OGH vom 25.06.2015, 8Nc29/15d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Außerstreitsache der Beschwerdeführerin Mag. C***** Ö*****, gegen den Beschwerdegegner Bund (Republik Österreich), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17 19, wegen Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung personenbezogener Daten (§ 85 GOG), hier wegen Unterbrechung, über den Ablehnungsantrag der Beschwerdeführerin vom , den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Ablehnungsantrag wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Das Ausgangsverfahren ist das Verfahren 35 Cg 45/11y des Handelsgerichts Wien. In diesem Verfahren hat das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht am ein Teilurteil gefällt. Aus Anlass dieses Teilurteils stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom wurde diesem Antrag stattgegeben und der Beschwerdeführerin unter anderem ein Rechtsanwalt beigegeben.
Wegen der Begründung in diesem Verfahrenshilfebeschluss stellte die Beschwerdeführerin am zu 12 Nc 23/14w des Oberlandesgerichts Wien einen Antrag auf Feststellung der Verletzung ihrer Rechte gemäß § 85 Abs 1 GOG iVm § 1 DSG 2000 und Art 8 EMRK. Sie wirft dem Erstgericht vor, aus Anlass des erwähnten Verfahrenshilfebeschlusses rechtswidrig in das VJ Register Einsicht genommen zu haben. Mit Beschluss vom (ON 7) übermittelte das Oberlandesgericht Wien den Akt zu diesem Antrag dem für die Beschwerdeführerin zuständigen Pflegschaftsgericht. Gleichzeitig sprach es aus, dass das Verfahren bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die von diesem gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen werde. Gegen diesen Unterbrechungsbeschluss erhob die Beschwerdeführerin am Rekurs an den Obersten Gerichtshof (ON 8). Der für die Behandlung dieses Rekurses zuständige 6. Senat stellte den Akt mit Beschluss vom zu 6 Ob 9/15i zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens, konkret zur Nachholung der Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt, an das Oberlandesgericht Wien zurück.
Beim Pflegschaftsgericht ist ein Verfahren nach § 6a ZPO bereits anhängig, weil das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am zu 8 Cg 48/13g das bei ihm anhängige Verfahren zu diesem Zweck unterbrochen hatte. Dem im dortigen Verfahren von der Beschwerdeführerin erhobenen Rekurs gegen den Unterbrechungsbeschluss gab das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht nicht Folge. Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene (richtig) Revisionsrekurs wurde am vom Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 228/14v zurückgewiesen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin eine (richtig) Wiederaufnahmsklage (siehe dazu 8 Nc 24/15v).
Nach Zustellung des Beschlusses zu 6 Ob 9/15i stellte die Beschwerdeführerin gegen die Mitglieder des 6. Senats des Obersten Gerichtshofs einen Ablehnungsantrag, weil Gründe gegeben seien, die diese von der Ausübung ihres Richteramts ausschließen würden. Weiters beantragte sie, den erwähnten Beschluss vom gemäß § 25 JN für nichtig zu erklären. Zusammengefasst wirft sie den betroffenen Richtern vor, ihrer Anzeigepflicht nach § 78 StGB nicht nachgekommen zu sein, zumal der Erstrichter anlässlich des Verfahrenshilfebeschlusses rechtswidrig in das VJ Register Einsicht genommen habe. Weiters werde im Beschluss zu 6 Ob 228/14v wissentlich falsch ausgeführt, dass ihr „Rekurs“ (richtig: Revisionsrekurs) zurückgewiesen worden sei. Die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 6a ZPO verletze ihre Menschenwürde. Außerdem sei im Beschluss zu 6 Ob 9/15i die Geschäftszahl „35 Cg 45/11y des HG Wien“ (des erstgerichtlichen Ausgangsverfahrens) angeführt, also nicht anonymisiert.
Der Ablehnungsantrag ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Das Gesetz unterscheidet in § 19 JN zwischen Ausschließungsgründen einerseits und Befangenheitsgründen andererseits. Beide Gruppen dieser Ablehnungsgründe können Gegenstand eines Ablehnungsantrags sein und daher (auch) auf Antrag einer Partei geltend gemacht werden (§ 21 Abs 1 JN). Die einzelnen Ausschließungsgründe die Beschwerdeführerin macht ausschließlich die Ausgeschlossenheit der Mitglieder des 6. Senats geltend ergeben sich aus dem Gesetz. Diese sind in § 20 JN sowie in § 537 ZPO aufgezählt. Sie sind unverzichtbar und wirken absolut ( Mayer in Rechberger 4 § 19 JN Rz 2).
Der Sachverhalt, aus dem ein Grund abgeleitet wird, der den abgelehnten Richter von der Ausübung seines Richteramts ausschließen soll, muss vom Ablehnungswerber im Ablehnungsantrag ausreichend deutlich und konkret angegeben werden.
2. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrem Ablehnungsantrag zielen in erster Linie offenbar auf eine angebliche strafrechtlich erhebliche Amtspflichtverletzung der Mitglieder des 6. Senats ab. Ein solcher Tatbestand findet sich in § 530 Abs 1 Z 4 ZPO. Nach dieser Bestimmung muss sich die behauptete Amtspflichtverletzung auf die Erlassung der rechtskräftigen Hauptsachenentscheidung oder einer der angegriffenen Hauptsachenentscheidung zugrunde liegenden früheren Entscheidung beziehen und zum Nachteil der ablehnenden Partei auswirken.
Für das vorliegende Zwischenverfahren (Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens nach § 85 GOG) sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Auch ein Grund für die Ausgeschlossenheit der Mitglieder des 6. Senats nach § 20 Abs 1 JN lässt sich dem Ablehnungsantrag nicht entnehmen. Da die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründe für einen Ablehnungsantrag untauglich sind, war der Antrag abzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0080NC00029.15D.0625.000