei aber, wie im vorliegenden Fall, dieser Einzelvertrag rechtskräftig gekündigt worden, so könne es zu einer Aufrechnung mit späteren Honorarforderungen nicht mehr kommen. In einem solchen Fall würde eine unbeschränkte Auszahlungsverpflichtung dem Krankenversicherungsträger ein untragbares Einbringlichkeitsrisiko auferlegen, weshalb die in Rede stehende Bestimmung in einem solchen, und damit auch im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.
1.2.2. Die Einrede der Verjährung der vom Sozialversicherungsträger durch Einbehaltung implizit geltend gemachten (Gegen-) Forderung erledigt die Landesberufungskommission mit dem Hinweis, daß die Verjährungsfrist mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu laufen beginne und durch die von der Krankenkasse vorgebrachten Rügen der unrichtigen Abrechnung jedenfalls rechtzeitig unterbrochen worden sei. Die in § 36 des Gesamtvertrages vorgesehene sechsmonatige Einwendungsfrist gelte für verborgene, eine langwierige Nachforschung erfordernde Abrechnungsmängel nicht.
1.2.3. Das Begehren des Beschwerdeführers auf Auszahlung seiner Honorare als vorläufige Zahlung sei daher abzuweisen. Die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen werde aber darauf hingewiesen, daß nach konkreter abschließender Ermittlung der vom Antragsteller verursachten Schäden und ihrer Gegenüberstellung mit den von ihm geltend gemachten Honoraren eine Endabrechnung zu erstellen sein werde, die allenfalls zu einer entsprechend verzinsten Auszahlung von Honorarteilen an den Beschwerdeführer führen könne.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
2.2.1. Die Beschwerde wirft der belangten Landesberufungskommission zunächst vor, in einem entscheidungswesentlichen Punkt jede Ermittlungstätigkeit unterlassen zu haben:
Die Begründung des angefochtenen Bescheides leide an dem Mangel, keinerlei Feststellungen darüber zu enthalten, ob und inwieweit der Beschwerdeführer tatsächlich unberechtigte Honorarabrechnungen gelegt habe. Die belangte Behörde habe es auch, obwohl sie ihre Entscheidung wesentlich darauf stütze, daß es dem Krankenversicherungsträger unbenommen bleiben müsse, offensichtlich zu Unrecht geforderte Honorare einzubehalten, unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob solche offensichtlich unrichtigen Honorarforderungen vom Beschwerdeführer erhoben worden seien. Die Schlußfeststellung der belangten Behörde, wonach eine endgültige Überprüfung der Honorarforderungen zu einer Auszahlungsverpflichtung führen könne, lasse offen, ob und unter welchen Umständen es zu einer solchen Überprüfung überhaupt kommen könne. Die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen habe nämlich die zuständigen Schiedskommissionen gar nicht (fristgerecht) angerufen, sondern die strittigen Honorarteile einbehalten. Es könne nun aber nicht Sache des Beschwerdeführers sein, seine eigenen Honorarabrechnungen zu beeinspruchen, um zu einer von der belangten Behörde offenbar vorausgesetzten Endabrechnung zu gelangen.
2.2.2. Die belangte Behörde habe aber auch in ihrer rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes durch gehäuftes Verkennen der Rechtslage Willkür geübt:
Die Bestimmung des Gesamtvertrages, die eine Verpflichtung der Krankenkasse vorsehe, strittige Honorarteile als vorläufige Zahlung anzuweisen, stehe nämlich mit der in § 36 Abs 6 (richtig: § 31 Abs 6) des Gesamtvertrages normierten Präklusivfrist für Einwendungen des Sozialversicherungsträgers in Zusammenhang. Die Bestimmung setze nämlich für die bloß vorläufige Honoraranweisung voraus, daß vom Versicherungsträger auch eine Überprüfung durch den Schlichtungsausschuß (bzw. die paritätische Schiedskommission) beantragt werde. Ein solcher Antrag könne aber gültig nur innerhalb der durch § 36 Abs 6 (richtig: § 31 Abs 6) leg. cit. vorgesehenen sechsmonatigen Frist gestellt werden. Dies sei aber im vorliegenden Fall nicht geschehen und die belangte Behörde habe darüber auch keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen.
Im übrigen komme es für die Auszahlungsverpflichtung des Sozialversicherungsträgers auf das Fortbestehen des Einzelvertrages schon nach dem Wortlaut gar nicht an. Eine solche Auslegung unterstelle der Vertragsbestimmung aber auch einen gleichheitswidrigen Inhalt, weil nach einer solchen Auslegung Ärzte mit und ohne fortbestehendes Vertragsverhältnis in unsachlicher Weise verschieden behandelt würden. Auch eine eigenmächtige Berichtigung sogenannter offensichtlicher Abrechnungsfehler könne nicht in Frage kommen, weil dadurch die vorgesehenen Streitbeilegungsverfahren und -instanzen umgangen würden.
2.3. Die Beschwerde legt dem angefochtene Bescheid auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums zur Last:
Der Beschwerdeführer habe auf Grund des ASVG sowie der Gesamt- und Einzelverträge ein Recht auf Vergütung bereits erbrachter Leistungen. Die rechtswidrige Verweigerung dieser Vergütung führe zu einer massiven und daher unverhältnismäßigen Beeinträchtigung seines Eigentumsrechts.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen. Die mitbeteiligte Versicherungsanstalt hat eine Äußerung erstattet, auf die der Beschwerdeführer repliziert hat. Auf diese Replik hat wiederum die mitbeteiligte Partei repliziert. Der Beschwerdeführer hat in einem weiteren Schriftsatz mitgeteilt, im Strafverfahren vom Vorwurf des schweren gewerbsmäßigen Betruges freigesprochen worden zu sein.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
1.1. § 341 ASVG lautet auszugsweise:
"(1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten werden durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.
