OGH vom 10.11.2009, 10ObS136/09m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Birbamer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Milena M*****, vertreten durch Summer/Schertler/Stieger & Partner, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Jahngasse 4, 6850 Dornbirn, wegen Rückforderung des Zuschusses zum Karenzgeld (Streitwert 1.611,96 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 59/09a-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 35 Cgs 303/08p-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung:
Der Klägerin wurde als Mutter der am geborenen Andela M***** im Zeitraum vom bis ein Zuschuss zum Karenzgeld von zusammen 1.611,96 EUR gewährt. Im gleichen Zeitraum verdiente sie monatlich 308 EUR brutto durch eine unselbständige Beschäftigung bei der W***** Gebäudereinigung ***** KEG. Außerdem bezog sie für die Zeit vom bis Notstandshilfe mit einem Tagsatz von 23,72 EUR (insgesamt 166,04 EUR), die der Klägerin jedoch erst am zugekommen ist. Die Wertstellung des Lohnes aus ihrer Beschäftigung bei der Gebäudereinigung für September 2003 erfolgte erst am . Insoweit handelte es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme aus einer schon seit Jahren ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit, die die Klägerin bereits nach der Ende Mai 2001 erfolgten Antragstellung auf Karenzgeld aufgenommenen hatte (ON 2 und 4).
Mit Bescheid vom sprach die beklagte Gebietskrankenkasse aus, dass die Zuerkennung des Karenzgelds für den genannten Zeitraum ( bis ) widerrufen und die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von insgesamt 1.611,96 EUR verpflichtet werde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage, mit dem Begehren, festzustellen, dass der Anspruch auf Rückforderung des Zuschusses zum Karenzgeld für die Zeit vom bis in der Höhe von insgesamt 1.611,96 EUR nicht zu Recht bestehe. Sie brachte - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - vor, der Lohn und die Notstandshilfe für September 2003 müssten bei Berechnung der für die Zuverdienstgrenze maßgebenden Einkünfte außer Betracht bleiben, weil für die zeitliche Zuordnung des Einkommens das Zuflussprinzip des Einkommenssteuerrechts zur Anwendung komme. Daher ergäben sich Einkünfte von 2.464 EUR (308 EUR mal 8). Gemäß § 8 KBGG errechne sich für das Jahr 2003 ein maßgeblicher Gesamtbetrag von 4.099,32 EUR (2.464 EUR minus 99 EUR [anteilige Werbungskosten für 9 Monate], also 2.365 EUR plus 30 % geteilt durch 9 mal 12). Die Zuverdienstgrenze von 3.997 EUR werde damit - für die Klägerin unvorhersehbar - lediglich um 102,32 EUR, also weniger als 10 % überschritten. Es liege ein Anwendungsfall der KBGG-Härtefälle-Verordnung vor.
