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VfGH vom 13.12.1982, B193/77

VfGH vom 13.12.1982, B193/77

Sammlungsnummer

9583

Leitsatz

EStG 1972; kein Exzeß des Gesetzgebers durch Nichtberücksichtigung der Kaufkraftminderung der Währung bei der Regelung über die Bewertung von Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens bezogen auf die Verhältnisse des Jahres 1974; keine Verletzung des Gleichheitsrechtes; keine Verletzung des Eigentumsrechtes

Art140 Abs 1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung von Bestimmungen des EStG 1972; keine Legitimation, mögliche Anregung einer amtswegigen Prüfung

Spruch

1. Die Anträge auf Aufhebung der § 4 Abs 1, § 5, § 6 und § 7 des Einkommensteuergesetzes 1972, allenfalls auch der Worte "sämtliche Einkünfte" im § 1 Abs 1 zweiter Satz, der Worte "das Einkommen" im § 2 Abs 1, der Worte "3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb" im § 2 Abs 3 und des § 23 Z 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes 1972 werden zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine Gesellschaft mbH & Co. KG, betreibt eine Fahrzeugfabrik. Sie hat in der beim Finanzamt Linz eingereichten Gewerbesteuererklärung für 1974 für Personengesellschaften einen - einheitlich festzustellenden und auf die Mitunternehmer aufzuteilenden - Gewinn aus Gewerbebetrieb von

S 388.807,- ausgewiesen. Zugleich hat sie einen "Antrag auf Anerkennung eines Absetzbetrages für den Scheingewinn im Jahre 1974" eingebracht. Darin wird dargelegt, daß der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn nur aus einem Scheingewinn bestehe, der durch die Inflation hervorgerufen worden sei. Zumindest das gesamte Warenlager sei durch die Inflation um die offizielle Indexpreissteigerung von 10% aufgewertet worden. Die Beschwerdeführerin beantragte, in der beigelegten Bilanz und den Steuererklärungen einen Betrag in der Höhe von 10% des gesamten Bestandes an Material, halbfertigen Waren und sonstigen Vorräten, ds. 10% von S 2.385.946,- = S 238.595,-, zusätzlich abzusetzen.

Das Finanzamt hat im Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1974 den Gewinn aus Gewerbebetrieb in der erklärten Höhe von S 388.807,- festgestellt. In der Begründung ist ausgeführt: "Der mit Schreiben vom beantragten Gewinnminderung um 10% vom gesamten Bestand an Material, halbfertigen Waren und sonstigen Vorräten kann nicht zugestimmt werden, da hiefür jegliche gesetzliche Bestimmungen fehlen."

Über die Berufung der Beschwerdeführerin, die damit begründet ist, daß die Steuern bereits aus der Substanz bezahlt werden müßten, "da der Scheingewinn, hervorgerufen durch die Materialpreissteigerungen und weiters auch durch zu geringe Absetzung für Abnutzung, den gesamten ausgewiesenen Gewinn praktisch egalisiert", erging zunächst eine abweisende Berufungsvorentscheidung.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung durch die Finanzlandesdirektion, bei dieser Behörde dann jedoch die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des beim VfGH schwebenden Verfahrens zu B165/75. Nach Beendigung des Verfahrens vor dem VfGH (Erk. vom , VfSlg. 7770) ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Berufung. Sie untermauerte ihre Forderung nach einem Absetzbetrag von 10% des Vorrates zum und führte dann weiters aus, daß auch die Forderung nach Anerkennung eines zusätzlichen AfA-Betrages für die Anlagegüter gänzlich unberücksichtigt geblieben sei. Die Wiederbeschaffungskosten könnten infolge der Geldentwertung aus den AfA-Erlösen bei weitem nicht gedeckt werden. Die Beschwerdeführerin errechnete zusätzlich zu dem beim Finanzamt geltend gemachten Scheingewinn aus dem Vorratsvermögen von S 238.595,- einen Scheingewinn aus dem Anlagevermögen von S 141.385,-, sodaß die Summe des Scheingewinnes im Jahre 1974 S 379.980,- betrage. Diese Summe beantragte die Beschwerdeführerin von dem ermittelten Gewinn des Jahres 1974 in Abzug zu bringen.

