OGH vom 18.12.2006, 8Ob108/06z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Franz B*****, vertreten durch Fritsch, Kollmann & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Mängelbehebung (Streitwert EUR 25.000,-), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 200/05m-27, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 20 Cg 162/04i-19, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens stellen weitere Verfahrenskosten dar.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Eigentümer des von ihm errichteten Appartementhauses. Die Appartements sind mit Kurz- oder Langmietern belegt. Das Gebäude findet als Hotel- und Pensionsbetrieb Verwendung. Im Zuge der Errichtung beauftragte er am die Beklagte mit der Lieferung und Verlegung von Laminatböden der Nutzklasse 33. Die Beklagte verlegte in den 18 Wohnungen im Wohn- und Schlafbereich, und in vier Wohnungen auch im Küchenbereich. jedoch nicht die vereinbarten Laminatböden der Nutzungsklasse 33, sondern solche der Nutzungsklasse 21/22. Die Verlegung des Bodens als solche erfolgte fachgerecht. Die Beanspruchungsklasse 21 für Laminatböden steht für den Bereich private Nutzung bei mäßiger Beanspruchung etwa für Schlafzimmer oder Gästezimmer; die Nutzungsklasse 22 ist für den Wohnbereich bei privater Nutzung und normaler Beanspruchung geeignet, etwa für Wohn-Esszimmer und einen Innenflur. Laminatböden der Nutzungsklasse 33 sind hingegen auch für Gewerbe geeignet, also bei öffentlicher und gewerblicher Nutzung und bei starker Beanspruchung, etwa für den Einsatz im Korridor, im Großraumbüro, in Kaufhäusern, Mehrzweckhallen und in Klassenräumen. Der Austausch der Böden könnte nur durch Demontage und Entsorgung des verlegten Bodens erfolgen; danach ist der Laminatboden der Nutzungsklasse 33 aufzubringen und sind die alten Sesselleisten erneut zu montieren. Zuvor müssten die Möbel aus- und anschließend wieder eingeräumt werden. Insgesamt würden dafür EUR 28.286,75 anfallen zuzüglich der Umsatzsteuer. Davon betragen die Kosten für das Ein- und Ausräumen der Möbel EUR 10.560, unter der Annahme, dass zwei Wohnungen pro Tag ein- und ausgeräumt werden könnten, sonst wären die Kosten um 10 % höher. Das Entfernen des Laminatbodens fällt mit EUR 1.695, die Demontage und neuerliche Montage der Sesselleisten mit EUR 2.695 ins Gewicht. Das Liefern und Verlegen des Laminatbodens für eine Fläche von ca. 565 m² sei mit EUR 13.531,75 anzusetzen. Dazu kommen dann noch EUR 300 für Kleinmaterial.
Der Kläger begehrt, der Beklagten die Entfernung und Entsorgung der von ihr gelieferten und verlegten Laminatböden und den Austausch mit dem bestellten Laminatboden der Nutzungsklasse 33, aufzutragen. Er bestehe auf der Mängelbehebung durch Austausch. Der gelieferte Boden entspreche nicht der in der Ausschreibung geforderten, für den Kläger wesentlichen Qualität für die gewerbliche Nutzung der Räume. Er habe Wert darauf gelegt, im Haus einen besonders langlebigen, widerstandsfähigen und ansehnlichen Boden zu verlegen, weshalb auch die Ausschreibung für die Nutzungsklasse 33 erfolgt sei. Der von der Beklagten gelieferte Laminatboden habe eine zumindest fünf Jahre kürzere Nutzungsdauer als der der Vereinbarung entsprechende. Die Beklagte gestand zu, dass sie, entgegen der Vereinbarungen, einen Laminatboden der Nutzungsklasse 21 geliefert habe; dieser sei jedoch von einem Subunternehmer geliefert worden, sodass eine Qualitätskontrolle durch sie nicht stattgefunden habe. Aufgrund des Schreibens des Klägers vom habe man die Schlechterfüllung anerkannt und eine 30%-ige Preisminderung bzw. eine Garantie für die kommenden 10 Jahre, gerechnet ab dem , für den Fall angeboten, dass aufgrund der minderen Qualität und der üblichen Abnutzung ein Austausch notwendig wäre. Der vom Kläger geforderte Austausch des