OGH vom 19.12.2013, 9Ob59/13m

OGH vom 19.12.2013, 9Ob59/13m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** L*****, vertreten durch Peissl Partner Rechtsanwälte OG in Köflach, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei R***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Bartl Partner Rechtsanwälte KG in Graz, gegen die beklagte Partei K***** R*****, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen 16.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom , GZ 5 R 216/12t 42, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 20 Cg 49/11g 38, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.049,04 EUR (darin 174,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich (§ 508 ZPO) zur Frage zugelassen, ob die zu Baubetreuungsverträgen ergangene Judikatur des Obersten Gerichtshofs, nämlich dass der Werkunternehmer die vereinbarten Vorauszahlungen vom Werkbesteller dann nicht mehr begehren könne, wenn er keine Schlussrechnung lege, obwohl ihm dies bereits möglich sei, für alle Werkverträge gelte.

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Die vom Berufungsgericht der Zulassung der Revision zugrundegelegte Frage ist zur Lösung des konkreten Falls nicht erforderlich und daher keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0088931 [T2]). Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

Die Beklagte beauftragte den Kläger Ende Juli 2010 mit der Herstellung einer neuen Dachhaut an einem Wohnhaus samt Nebengebäude. Die dafür notwendigen Materialien sowie die Zimmermanns , Dachdecker und Spenglerarbeiten sollten insgesamt etwa 31.486,68 EUR brutto ausmachen. Die endgültige Abrechnung der Arbeiten sollte nach dem tatsächlichen Aufwand erfolgen. Die Parteien trafen folgende Zahlungsvereinbarung: Vor Baubeginn hat die Beklagte eine Anzahlung von 8.000 EUR, nach Beendigung der Zimmermannsarbeiten eine Teilzahlung von 8.000 EUR, nach Beendigung der Spenglerarbeiten eine weitere Teilzahlung von 8.000 EUR und den restlichen Werklohn nach Gesamtfertigstellung zu leisten.

Die Beklagte leistete die vereinbarte Anzahlung. Die Bezahlung der beiden vom Kläger gelegten (und nun verfahrensgegenständlichen) Teilrechnungen über jeweils 8.000 EUR verweigerte sie ua mit der Begründung, dass die Werkleistungen mit Mängeln behaftet seien.

Die Teilwerke des Klägers bzw der von ihm als Subunternehmerin beauftragten Nebenintervenientin weisen Mängel auf, deren Behebung einen Aufwand von 4.895 EUR erfordert. Der Kläger hat sich im Verfahren bereit erklärt, die Mängel zu beheben.

Der Kläger stützte im erstinstanzlichen Verfahren soweit hier relevant die Fälligkeit seiner Werklohnforderung zunächst darauf, dass die Zimmermanns- und Spenglerarbeiten ordnungsgemäß fertiggestellt worden seien. In einer Stellungnahme zu Beweisanträgen der Beklagten (ON 30) vertrat er zudem die (Rechts )Ansicht, dass die vorhandenen Mängel den Eintritt der Fälligkeit der Klagsforderung nicht hindern, weil die Zimmermanns und Spenglerarbeiten insgesamt als fertiggestellt zu qualifizieren seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Beklagten stünde wegen der bestehenden Mängel am Werk gemäß §§ 1052, 1170 ABGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Bei den vereinbarten Teilzahlungen handle es sich nach dem Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung um Vorschüsse auf den Werklohn, die bei Fälligkeit eingeklagt werden könnten. Ein Leistungsverweigerungsrecht wegen bestehender Mängel bestehe in diesem Fall nicht. Eine ergänzende Vertragsauslegung führe jedoch zum Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers auf Vorauszahlung dann nicht mehr bestehen solle, wenn er grundlos keine Schlussrechnung lege und damit die Beklagte daran hindere, ihr Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen. Dies sei hier der Fall. Bereits im vergleichbaren Fall eines Baubetreuers (1 Ob 563/91) habe der Oberste Gerichtshof diese Rechtsansicht vertreten.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger stützt die Zulässigkeit seiner Revision auf keinen anderen als vom Berufungsgericht in seiner nachträglichen Zulassung aufgezeigten Aspekt. Auf diesen kommt es aber bei der Beurteilung der vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlage aber nicht an.

Gemäß § 1170 erster Satz ABGB ist in der Regel das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Diese die Fälligkeit der Werklohnforderung normierende Bestimmung ist daher dispositiv (SZ 54/35; vgl 8 Ob 177/97f; M. Bydlinski in KBB³ § 1170 Rz 1; Rebhahn in Schwimann ABGB³ V § 1170 Rz 1; Krejci in Rummel ³, § 1170 ABGB Rz 2 mwN). Der vorliegende Werkvertrag sieht abgesehen von einer von der Beklagten schon vorab geleisteten Anzahlung die Fälligkeit von Teilen des Entgelts nach Fertigstellung von Teilwerken vor. Damit haben die Parteien (nur) eine § 1170 erster Satz ABGB („nach vollendetem Werk“) modifizierende Vereinbarung getroffen. Dass diesen vereinbarten Teilzahlungen aber zudem Vorleistungscharakter zukommen sollte, also die gegenständlichen Teilrechnungen unabhängig vom Vorliegen allfälliger Mängel zur Zahlung durch die Beklagte fällig sein sollten (vgl 4 Ob 105/12p; RIS Justiz RS0019881), lässt sich der Vereinbarung aber nicht entnehmen (§ 914 ABGB). Tatsachenbehauptungen über eine gegenteilige Parteienabsicht hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auch nie aufgestellt. Soweit er nunmehr im Revisionsverfahren im Zusammenhang mit einer anderen von ihm gewünschten Vertragsauslegung ergänzende Feststellungen zum Parteiwillen releviert, verstößt er gegen das Neuerungsverbot (§ 504 ZPO). Der vom Berufungsgericht und vom Revisionswerber relevierten Rechtsfrage kommt bei der vorliegenden Vertragsgestaltung keine Bedeutung zu.

Insgesamt war daher die Revision des Klägers mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RIS Justiz RS0035979).