Mit Berufungsentscheidung vom , Z 6/5/5-BK/H-1977, der Finanzlandesdirektion für OÖ wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der die Entscheidung fällende Berufungssenat I stützte sich hiebei auf die Bestimmung des § 5 Satz 1 in Verbindung mit § 4 Abs 1 und § 6 EStG 1972. Nach diesen Bestimmungen unterlägen die Nominalgewinne der Besteuerung, und zwar unabhängig davon, ob sie durch inflatorische Entwicklungen oder durch "echte" Vermögensmehrungen entstanden seien. Eine Berücksichtigung der Kaufkraft und des inneren Wertes der Währung sei in den für das strittige Jahr 1974 maßgebenden Bestimmungen des EStG 1972 nicht vorgesehen. Somit fehle dem Berufungsbegehren, nur den um einen Scheingewinnabschlag verminderten Gewinn der Besteuerung zu unterwerfen, die gesetzliche Grundlage. Die Behörde verwies hiezu auf das Erk. des (VfSlg. 7770), in dem ausgeführt sei, daß es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt ist, aus vertretbaren rechtspolitischen Erwägungen auch eine reale Vermögensteuer einzuführen, bei der die Abgabenschuld grundsätzlich nicht aus dem Einkommen, sondern aus dem Vermögensstamm zu tragen ist.

2. Gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Bundesbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung der Bestimmungen der § 4 Abs 1, § 5 und § 6 EStG 1972 sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Den Vorwurf der Verletzung des Gleichheitssatzes begründet die Beschwerdeführerin damit, daß nach den von der belangten Behörde zitierten gesetzlichen Bestimmungen bei der Besteuerung zwischen echten und Scheingewinnen bzw. zwischen Personen, die echte Gewinne (= Realvermögenszuwachs), und solchen, die nur Scheingewinne erzielt haben, nicht unterschieden werde. Die Unterlassung einer derartigen Unterscheidung möge vielleicht in Zeiten relativ geringer Geldentwertung toleriert werden können, nicht aber, wenn die Inflationsrate in einem Jahr 11% erreiche. Der VfGH habe im Erk. vom , G28/73 (= VfSlg. 7330/1974) sowie im Erk. VfSlg. 5854/1968 ausgesprochen, daß auch ursprünglich verfassungskonforme Normen infolge Nichtanpassung durch den Gesetzgeber an wesentlich geänderte Sachverhalte verfassungswidrig werden könnten. Nur relativ kurzfristige Regelungen seien von diesem strengen Maßstab der Bundesverfassung ausgenommen (Erk. v. V14, 15, 16/73 = VfSlg. 7220/1973). Hier handle es sich aber um eine länger andauernde Entwicklung, die auch derzeit noch nicht entscheidend habe abgebremst werden können.

Der VfGH habe zwar im Erk. vom , B165/75 (= VfSlg. 7770/1976) ausgeführt, daß "es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt sei, aus vertretbaren rechtspolitischen Erwägungen auch eine reale Vermögensteuer einzuführen, bei der die Abgabenschuld grundsätzlich nicht aus dem Einkommen, sondern aus dem Vermögensstamm zu tragen ist". Er habe diese Aussage allerdings wie folgt eingeschränkt: "Nur eine exzessive Regelung würde zu einer verfassungswidrigen Aushöhlung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums führen. Eine solche liege aber bei der Regelung des § 20 EStG 1967 nicht deshalb vor, weil sie auf eine allfällige Geldentwertung nicht Bedacht nimmt."

Es erscheine daher notwendig, darauf hinzuweisen, daß bei der (im vorangeführten Erk. abgehandelten) Besteuerung von Kapitalvermögen und dessen Erträgnissen nicht nur die Möglichkeit bestehe, durch die Vereinbarung von Wertsicherungsklauseln die Steuerbelastung zu vermeiden, sondern auch Freibeträge für einen erheblichen Teil der Kapitalvermögenseinkünfte in den §§27, 40 und 41 EStG 1972 bestünden. Hingegen seien Wertsicherungsbeträge im Bereiche der gewerblichen Einkünfte steuerpflichtig und fehlten spezielle Freibeträge für gewerbliche Einkünfte vollständig.

Der Gesetzgeber habe bis 1954 mit einer Reihe von Steueränderungsgesetzen, letztmalig BGBl. 98/1954, Scheingewinnbegünstigungen sowie zusätzliche außerbücherliche Abschreibungen zur Ausschaltung der Scheingewinnbesteuerung geschaffen und diese nach Eindämmung der Inflationsrate auf ein vertretbares Ausmaß mit dem Schillingeröffnungsbilanzgesetz BGBl. 190/1954 abgeschlossen.

