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OGH vom 12.11.1996, 10Ob503/96

OGH vom 12.11.1996, 10Ob503/96

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Bauer, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Josef G*****, nunmehr Dr.Karl N*****, Landesgrundverkehrsreferent beim Amt der Tiroler Landesregierung, 6010 Innsbruck, Landhaus, vertreten durch Dr.Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen die beklagten Parteien 1.) Herbert K*****, vertreten durch Dr.Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2.) Edwin N*****, vertreten durch Dr.Peter Murschetz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes (Streitinteresse S 140.000,--) aus Anlaß der Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 184/95-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 8 Cg 271/94t-10, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von amtswegen auf "Der Landesgrundverkehrsreferent der Tiroler Landesregierung Dr.K***** N*****, 6010 Innsbruck, Landhaus" richtiggestellt.

2. Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG, Art 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, auszusprechen, daß die §§ 35 und 40 Abs 6 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl für Tirol 1993 Nr 82, verfassungswidrig sind.

Mit der Fortführung des Rechtsmittelverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Zu 1.:

Rechtliche Beurteilung

Anstelle des bei Einbringung der Klage und auch bei Schluß der Verhandlung erster Instanz von der Tiroler Landesregierung gemäß § 14 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 LGBl 69 (in der Folge kurz: GVG 1983) zum Landesgrundverkehrsreferenten bestellten und auch im Klagsrubrum bis einschließlich der Revisionsbeantwortung stets gleichlautend genannten Dr.J***** G***** wurde mit Beschluß der Tiroler Landesregierung vom gemäß § 30 Tiroler Grundverkehrsgesetz LGBl 1993/82 (im folgenden kurz: GVG 1993) OR Dr.K***** N***** mit Wirkungsbeginn ab für die restliche Funktionsperiode bis zum zum Landesgrundverkehrsreferenten bestellt. Gemäß § 235 Abs 5 ZPO war daher die Bezeichnung der klagenden Partei auf diesen geänderten Umstand richtigzustellen.

Zu 2.:

Mit der am beim Landesgericht Innsbruck überreichten Klage stellte der Kläger - ausdrücklich gestützt auf den § 16a des GVG 1983 idF des Gesetzes vom , mit dem das GVG 1983 geändert wird, LGBl für Tirol 1991/74 - das Begehren, auszusprechen, daß " der Mietvertrag vom , abgeschlossen zwischen E***** N***** [= Zweitbeklagter] und H***** B*****, geborene J***** [= Mutter und Rechtsvorgängerin des Erstbeklagten], aufgrund dessen in EZ 437 GB 81131 Seefeld, Bezirksgericht Innsbruck, jeweils für H***** B*****, geborene J***** ob den 96/1980 Miteigentumsanteilen des E***** N***** das Bestandrecht bis zum , das Vorkaufsrecht und das Pfandrecht für alle Forderungen aus geleisteten S 1,160.000,-- einverleibt worden ist, nichtig ist". Nach dem Vorbringen des Klägers habe es sich bei diesem Rechtsgeschäft um ein von der zitierten Gesetzesstelle erfaßtes Schein- oder Umgehungsgeschäft gehandelt.

Sowohl das Erstgericht (Landesgericht Innsbruck: Urteil vom , GZ 8 Cg 271/94t-10) als auch das dieses bestätigende Berufungsgericht (OLG Innsbruck: Urteil vom , GZ 3 R 184/95-17) haben dem Klagebegehren stattgegeben.

Die hiegegen gerichteten und jeweils auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) gestützten Revisionen beider beklagten Parteien wenden sich inhaltlich - schwerpunktmäßig und zusammengefaßt - gegen die Annahme eines Umgehungsgeschäftes durch die Vorinstanzen einerseits sowie gegen ein dem Landesgrundverkehrsreferenten zustehendes Klagerecht gegen das längst vor dem , nämlich bereits 1972, sohin über drei Jahre vor dem Inkrafttreten der gemäß Art II Abs 1 LGBl für Tirol 1991/74 in Kraft getretenen Novelle zum GVG 1983, abgeschlossene Rechtsgeschäft andererseits.

Da der erkennende Senat des Obersten Gerichtshofes auf den zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt die durch die Novelle 1991 LGBl 74 geschaffene Bestimmung des § 16a ("Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten") - welche sich nach Art II Abs 4 der mit in Kraft getretenen Novelle auch "auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Schein- oder Umgehungsgeschäfte erstreckt" - anzuwenden gehabt hätte, hiegegen jedoch aus dem Grunde ihrer verfassungswidrig erfolgten Kundmachung bloß durch den Landeshauptmann allein ohne neuerliche Befassung des Tiroler Landtages als Gesetzgebungsorgan nach Verweigerung der Zustimmung durch die Bundesregierung gemäß Art 97 Abs 2 B-VG Bedenken der Verfassungswidrigkeit hatte, hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom , 10 Ob 503/96, gemäß Art 89 Abs 2, 140 Abs 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, auszusprechen, daß der § 16a des GVG 1983 idF des Gesetzes vom (Art I Z 41), mit dem das GVG 1983 geändert wird, LGBl für Tirol 1991/74, sowie der Art II Abs 4 desselben (LGBl für Tirol 1991/74) verfassungswidrig sind. Auch die Senate 3 (zu 3 Ob 2068/96f) und 7 (zu 7 Ob 647/95) des Obersten Gerichtshofes haben in der Folge gleichlautende Gesetzesprüfungsanträge gestellt.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 50/96-24 ua, beim Obersten Gerichtshof eingelangt am , wurde zu Recht erkannt, daß das Gesetz vom , mit dem das GVG 1983 geändert wird, LGBl für Tirol 1991/74, verfassungswidrig war und dieses Gesetz ua in dem beim Obersten Gerichtshof zu 10 Ob 503/96 anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof kam dabei - zusammengefaßt - zum Ergebnis, daß die in Prüfung genommenen Bestimmungen nach Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung durch die Bundesregierung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag kundgemacht wurden, damit Art 38 Abs 7 der Tiroler Landesordnung (TLO) 1989 widersprechen und demgemäß als verfassungswidrig aufzuheben waren.

