OGH vom 30.08.1990, 8Ob690/89
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Schwarz, Dr.Graf und Dr.Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am verstorbenen Maria S***-W***, zuletzt wohnhaft in Wien 9., Hörlgasse 6/17, vertreten durch die erbserklärte Erbin Eugenie K***, Pensionistin, 2381 Wolfsgraben, Am Roppersberg 1 b, vertreten durch Dr.Werner Masser, Dr.Ernst Großmann, Dr.Eduard Klingsbigl und Dr.Robert Lirsch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Hubert Z***, Bundesbeamter, 2. Erika Z***, Geschäftsfrau, 3. Claudia Z***, Angestellte, und 4. Eduard S***, Pensionist, alle Wien 16., Gallitzinstraße 13/8, alle vertreten durch Dr.Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Herausgabe infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 14 R 53/89-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ 16 Cg 239/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 26.321,76 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 4.386,96 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin, der als erbserklärter testamentarischer Alleinerbin nach Maria S***-W*** die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen wurde, begehrt mit der vorliegenden Klage die Feststellung, daß die im einzelnen angeführten acht Sparbücher sowie ein Wertpapierdepot am Todestag der Erblasserin in deren Eigentum gestanden seien und in das Vermögen der Verlassenschaft fielen. Weiters begehrt sie, die Beklagten schuldig zu erkennen, das Realisat der Sparbücher im Betrage von S 780.000 samt Zinsen herauszugeben und alle Unterschriften und Erklärungen abzugeben, damit sie über das Wertpapierdepot verfügen könne; hilfsweise begehrt die Klägerin die Zahlung von S 2,200.000. Zur Begründung bringt sie vor, die Beklagten hätten widerrechtlich über die genannten Vermögensgegenstände der Verstorbenen verfügt. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Maria S***-W*** habe ihnen vor Antritt einer jeden größeren Urlaubsreise den Inhalt eines Banksafes mit dem Bemerken übergeben, wenn ihr etwas passiere, gehöre das ihnen. Auch schriftlich habe sie dies angeordnet. Nachdem Maria S***-W*** nach der letzten Übergabe verstorben sei, hätten sie auftragsgemäß gehandelt und die Wertgegenstände realisiert.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest:
Die am verstorbene Maria S***-W*** war aufs Engste mit der Familie der Beklagten befreundet. Es war jahrelange Übung, daß sie vor größeren Reisen den Beklagten ein verschnürtes Päckchen mit der Äußerung übergab, falls ihr etwas zustoße solle es den Empfängern gehören. Nach überstandener Reise holte sie das Päckchen sodann jeweils wieder ab. Sie hatte im Jahre 1978 nach dem Tode ihres Gatten bei der Ersten Österreichischen Sparcasse einen Safe gemietet, zu welchem auch der Erstbeklagte das Zutrittsrecht besaß. Dieser verwahrte auch den Schlüssel zum Safe, in welchem Maria S***-W*** den Inhalt des Päckchens in der Regel aufbewahrte. Vor Unternehmungen, bei denen sie meinte, es könne ihr etwas zustoßen, holte Maria S***-W*** jeweils den Safeschlüssel vom Erstbeklagten, brachte ihn einige Tage später zurück und übergab gleichzeitig das Päckchen, das die Beklagten sodann ungeöffnet bis zu ihrer Rückkehr aufbewahrten. Nach der