Die beklagte Gebietskrankenkasse beantragte Klagsabweisung und wandte im Wesentlichen ein, dass die Klägerin im Anspruchszeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.772 EUR (308 EUR mal 9) erzielt habe, wovon aliquote Werbungskosten von 99 EUR abzuziehen seien, sodass sich 2.673 EUR ergäben. Aus diesem Betrag (geteilt durch 9 mal 12 und um 30 % erhöht [§ 2 Abs 6 KGG iVm § 8 Abs 1 Z 1 KBGG]) errechne sich ein maßgebender Gesamtbetrag aus nichtselbständiger Arbeit für das Jahr 2003 von 4.633,20 EUR. Die bezogene Notstandshilfe sei - ebenfalls hochgerechnet - mit einem Betrag von 254,59 EUR zu berücksichtigen (166,04 EUR geteilt durch 9 mal 12 und um 15 % erhöht [§ 2 Abs 6 KGG iVm § 8 Abs 1 Z 1 KBGG]). Der Gesamtbetrag von 4.887,79 EUR übersteige die Einkommensgrenze nach § 15 Abs 3 KGG iVm § 9 Abs 3 KBGG von 3.997 EUR somit um deutlich mehr als 20 %. Ob der Zufluss des September-Gehalts im September oder erst Anfang/Mitte Oktober erfolgt sei, sei nicht relevant, weil es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Einnahme aus einer schon seit Jahren ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit handle. Dies gelte auch für die Notstandshilfe. Solche regelmäßige Einnahmen würden nämlich gemäß § 19 Abs 1 Satz 2 EStG in jenem Zeitraum als zugeflossen gelten, zu dem sie wirtschaftlich gehörten, auch wenn sie erst kurze Zeit nach Beendigung diese Zeitraums tatsächlich zugeflossen seien. Die zitierte Regelung beziehe sich nach ihrem Wortlaut zwar auf Kalenderjahre, weil im Einkommensteuerrecht Kalenderjahre als relevante Zeiträume verwendet würden; im Bereich des KBGG und des KGG seien aber gemäß § 8 KBGG Kalendermonate als relevante Anspruchszeiträume zu prüfen. Um unbillige Ergebnisse zu verhindern sei § 19 Abs 1 Satz 2 EStG daher in diesem Bereich zumindest analog auf Kalendermonate anzuwenden. Die Anwendung der KBGG-Härtefälle-Verordnung falle ausschließlich in die Kompetenz der Versicherungsträger.
Das Erstgericht stellte fest, dass der Anspruch auf Zuschuss zum Karenzgeld für den Zeitraum vom bis nicht zu Recht bestehe; es verpflichtete die Klägerin den in diesem Zeitraum bezogenen Zuschuss zum Karenzgeld in Höhe von 1.611,96 EUR binnen 14 Tagen zurückzuzahlen, und wies das Klagebegehren ab (Punkt 1 bis 3 des Urteilsspruchs). In rechtlicher Hinsicht vertrat es den Standpunkt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Lohn und die Notstandshilfe für September 2003 in die Berechnung nach § 8 KBGG einzubeziehen seien, weil die Klägerin selbst einräume, dass die Zuverdienstgrenze auch bei Außerachtlassung dieser Bezüge überschritten sei. Außerdem wären in diesem Fall die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur durch acht (Monate) zu teilen, das Ergebnis mit 12 zu multiplizieren und um 30 % zu erhöhen. Daher wäre der Grenzbetrag nach § 8 KBGG (3.997 EUR) nach wie vor überschritten, weil sich eine Änderung nur aufgrund der Nichtberücksichtigung der Notstandshilfe ergebe (8 mal 308 EUR = 2.464 EUR minus 88 EUR [aliquote Werbungskosten für 8 Monate] = 2.376 EUR geteilt durch 8 = 297 EUR mal 12 = 3.564 EUR plus 1.069,20 EUR [30 % Erhöhung] = 4.633,20 EUR). Dahingestellt bleiben könne auch, ob die Klägerin in der Lage gewesen sei, die Überschreitung der Einkommensfreigrenze zu erkennen oder nicht. Die Prüfung der Anwendbarkeit der KBGG-Härtefälle-Verordnung sei dem Gericht verwehrt, weil zum Zeitpunkt dieser Prüfung ein exekutionsfähiger Titel, mit dem die Rückforderung bereits rechtskräftig festgestellt sei, vorhanden sein müsste.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens, änderte das Ersturteil jedoch dahin ab, dass es die Klägerin zur Rückzahlung von 1.611,96 EUR in 15 Monatsraten zu 100 EUR und einer Restrate von 111,96 EUR ab dem dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung folgenden Monatsersten, bei Terminsverlust und sofortiger Fälligkeit des noch offen aushaftenden Restbetrags im Fall des Zahlungsverzugs mit zwei Raten, verpflichtete. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Hinsichtlich der Berechnungsweise der beklagten Partei sei es - im Sinn einer systemgerechten Auslegung - „durchaus erwägenswert", den am der Klägerin zugeflossenen Lohn bei der Ermittlung der „maßgeblichen Einkünfte" mitzuberücksichtigen. Diese Frage könne aber unbeantwortet bleiben, weil sich auch dann eine erhebliche Überschreitung des Grenzbetrags von 3.997 EUR ergebe, wenn man lediglich die Einkünfte für den Zeitraum bis in die Betrachtung einbeziehe; die Methode der Klägerin, einerseits für die Umrechnung der im Anspruchszeitraum erzielten Einkünfte auf den fiktiven Jahresbetrag nur das Einkommen bis zu berücksichtigen, widerspreche nämlich jedenfalls den Intentionen des Gesetzgebers. Diese Umrechnung sei erforderlich, weil die Freigrenze für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und den Zuschuss mit einem Jahresbetrag festgelegt sei. Daher bedürfe es einer entsprechenden Anpassung, wenn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld (Zuschuss) nicht das volle Kalenderjahr gegeben sei. Für diese Umrechnung seien sachgerechterweise aber nur jene (acht) Monate heranzuziehen, die auch für die Bemessung des bezogenen Einkommens herangezogen werden.
Sowohl bei der Berechnungsmethode der beklagten Partei als auch bei jener des Erstgerichts ergebe sich eine - ganz beträchtliche - Überschreitung des Grenzbetrags. Es könne somit dahingestellt bleiben, welche Berechnungsmethode die richtige sei, weil im Überschreitungsfall - anders als beim Kinderbetreuungsgeld bzw Karenzgeld - der gesamte Zuschuss für das betreffende Jahr (nicht bloß der Unterschiedsbetrag) zurückzuzahlen sei. Dies würde selbst für die Berechnung der Klägerin gelten, weil sich auch hier eine - wenn auch nur geringe - Überschreitung ergebe.
Das Berufungsgericht teilte im Übrigen - unter Wiedergabe des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom , G 124/08-6 ua - nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die anzuwendenden Bestimmungen des KBGG. Zur weiterhin geltendgemachten Anwendbarkeit der KBGG-Härtefälle-Verordnung hielt es fest, dass ihm die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht fehle, den Sozialgerichten jedoch - auch beim Rückersatz von Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss zu diesem - die Möglichkeit der Ratengewährung nach § 89 Abs 4 ASGG eingeräumt sei, dessen Voraussetzungen von Amts wegen zu prüfen seien (10 ObS 46/09a).
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Verfassungskonformität der §§ 2, 8, 12 und 31 KBGG nach Vorliegen des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs nunmehr geklärt und darüber hinausgehende Rechtsfragen im Hinblick auf die durch die zitierten jüngst ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zum Kinderbetreuungsgeld (Karenzgeld) geklärte Rechtslage nicht vorlägen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das außerordentliche Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil die Beurteilung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht; sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Zunächst ist festzuhalten, dass den von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage weiterhin vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken - im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 128/08 ua - keine Berechtigung zukommt.
Im Übrigen macht die außerordentliche Revision geltend, dass der Berechnungweise der Vorinstanzen die rechtliche Grundlage fehle. Auszugehen sei jedenfalls von einem neunmonatigen Anspruchszeitraum im Sinn der im Rechtsmittel wiederholten, bereits in der Klage enthaltenen Berechnungen. Da die Überschreitung des Grenzbetrags unter 10 % (um 102,32 EUR) für die Klägerin unvorhersehbar gewesen sei, erfülle die Klägerin die Voraussetzungen des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung. Dies hätte bereits im sozialgerichtlichen Verfahren festgestellt werden müssen.