Aufgrund dieses Erkenntnisses ist nunmehr die Klagelegitimation des Landesgrundverkehrsreferenten für Tirol in der gegenständlichen Rechtssache nicht mehr nach der aufgehobenen Bestimmung des § 16a GVG 1983 idF der Novelle LGBl 1991/74, sondern nach dem inhaltsgleichen § 35 (speziell Abs 2) GVG 1993 iVm der Übergangsbestimmung § 40 Abs 6 leg cit zu beurteilen, zumal die Klage - wie bereits ausgeführt - am , sohin nach Inkrafttreten (§ 41 Abs 1) dieser Bestimmungen, beim Erstgericht überreicht wurde. Beide Bestimmungen sind daher nunmehr - seit Vorliegen des aufhebenden Erkenntnisses vom - für den diesen Rechtsstreit (ebenfalls) präjudiziell geworden (Mayer, MKK B-VG Anm II. 2. zu Art 89; Walter/Mayer, Grundriß des Österr Bundesverfassungsrechts7 Rz 1158). Auch gegen diese Bestimmungen bestehen allerdings aus dem Grunde ihrer gleichfalls verfassungswidrig erfolgten Kundmachung bloß durch den Landeshauptmann allein ohne neuerliche Befassung des Tiroler Landtages als Gesetzgebungsorgan nach Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen durch die Bundesregierung gemäß Art 97 Abs 2 B-VG idente verfassungsmäßige Bedenken.

Solche Bedenken hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1522/95-7, in welchem ausgesprochen wurde, gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs 1 und 2 samt Überschrift, einer konkreten Wortfolge in § 26 Abs 1 und des § 26 Abs 2 sowie der lit a des § 28 Abs 1 des GVG 1993 von amtswegen zu prüfen, wie folgt formuliert:

"3.1.1. Der Tiroler Landtag hat am einen Gesetzesbeschluß betreffend ein Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz) gefaßt. § 38 sah - neben jener der Gemeinden - die Mitwirkung der Finanzämter an der Vollziehung des Gesetzes derart vor, daß diese verpflichtet sein sollten, den Grundverkehrsbehörden und dem Landesgrundverkehrsreferenten auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt.

Die Bundesregierung beschloß jedoch in ihrer Sitzung vom , ihre Zustimmung zur vorgesehenen Mitwirkung der Finanzämter an der Vollziehung des Landesgesetzes gemäß Art 97 Abs 2 B-VG zu verweigern.

In der Folge wurde der Gesetzesbeschluß des Tiroler Landtages vom in dem am herausgegebenen und versendeten 26. Stück des Landesgesetzblattes für Tirol Nr 82 in der Weise kundgemacht, daß in der Überschrift des § 38 sowie in § 38 Abs 1 die Nennung der Finanzämter unterblieb und in § 38 Abs 3 die vom Landtag beschlossene lit b weggelassen wurde.

3.1.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, daß die Kundmachung ohne neuerliche Beschlußfassung des Tiroler Landtages verfassungswidrig erfolgt ist. Die diesbezüglichen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes ergeben sich aus seinem ... Beschluß vom zu B 266/94 betreffend die amtswegige Prüfung der Novelle zum TGVG 1983 LGBl für Tirol Nr 74/1991. Diese Bedenken bestehen hier um so mehr, als sich aus dem im Landesgesetzblatt kundgemachten Text keinerlei Hinweis darauf ergibt, daß die erwähnten Teile des Gesetzesbeschlusses des Landtages im Hinblick auf die Verweigerung der Zustimmung der Bundesregierung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung des Gesetzes der Kundmachung nicht zugeführt wurden. Vielmehr bedurfte es eines ins Detail gehenden Vergleiches des Wortlautes des Gesetzesbeschlusses des Landtages mit der Kundmachung im Landesgesetzblatt, um die Unterschiede zwischen beschlossenem und kundgemachtem Gesetzestext erkennen zu können."

Der erkennende Senat des Obersten Gerichtshofes teilt diese vom Verfassungsgerichtshof wie vor wörtlich formulierten verfassungsmäßigen Bedenken gegen die verfassungskonforme Kundmachung der angefochtenen Regelung. Sie entsprechen jenen Erwägungen, welche den Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom , B 266/94, zur amtswegigen Prüfung der Novelle zum GVG 1983 LGBl 1991/74 sowie schließlich im Erkenntnis vom , G 50/96-24 ua, zur Feststellung deren Verfassungswidrigkeit bewogen haben.

Es war sohin erneut wie aus dem Spruch ersichtlich vorzugehen. Die Anordnung der Innehaltung des Revisionsverfahrens bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes stützt sich auf die zitierte Gesetzesstelle.

Fundstelle(n):
LAAAD-85871