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OGH vom 31.01.2007, 8ObA107/06b

OGH vom 31.01.2007, 8ObA107/06b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Helwig Aubauer und KR Ernst Boran als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig, Hainz, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Werner Masser ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Auskunft (Streitwert EUR 630,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 61/06a-10, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 5 Cga 239/05k-4, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe :

Die klagende Partei ist eine der Tochtergesellschaften eines weltweit operierenden Speditionsunternehmens und beschäftigt in Deutschland etwa 3.500 Arbeitnehmer. Der Konzern, zu dem die Klägerin gehört, hat seine Leitung in der Schweiz und hat allein in der Europäischen Union in 22 Mitgliedstaaten Speditionsunternehmen. Die Klägerin ist eines der zu diesem Konzern gehörenden Unternehmen, hat aber die höchste Anzahl von Beschäftigten in den Mitgliedstaaten.

Bereits seit 1999 versucht der Gesamtbetriebsrat bei der Klägerin einen Europäischen Betriebsrat zu errichten und verlangt von der Klägerin als „fiktive" Konzernleitung Auskünfte unter anderem über die durchschnittliche Gesamtzahl der in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer, der in Österreich zu dem Konzern gehörenden Unternehmen und deren Betriebe, die Struktur der Unternehmensgruppe sowie die Namen und Anschriften der in den Unternehmen vorhandenen Arbeitnehmervertretungen. Die Klägerin selbst wurde in Deutschland letztlich durch eine nach einem entsprechenden Vorabentscheidungsverfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft gefällten Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom zur Erteilung der genannten Auskünfte verpflichtet.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin von der beklagten „Schwestergesellschaft" die Erteilung dieser Auskünfte und stützt dies auf jeden erdenklichen Rechtsgrund insbesondere auf die §§ 177 iVm 172 ArbVG.

Die beklagte österreichische Konzernschwester beantragte die Klagsabweisung und wendete im Wesentlichen die mangelnde Aktiv- und Passivlegitimation der Parteien ein. Die beiden Streitteile stünden in keiner Rechtsbeziehung in Bezug auf den Streitgegenstand.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der Bekanntgabe der durchschnittlichen Gesamtzahl der von der Beklagten in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer sowie der in Österreich zum Konzern gehörenden Unternehmen und deren Betriebe statt, wies jedoch das Mehrbegehren betreffend die Struktur der Unternehmensgruppe sowie die Namen und Anschriften der in den Unternehmen und Betrieben vorhandenen Arbeitnehmervertretungen ab. Nach § 174 ArbVG habe die zentrale Leitung in Deutschland die für die Einsetzung eines vorhandenen Verhandlungsgremiums sowie für die Errichtung eines europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer notwendigen Voraussetzungen zur Schaffung der erforderlichen Mitteln bereit zu stellen. Nach § 177 Abs 3 ArbVG hätten die Antragsberechtigten das Recht, von der zentralen Leitung oder der örtlichen Unternehmensleitung die Bekanntgabe der Zahl der in den Betrieb bzw Unternehmen Beschäftigten zu verlangen sowie darüber, ob bereits ein Antrag auf Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums vorliege. Eine horizontale Auskunftspflicht zwischen Unternehmen einer Gruppe könne sich nur auf Grund einer - allenfalls richtlinienkonform vorzunehmenden - Auslegung österreichischen Rechtes ergeben. Dies sei weder im österreichischen noch im deutschen Recht ausdrücklich geregelt. Aus § 174 ArbVG ergebe sich aber die Verpflichtung der zentralen Leitung, die notwendigen Voraussetzungen für die Bildung eines europäischen Betriebsrates zu schaffen und in weiterer Folge auch die Verpflichtung zur Auskunftsleistung der örtlichen Unternehmensleitung an die „fiktive Zentrale". Diese Auskunftsverpflichtung umfasse aber nach § 177 Abs 3 ArbVG nur die Bekanntgabe der Zahl der in den Betrieben und Unternehmen Beschäftigten, nicht aber der Struktur der Unternehmensgruppe oder die Namen und Anschriften der Arbeitnehmervertretungen. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut sei insoweit auch eine richtlinienkonforme Auslegung nicht möglich.

