OGH vom 13.11.2017, 8Nc40/17z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** T*****, vertreten durch die Salburg Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) M***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2) A***** Limited, *****, vertreten durch die DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 22.514,99 EUR sA, aufgrund der Befangenheitsanzeige des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** vom im Revisionsverfahren 6 Ob *****, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** ist als Mitglied des 6. Senats im Verfahren über die ordentliche Revision der erstbeklagten Partei zu AZ 6 Ob ***** befangen.
Text
Begründung:
Der Kläger erwarb von der Zweitbeklagten emittierte Wertpapiere (Zertifikate), für deren Platzierung an der Wiener Börse die Erstbeklagte zuständig war. Er nimmt beide Beklagten wegen irreführender Werbebroschüren und unrichtiger bzw fehlender Ad-hoc-Meldungen auf Schadenersatz zur ungeteilten Hand in Anspruch.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren
– abgesehen von einem Teil des Zinsenbegehrens – statt.
Nachdem der Kläger und die Zweitbeklagte Ruhen des Verfahrens vereinbart hatten, bestätigte das Berufungsgericht in Bezug auf die Erstbeklagte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Gegen diese Entscheidung erhob die Erstbeklagte ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof.
Dieses Rechtsmittel wurde nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung dem Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** zur Berichterstattung im 6. Senat zugeteilt. Dieser zeigte mit Note vom seine Befangenheit an und führte aus, dass er ebenfalls Zertifikate der Zweitbeklagten gezeichnet habe und daher vom Kursverfall betroffen sei. Aus diesem Grund habe er einem Prozessfinanzierer zum Zweck des Inkassos ein Abtretungsangebot zur allfälligen gerichtlichen Geltendmachung, insbesondere von Schadenersatzansprüchen gemacht. Hinsichtlich der Zweitbeklagten habe er im Juni 2017 einem Vergleichsangebot zugestimmt. Laut einem Schreiben des Prozessfinanzierers vom werde der „restliche noch offene Schadensbetrag weiterhin gegen die M***** [erstbeklagte Partei] gerichtlich geltend gemacht“. Er zeige daher seine Befangenheit an.
Rechtliche Beurteilung
Dazu wurde erwogen:
Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn – bei objektiver Betrachtungsweise – ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dafür genügen Tatsachen, die den Anschein einer Voreingenommenheit hervorrufen können (8 Nc 23/15x; 8 Nc 26/15p).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der vom Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. ***** in der Befangenheitsanzeige mitgeteilte Sachverhalt den Anschein seiner Befangenheit begründen, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, seine Willensbildung als Berichterstatter könnte durch die persönliche Betroffenheit vom Wertverlust des Investments beeinflusst worden sein. Der Befangenheitsanzeige ist daher Rechnung zu tragen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0080NC00040.17Z.1113.000 |
Schlagworte: | kein Abo; |
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Fundstelle(n):
HAAAD-86626