...
(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrages verstoßen.
..."
1.2. §§344 bis 345 ASVG lauten auszugsweise:
"Paritätische Schiedskommission
§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.
(...)
(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.
(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.
Landesberufungskommission
§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. (...)
(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:
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1. | zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und |
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2. | zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3. |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
(...)" |
1.3. § 29 des anzuwendenden Gesamtvertrages normiert nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde, daß der strittige Honorarteil als vorläufige Zahlung anzuweisen ist, wenn vom Versicherungsträger eine Überprüfung der Honorarabrechnung durch den Schlichtungsausschuß (die paritätische Schiedskommission) beantragt wurde. Der Honorarteil, der von der paritätischen Schiedskommission rechtskräftig gestrichen wird, kann bei der nächsten Honorarzahlung in Abzug gebracht werden.
1.4. Gemäß § 31 Abs 6 des Gesamtvertrages müssen Einwendungen gegen die Honorarabrechnung von den Parteien des Einzelvertrages bei sonstigem Ausschluß binnen sechs Monaten geltend gemacht werden.
2. Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
2.1. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
2.1.1. Die belangte Behörde hat § 29 des hier anzuwendenden Gesamtvertrages dahin ausgelegt, daß eine vorläufige Anweisung strittiger Honorarteile dann nicht in Betracht kommt, wenn es zu einer Aufrechnung mit späteren Honorarforderungen infolge Wegfalls des Einzelvertrages nicht mehr kommen kann. Der Sache nach hat sie damit zum Ausdruck gebracht, daß die Krankenversicherungsanstalt in diesem Falle nicht mehr mit dem Einbringlichkeitsrisiko belastet sein soll. Diese Auslegung ist weder denkunmöglich, noch unterstellt sie der Bestimmung einen gleichheitswidrigen Inhalt: Daß nämlich eine unterschiedliche Behandlung von Ärzten sachlich gerechtfertigt ist, die sich daran orientiert, ob im maßgebenden Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis zu einem Sozialversicherungsträger besteht oder nicht besteht, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Im Hinblick darauf war es auch im Ergebnis nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde angenommen hat, daß es mangels Anwendbarkeit des § 29 des Gesamtvertrages auf den vorliegenden Fall auch nicht auf den Zusammenhang dieser Norm zu § 31 Abs 6 leg. cit. ankommen kann.
2.1.2. Eine gravierende, in die Verfassungssphäre reichende Verkennung der Rechtslage ist der belangten Behörde aber im Ergebnis dennoch anzulasten:
Weder ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen, noch hat eine Partei des Verfahrens behauptet, daß die Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen die Rechnungslegung des Beschwerdeführers bei der paritätischen Schiedskommission bekämpft hätte. Die Versicherungsanstalt hat vielmehr in ihrer Gegenschrift vor der belangten Behörde ausdrücklich die Einbehaltung der Honorarteile mit dem Argument der Kompensation verteidigt. Sie hat daher der Sache nach dem Antrag des Beschwerdeführers die Einrede der Aufrechnung entgegengehalten.
Der Verfassungsgerichtshof geht daher davon aus, daß der angefochtene Bescheid ungeachtet seiner Wendung, wonach die Krankenkasse darauf aufmerksam gemacht werde, daß nach endgültiger Klärung der Berechtigung von Forderung und Gegenforderung allenfalls eine Rückzahlung zu leisten sein werde, auf eine Enderledigung der vorliegenden Rechtssache gerichtet war. Die belangte Behörde hat nämlich keinerlei Aussage darüber getroffen, wann und in welchem Verfahren eine solche endgültige Klärung erfolgen könnte.
Mangels eines solchen, zur Austragung dieser Hauptfrage geeigneten anderen Verfahrens hatte allerdings der Beschwerdeführer Anspruch darauf, daß die belangte Behörde im vorliegenden Verfahren in der Sache endgültig über seine Forderung und damit auch über die Gegenforderung der Krankenkasse entscheidet. Im vorliegenden Verfahren hatte die belangte Behörde daher nicht nur die Frage zu beantworten, ob der Sozialversicherungsträger - insbesondere zufolge der besonderen Regelung des § 29 des Gesamtvertrages - zur vorläufigen Auszahlung strittiger Honorarteile verpflichtet war. Gerade bei Verneinung dieser Frage wäre sie in weiterer Folge verpflichtet gewesen, Feststellungen über die Höhe und Berechtigung der Forderungen der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen zu treffen. Erst auf Grund dieser Feststellungen wäre die belangte Behörde in der Lage gewesen, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Zahlungsbegehren des Beschwerdeführers abzuweisen ist. Sie hat aber keinerlei Sachverhaltsfeststellungen darüber getroffen, ob und inwieweit die Ansprüche der Versicherungsanstalt der Österreichischen Eisenbahnen wegen angeblich ungerechtfertigter Honorarforderungen des Beschwerdeführers berechtigt und ob und inwieweit sie allenfalls verjährt sind oder nicht. Sie hat daher den Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.
2.3. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Ein solcher Eingriff ist nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 11650/1988) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat, ein Fall, der nur dann vorliegt, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegt daher auch eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums vor.
3. Der Bescheid war daher aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VerfGG 1953. In den Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 3.000,-- enthalten.
5. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.