Bodens sei unzumutbar, zumal dadurch der gelieferte Boden völlig zerstört würde und der geringe bestehende Qualitätsunterschied zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlich verlegten Laminatboden die hohen Kosten des Austausches nicht rechtfertige. Nach § 932 Abs 2 ABGB könne der Übernehmer den Austausch der Sache nicht verlangen, wenn dieser unmöglich sei oder für den Übergeber, verglichen mit einer anderen Abhilfe, mit einem verhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Zwar sei die Benutzungsdauer eines Boden der Nutzungsklasse 33 mit 15 Jahren im Vergleich zu einem solchen der Nutzungsklasse 21 mit 10 Jahren geringer, dennoch sei hier nur die vorgeschlagene Preisminderung, nicht jedoch der völlige Austausch des gelieferten Werkes angemessen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, dass zwar der Übernehmer grundsätzlich den Austausch der Sache begehren könne, wenn jedoch die Verbesserung oder der Austausch unmöglich, oder für den Übergeber, verglichen mit einer anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sei, könne der Austausch nicht erfolgen. Angesichts des festgestellten hohen Kostenaufwandes mit dem hier der Austausch der Sache verbunden wäre, bedeute dies einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für die Beklagte, sodass ein Begehren auf Austausch der Sache nicht mit Erfolg gestellt werden könne. Es käme daher nur Preisminderung oder Wandlung in Frage.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Nach der in § 932 Abs 2 ABGB normierten Reihenfolge der Gewährleistungsbehelfe könne der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich sei oder (alternativ) für den Übergeber, verglichen mit einer anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall sei, richte sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten. Nach den Materialien zum GewRÄG könne auf die bisherige Rechtsprechung zur Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung zurückgegriffen werden. Der Umstand, dass die Verbesserungskosten den Wert der mangelfreien Sache übersteigen, führe aber nicht automatisch zum Verlust des Verbesserungsanspruches, zumal auch die Bedeutung der Vertragswidrigkeit für den Übernehmer und die für ihn mit anderen Abhilfen verbundenen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen seien. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei vor allem auf die Wichtigkeit einer Behebung des Mangels für den Besteller Bedacht zu nehmen. So seien auch verhältnismäßig hohe Behebungskosten noch kein Grund, die Verbesserung abzulehnen, wenn der Mangel den Gebrauch entscheidend beeinträchtige.
Angesichts der Tatsache, dass der Kläger auf eine Langlebigkeit des Bodens offensichtlich, wie sich schon aus der Ausschreibung eines besonders strapazierfähigen Bodens ergebe, Wert lege, könne bei der von der Beklagten selbst zugestandenen wesentlich kürzeren Nutzungsdauer des Bodens der Nutzungsklasse 21 auch angesichts der Kosten des Austausches nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der Austausch des Bodens für sie ein unverhältnismäßig großer Aufwand wäre. Es komme auf das Verhältnis des Nachteiles des Klägers aus der Benutzung des nicht den Vereinbarungen entsprechenden, nur geringeren Anforderungen genügenden Bodens an; dieser sei in Relation zu setzen mit dem Aufwand, den der Austausch für die Beklagten mit sich bringe. Anhand der Urteilsfeststellungen lasse sich diese Relation jedoch nicht überprüfen. Überdies stehe fest, dass ein Laminatboden der Nutzungsklasse 22 verlegt worden sei, nicht aber welche Lebensdauer dieser unter den angegebenen Voraussetzungen der Nutzung in einem Apartmenthaus habe und welche Kosten mit einem allenfalls vorzeitigen Austausch dieses Bodens im Verhältnis zu einem Boden der vereinbarten Nutzungsklasse stünden.