Rückkehr holte sie es zusammen mit dem Safeschlüssel wieder ab und retounierte einige Tage später den Schlüssel. Als Maria S***-W*** wieder eine Reise plante, holte sie am den Schlüssel vom Erstbeklagten, entnahm am dem Safe die acht klagegegenständlichen Sparbücher und einen Dispositionsschein zum anonymen Kassageschäft 831-05077 sowie das Original der Urkunde Beilage./1, verpackte all dies in ein Plastiksäckchen und brachte es am in das Geschäft der Zweitbeklagten. An sich wollte sie dort aushelfen, sie fühlte sich jedoch nicht wohl und gab der Zweitbeklagten im Beisein der Ottilie S*** sowie der Drittbeklagten das Päckchen mit den Worten: "Du weißt, wenn mir etwas passiert, das gehört Euch!". 2 Tage später verstarb Maria S***-W***. Als der Erst- und die Zweitbeklagte das Päckchen öffneten fanden sie darin die klagegegenständlichen Sparbücher, den obengenannten Dispositionsschein und ein von der Erblasserin handschriftlich verfaßtes Schriftstück, auf dessen Vorderseite steht:
"Mai 1982
Lieber Hubert
alles im Safe gehört Euch. Ich bitte Euch nur für unser Grab am Neustifter Friedhof 12/6/14 Friedhofsgärtner S 3x im Jahr zu sorgen. Jardiniere schmücken eventuell Blumen am Grabstein erneuern. Zwecks Auskunft wendet Euch an Vorstandstellvertreter V*** oder H.C***. Mein Notar ist Dr.H***, Spitalgasse 33 Eingang Severinggasse, wo mein Testament aufliegt. Für Euch alles erdenklich Gute und vielen Dank
Mariette
./."
Die Rückseite dieses Schreibens ist unbeschriftet. Das Blatt weist oben zwei Löcher auf, wie sie von einer Heftklammer herrühren können. Die Beklagten vertraten die Ansicht, nach dem Inhalt dieses Schriftstückes sollten sie die Spareinlagen von insgesamt S 783.878,61 zu je einem Viertel unter sich aufteilen und die Wertpapiere im Nominale von insgesamt S 1,420.000 sollten dem Viertbeklagten allein zufließen. Am stellte der Erstbeklagte fest, daß im Safe keinerlei Gegenstände vorhanden waren, worauf er am den Mietvertrag kündigte. Am löste er die Sparkonten auf und legte zwei neue Sparbücher bei derselben Sparkasse an. Die Wertpapiere übertrug er am auf das Kassageschäft Nr. 831-30853 ebenfalls bei der Ersten Österreichischen Sparcasse. In der Folge erfuhr die Klägerin, daß die klagegegenständlichen Sparbücher sowie das Kassageschäft Nr. 831-05077 von der Sparkasse geschlossen worden waren und davon, daß der Erstbeklagte ein Zutrittsrecht zum Safe der Erblasserin bei dieser Sparkasse gehabt hatte. Nachdem der Erstbeklagte jede Kenntnis von der Existenz der genannten Wertpapiere leugnete, regte die Klägerin die Einleitung eines Strafverfahrens gegen ihn an, welches am durch Einstellung gemäß § 109 Abs 1 StPO endete. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, es liege eine im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Übergabe auf den Todesfall vor, die grundsätzlich dadurch charakterisiert sei, daß Sachen mit der Bestimmung wirklich übergeben würden, der Übernehmer solle nach dem Ableben des Übergebers Eigentum daran erwerben. Im vorliegenden Falle habe die Erblasserin die Sachen aber nicht nur wirklich übergeben, sondern ihren Schenkungswillen auch eigenhändig niedergeschrieben und somit die vorgeschriebene Form beachtet. Die Schenkung sei demnach als Legat gültig (§ 956 ABGB).