In westeuropäischen Ländern gebe es Maßnahmen zu dem Zweck, die Besteuerung von Inflationsgewinnen zu mildern (s. Dorothea Strömberg, Lagerbewertung und Inflationseliminierung in westeuropäischen Industrieländern, der Betrieb 28/76, 1293 - 1301).

Es sei öfters die Ansicht anzutreffen, daß den bei den Aktivposten der Bilanz entstehenden Scheingewinnen entsprechende Inflationsgewinne bei den Passivposten gegenüberstehen. Nach der Bilanz zum käme es jedoch zu keiner Aufhebung der Scheingewinne und der Inflationsgewinne, die geltend gemachten Scheingewinne würden vielmehr keineswegs durch entsprechende Inflationsgewinne ausgeglichen.

Im Falle der Beschwerdeführerin resultiere fast der gesamte steuerliche Gewinn aus Scheingewinnen. Zusammen mit der ohnehin schon sehr drückenden Belastung durch Vermögensteuer, Gewerbesteuer vom Gewerbekapital und Grundsteuer ergebe sich daher eine reale Vermögensteuer (bezogen auf den Einheitswert des Betriebsvermögens) von über 8%. Eine derartige Belastung führe binnen weniger Jahre zum totalen Vermögensverzehr, was gleichbedeutend sei mit der Vernichtung des Unternehmens einschließlich der Arbeitsplätze für 22 Beschäftigte und der Existenzgrundlage der Gesellschafter und sei daher zweifellos exzessiv.

Damit erweise sich aber das auf die §§4 bis 6 EStG 1972 gestützte Festhalten am Nominalwertprinzip als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Durch den auf diese Bestimmungen gegründeten angefochtenen Bescheid werde daher auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet und kostenpflichtig abzuweisen.

In einer Replik zur Gegenschrift beantragt die Beschwerdeführerin auch die Aufhebung des § 7 EStG 1972. Sollte aber mit der Aufhebung der §§4 bis 7 EStG 1972 die Pflicht zur Ausweisung und Versteuerung der durch die Geldentwertung bedingten Scheingewinne nicht vermieden werden können, beantragt die Beschwerdeführerin, folgende Bestimmungen des EStG 1972 aufzuheben: Im § 1 Abs 1 zweiter Satz die Worte "sämtliche Einkünfte", im § 2 Abs 1 die Worte "das Einkommen", im § 2 Abs 3 die Worte "3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb" und den § 23 Z 1 und 2 zur Gänze. Der Kernsatz in der Argumentation der Beschwerdeführerin liegt in der Feststellung, die nach der derzeitigen Rechtslage in den Einkünften aus Gewerbebetrieb inbegriffenen Scheingewinne resultierten daraus, daß die Preise auf Grund der aktuellen Wiederbeschaffungskosten von Waren, Materialien und Produktionsanlagen (bzw. der davon zu berechnenden Abschreibungen) kalkuliert werden müßten, während bei der steuerlichen Gewinnermittlung zufolge des Nominalwertprinzips von den tatsächlichen, durch die inzwischen eingetretenen Preiserhöhungen aber überholten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszugehen sei; die Besteuerung der Scheingewinne gehe in exzessiver Weise zu Lasten der Substanz. Die Beschwerdeführerin vergleicht in der Reblik die Besteuerung der Scheingewinne mit einer Abschöpfung nach preisrechtlichen Bestimmungen, wie sie Gegenstand des Erk. VfSlg. 5670/1968 war, mit dem die damals geprüfte Abschöpfungsverordnung als gesetzwidrig aufgehoben worden ist.

Zu der Replik der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde eine Äußerung erstattet.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Die in der Beschwerde und in der Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde gestellten Anträge, einige Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1972 aufzuheben, sind unzulässig.

Der VfGH hat in Zusammenhang mit nach Art 139 und Art 140 B-VG gestellten Individualanträgen mehrfach ausgeführt, daß dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, in dem Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den VfGH oder, falls ein Verfahren vor dem VfGH selbst anhängig ist, zur Anregung einer amtswegigen Prüfung geboten ist, ein Individualantrag nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zulässig ist; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter des Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (VfSlg. 8312/1978, 8404/1978, 8594/1979, 8700/1979, 8890/1980, sowie Beschlüsse V20/77, B222/17-19, VfSlg. 9154/1981, 9285/1981, 9429/1982).