Das Berufungsgericht ließ den Rekurs zu, da eine einheitliche Rechtsprechung zu § 932 Abs 2 ABGB idF des GewRÄG in einem gleichgelagerten Fall nicht vorliege und weitere, über den Einzelfall hinaus, ähnlich gelagerte Fallkonstellationen denkbar seien. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs („Revisionsrekurs") der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluss der Vorinstanz ersatzlos aufzuheben und die Klage vollinhaltlich kostenpflichtig abzuweisen. In eventu wird beantragt, den Beschluss der Vorinstanz im Umfang der Anfechtung aufzuheben und dem Berufungsgericht bzw. dem Gericht erster Instanz eine neuerliche - nach Ergänzung des Verfahrens - zu fällende Entscheidung aufzutragen.
Der Kläger beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu ist auszuführen, dass grundsätzlich zwar eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der hier entscheidenden Frage des Einwandes des Lieferanten betreffend die Unzumutbarkeit der Verbesserung des mangelhaften Werkes zu § 932 ABGB bzw § 1167 ABGB jeweils in der Fassung vor dem GewRÄG besteht, jedoch, wie das Berufungsgericht richtig erkennt, keine Rechtsprechung zu diesen Fragen zu § 932 ABGB idF des GewRÄG vorliegt.
§ 932 ABGB in der Fassung des GewRÄG (BGBl I 48/2001) lautet nunmehr
wie folgt:
Rechte aus der Gewährleistung
§ 932. (1) Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern.
(2) Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten.
(3) Die Verbesserung oder der Austausch ist in angemessener Frist.....
(4) Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Übernehmer das Recht auf Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhalfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind. (Hervorhebungen nicht im Text)
Den Erläuterungen zu der Regierungsvorlage (422 BlgNR 21 GP) ist zu § 932 ua folgendes zu entnehmen:
„....
2. Der vorgeschlagene § 932 ABGB versucht, das System des Art. 3 der Richtlinie über die Rechtsbehelfe des Verbrauchers möglichst harmonisch in das allgemeine Gewährleistungsrecht einzufügen. Nach dem Vorbild der Richtlinie soll im ABGB ein Vorrang der Verbesserung oder des Austauschs der Sache vor der Preisminderung und der Vertragsaufhebung verankert werden.......
Preisminderung oder Wandlung soll der Übernehmer nur verlangen können, wenn die Verbesserung und der Austausch nicht möglich sind, für den Übergeber mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wären, wenn er dem Verlangen des Übernehmers nicht oder nicht in angemessener Frist nachkommt oder wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären. .. Abs. 2 regelt das Verhältnis zwischen den beiden primären Gewährleistungsbehelfen (Verbesserung oder Austausch). Der Übernehmer hat die Wahl, welche der beiden primären Abhilfen er geltend macht. Der Übergeber kann dem vom Übernehmer gewählten Behelf jedoch entgegenhalten, dass er für ihn unmöglich oder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Ist für den Übergeber der Austausch der Sache unmöglich oder wirtschaftlich untunlich, so verbleibt dem Übernehmer zunächst nur die Verbesserung. ....Sind beide primären Abhilfen aus der Sicht des Übergebers unmöglich oder wirtschaftlich untunlich (im ersten Satz des vorgeschlagenen § 932 Abs. 4 ABGB wird dies mit der Wendung „sowohl … als auch" verdeutlicht), so steht dem Übernehmer das Recht zur Preisminderung oder Wandlung zu.
Die Verhältnismäßigkeit für den Übergeber richtet sich zunächst nach den ihm erwachsenden Kosten der verlangten Verbesserung oder des verlangten Austauschs. Zusätzlich sind nach dem vorgeschlagenen § 932 Abs. 2 zweiter Satz ABGB der Wert der mangelfreien Sache, die Schwere (also die Bedeutung) des Mangels und das Ausmaß der mit dem jeweils anderen Gewährleistungsbehelf für den Übernehmer verbundenen
Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen. ........