1. Zur Rechtslage:
1.1. Das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) trat am in Kraft und ist nur für Geburten nach dem anzuwenden (vgl § 49 Abs 1 KBGG). Aus diesem Grund galten für Geburten bis zum weiterhin die Bestimmungen des Karenzgeldgesetzes (KGG - vgl § 60 KGG). Das KGG wurde jedoch für Geburten zwischen dem und dem (die mj Andela wurde am geboren) durch die Schaffung von Übergangsbestimmungen in der mit BGBl I 2001/103 unter anderem erfolgten Novellierung des KGG gemäß dem KBGG geändert. So gilt gemäß § 15 Abs 3 KGG idF BGBl I 2001/103 für Ansprüche auf Zuschuss zum Karenzgeld aufgrund von Geburten vom bis ab , dass vom Anspruch auf Zuschuss zum Karenzgeld ausgeschlossen ist, wer ein Einkommen gemäß § 8 KBGG erzielt, das den Grenzbetrag gemäß § 9 Abs 3 KBGG übersteigt.
1.2. Für den Anspruch der Klägerin auf Zuschuss zum Karenzgeld für das Jahr 2003 anlässlich der Geburt ihrer Tochter am gilt somit bereits die für das Kinderbetreuungsgeld geltende Zuverdienstgrenze. Gemäß § 9 Abs 3 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung (BGBl I 2001/103) ist vom Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld - im Falle der Klägerin vom Anspruch auf Zuschuss zum Karenzgeld - der Elternteil ausgeschlossen, dessen maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 KBGG im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 3.997 EUR übersteigt. Die Höhe des Zuschusses beträgt 6,06 EUR täglich (§ 10 KBGG).
2. Auch hinsichtlich der Rückforderung einer nach dem KGG zu Unrecht bezogenen Leistung sieht § 39 KGG idF BGBl I 2003/71 vor, dass § 31 KBGG mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass an die Stelle des Kinderbetreuungsgeldes das Karenzgeld oder die Teilzeitbeihilfe und an die Stelle der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse die jeweils zuständige Gebietskrankenkasse tritt. Damit sollte auch die Rückforderungsregelung des KGG an jene des KBGG angeglichen und insbesondere auch die aufgrund des § 31 Abs 4 letzter Satz KBGG erlassene KBGG-Härtefälle-Verordnung, BGBl II 2001/405, anwendbar werden (vgl RV BlgNR XXII. GP 192). Die zitierte Bestimmung des § 39 KGG idF BGBl I 2003/71 ist mit in Kraft getreten und gilt für Bezugszeiträume nach dem (vgl § 57 Abs 20 KGG;10 ObS 144/09p).
2.1. § 31 Abs 4 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,
1.) die Erstattung des zu Unrecht gezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,
2.) die Rückforderung stunden,
3.) auf die Rückforderung verzichten kann.
Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen. Nach § 1 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405) gelten in Bezug auf die Einkommensgrenze als Härtefälle:
a) Fälle einer geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung liegt nur dann vor, wenn die Grenzbeträge gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG um nicht mehr als 10 % überstiegen werden. In solch einem Fall ist auf die Rückforderung zu verzichten .
b) Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise oder zum gegebenen Zeitpunkt als unbillig erscheint.
2.2. Seit der Änderung der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, ausgegeben am (BGBl II 2004/91), gilt eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG und § 9 Abs 3 KBGG vorgesehenen Zuverdienstgrenzen um nicht mehr als 15 % als Härtefall, bei dem von einer Rückforderung der ausbezahlten Leistungen abzusehen ist. Nach § 4 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2004/91) tritt lit a in der Fassung dieser Verordnung mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft, gilt allerdings erst für Geburten nach dem und ist daher hier noch nicht anzuwenden, weil die mj Andela am geboren wurde.
2.3. Die Bestimmung des § 31 Abs 4 letzter Satz KBGG wurde zwar mit der Novelle BGBl I 2007/76 insofern geändert, als an die Stelle der Verordnungsermächtigung der Verweis auf die §§ 60 bis 62 BHG trat, weshalb die KBGG-Härtefälle-Verordnung mit Ablauf des außer Kraft getreten ist; sie ist jedoch auf Anspruchsüberprüfungen der Kalenderjahre 2002 bis 2007 - also auch im vorliegenden Fall - weiterhin anzuwenden (§ 49 Abs 15 KBGG;10 ObS 91/09v).