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsabweisenden Teil des erstgerichtlichen Urteiles erhobenen Berufung Folge und änderte es im zur Gänze klagsstattgebenden Sinne ab. Im Wesentlichen stützte sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom zu C-440/00, in der die Auskunftspflicht auch insoweit bejaht wurde, wenn die Angaben zur Aufnahme der Verhandlung und zur Einrichtung eines Europäischen Beriebsrates unerlässlich sind. Dies sei hier zu bejahen, weil die in das besondere Verhandlungsgremien zu entsendenden österreichischen Mitglieder unter Einhaltung des Verfahrens nach § 179 ff ArbVG durch den Betriebsausschuss oder Betriebsrat aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder zu ernennen sind. Dazu bedürfe es aber entsprechender Kontaktadressen. Im Übrigen sei eine horizontale Auskunftspflicht überhaupt nicht ausdrücklich geregelt, sondern beschränkten sich die österreichischen Regelungen auf die Fälle, in denen die „zentrale Leitung" in Österreich gelegen sei. Der Umfang der österreichischen Auskunftspflicht sei daher grundsätzlich nach deutschem Recht zu beurteilen, für das die Auskunftspflicht bereits von den deutschen Gerichten unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften bejaht worden sei.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, weil zur Frage des Umfanges der Auskunftspflicht einer örtlichen Unternehmensleitung gegenüber der „fiktiven zentralen" Konzernleitung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grunde zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass bei der österreichischen Umsetzung der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat 94/45/EG mit dem BGBl 600/1996 zwar schwergewichtig jene Fälle geregelt wurden, in denen die zentrale Leitung bzw die „fiktive" zentrale Leitung in Österreich liegt, daneben aber auch sogenannte „nationale Regelungen" geschaffen wurden, die unabhängig davon zur Anwendung gelangen (vgl dazu etwa Heinze, Der Europäische Betriebsrat in Österreich und Deutschland in FS Tomandl, 140 zur deutschen Rechtslage; Köck, Zur neuen „europäischen Betriebsverfassung" im Arbeitsverfassungsgesetz in FS Tomandl, 222; allgemein zur Frage des internationalen Privatrechtes in diesem Zusammenhang Kirschbaum, HB zum internationalen Betriebsverfassungsrecht, 242). So sieht dann abweichend von der Grundregel des § 171 ArbVG über die grundsätzliche Anwendungsvoraussetzung der inländischen - zumindest „fiktiven" - Leitung § 172 ArbVG darüber hinausgehend vor, dass unter anderem für die Informationsverpflichtungen nach § 177 Abs 3 ArbVG, aber auch die Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium nach den §§ 179 ArbVG und 180 ArbVG bzw in den europäischen Betriebsrat nach § 193 ArbVG die entsprechenden Bestimmungen auch dann zur Anwendung kommen, wenn die zentrale Leitung nicht im Inland liegt.

§ 177 Abs 3 ArbVG normiert unter anderem, dass die zur Antragstellung hinsichtlich eines besonderen Verhandlungsgremiums Berechtigten im Zusammenhang mit der Prüfung, ob ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden kann, das Recht haben, von der zentralen Leitung oder der örtlichen Unternehmensleitung die Bekanntgabe der Zahl der in den Betrieben bzw Unternehmen Beschäftigten zu verlangen. Die Frage einer allfälligen Informationsverpflichtung betreffend die Struktur der Unternehmensgruppe sowie die Namen und Anschriften der in den Unternehmen vorhandenen Arbeitnehmervertretungen wird in dieser Bestimmung nicht behandelt.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat nun in seiner Entscheidung vom zu C-440/00 in einem aus Anlass des in Deutschland geführten Verfahren betreffend die vorliegenden Bemühungen um die Errichtung eines europäischen Betriebsrates eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren zur Auslegung der Art 4 und 11 der Richtlinie 94/45/EG und den daraus ableitbaren Informationsverpflichtungen Stellung bezogen.

Art 11 Abs 1 der Richtlinien bestimmt, dass jeder Mitgliedstaat dafür Sorge zu tragen hat, dass die Leitung der in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Betriebe unabhängig davon, ob die zentrale Leitung in dem Hoheitsgebiet gelegen ist, ihren Verpflichtungen nachkommen. Nach Abs 2 des Art 11 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Angaben zu den in der Richtlinie für die Anwendung der Regelung erwähnten Beschäftigungszahlen auf Anfrage der Parteien vorgelegt werden.