..... Auf die bisherige Rechtsprechung zur Unverhältnismäßigkeit der Verbesserung (vgl. Dittrich/Tades, ABGB35 E. 60 ff zu § 1167 ABGB und E. 73f ff zu § 932 ABGB) kann aber zurückgegriffen werden. Der Umstand, dass die Verbesserungskosten den Wert der (mangelfreien) Sache übersteigen, wird nicht „automatisch" zum Verlust des Verbesserungsanspruchs führen, zumal auch die Bedeutung der Vertragswidrigkeit für den Übernehmer und die für ihn mit der anderen Abhilfe verbundenen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen sind....
5. Der vorgeschlagene § 932 Abs. 4 ABGB behandelt die Fälle, in denen der Übergeber Preisminderung oder Wandlung fordern kann. Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie, wobei die missverständliche Formulierung im dritten Anstrich („Abhilfe geschaffen hat") nicht übernommen wird. Es ist nicht das Ziel der Richtlinie, dem Übernehmer auch dann einen Preisminderungsanspruch zu verschaffen, wenn zwar bereits verbessert worden ist, dies aber mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer verbunden war (vgl. Welser/B. Jud, Gutachten 85 f). Allfällige Schadenersatzansprüche auf Grund dieser „Unannehmlichkeiten" (zB Reinigungskosten) bleiben aber unberührt. Die sekundären Gewährleistungsbehelfe der Preisminderung oder Wandlung kann der Übernehmer geltend machen, wenn er gemäß § 932 Abs. 2 ABGB weder den Austausch noch die Verbesserung fordern kann, weil beide Abhilfen unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden sind.........."
(Hervorhebungen tw nicht im Text)
Betrachtet man nun den Gesetzestext, so ist dem eine unmittelbare konkrete Regelung der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer (Übergeber) den Einwand des „unverhältnismäßig hohen Aufwandes" bei einer technisch möglichen Verbesserung erheben kann, nicht enthalten. Die Regelung des § 932 Abs 4 ABGB bezieht sich überhaupt zumindest erstrangig auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Besteller (Übernehmer), statt der „primären" Abhilfen (Austausch/Verbesserung) auf die „nachrangigen - sekundären - „Abhilfen" der Preisminderung und Wandlung nach § 932 Abs 4 ABGB zurückgreifen kann (zur „Rangordnung" etwa OGH 4 Ob 112/06h mwN oder auch die RV; ferner Welser/Jud, Die neue Gewährleistung, § 932 Rz 2 ff; Krejci, Zum neuen Gewährleistungsrecht, VR 2001, 201 [206, 208 ff]; P. Bydlinski in KBB § 932 Rz 2; Ofner in Schwimann ABGB3, § 932 Rz 6; Kletecka, Gewährleistung neu, § 932 Rz 2). Allerdings wird im Gesetzestext und in den Erläuterungen zu Abs 4 die Möglichkeit des Einwandes quasi „vorausgesetzt" und ist weitgehend unstrittig, dass jedenfalls dem Unternehmer (Übergeber), dieser Einwand zusteht (Welser/Jud, Die neue Gewährleistung, § 932 Rz 17; P. Bydlinski in KBB § 932 Rz 18 - auch zur Behauptungs- und Beweislast mwN; Ofner in Schwimann ABGB3, § 932 Rz 49; Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht, 118; Kletecka, Gewährleistung neu, § 932 Rz 12 nimmt letztlich dazu nicht näher Stellung). Entscheidend sind jedoch hier die Kriterien.
