VfGH vom 16.03.1995, B1689/93
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des dritten Satzes des § 25 Abs 1 AlVG idF BGBl 615/1987 mit E v , G271/94 ua.
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Vertreters die mit 15.000 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich wird dem für Frau und Kind im gemeinsamen Haushalt sorgepflichtigen Beschwerdeführer vorgeschrieben, die zwischen 8. Jänner und aufgrund des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) bezogene Notstandshilfe im Gesamtbetrag von 104.479 S zurückzuzahlen. Aufgrund der inzwischen ergangenen Steuerbescheide (Einkünfte aus Gewerbebetrieb 17.110 S, Investitionsfreibetrag nach § 10 EStG 44.772 S) - den Akten ist die Art der Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen - wurde ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 5.157 S errechnet. Damit sei die Geringfügigkeitsgrenze von 2.772 S monatlich überstiegen; die Zuerkennung der Notstandshilfe sei daher zu widerrufen (§24 Abs 2 AlVG) und der Empfänger zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten (§25 Abs 1 AlVG).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und Verletzung des Gleichheitssatzes.
Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des dritten Satzes in § 25 Abs 1 AlVG idF BGBl. 615/1987 ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tage, G 271/94 ua., stellte er fest, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung verfassungswidrig war.
II. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des Bescheides eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Er ist dadurch in seinen Rechten verletzt worden (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
Dies kann gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten. Für die vom Beschwerdeführer im Gesetzesprüfungsverfahren abgegebene Äußerung sind keine Kosten zuzusprechen, weil es sich um keinen abverlangten Schriftsatz handelt und dieser zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auch nicht erforderlich war (zB VfSlg. 10957/1986).
Fundstelle(n):
CAAAD-86632