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VfGH vom 25.09.2007, B1785/06

VfGH vom 25.09.2007, B1785/06

Sammlungsnummer

18203

Leitsatz

Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags mangels Versäumung der Beschwerdefrist; rechtswirksame Zustellung infolge krankheitsbedingter Ortsabwesenheit des formellen Empfängers für die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse nach dessen Rückkehr; Legitimation zur Beschwerdeführung hinsichtlich einer Streitigkeit zwischen Partnern eines Einzelvertrages gegeben auch angesichts eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens vor der Landesbzw Bundesschiedskommission über die Auslegung der Honorarordnung als Bestandteil des Gesamtvertrages; willkürliche Abweisung des Antrags der Gebietskrankenkasse auf Feststellung der Berechtigung zur Streichung einer Honorarposition aus der Abrechnung mit einem Zahnarzt wegen ausschließlichen Abstellens auf die bisher geübte Abrechnungspraxis

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen

die Versäumung der Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.

II. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen

Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.160,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Salzburger Gebietskrankenkasse (im Folgenden: SGKK) steht mit der beteiligten Partei, einem Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, in einem Einzelvertragsverhältnis. Sie beantragte bei der Paritätischen Schiedskommission für Salzburg die Feststellung, dass sie zur Streichung näher bezeichneter Honorarpositionen aus der Abrechung der beteiligten Partei im 3. bzw. 4 Quartal 2003 berechtigt sei. Mit dem im Devolutionsweg (§344 Abs 3, § 345 Abs 2 Z 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG) ergangenen angefochtenen Bescheid der Landesberufungskommission für das Bundesland Salzburg (im Folgenden: LBK) wurde dieser Antrag abgewiesen, weil die strittige Honorarposition 10 des Honorartarifes für konservierend-chirurgische Zahnbehandlungen für denselben Zahn mehrmals im Quartal verrechnet werden könne.

2. Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, ist dieser Bescheid am bei der Poststelle der SGKK eingegangen.

3. Mit einem am zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt die SGKK als antragstellende Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist. Unter einem wird eine Beschwerde gemäß Art 144 B-VG erhoben, in der die kostenpflichtige Aufhebung des - keinem weiteren Instanzenzug unterliegenden (§345 Abs 3 iVm § 346 Abs 7 ASVG) - oben genannten Bescheides beantragt wird.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Die beteiligte Partei erstattete unter Vorlage von Urkunden mehrere Äußerungen und beantragte, den Wiedereinsetzungsantrag ab- und die Beschwerde zurück-, in eventu abzuweisen. Die beschwerdeführende Partei erstattete unter Vorlage von Urkunden eine Replik.

II. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig:

1. Die beschwerdeführende Partei begründet ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen damit, dass der angefochtene Bescheid an den Parteienvertreter der SGKK im Verfahren vor der belangten Behörde, "Dr. M K, p.A. SGKK", adressiert worden sei. M K habe am einen Unfall erlitten und sich bis im Krankenstand befunden. Der Bescheid sei von ihm am Abend des in der Postmappe vorgefunden, sogleich geöffnet und zur Erhebung einer Beschwerde an den Rechtsvertreter der SGKK übergeben worden. Für den Fall der Fristversäumnis treffe die Beschwerdeführerin daher kein Verschulden und werde hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist beantragt.

Als Bescheinigungsmittel wurden der Rückschein des den angefochtenen Bescheid enthaltenden RSb-Briefes, der als Empfänger "Dr. M K, p.A. SGKK, Faberstraße 19-23, 5020 Salzburg" und als Absender "Landeszahnärztekammer für Salzburg als Geschäftsstelle der Landesberufungskommission" mitsamt dem Aktenzeichen des angefochtenen Bescheides "ZÄK 1/05" angibt, der Eingangsstempel der SGKK sowie Krankenstandsbestätigungen des M K (betreffend eine Gipsbehandlung) beigelegt.

2. Die belangte Behörde hat in der im Verwaltungsakt einliegenden Zustellverfügung den "Antragstellervertreter", also M K, als (formellen) Empfänger für die SGKK, für die der angefochtene Bescheid seinem Inhalt nach bestimmt ist, bezeichnet (zur Zulässigkeit einer solchen Zustellverfügung vgl. ). Dieser ist auch auf dem Zustellnachweis als Adressat angeführt. Die rechtswirksame Zustellung an die SGKK als beschwerdeführende Partei im vorliegenden Verfahren gemäß Art 144 B-VG war daher infolge krankheitsbedingter Ortsabwesenheit des M K jedenfalls erst am bewirkt, wobei dahin stehen kann, ob die Zustellung an diesem Tag im Wege einer Heilung gemäß § 7 ZustG (Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens) oder - zieht man eine Ersatzzustellung an die Poststelle in Betracht - zufolge der gesetzlichen Anordnung des § 16 Abs 5 ZustG (der der Rückkehr an die Abgabestelle folgende Tag) erfolgte.