Das in Deutschland zur Umsetzung der Richtlinie erlassene Gesetze über europäische Betriebsräte vom BGBl 1996 I S 1548 legt in seinem § 5 unter anderem fest, dass die zentrale Leitung einer Arbeitnehmervertretung auf Verlangen Auskünfte über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer und ihrer Verteilung auf die Mitgliedstaaten, die Unternehmen und Betriebe sowie über die Struktur des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe zu erteilen hat.

Nach Art 4 Abs 1 der Richtlinie ist die zentrale Leitung allgemein dafür verantwortlich, dass die Voraussetzungen geschaffen und die Mittel bereit gestellt werden, dass ein europäischer Betriebsrat eingesetzt oder das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer geschaffen werden kann.

Als „zentrale Leitung" in einer Unternehmensgruppe ist grundsätzlich jene des „herrschenden" Unternehmens anzusehen, wenn dieses in einem der Mitgliedstaaten liegt. Wenn dies - wie hier - nicht der Fall ist, so wird als „zentrale Leitung" mangels anderer Bestimmungsmöglichkeiten letztlich jenes Unternehmen „fingiert", das über die höchste Anzahl der Beschäftigten in einem Mitgliedstaat verfügt (vgl Art 4 Abs 2 der Richtlinie).

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat nun in seiner Entscheidung zu C 440/00 in dem vorliegenden Fall einer „fingierten" zentralen Leitung die eben typischerweise nicht über die „Herrschaftsinstrumente" gegenüber den nachgeordneten Tochterunternehmen verfügt, sondern auf die Kooperation der „Schwestergesellschaft" angewiesen ist, ausgesprochen, dass auch die „Schwersterunternehmen" entsprechende Auskunftspflichten treffen, die gegebenenfalls - wie nunmehr vorgenommen - durchzusetzen sind. Die Auskunftspflicht aus den Art 4 Abs 1 und 11 Abs 1 der Richtlinie erstreckt sich nach dieser Entscheidung nicht nur auf die Gesamtzahl der Arbeitnehmer und deren Verteilung auf die verschiedenen Mitgliedstaaten Betriebe und Unternehmen der Gruppe und die Struktur des Unternehmens, sondern auch auf die Bezeichnungen und Anschriften der Arbeitnehmervertretungen, die an der Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums zu beteiligen sind, sofern dies zur Aufnahme der Verhandlungen zur Errichtung eines europäischen Betriebsrates unerlässlich ist. Letzteres wurde für den vorliegenden Fall in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom zu 1 ABR 32/99 bejaht und betont, dass die Klägerin entsprechend den jeweiligen nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten eine Durchsetzung anzustreben haben werde.

Aus § 172 ArbVG ergibt sich nun allgemein, dass sich der Gesetzgeber der Problematik der „partiellen" Verantwortung für die Durchsetzung eines in einem anderen Mitgliedstaat nach den dortigen Regeln betreffend die Umsetzung der Betriebsratsrichtlinie festgelegten Verfahrens zur Etablierung eines besonderen Verhandlungsgremiums bzw letztlich eines europäischen Betriebsrates bewusst war. Der Sinn der partiellen Festlegung von „Nebenregelungen" (Informationsverpflichtungen, Entsendungsregelungen etc) im Verfahren zur Konstituierung eines „Europäischen Betriebsrates" ergibt sich nur aus den vom Gesetzgeber insoweit mit bedachten Regelungen der anderen Mitgliedstaaten, die jeweils in der „Hauptsache" zur Umsetzung der Richtlinie zuständig sind. Vor deren Hintergrund sind auch die österreichischen Regelungen zu interpretieren.

Es lässt sich dies wohl dahin zusammenfassen, dass der Grundsatz der „richtlinienkonformen Interpretation" (RIS Justiz RS0111214 mzwN etwa 9 ObA 46/04m) auch bedeutet, dass die zur Umsetzung einer Richtlinie erlassenen Gesetze dann, wenn es der Regelungszweck der Richtlinie erfordert, dass in der gesamten Gemeinschaft ein abgestimmtes durch die Richtlinie koordiniertes (vgl auch Art 11 der Richtlinie) System entsteht, dies auch unter Bedachtnahme auf die in den anderen Mitgliedstaaten erlassenen Umsetzungsgesetze zu erfolgen hat.