Zwar findet sich die Formulierung des „unverhältnismäßig hohen Aufwandes" in Abs 4 des § 932 ABGB auch in § 932 Abs 2 ABGB. Der in § 932 Abs 2 ABGB dem Unternehmer (Übergeber) eingeräumte und dort näher definierte (Wert der Sache, Schwere des Mangels, Unannehmlichkeit für Übernehmer...) Einwand der „Unverhältnismäßigkeit" bezieht sich aber nur auf das Verhältnis zwischen den beiden dort vorgesehene primären Varianten (Verbesserung/Austausch). Die vom Gesetzgeber in § 932 Abs 2 ABGB vorgegebenen Beurteilungsmechanismen und deren Gewichtung können nicht für den Einwand des Unternehmers (Übergebers) gegen die Wahl des Bestellers zwischen den beiden primären Abhilfen (Verbesserung/Austausch) auch für die hier anstehende Beurteilung des Einwandes gegen eine primäre Abhilfe (Austausch) durch Verweis auf eine sekundäre Abhilfe (Preisminderung) übertragen werden. Die Kriterien für den Vergleich der beiden primären Varianten (Austausch/Verbesserung) in § 932 Abs 2 ABGB sind stark auf die Spezifika dieses Vergleiches zugeschnitten und passen nicht. Dagegen die Gewichtigkeit der Einwendungen nach § 932 Abs 2 ABGB (Verbesserung statt Austausch oder umgekehrt) auf die Einwendungen gegen die primären Abhilfen überhaupt durch Verweis auf sekundäre Abhilfen nach § 932 Abs 4 ABGB (Preisminderung/Wandlung) zu übertragen, spricht der - wenngleich unter anderem Aspekt - stets betonte Vorrang der primären Abhilfen (Verbesserung/Austausch, „Erfüllungsansprüche")- gegenüber „sekundären" Abhilfen. Nur bei den beiden primären Abhilfen erhält der Besteller (Übernehmer) letztlich den ihm zugesagten Vertragsgegenstand. Die Schwelle für einen erfolgreichen Einwand der „Unverhältnismäßigkeit" gegen alle primären Abhilfen ist also höher und anders anzusetzen. Der Verweis der RV auf die frühere Rechtsprechung zur Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes der Verbesserung ist für die im vorliegenden Fall anzustellende Beurteilung zutreffend, hinsichtlich der Vergleiches der beiden primären Abhilfen nach Abs 2 des § 932 ABGB aber zu relativieren (zur „Unbehebbarkeit" des Mangels noch zu § 932 ABGB idF vor dem GewRÄG Reischauer in Rummel ABGB3 § 932 Rz 1; vgl zum unterschiedlichen Ansatzpunkt P. Bydklinsky in KBB § 932 Rz 4; Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht, 104). Ein „Vergleich" im eigentlichen Sinne etwa des hier begehrten Austausches mit den „sekundären" Abhilfen (Preisminderung/Wandlung) wie nach § 932 Abs 2 ABGB zwischen den beiden primären Abhilfen - Austausch/Verbesserung - kommt nicht in Betracht. Damit wären im Übrigen auch zusätzliche praktische Schwierigkeiten (Erfordernis der Feststellung zahlreicher zusätzlicher Paramenter) verbunden. Die mit der vom Besteller gewünschten „Abhilfe" (Verbesserung) gegenüber der vom Unternehmer eingewendeten „anderen Abhilfe" (Preisminderung) für den Besteller entstehenden Vorteile müssten dann mit den für den Unternehmer entstehenden Mehraufwendungen verglichen werden (Faber, Handbuch zum neuen Gewährleistungsrecht, 120 f; Ofner in Schwimann ABGB3, § 932 Rz 49). Dazu müssten dann etwa zusätzlich die für die Preisminderung entstehenden Aufwendungen festgestellt werden (zur Übertragung des Verhältnisses des Wertes der mängelfreien Sache zur mangelhaften Sache auf den Kaufpreis RV 422 BlgNR 21 GP; P. Bydlinski in KBB § 932 Rz 21; Ofner in Schwimann ABGB3, § 932 Rz 65 uva).