3. Zur außerordentlichen Revision:
3.1. Die Klägerin bekämpft die Ermittlung der Zuverdienstgrenze nach § 8 KBGG im Sinn der Berechnungsmethoden der beklagten Partei und des Erst- bzw Berufungsgerichts.
3.2. Diese Ausführungen sind vorerst auf die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats (RIS-Justiz RS0124063) zu verweisen, wonach der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 8 Abs 1 Z 1 KBGG idF BGBl I 2001/103) im Wesentlichen wie folgt zu ermitteln ist:
3.3. Auszugehen ist von jenen Einkünften, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zugeflossen sind. Als Anspruchsmonate zählen dabei nur jene Kalendermonate, in denen mehr als die Hälfte des Monats Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses bestanden hat. Bezüglich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens gelangt das im Einkommensteuerrecht geltende Zuflussprinzip zur Anwendung. Bezüglich der Höhe der maßgeblichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist von einer Art Bruttoeinkommen auszugehen, das nicht den tatsächlichen Bruttoeinkünften entspricht. Die gemäß § 2 Abs 2 EStG 1988 während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte sind um 30 % (bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %) zu erhöhen. Da die Freigrenze für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld mit einem Jahresbetrag festgelegt ist, bedarf es auch einer entsprechenden Anpassung, wenn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss nicht das volle Kalenderjahr gegeben ist. Diese Anpassung erfolgt durch die Umrechnung der während des Anspruchszeitraums erzielten Einkünfte auf einen fiktiven Jahresbetrag . Die Summe der während der Anspruchsmonate zugeflossenen Einkünfte, erhöht um 30 % (bzw bei Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe um 15 %), ist durch die Anzahl dieser Anspruchsmonate zu teilen und mit zwölf zu vervielfachen. Der sich ergebende Betrag ist schließlich der Freigrenze nach § 12 Abs 1 KBGG gegenüberzustellen (10 Ob 52/08g uva).
3.4. Die vom Erstgericht vorgenommene Teilung der im neunmonatigen Anspruchszeitraum zugeflossenen Einkünfte durch weniger als neun (Anspruchsmonate) kommt somit nicht in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wäre der unstrittig maßgebende Gesamtbetrag der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 3.997 EUR für das Jahr 2003 (§ 15 Abs 3 KGG iVm §§ 8 und 9 Abs 3 KBGG) daher - nach den eigenen Berechnungen der Rechtsmittelwerberin (4.099,32 EUR [Seite 4 der außerordentlichen Revision]) - um 102,32 EUR, also weniger als 10 % und damit nur geringfügig überschritten.
4. Zu Recht macht die außerordentliche Revision auch geltend, dass die Frage, ob ein Härtefall nach § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliegt, bereits im sozialgerichtlichen Verfahren, das über den Rückforderungsanspruch geführt wird, zu beantworten ist.
4.1. Zutreffend ist (zwar) die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Gesetzgeber des ASGG durch die Bestimmung des § 89 Abs 4 ASGG bei Rückersatz oder Kostenersatzpflicht des Versicherten auch den Sozialgerichten die Möglichkeit der Festlegung einer (längeren) Leistungsfrist und der Ratengewährung eingeräumt hat, während den Gerichten in dieser Gesetzesbestimmung die Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht nicht übertragen wurde (vgl RIS-Justiz RS0085706); dies ändert aber nichts daran, dass nach ständiger Rechtsprechung die Prüfungen des Tatbestands des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung ein „vorgeschaltetes" Verwaltungsverfahren darstellen, sodass in einem - wie hier - nachfolgenden Gerichtsverfahren auch von den Sozialgerichten gegebenenfalls das Vorliegen der in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen zu überprüfen ist (10 ObS 156/09b mwN).