Aus § 177 Abs 3 ArbVG über die Informationsverpflichtung, die eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der zentralen Leitung einerseits und der örtlichen Unternehmensleitung andererseits vorsieht, ist nun ersichtlich, dass der Gesetzgeber die jeweils nicht unmittelbar in Anspruch genommene Unternehmensleitung dazu verpflichten wollte, der anderen Unternehmensleitung die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen.

Der Fall , dass für die Erfüllung der Voraussetzungen im Zuge der Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums oder eines Europäischen Betriebsrates in der Umsetzungsgesetzgebung eines anderen Mitgliedstaates in Übereinstimmung mit der Richtlinie weitere Informationen , als jene, die unmittelbar in § 177 Abs 3 ArbVG vorgesehen sind, erforderlich sind, wurde vom österreichischen Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht . Es ist also zu prüfen, ob ausgehend von den bestehenden Regelungen und gesetzlichen Wertungen eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes im Sinne einer Gesetzeslücke anzunehmen ist (RIS-Justiz RS0008866 mwN etwa 10 Ob 29/06k; RIS-Justiz RS0098756 mwN etwa 6 Ob 112/04w; Bydlinski in Rummel ABGB3 § 7 Rz 2) oder ob der Gesetzgeber insoweit eben keine Auskunftsverpflichtung festlegen wollte.

Aus der Integration der Bestimmungen über den Europäischen Betriebsrat in das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz ergibt sich, dass die allgemeinen Grundsätze für die Organisation der Arbeitnehmerschaft, wie sie im Arbeitsverfassungsgesetz - Betriebsverfassungsrecht - festgelegt werden, für die Interpretation herangezogen werden können. So wird etwa in § 179 ArbVG die Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium festgelegt und ist dies insoweit in den zweiten Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes integriert, als dort die Zuständigkeit zur Entsendung in das besondere Verhandlungsgremium geregelt ist (vgl § 113 Abs 2 Z 6 ArbVG). Nach dem - wenngleich in diesem anderen Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes festgelegten - und nicht unmittelbar anwendbaren § 91 ArbVG ist der Betriebsinhaber allgemein verpflichtet, den Betriebsrat über Angelegenheiten, welche wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche oder kulturelle Interessen der Arbeitnehmer des Betriebes berühren, Auskunft zu erteilen. Ein solches Interesse ist im Hinblick auf die in Übereinstimmung mit der Richtlinie in der Umsetzgesetzgebung in Deutschland festgelegte Erforderlichkeit der strittigen Informationen im Sinne der oben dargestellten Interpretationsgrundsätzen anzunehmen. Werden doch auch die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer - und die Entsendungsmöglichkeiten - davon berührt, ob die in den deutschen Umsetzungsregelungen vorgesehen Erfordernisse für die Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums oder eines Europäischen Betriebsrates erfüllt werden können. Wesentliche Interessen, insbesondere des betroffenen Arbeitgebers, die der Annahme solcher Informationsverpflichtungen entgegenstehen könnten, weil hier die Informationen eben nicht dem eigenen Betriebsrat, sondern dem „Schwesterunternehmen" zur Weitergabe im Rahmen des Prozesses zur Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums zu überlassen sind, wurden nicht geltend gemacht und sind ausgehend von der Richtlinie und der Zielrichtung der österreichischen Umsetzungsgesetzgebung auch nicht ersichtlich.

Im Ergebnis wurde der Inhalt der insoweit „koordinierenden" Bestimmungen der Richtlinie vom EuGH auch für Österreich verbindlich dahin ausgelegt, dass erforderlichenfalls auch die begehrten Informationen betreffend Unternehmensstruktur und Arbeitnehmervertretungen zu geben sind. Ausgehend davon weist die eingeschränkte Regelung des § 177 Abs 3 ArbVG entgegen der Absicht des Gesetzgebers insoweit eine Lücke auf. Diese kann durch analoge Anwendung der aus der Bestimmung des § 91 Abs 1 ArbVG abzuleitenden allgemeinen Informationsverpflichtungen, die nach § 177 Abs 3 ArbVG auch im Verhältnis zwischen den „Schwesterunternehmen" zum Tragen kommen, geschlossen werden.

Dementsprechend war der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.