OGH 21.10.1986, 14Ob159/86
Rechtssätze
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Normen | BArbUG §7 Abs3 UrlG §4 Abs2 |
RS0052327 | Der Gesetzgeber hat jedoch den dritten Tatbestand des § 7 Abs 3 BArbUG (= § 4 Abs 2 UrlG) derart formuliert, daß dieser als Generalklausel die nicht in den beiden ersten Tatbeständen genannten Fälle deckt. Es darf daher ganz allgemein für Zeiten, für welche die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unter Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus andere Gründe (als eines Urlaubsverbrauches) entfällt, der Urlaubsverbrauch nicht vereinbart werden. Der Arbeitnehmer soll nicht durch derartige Doppelanrechnungen um Urlaubsansprüche gebracht werden. |
Normen | BArbUG §7 Abs3 UrlG §4 Abs2 |
RS0052331 | Wenn ein bestimmter Arbeitstag allen Arbeitnehmern unter Entgeltfortzahlung freigegeben wird, darf diese Begünstigung nicht willkürlich für einzelne Arbeitnehmer dadurch wieder aufgehoben werden, daß ihnen dieser Tag auf den Gebührenurlaub angerechnet wird. § 7 Abs 3 BArbUG (§ 4 Abs 2 UrlG) gilt nicht nur für Freistellungsfälle, die auf dem Gesetz beruhen, sondern auch für alle Zeiträume, für die dem Arbeitnehmer nach KollV, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ein Entgeltanspruch zusteht. |
Norm | BArbUG §7 Abs3 |
RS0052340 | Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des § 7 Abs 3 BArbUG in erster Linie an typische Fälle persönlicher Arbeitsverhinderung einzelner Arbeitnehmer und sonstige wichtige, die Person des Arbeitnehmer betreffende Gründe gedacht (zB § 1154 b ABGB, § 8 Abs 3 AngG), doch trifft der Zweck des Gesetzes nicht nur für jene Freistellungsfälle zu, die sich aus einer persönlichen Arbeitsverhinderung einzelner Arbeitgeber ergeben, sondern auch auf generelle Freistellungen. |
Normen | BArbUG §7 Abs3 UrlG §4 Abs2 |
RS0052352 | Diese Bestimmungen beschränken die Parteien des Arbeitsvertrages bei Vereinbarungen über den Antritt und die zeitliche Lage des Urlaubs. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Hon.Prof. Dr. Gottfried Winkler und Hon.Prof. Dr. Hanns Waas als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich W***, Polier, Thalgau 330, vertreten durch Dr. Hans Werner Mitterauer, Referent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, dieser vertreten durch Dr. Norbert Ropper, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Parei Firma Ing. E*** & S***
Gesellschaft mbH, Bauunternehmung in Salzburg, Lerchenstraße 60, vertreten durch Dr. Günther Pullmann, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert S 5.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom , GZ. 31 Cg 32/86-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom , GZ. Cr 79/86-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 120,-- (Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist bei der beklagten Bauunternehmung als Polier beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis findet der Kollektivvertrag für Arbeiter der Bauindustrie und des Baugewerbes (im folgenden: KV) Anwendung, der in § 2 Abs 6 normiert, daß der 24. Dezember und der 31. Dezember dann, wenn sie auf einen Arbeitstag fallen, unter Fortzahlung des Entgelts arbeitsfrei sind. Der Kläger nahm im Einvernehmen mit der beklagten Partei vom bis Urlaub. Die beklagte Partei rechnete dem Kläger den
24. und (die jeweils auf einen Arbeitstag fielen) als Urlaub an.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß der 24. und "nicht als Urlaub gelten" (dh ihm nicht auf seinen Urlaubsanspruch anzurechnen seien), weil nach § 7 Abs 3 Bauarbeiterurlaubsgesetz (BauArbUrlG) für Zeiträume, während deren ein Arbeitnehmer (sonst) Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung habe, der Urlaubsantritt nicht vereinbart werden dürfe, wenn diese Umstände bereits bei Abschluß der Vereinbarung bekannt seien. Geschehe dies dennoch, gelte der Zeitraum der Arbeitsverhinderung nicht als Urlaub.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die dem § 4 Abs 2 UrlG wörtlich entsprechende Bestimmung des § 7 Abs 3 BauArbUrlG nur Fälle von Arbeitsverhinderungen wie Erkrankungen, Unglücksfälle, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Pflegefreistellungen, nicht aber die in § 2 Z 6 KV normierte Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung umfasse. Der 24. und seien keine gesetzliche Feiertage und daher als Werktage auf den Urlaub voll anzurechnen. So habe der Oberste Gerichtshof auch in einem ähnlichen Fall (4 Ob 132/84 = Arb 10.432 = JBl 1985, 694) entschieden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es war der Ansicht, daß als Zeiträume im Sinne des § 7 Abs 3 BauArbUrlG und des § 4 Abs 2 UrlG, "während deren ein Arbeitnehmer ... sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat", auch kollektivvertragliche Dienstfreistellungen mit Anspruch auf Entgeltfortzahlung anzusehen seien. Sinn der Regelung sei, Werktage, für die der Arbeitnehmer bereits Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung erworben habe, nicht auch noch auf den Urlaub anrechnen zu lassen. Da für den 24. und ein Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung bestand, hätte ein Urlaubsverbrauch für diese Tage bei sonstiger Nichtigkeit nicht vereinbart werden dürfen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 132/84, betreffe insofern einen anderen Sachverhalt, als es sich dort um einen arbeitsfreien Samstag gehandelt habe. Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem und traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht. Es gab der Berufung der beklagten Partei Folge, änderte das Ersturteil im Sinne der Klagsabweisung ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 2.000,-- übersteigt.