Die sechswöchige Beschwerdefrist (§82 Abs 1 VfGG) war daher bei der Postaufgabe () der vorliegenden Beschwerde noch offen.

3. Da somit eine Versäumung einer Frist nicht stattgefunden hat, war der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Vorliegens dieser Voraussetzung (§146 Abs 1 ZPO iVm § 33 und § 35 Abs 1 VfGG) zurückzuweisen.

III. 1. Die maßgeblichen Bestimmungen des ASVG lauten:

"Gesamtverträge

§341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

(2) ...

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

...

Inhalt der Gesamtverträge

§342. (1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

...

3. die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte und Vertrags-Gruppenpraxen, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung;


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...

(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärzten und Vertrags-Gruppenpraxen ist grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in Honorarordnungen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§131) bzw. für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.

...

Zahnärzte/Zahnärztinnen

§343d. (1) Auf die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den Angehörigen des zahnärztlichen Berufs nach dem Zahnärztegesetz finden die Bestimmungen dieses Abschnittes mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle der Österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern die Österreichische Zahnärztekammer tritt.

(2) Im Verfahren nach § 345 ist Abs 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass zwei Beisitzer/Beisitzerinnen auf Vorschlag der Österreichischen Zahnärztekammer bestellt werden, wobei Angehörige und Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen jener Landeszahnärztekammer nach dem Zahnärztekammergesetz, BGBl. I Nr. 154/2005, die dem Gesamtvertrag unterliegt, auf dem der streitgegenständliche Einzelvertrag beruht, nicht Beisitzer/Beisitzerin sein dürfen.

Paritätische Schiedskommission

§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

(2) ...

(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.

(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.

Landesberufungskommission

§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter als Vorsitzendem und vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muss ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer sind vom Bundesminister für Justiz auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes zu bestellen. Versicherungsvertreter(innen) und Arbeitnehmer(innen) jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer(innen) jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem der streitgegenständliche Einzelvertrag beruht, dürfen im jeweiligen Verfahren nicht Beisitzer sein.

(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:

1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und


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2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3.

(3) § 346 Abs 3 bis 7 gelten sinngemäß auch für die Landesberufungskommission und deren Mitglieder.

...

Bundesschiedskommission

§ 346. (1)-(5) ...

(6) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.

(7) Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege."

2. Die hier - für das Jahr 2003 - maßgebliche Honorarposition 10 des Honorartarifes für konservierend-chirurgische Zahnbehandlungen lautet:

"Eckenaufbau bzw. Aufbau einer Schneidekante an Front- und Eckzähnen, pro Zahn (siehe Z 6 der Erl.) € 75,40"

Die verwiesene Z 6 der Erläuterungen lautet:

"Ein Eckenaufbau bzw. Aufbau einer Schneidekante sowie gleichzeitig am selben Zahn gelegte Füllungen sind mit allen gebräuchlichen plastischen Materialien (z.B. auch lichtgehärtete Kunststoffe) und nach jeder direkten Methode (z.B. auch Säureätztechnik) anzufertigen. Die Haltbarkeit eines Ecken- bzw. Schneidekantenaufbaues soll sich in der Regel auf zwei Jahre erstrecken. Eine vorzeitige Wiederholung eines Ecken- bzw. Schneidekantenaufbaues ist nur mit vorheriger Genehmigung des Krankenversicherungsträgers verrechenbar. Bei überkronten Zähnen sind Eckenaufbauten bzw. Schneidekantenaufbauten im zeitlichen Zusammenhang nicht verrechenbar."

IV. A. Zur Zulässigkeit:

1. Die Beschwerde ist rechtzeitig eingebracht worden (siehe oben Pkt. II.3.).

2.1. Die am Verfahren beteiligte Partei behauptet, die beschwerdeführende Partei habe ihr rechtliches Interesse an der vorliegenden Beschwerde verloren, weil mit Bescheid der Landesschiedskommission für das Bundesland Salzburg vom , LSK Zä 5/06, der Antrag der SGKK auf Feststellung, dass die auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren strittige Honorarposition für einen Patienten in einem Abrechnungszeitraum pro Zahn nur einmal verrechnet werden könne, abgewiesen wurde.