4.2. Es ist daher auch von den Arbeits- und Sozialgerichten die Frage zu prüfen, ob die Klägerin zur Rückzahlung des im hier strittigen Zeitraum bezogenen Kinderbetreuungsgeldes an die beklagte Partei verpflichtet ist oder ob eine solche Rückersatzverpflichtung wegen Vorliegens des Härtefalltatbestands des § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung zu entfallen hat. Die gegenteilige Rechtsansicht des Erstgerichts würde im Ergebnis wohl darauf hinauslaufen, dass die Entscheidung des Versicherungsträgers, die er über das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Härtefalltatbestands in eigener Sache trifft, gar nicht überprüfbar wäre. Ein solches Ergebnis wäre jedoch aus Gründen des gebotenen Rechtsschutzes bedenklich.
5. Im vorliegenden Fall wurde die maßgebende Zuverdienstgrenze von 3.997 EUR nach § 9 Abs 3 KBGG (in der hier anzuwendenden Stammfassung [§ 15 KGG idF BGBl I 2001/103]) durch die gemäß § 8 KBGG für das Jahr 2003 ermittelten Einkünfte der Klägerin - nach ihrer eigenen Berechnung - lediglich um 102,32 EUR (= ca 2,5 %) überschritten. Es würde sich also eine 10 % nicht übersteigende Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinn des Härtefalltatbestands des § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung (in der hier noch anzuwendenden Stammfassung [§ 4 der KBGG-Härtefälle-Verordnung, BGBl II 2004/91; § 49 Abs 15 KBGG]10 ObS 91/09v) ergeben.
5.1. Demnach hätte die von den Vorinstanzen angesprochene Frage der Berechnungsmethode aber nur dann unbeantwortet bleiben dürfen, wenn auch feststünde, dass die bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze für die Klägerin nicht unvorhersehbar war. Das Kriterium der „Unvorhersehbarkeit" wäre dann gegeben, wenn die Überschreitung der Zuverdienstgrenze trotz Anlegung eines zumutbaren Sorgfaltsmaßstabs nicht erkannt werden konnte (RIS-Justiz RS0124751; vgl auch: 10 ObS 156/09b mwN [unvorhergesehene Überstunden]). Dazu wurden bisher jedoch keine Feststellungen getroffen.
6. Außerdem wäre zu prüfen gewesen, ob - entgegen der Berechnung der Klägerin - im maßgebenden Zeitraum ( bis ) nicht ohnehin neun Monatsbezüge zugeflossen sind:
6.1. Nach dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellt sich nämlich - angesichts des Umstands, dass es sich beim Monatslohn der Klägerin um eine wiederkehrende Einnahme aus einer schon seit Jahren (ab Ende Mai 2001) von ihr ausgeübten unselbständigen Beschäftigung handelte - die Frage, ob in einem der fraglichen Monate (in welchem?) der Zufluss der monatlichen Bruttoeinkünfte von 308 EUR unterblieben ist. Allein aus der Feststellung, dass die Wertstellung des Lohnes für September 2003 am erfolgte, ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen, weil daraus nicht zwingend folgt, dass ihr in den ersten neun Monaten des Jahres 2003 Löhne nur für acht Monate zugeflossen sind. Könnte es doch auch sein, dass die Monatslöhne der Klägerin generell nicht im Voraus bezahlt wurden und die Gutschrift des jeweiligen Monatslohns auf dem Konto der Klägerin nicht nur für den Monat September, sondern ganz allgemein im jeweiligen Folgemonat erfolgte.