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000 übersteige. Es hielt weder die Rüge der Klägerin wegen unrichtiger erstgerichtlicher Beweiswürdigung und unrichtiger Tatsachenfeststellung noch deren Rechtsrüge für gerechtfertigt. Zu letzterer führte es aus:
Eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, sei mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtnis gültig. Im vorliegenden Falle brauche nicht auf die unterschiedlich beantwortete Frage eingegangen werden, welches rechtliche Schicksal eine Übergabe auf den Todesfall ohne Berücksichtigung der Formvorschriften habe, da hier jedenfalls die Formvorschriften für ein Kodizill eingehalten worden seien. Die Übergabe der Sparbücher und Wertpapiere in Zusammenhalt mit der Erklärung der Verstorbenen in Beilage./1 stelle ein Vermächtnis dar, das im Hinblick auf die Verwahrung durch die Beklagten von der Erbin nicht mehr habe erfüllt werden müssen. Umsoweniger könne daher die Erbin diese Sparbücher und Wertpapiere herausverlangen. Darüber, welche Gegenstände vom Vermächtnis umfaßt sein sollten, könnten im Hinblick auf die Übergabe des Safeinhaltes mit der schriftlichen Erklärung Beilage ./1 und der mündlichen Verdeutlichung anläßlich der Übergabe keine Zweifel bestehen. Wenn Maria S***-W*** den gesamten Safeinhalt jedesmal vor einer längeren Reise dem Erstbeklagten ausgehändigt habe, obwohl er selbständig Zutritt zum Safe gehabt habe, so könne diese Übergabe nur als besondere Verdeutlichung ihrer Anordnung, nicht aber als Widerlegung ihres Vermächtnisses verstanden werden.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Klägerin eine auf die Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagestattgebung. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. In der Verfahrensrüge wird die berufungsgerichtliche Beurteilung, die in der Berufung erfolgte Auflistung von gegen die erstgerichtlichen Feststellungen sprechenden Fakten stelle eine Entfernung von jeder lebensnahen Würdigung der Beweisergebnisse dar und beruhe auf abstrakt-theoretischen Überlegungen, als summarische Scheinbegründung bekämpft, ebenso die berufungsgerichtliche Ausführung, die Indizien seien derart dicht, daß die erstgerichtlichen Feststellungen übernommen würden. Damit wird ein dem Berufungsgericht bei seiner Überprüfungstätigkeit unterlaufener, vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmender Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nicht aufgezeigt, sondern lediglich seine inhaltliche, keine wesentlichen Beweisergebnisse außer Acht lassende und daher vor dem Revisionsgericht unbekämpfbare Beweiswürdigung angegriffen. Auch die Frage, ob die Beweisergebnisse allenfalls andere Schlußfolgerungen zugelassen hätten, gehört zur Beweiswürdigung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 aF ZPO liegt demnach nicht vor.
In der Rechtsrüge vertritt die Revisionswerberin die Ansicht, bei der Erklärung der Erblasserin vom habe es sich mangels einer Bezugnahme auf die Beilage./1 und den Safeinhalt im Sinne der Entscheidung SZ 56/79 um eine Schenkung auf den Todesfall gehandelt. Der Erbe müsse durch das Vermächtnis zweifelsfrei angewiesen werden, an wen und was er dem Legatar zu übergeben habe. Zu unterscheiden sei hier zwischen dem Inhalt der Beilage./1, welche ein formgültiges Kodizill darstelle und der mündlichen Erklärung vom , welche als Schenkung auf den Todesfall mangels Einhaltung der Formvorschrift ungültig sei. Die Beklagten hätten diese Erklärung auch selbst als Schenkung aufgefaßt. Bei Annahme eines Legates wäre der Vermächtnisgegenstand im Verlassenschaftsinventar auszuweisen gewesen. Ein Kodizill beziehe sich auf den Todestag des