Die zweite Instanz war der Ansicht, daß der dritte Tatbestand des § 7 Abs 3 BauArbUrlG ("während deren ein Arbeitnehmer sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat") die im § 2 Abs 6 KV vorgesehene Arbeitsfreistellung am 24. und nicht umfasse. Es bestehe kein Anlaß, von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 132/84, abzugehen. § 7 Abs 3 BauArbUrlG verhindere, daß sich ein Arbeitnehmer Urlaub anstelle der ihm auf Grund anderer Bestimmungen aus persönlichen Gründen zustehenden Freizeit nehmen müsse.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist berechtigt. Die §§ 7 Abs 3 BauArbUrlG und 4 Abs 2 UrlG sehen gleichlautend vor, daß für Zeiträume,
(a) während deren ein Arbeitnehmer aus einem der in § 2 Entgeltfortzahlungsgesetz 1974, BGBl. Nr. 399, genannten Gründe an der Arbeitsleistung verhindert ist,
(b) während deren er Anspruch auf Pflegefreistellung oder (c) während deren er sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat, der Urlaubsantritt nicht vereinbart werden darf, wenn diese Umstände bereits bei Abschluß der Vereinbarung bekannt waren. Geschieht dies dennoch, gilt der Zeitraum der Arbietsverhinderung nicht als Urlaub.
Diese Bestimmungen beschränken die Parteien des Arbeitsvertrages bei Vereinbarungen über den Antritt und die zeitliche Lage des Urlaubs. Das Urlaubsgesetz verbietet die Vereinbarung des Urlaubsverbrauches für Zeiten, für welche die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unter Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes aus anderen Gründen entfällt (AB 276 BlgNR 14. GP, 3). Wird entgegen dem gesetzlichen Verbot der Urlaub trotzdem für die Zeit der Arbeitsverhinderung vereinbart, so zählen die in die Zeiten der Arbeitsverhinderung fallenden Urlaubstage nicht auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch (Klein-Martinek, Urlaubsrecht 61 f). Wie sich aus der Umschreibung der beiden ersten Tatbestände (a und b) und aus der Verwendung des Begriffes "Arbeitsverhinderung" in § 7 Abs 3 Satz 2 BauArbUrlG ergibt, hat zwar der Gesetzgeber bei der dargestellten Regelung in erster Linie an typische Fälle persönlicher Arbeitsverhinderung einzelner Arbeitnehmer, wie Erkrankungen, Unglücksfälle, Kuraufenthalte (lit. a), Pflegefreistellungen (lit. b) und sonstige wichtige, die Person des Arbeitnehmers betreffende Gründe gedacht (zB § 1154 b ABGB, § 8 Abs 3 AngG; weitere Beispiele bei Klein-Martinek aaO 62 f; Cerny, Urlaubsrecht 2 68 f; Adametz-Basalka-Mayr-Stummvoll, KommzUrlG 60 f). Der Gesetzgeber hat jedoch den dritten Tatbestand des § 7 Abs 3 BauArbUrlG (= § 4 Abs 2 UrlG) derart formuliert ("... der Arbeitnehmer sonst Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Entfall der Arbeitsleistung hat ..."), daß dieser als Generalklausel die nicht in den beiden ersten Tatbeständen genannten Fälle deckt. Es darf daher ganz allgemein für Zeiten, für welche die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unter Anspruch auf Entgeltfortzahlung aus anderen Gründen (als eines Urlaubsverbrauches) entfällt, der Urlaubsverbrauch nicht vereinbart werden. Der Arbeitnehmer soll nicht durch derartige Doppelanrechnungen um Urlaubsansprüche gebracht werden. Dieser Zweck des Gesetzes trifft nicht nur für jene Freistellungsfälle zu, die sich aus einer persönlichen Arbeitsverhinderung einzelner Arbeitnehmer ergeben, sondern auch auf generelle Freistellungen. Wenn ein bestimmter Arbeitstag allen Arbeitnehmern unter Entgeltfortzahlung freigegeben wird, darf diese Begünstigung nicht willkürlich für einzelne Arbeitnehmer dadurch wieder aufgehoben werden, daß ihnen dieser Tag auf den Gebührenurlaub angerechnet wird. § 7 Abs 3 BauArbUrlG (§ 4 Abs 2 UrlG) gilt nicht nur für Freistellungsfälle, die auf dem Gesetz beruhen, sondern auch für alle Zeiträume, für die dem Arbeitnehmer nach Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ein Entgeltanspruch zusteht (Cerny aaO 68). Die beklagte Partei durfte daher dem Kläger den 24. Dezember und den , die in diesem Jahr auf einen Arbeitstag fielen und für die daher nach dem Kollektivvertrag ein Entgeltanspruch bestand, nicht auf den Urlaub anrechnen.
Aus der Entscheidung des erkennenden Senates vom , 4 Ob 132/84 ist nichts Gegenteiliges abzuleiten. Diese Entscheidung betraf die Anrechnung eines arbeitsfreien Samstages, für den kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestand, auf den Urlaub, so daß dort § 4 Abs 2 UrlG nicht anzuwenden war. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Im Berufungsverfahren hat der Kläger Kosten nicht verzeichnet.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00159.86.1021.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAD-88246