Der Oberste Gerichtshof geht daher davon aus, dass auch nach der neuen Rechtslage die „Unverhältnismäßigkeit" der Verbesserung iSd § 932 Abs 4 ABGB nicht - wie nach § 932 Abs 2 ABGB - „relativ" im Verhältnis zu einer konkreten sekundären Abhilfe (Preisminderung) zu beurteilen ist, sondern wie bisher „absolut" und gewichtiger. Dieses Ergebnis befindet sich auch durchaus in Einklang mit der sogenannten Verbrauchsgüterkauf-Richtline 1999/44/EG, deren Umsetzung eines der wesentlichen Anliegen der Neuregelung des § 932 ABGB war (vgl dazu, dass es auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereiches bei einer einheitlichen, an der Richtlinie orientierten gesetzlichen Ausgestaltung regelmäßig zielführend ist, diese möglichst richtlinienkonform zu interpretieren dazu Faber, Handbuch zum Gewährleistungsrecht, 46 f; EuGH Rs C-267/99 Adam Rz 27 mwN). Wird doch auch Art 3 Abs 3 der RL dahin interpretiert, dass der Einwand der Unverhältnismäßigkeit überhaupt nur beim Vergleich zwischen den beiden primären Abhilfen (Verbesserung/Austausch) zum Tragen kommt, nicht aber um diese überhaupt auszuschließen (vgl dazu, dass auf die „Unmöglichkeit" im Sinne des § 275 Abs 2 BGB - grobes Missverhältnis zwischen Leistungsinteresse und Aufwand unter Beachtung von Treu und Glaube und inwieweit der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat - abzustellen wäre Faust in Bamberger/Roth, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 439 Rz 37; Matusche-Beckmann in Staudinger § 439 Rz 41 f; Canaris, Die Behandlung nicht zu vertretender Leistungshindernisse nach § 275 Abs 2 BGB beim Stückkauf JZ 5/2005, 214, [219f]; Pfeiffer, Unkorrektheit bei der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in das deutsche Recht, ZGS 6/7 2002, 217; zur möglichst restriktiven Auslegung H. P. Westermann im Münchner Kommentar4 § 439 Rz 21).
Die „absolute" Unverhältnismäßigkeit im oben dargestellten Sinne kann dann - wie bisher - bejaht werden, wenn der mit der Verbesserung verbundene Aufwand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Mangels für den Besteller steht, wobei dabei insbesondere die für den Besteller durch den Verweis auf die bloßen Geldansprüche (Preisminderung) verbundenen zusätzlichen Unannehmlichkeiten zu berücksichtigen sind. Ist die Beeinträchtigung des Bestellers als wesentlich anzusehen, so werden auch über den Wert des Werkes liegende Kosten für die Verbesserung aufzuwenden sein (dazu schon RIS-Justiz RS0022044 mwN zuletzt etwa 5 Ob 57/06b; RIS-Justiz RS0022063 mwN zuletzt 6 Ob 147/04t). Der Wert des Werkes als solcher ist also nicht die Grenze für die Verbesserungsaufwendungen. Entscheidend ist die konkrete Bedeutung der Behebung des Mangels für den Besteller (Übernehmer) im Verhältnis zu den für den Unternehmer (Übergeber) entstehenden Aufwendungen (RIS-Justiz RS0022044 mwN etwa OGH 7 Ob 131/99m; zur „Behebbarkeit" RIS-Justiz RS0022063 mwN). Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass selbst dann, wenn es dem Beklagten gelänge, den Kläger auf die „sekundären" Abhilfen im Sinne des Abs 4 zu verweisen, diesem die Möglichkeit offen steht, die im Ergebnis wirtschaftlich ähnliche Wandlung zu begehren, soweit nicht bloß von einem geringfügigen Mangel auszugehen wäre (dazu näheres OGH RIS-Justiz RS0119978 und RS0120322 mwN).
Hier wurden nun Feststellungen zu den Aufwendungen des Unternehmers aus der begehrten Verbesserung (28.000 EUR) getroffen, die das Auftragsvolumen, das offensichtlich etwa 20.000 EUR beträgt, deutlich übersteigt. Dies könnte - wie eben ausgeführt - allein die „Unverhältnismäßigkeit" noch nicht begründen. Konkrete Feststellungen zu den behaupteten Funktionsbeeinträchtigungen (konkrete Verringerung der Lebensdauer, geringere „Ansehnlichkeit"; mangelnde Eignung für ein Appartementhaus; allenfalls auch Gründe für einen sofortigen Austausch) wurden aber nicht getroffen.
Damit erweist sich der Rekurs der Beklagten zwar als zulässig, jedoch im Ergebnis nicht als berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.