Erblassers. Hinsichtlich eines Behältnisses gelte nach der Rechtsvermutung des § 675 ABGB in der Regel das als vermacht, was sich beim Ableben des Erblassers hierin befunden habe. Aufgrund der Beweisvermutung dieser Gesetzesstelle und nach den allgemeinen Beweisregeln ergebe sich hier die Pflicht der Beklagten, den von ihnen behaupteten Konnex zwischen der Erklärung vom und der Beilage./1 bzw dem Safeinhalt unter Beweis zu stellen. Sie nähmen nämlich ein Recht auf die streitgegenständlichen Sparbücher in Anspruch, das ihnen mangels formgültiger Schenkung auf den Todesfall und mangels einer darauf bezogenen Erklärung im Vermächtnis Beilage./1 nicht zustehe. Den Revisionsausführungen kann nicht gefolgt werden. In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen legt die Revisionswerberin selbst zutreffend zugrunde, daß das Schriftstück Beilage./1 ein formgültiges Vermächtnis im Sinne des § 956 ABGB darstellt. Damit geht ihre Bezugnahme auf die Entscheidung SZ 56/79 fehl, weil in dem dort behandelten Fall kein formgültiges Vermächtnis vorlag und deswegen über die Frage, ob die vom späteren Erblasser erklärte und tatsächlich erfolgte bloße Übergabe von Gegenständen (Sparkassenbüchern) auf den Todesfall die Formungültigkeit des Vermächtnisses heilen könne (§ 1432 ABGB), zu entscheiden war. Diese Frage wurde entgegen einem Teil der Lehre und der früheren Rechtsprechung im Hinblick auf die besondere Bedeutung der Formvorschriften, nämlich ihre Warn- (= Sicherung ausreichender Überlegung des Vermächtnisgebers) und Beweisfunktion, verneint. Im vorliegenden Falle wurde die Vermächtnisanordnung Beilage./1 von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben und ist im Sinne der §§ 647, 535 ABGB gültig, weil unter Anwendung der Auslegungsregeln der §§ 655 und 914 ABGB auch kein Zweifel besteht, welche Gegenstände hiemit wem vermacht wurden:
Die Erblasserin hat in der Beilage./1 den Erstbeklagten, der das Zutrittsrecht zum Safe hatte, mit seinem Vornamen als Adressaten angesprochen, sodann angeordnet, daß "alles im Safe Euch gehört" und diese Anordnung festgestelltermaßen auch durch mehrfache mündliche Erklärungen bekräftigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die in einer letztwilligen Anordnung zum Ausdruck gebrachte Absicht nach dem wahren Willen des Erklärenden zu beurteilen und es muß nach Möglichkeit dem subjektiven Willen des Erklärenden entsprochen werden. Die Anordnungsabsicht des Erblassers soll also uneingeschränkt zur Geltung kommen, soweit nur die Willensäußerung formwirksam erfolgte. Auch außerhalb der letztwilligen Anordnung liegende Umstände, insbesondere mündliche oder schriftliche Äußerungen sowie ausdrückliche oder konkludente Erklärungen des Erblassers sind daher zu berücksichtigen (NZ 1989, 266; NZ 1978, 11; Welser in Rummel, ABGB, Rz 7 bis 11 zu § 552). Die Auslegung muß, so tief es geht, in die persönlichen Vorstellungen des Testators eindringen (7 Ob 675/85; 2 Ob 709/86 ua). Auch allfällige Zweifel hinsichtlich der Person des Erben bzw des Vermächtnisnehmers - dieser muß in der letztwilligen Anordnung nicht namentlich genannt sondern nur bestimmbar sein - sind durch Auslegung zu klären. Die Einsetzung der "Freundschaft", der "Familie", von "Verwandten" sowie auch die Anführung von Vornamen reicht grundsätzlich völlig hin. Läßt sich Eindeutigkeit nicht erzielen, so ist zwischen den in Betracht kommenden Personen zu teilen (Welser aaO Rz 5 zu § 564 mit Judikaturnachweisen).
Dies führt hier dazu, daß als Vermächtnisnehmer die von der Erblasserin mit "Euch" bezeichnete Personengruppe um den mit "Hubert" angesprochenen Erstbeklagten, gilt, welche sich das Vermächtnis zu teilen hat.