Dagegen wendet die SGKK ein, dass dieser Bescheid nicht rechtskräftig geworden sei, weil sie eine Berufung an die Bundesschiedskommission erhoben habe. Ihr rechtliches Interesse bestehe weiterhin, da es im Verfahren vor der Landes- bzw. Bundesschiedskommission um die allgemeine Auslegung der strittigen Honorarposition gehe, während das gegenständliche Beschwerdeverfahren eine konkrete Honorarstreitigkeit betreffe.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass es der gegen einen Bescheid der LBK beschwerdeführenden Partei in Hinblick auf ein - soweit aus den Verwaltungsakten ersichtlich - noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren vor der Landes- bzw. Bundesschiedskommission über die Auslegung einer auch für die Entscheidung der vorliegenden Beschwerde maßgeblichen Honorarposition an der Legitimation zur Beschwerdeführung fehle oder gar eine entschiedene Sache vorliege:

Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt (siehe zuletzt etwa VfSlg. 16.463/2002, 16.607/2002) zur Frage der Gültigkeit von Honorarbestimmungen eines Gesamtvertrages ausgesprochen hat, sind Streitigkeiten zwischen den Parteien des Gesamtvertrages über dessen Auslegung und Anwendung in erster Instanz vor der Landesschiedskommission und in zweiter Instanz vor der Bundesschiedskommission auszutragen; zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Partnern der Einzelverträge, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist hingegen in erster Instanz die paritätische Schiedskommission, in zweiter Instanz die Landesberufungskommission zuständig. Die zuletzt genannte Zuständigkeit umfasst auch die Kompetenz, im Zuge der Feststellung des Inhalts des Einzelvertrages vorfrageweise die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages oder einer dazu geschlossenen Zusatzvereinbarung zu beurteilen, die sie - ihre Gültigkeit vorausgesetzt - als Inhalt des jeweils in Rede stehenden Einzelvertrages ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hätte.

Soweit also als notwendiges Element der rechtlichen Beurteilung durch die zur Entscheidung über den Einzelvertrag berufenen Behörden auch Fragen der Gültigkeit (und damit insoweit auch des "ob" der Einwirkung der betreffenden Bestimmungen des Gesamtvertrages und der dazu geschlossenen Zusatzvereinbarungen auf den Einzelvertrag) zu prüfen sind, gleicht der Gegenstand der rechtlichen Beurteilung zwar jenem der Landesschiedskommission (bzw. der Bundesschiedskommission) bei der Entscheidung von Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages (vgl. Mosler, in: Strasser [Hrsg.], Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 1995, 403), wobei jedoch zu beachten ist, dass die bloß vorfrageweise Beurteilung der Gültigkeit des Gesamtvertrages für die zur Entscheidung über die Gültigkeit des Gesamtvertrages zuständige Landesschiedskommission keine Bindungswirkung zu entfalten vermag (vgl. zB VfSlg. 15.178/1998, 15.560/1999, 15.698/1999).

2.3. Nichts anderes kann aber für die Auslegung einer einen Bestandteil des Gesamtvertrages bildenden Honorarordnung durch die LBK in Zusammenhang mit der Schlichtung einer Streitigkeit zwischen den Partnern eines Einzelvertrages gelten. Die beschwerdeführende Partei kann dadurch auch in ihren subjektiven Rechten verletzt sein, sodass sie zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde nach Art 144 B-VG legitimiert ist.

3. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

B. In der Sache:

1. Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage, ob die Honorarposition 10 für denselben Zahn mehrmals im Quartal verrechnet werden darf. Die belangte Behörde hat diese Frage unter Hinweis darauf bejaht, dass dies seit der Schaffung dieser Honorarposition im Jahr 1988 "in ständig geübter Praxis mit der Salzburger Gebietskrankenkasse" möglich gewesen sei, sofern der Grund für eine solche mehrmalige Verrechnung nicht in einer mangelhaften Leistung des Vertragszahnarztes lag. Eine solche mangelhafte Leistung sei von der beschwerdeführenden Partei aber nicht behauptet worden. Aufgrund dieser "vertraglichen Übung" sei die SGKK im vorliegenden Fall zur mehrmaligen Honorierung der strittigen Honorarposition 10 innerhalb eines Quartales verpflichtet. Das Vorliegen einer die Honorarposition 10 betreffenden einzelvertraglichen Vereinbarung, die gegen den Gesamtvertrag verstoße, sei von den Parteien des Schiedsverfahrens nicht behauptet worden. Eine gesamtvertragliche Auslegung der Honorarposition 10 könne "[a]ngesichts der faktischen Vertragsausübung zur Honorarabrechnung der Position 10" auf sich beruhen, da die LBK "für die Auslegung des Gesamtvertrages nicht generell, sondern nur im Zusammenhang mit einzelvertraglichen Streitigkeiten zuständig ist."