Eine solche Gelegenheit zur Anregung ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren geboten, sodaß die gestellten Individualanträge zurückzuweisen waren.

b) Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die geltend gemachte Gleichheitsverletzung (und in der Folge auch Eigentumsverletzung) sieht die Beschwerdeführerin darin gelegen, daß die von der belangten Behörde angewendeten Gesetzesbestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1972 - EStG 1972, BGBl. 440/1972, deshalb gleichheitswidrig sind, weil sie keine Unterscheidung zwischen Gewinnen und Scheingewinnen treffen und die steuerliche Erfassung dieser Gewinne zusammen mit der Belastung durch Vermögensteuer, Gewerbesteuer vom Kapital und Grundsteuer binnen weniger Jahre zum totalen Vermögensverzehr führe; eine derartige Belastung sei zweifellos exzessiv.

Die von der Beschwerdeführerin primär für verfassungswidrig gehaltenen Bestimmungen des EStG 1972 sind in dem hier in Betracht kommenden Umfang:

§4 Abs 1, der eine Legaldefinition des Gewinnbegriffes im allgemeinen enthält, wonach Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen, ist.

§5, wonach bei Gewerbetreibenden, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, unter Beachtung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes über die Gewinnermittlung für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen - § 4 Abs 1 erster Satz - anzusetzen ist, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist.

§6, wonach Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach § 7 und um eine nach § 8 in Anspruch genommene vorzeitige Abschreibung oder um eine nach § 9 verwendete Investitionsrücklage anzusetzen sind; jedoch, falls der Teilwert niedriger ist, auch dieser angesetzt werden kann (Z1) und wonach andere Wirtschaftsgüter (insbesondere auch das Umlaufvermögen) mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind; jedoch auch für diese Wirtschaftsgüter die niedrigere und in besonderen Fällen auch der höhere Teilwert, höchstens jedoch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, angesetzt werden kann (Z2).

§7, der die Berechnung der Absetzung für Abnutzung und für Substanzverringerung regelt.

Dazu kommen noch die im Eventualantrag genannten Bestimmungen des EStG 1972:

In § 1 Abs 1 zweiter Satz (der die unbeschränkte persönliche Einkommensteuerpflicht für sämtliche Einkünfte normiert) die Worte "sämtliche Einkünfte".

In § 2 Abs 1 (der bestimmt, daß der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen ist, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat) die Worte "das Einkommen".

In § 2 Abs 3 (der die der Einkommensteuer unterliegenden Einkunftsarten umschreibt) die Worte "3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb".

§23 Z 1 und 2 (die die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, außer den in Z 3 genannten Veräußerungsgewinnen, umschreiben) zur Gänze.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich - wie es auch die Beschwerdeführerin darstellt -, daß bei der Gewinnermittlung Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, und andere Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind. Eine Berücksichtigung der Geldentwertung durch Inflation ist dabei nicht vorgesehen.

3. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung dieser Regelung ist davon auszugehen, daß dem einfachen Gesetzgeber eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zukommt (VfSlg. 8457/1978). Rechtspolitische Erwägungen des Gesetzgebers unterliegen - außer im Falle eines Exzesses - nicht der Kontrolle durch den VfGH und sind insoweit auch nicht mit den aus dem Gleichheitsgebot ableitbaren Maßstäben zu messen (VfSlg. 6030/1969, 6152/1970, 6191/1970, 6929/1972, 9280/1981). Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zu einem Urteil in Angelegenheiten der Rechtspolitik (etwa der Finanzpolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik) berufen (VfSlg. 5692/1968, 6033/1969, 6533/1971, 7359/1974, 7864/1976). Zur Frage, wann ein Exzedieren des Gesetzgebers vorliegt, hat der VfGH am Beispiel einer in rechtspolitischen Erwägungen gegründeten abgabenrechtlichen Differenzierung der verschiedenen Einkunftsarten im Erk. VfSlg. 6533/1971 ausgeführt, daß ein Exzeß zB dann gegeben wäre, wenn durch die differenzierende Vorschrift ein anderes Grundrecht, etwa die Freiheit der Erwerbsausübung, im Wesen geschmälert würde.

Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für den vorliegenden Fall, in dem die Art der Bewertung von Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens bei der Gewinnermittlung zu erörtern ist. Die in Rede stehende Regelung wäre exzessiv, wenn sie das - hier in Betracht zu ziehende - Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums in seinem Wesensgehalt (s. dazu auch VfSlg. 8981/1980 S 368) schmälern würde.

Zu den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen der Vermögensentwertung durch Inflation ist auf das Erk. des VfGH VfSlg. 7770/1976 hinzuweisen, in dem (S 128 f.) der VfGH in Zusammenhang mit der Einkommenbesteuerung von Zinsen aus Kapitalvermögen folgende Aussage getroffen hat:

"Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß es grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig ist, daß der Gesetzgeber Zinsen aus nicht wertgesicherten Kapitalien der Einkommenbesteuerung unterzieht. Auch der VfGH hat in dieser Hinsicht keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer meint aber, daß dies dann unzulässig sei, wenn die Entwertung des Kapitals durch Inflation höher sei als der Zinsfuß, so daß die Einkommensteuer nicht mehr aus den Einkünften aus den Zinsen bestritten werden kann, weil dies zu einer Aushöhlung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums führen würde. Der VfGH teilt diese Bedenken nicht, weil es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht verwehrt ist, aus vertretbaren rechtspolitischen Erwägungen auch eine reale Vermögenssteuer einzuführen, bei der die Abgabenschuld grundsätzlich nicht aus dem Einkommen, sondern aus dem Vermögensstamm zu tragen ist. Nur eine exzessive Regelung würde zu einer verfassungswidrigen Aushöhlung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums führen. Eine solche liegt aber bei der Regelung des § 20 EStG 1967 nicht deshalb vor, weil sie auf eine allfällige Geldentwertung nicht Bedacht nimmt.

Aus den gleichen Erwägungen hat der VfGH auch aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes keine Bedenken gegen § 20 EStG 1967."

Die Beschwerdeführerin verweist darauf, daß der Gesetzgeber der Kaufkraftminderung der Währung wiederholt Rechnung getragen hat, so für die Geschäftsjahre bis 1953 und schließlich im Schillingeröffnungsbilanzengesetz BGBl. 190/1954. Dieser Hinweis ist berechtigt. Aus den Materialien zu dem zuletzt genannten Gesetz (297 BlgNR VII. GP, S 12 ff. und 358 BlgNR VII. GP) ergibt sich, daß es ein Motiv des Gesetzgebers war, der infolge des Grundsatzes des Bilanzenzusammenhanges bewirkten Bindung an die seinerzeitigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch in späteren Jahren mit den dadurch verursachten nachteiligen Folgen und schweren steuerlichen Auswirkungen (es komme zur "unguten Erscheinung der Scheingewinne") zu steuern und eine richtige Bewertung des Betriebsvermögens herbeizuführen.

Aus diesem Verhalten des Gesetzgebers ergibt sich jedoch nichts für die Frage, ob dazu eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit bestanden hat. Der Umstand, daß der Gesetzgeber der Kaufkraftminderung der Währung durch die Statuierung von Ausnahmen von den sonst geltenden steuerlichen Vorschriften über die Bewertung des Betriebsvermögens Rechnung trägt, besagt nicht, daß der Gesetzgeber dazu verfassungsgesetzlich verpflichtet wäre.

Im Sinne der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des VfGH könnte sich eine solche Verpflichtung nur ergeben, wenn die bestehenden Vorschriften während ihrer Geltung (zum Problem, daß ein Gesetz nicht nur bei seiner Erlassung, sondern stets dem Gleichheitsgebot entsprechen muß, vgl. VfSlg. 5854/1968 S 824, 7330/1974 S 352, 9524/1982) zu einem exzessiven steuerlichen Ergebnis führen würden, wenn also zB durch ihre Anwendung das Grundrecht der Unverletzlichkeit des Eigentums in seinem Wesen geschmälert würde. Eine solche exzessive Regelung kann - hier bezogen auf die Verhältnisse des Jahres 1974 - in den angewendeten Bestimmungen des EStG 1972 vom VfGH nicht gesehen werden.

Bei diesem Ergebnis brauchte auf die weiteren von der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung vorgebrachten Argumente nicht eingegangen zu werden.

4. Die behauptete Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums hat somit nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.