In gleicher Weise durch Auslegung ergibt sich weiters der Gegenstand des Vermächtnisses - er muß nur bestimmbar sein (NZ 1975, 31; 3 Ob 646/76 ua) -, nämlich all das, was die Erblasserin in dem von ihr bezeichneten Safe üblicherweise, d.h. außerhalb ihrer Reisezeiten, aufbewahrte. Die gegenteilige Auslegung, daß während der jeweils vorübergehenden Aufbewahrung des Päckchens mit den Sparbüchern und dem Wertpapierdepotschein als des üblichen Safeinhaltes bei den Beklagten kein Vermächtnisgegenstand vorhanden gewesen sei, verbietet sich, denn sie würde beim festgestellten Sachverhalt ganz offenbar dem wahren Willen der Erblasserin widersprechen. Demgemäß geht auch der Hinweis der Revisionswerberin auf die Bestimmung des § 675 ABGB von vornherein fehl. Richtig ist, daß der vermachte Gegenstand Teil des Nachlasses ist und der Vermächtnisnehmer an der vermachten Sache also nicht eigenmächtig Besitz ergreifen darf (3 Ob 629/86; 2 Ob 563/87; Welser aaO Rz 7 zu § 647). Der Vermächtnisnehmer hat gemäß § 684 ABGB in der Regel gleich nach dem Tode des Erblassers ein Recht auf das Vermächtnis und kann gemäß § 685 ABGB vermachte einzelne Verlassenschaftsstücke sogleich fordern, sein Herausgabeanspruch ist diesfalls also gegenüber dem Nachlaß sofort fällig (vgl Welser aaO Rz 4 und 5 zu § 685). Zum Erwerb von Besitz und Eigentum bedarf es aber gemäß § 684 ABGB des Verfügungsgeschäftes zwischen ihm und dem Nachlaß, bei beweglichen Sachen also der Übergabe (vgl Welser aaO Rz 7 zu § 647; 4 Ob 555, 556/76).
Im vorliegenden Falle haben sich die Beklagten nicht eigenmächtig in den Besitz der vermachten Sachen gesetzt sondern diese wurden ihnen von der Erblasserin, wie schon vorher mehrfach, zur Verwahrung übergeben. In diesem Falle wäre es aber grundsätzlich ein leerer Formalismus, vom Vermächtnisnehmer die Rückstellung der in seiner Gewahrsame befindlichen Sache in den nicht überschuldeten Nachlaß zu verlangen, obwohl er gleichzeitig gegenüber diesem einen bereits fälligen Anspruch (§ 685 ABGB) auf deren Herausgabe hat. Die im Anschluß an Koziol-Welser (siehe hiezu Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 6 zu § 956) in der Entscheidung SZ 58/116 vertretene Rechtsansicht, bei den erst mit dem Tode wirksam werdenden Verfügungen von Todes wegen könnten Erfüllungshandlungen nur vom Nachlaß als Schuldner gesetzt werden, steht dem nicht entgegen. Im übrigen kommen auch diese beiden Autoren schließlich nur zur Aussage (Koziol-Welser8 II 362), daß die bloße Übergabe auf den Todesfall die in den §§ 603 und 956 ABGB geforderte Form nicht ersetzen könne und die Entscheidung SZ 58/116 bezieht sich ebenfalls auf die Frage der Erfüllung einer formungültigen Verfügung.
Im Unterschied dazu ist hier aber, wie dargelegt, diese Form (§ 956 ABGB) ohnehin erfüllt. In den nach der Entscheidung SZ 58/116 ergangenen Entscheidungen 1 Ob 643/85, 7 Ob 527/86 und 2 Ob 521/86 hat der Oberste Gerichtshof bei vorweg erfolgter Übergabe einer Sache auf den Todesfall ebenfalls lediglich auf die Einhaltung der Formvorschriften abgestellt. Eine Erfüllungshandlung des Nachlasses wurde nicht gefordert.
Die Beklagten sind somit nicht verpflichtet, die ihnen vermachten und übergebenen Sachen an den Nachlaß herauszugeben. Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.