6.2. Da das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin unstrittig bereits vor dem bestand, wären ihr dann im Zeitraum bis ohnehin neunmal 308 EUR, also insgesamt 2.772 EUR zugeflossen. Der daraus zu errechnende maßgebende Gesamtbetrag von 4.633,20 EUR (2.772 EUR abzüglich 99 EUR Werbungskosten = 2.673 EUR plus 30 % geteilt durch 9 mal 12) überstiege die maßgebende Zuverdienstgrenze von 3.997 EUR (§ 9 Abs 3 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung § 15 Abs 3 KGG idF BGBl I 2001/103]) aber um 636,20 EUR, also um ca 16 %. In diesem Fall wäre nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen von einer Unanwendbarkeit der KGBB-Härtefälle-Verordnung ausgingen und die Frage, welche der jeweils angewandten Umrechnungsmethoden (bzw ob überhaupt eine davon) die richtige sei, unbeantwortet ließen, weil sich jedenfalls eine mehr als 10%ige Überschreitung des maßgebenden Grenzbetrags ergeben würde.
7. Jedenfalls wäre aber noch zu berücksichtigen gewesen, dass das bezüglich der zeitlichen Zuordnung des Einkommens anzuwendende, im Einkommensteuerrecht geltende Zuflussprinzip in § 19 Abs 1 Satz 2 EStG 1988 eine Aufweichung enthält. Danach gelten Einnahmen, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören zugeflossen sind, in diesem Jahr als bezogen. Als kurze Zeit im Sinn dieser Regelung wird noch ein Zeitraum von 10 Tagen verstanden (Ehmer ua, KBGG, 142 mit Hinweis auf Quantschnigg/Schuch, Kurzzeitverschiebung bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen, Einkommensteuer-Handbuch [1993] § 19 Tz 40; Zl 634/78; Zl 85/14/0160).
7.1. Zu Recht beruft sich die beklagte Partei daher darauf, dass von diesen Grundsätzen auch im Rahmen der zu Punkt 3.3. dargelegten Umrechnung, also auch dann ausgegangen werden muss, wenn der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss (hier: zum Karenzgeld) nicht das volle Kalenderjahr gegeben ist (vgl RIS-Justiz RS0124063; 10 ObS 52/08g uva): Da kurz vor Beginn bzw nach Ende des Zeitraums, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossene Einkünfte auch hier als im Anspruchszeitraum bezogen zu gelten haben, werden auch hinsichtlich der zu (bzw unmittelbar vor) Beginn des fraglichen Zeitraums erfolgten Zuflüsse Feststellungen zu treffen sein.
7.2. Ob die „kurze Zeit" auch in diesem Zusammenhang mit 10 Tagen oder weniger anzusetzen ist, muss hier aber noch nicht beantwortet werden. Entgegen der Ansicht der beklagten Partei könnte im vorliegenden Fall nämlich jedenfalls nur die der Klägerin am zugekommene Notstandshilfe von 166,04 EUR (für den Zeitraum bis ) als im Anspruchszeitraum bezogen gelten, nicht jedoch der erst am zugeflossene Lohn für September 2003. Der von der Klägerin errechnete Gesamtbetrag wäre also um 254,59 EUR (166,04 EUR plus 15 % geteilt durch 9 mal 12) auf 4.353,91 EUR zu erhöhen, was jedoch weiterhin eine Überschreitung der maßgebenden Zuverdienstgrenze (3.997 EUR) von weniger als 10 % ergibt. Zutreffend rügt die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei aber auch in diesem Zusammenhang, dass bisher nicht geprüft wurde, ob bzw wann der Klägerin im Jänner 2003 (bzw Ende Dezember 2002) Einkünfte zugeflossen sind.
7.3. Da - ausgehend von einer anderen Rechtsansicht der Vorinstanzen - diese Fragen mit den Parteien bisher weder erörtert noch darüber ausreichend Feststellungen getroffen wurden, bedarf es einer Verhandlung in erster Instanz, um die Sache spruchreif zu machen (vgl 10 ObS 91/09v mwN).
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.