2. Die beschwerdeführende Partei behauptet Willkür, weil die belangte Behörde ihre Begründung ohne erkennbaren Grund "stets" zu ihrem Nachteil gewählt und sich mit ihrem wesentlichen Rechtsvorbringen nicht auseinandergesetzt habe. Die belangte Behörde habe in einem parallel laufenden Verfahren (zwischen der beschwerdeführenden und der beteiligten Partei) zur Auslegung einer anderen Honorarposition eine am Wortlaut orientierte Auslegung getroffen, während sie im vorliegenden Fall die in der Honorarordnung ausdrücklich enthaltene Verrechnungsbeschränkung "pro Zahn" ignoriere und auf eine bisher geübte Abrechnungspraxis abstelle. Eine bisher nicht erfolgte Beanstandung von einzelnen, gleich gelagerten Abrechnungsfällen könne den Gesamtvertrag im Hinblick auf dessen absolut zwingende Wirkung nicht ändern. Die Regeln über die Auslegung schuldrechtlicher Verträge und im Besonderen der § 863 ABGB seien auf Normenverträge nicht anzuwenden.

3. Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht:

3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Bedenken gegen Normen sind in der Beschwerde weder vorgebracht worden, noch beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass des vorliegenden Verfahrens entstanden.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die beschwerdeführende Partei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3.2. Ein solcher Vorwurf muss der belangten Behörde in der Tat gemacht werden:

Die belangte Behörde meint offenbar, auf eine Auslegung der maßgeblichen Honorarposition 10 verzichten zu können und begründet ihre Entscheidung ausschließlich mit der Berufung auf eine - von ihr als unstrittig angenommene - bisherige Praxis der Vertragspartner des Einzelvertrages. Sie begründet allerdings mit keinem Wort, warum ein solcher Vertragsusus neben dem Einzelvertrag oder - worauf die Begründung des angefochtenen Bescheides im Ergebnis hinausläuft - gar an dessen Stelle ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen sein sollte.

Unzutreffend ist auch, dass eine Auslegung der strittigen Honorarposition 10 im vorliegenden Fall "auf sich beruhen" könne. Die belangte Behörde hatte ihrer Entscheidung über die von der beschwerdeführenden Partei im Schiedsverfahren beantragte Feststellung vielmehr den Einzelvertrag zugrunde zu legen (vgl. § 344 Abs 1 ASVG, der von der "Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen", spricht). Dabei hatte sie nicht nur die - als Bestandteil des Gesamtvertrages auch einen Inhalt des Einzelvertrages bildende - Honorarposition 10 anzuwenden und - vorfrageweise (siehe oben Pkt. IV.A.2.2. und 2.3.) - auszulegen, sondern auch die in dieser Honorarposition verwiesene Erläuterung zu berücksichtigen. Danach soll sich die Haltbarkeit der in der Honorarposition 10 beschriebenen Leistungen "auf zwei Jahre erstrecken"; ihre "vorzeitige Wiederholung ... ist nur mit vorheriger Genehmigung des Krankenversicherungsträgers verrechenbar."

Die belangte Behörde hätte sich daher jedenfalls mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sich aus dieser Erläuterung nicht eine Honorarlimitierung dergestalt ergibt, dass eine mehrmalige Verrechnung der Honorarposition 10 für denselben Zahn innerhalb von zwei Jahren - und somit jedenfalls auch innerhalb eines Quartals - nur mit vorheriger Zustimmung des Krankenversicherungsträgers zulässig ist (zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Honorarlimitierungen vgl. VfSlg. 16.607/2002).

4. Die belangte Behörde ist demnach in mehreren entscheidungsrelevanten Punkten jede nachvollziehbare Begründung schuldig geblieben. Sie hat dadurch gegenüber der beschwerdeführenden Partei Willkür geübt und sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.

5. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 360,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.