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OGH vom 13.10.1992, 10ObS133/92

OGH vom 13.10.1992, 10ObS133/92

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Werner Fendrich (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der durch den Tod des Klägers unterbrochenen Sozialrechtssache der klagenden Partei Leo H*****, ***** vertreten durch Dr.Johannes Grund und Dr.Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Landesstelle Linz), 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Hilflosenzuschusses zur Versehrtenrente infolge Revision des Peter W*****, vertreten durch die genannten Rechtsanwälte, gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Rs 130/91-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 25 Cgs 139/90-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision Peter W*****, wird verworfen.

Text

Begründung:

Mit erstgerichtlichem Urteil vom , 25 Cgs 139/90-9, wurde die beklagte Partei schuldig erkannt, dem Kläger, Leo H*****, ab einen Hilflosenzuschuß im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen und die Prozeßkosten zu ersetzen. Das Mehrbegehren, den Hilflosenzuschuß schon ab zu zahlen, wurde abgewiesen.

Dieses Urteil wurde den vom Kläger prozeßbevollmächtigten Rechtsanwälten und der beklagten Partei am zugestellt.

Während der Berufungsfrist verstarb der Kläger am .

Dadurch wurde das Verfahren nach § 76 Abs 1 ASGG unterbrochen.

Mit einem am beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz vom teilte Peter W*****, der die Rechtsanwälte des verstorbenen Klägers zu seiner Vertretung bevollmächtigt hatte, mit, daß ihm mit dem in Ablichtung vorgelegten Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , 1 A 27/91-7, der Nachlaß seines verstorbenen Halbbruders an Zahlungsstatt überlassen worden sei. Mit der Behauptung, daß er eintrittsberechtigte Partei gemäß § 76 Abs 2 ASGG sei, beantragte er "die Anberaumung einer Streitverhandlung".

Das Erstgericht erklärte mit den Parteien am zugestelltem, unangefochtenem Beschluß vom , ON 13, das durch den Tod des Klägers am unterbrochene Verfahren mit diesem Tag als aufgenommen (§ 76 Abs 2 ASGG).

Am gab die beklagte Partei eine auf Abweisung des gesamten Klagebegehrens gerichtete Berufung zur Post, die fristgerecht beantwortet wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil durch Abweisung des gesamten Klagebegehrens ab, ohne näher darauf einzugehen, ob der im Berufungsurteil als klagende Partei bezeichnete Peter W***** nach § 76 Abs 2 ASGG Prozeßnachfolger des verstorbenen Klägers Leo H***** ist.

Dagegen richtet sich die nicht beantwortete Revision des sich als nach der klagenden Partei Leo H***** "eintrittsberechtigt" bezeichnenden Peter W***** wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil "aufzuheben und das Ersturteil zu bestätigen" (gemeint: iS der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern) oder (es) allenfalls (aufzuheben und) die Rechtssache zur Ergänzung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision Peter W***** ist nach dem gemäß § 513 ZPO auch auf die Revision anzuwendenden § 472 Abs 1 ZPO unzulässig, weil sie von einer Person eingebracht wurde, welcher dieses Rechtsmittel nicht zusteht.

Im vorliegenden Fall, bei dem es sich um eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG handelt, wurde das Verfahren nach § 76 Abs 1 ZPO durch den Tod des Klägers Leo H***** am unterbrochen.

Nach Abs 2 Satz 1 leg cit sind zur Aufnahme dieses Verfahrens nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, die Eltern und die Geschwister (des verstorbenen Klägers) berechtigt, alle diese Personen jedoch nur, wenn sie mit dem Kläger zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben; steht der Anspruch mehreren Kindern oder Geschwistern zu, so sind sie nur bezüglich ihres Teiles zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens berechtigt. Eine Aufnahmeberechtigung nach diesem Satz kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Frage, weil sich Leo H***** nach der Aktenlage seit 1988 im Bezirksaltersheim M***** befand, weshalb allfällige nahe Angehörige mit ihm zur Zeit seines Todes nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben können.

Deshalb stützte Peter W***** seine "Eintrittsberechtigung" (Prozeßnachfolge) auch nicht darauf, daß er als (ein Halb)Bruder mit dem Kläger zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe, sondern darauf, daß ihm der Nachlaß des Klägers mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , 1 A 27/91-7, an Zahlungsstatt überlassen wurde. Damit wollte er seine Prozeßnachfolge vermutlich auf § 76 Abs 2 Satz 2 ASGG gründen, wonach letztlich zur Aufnahme eines nach Abs 1 unterbrochenen Verfahrens die (ruhende) Verlassenschaft nach dem Versicherten bzw (nach der Einantwortung) dessen (eingeantwortete) Erben berechtigt sind.

Peter W***** ist jedoch kein eingeantworteter Erbe des Versicherten.

Aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Akt 1 A 27/91 ergibt sich, daß sich die im mit dem Aufnahmeantrag vorgelegten Beschluß des genannten Gerichtes vom ON 7 verzeichneten Aktiven von 30.728,92 S aus einem Guthaben des Verstorbenen bei der im Beschluß bezeichneten Bausparkasse von 26.828,92 S und einem Guthaben aus einer restlichen Kaution bei der im Beschluß bezeichneten Bezirkshauptmannschaft von 3.900 S zusammensetzen. Im Verlassenschaftsakt findet sich kein Hinweis auf das Verfahren 25 Cgs 139/90 des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes.

Ist der Nachlaß unbedeutend und nach den Umständen zu vermuten, daß nur die dringendsten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden können, so hat das Gericht nach § 73 Abs 1 AußStrG die Parteien über die Beschaffenheit und den Wert des Nachlasses, dann über den Betrag der Krankheits- und Leichenkosten und anderer mit besonderem Vorrechte verbundenen Forderungen zu vernehmen und das dadurch erschöpfte Vermögen den Gläubigern an Zahlungsstatt zu überlassen. In dem Bescheide, wodurch die Abhandlung auf diese Art abgetan wird, müssen aber die einzelnen Forderungen der Gläubiger, zu deren Berichtigung die Überlassung an Zahlungsstatt erfolgt, genau angegeben werden.

Die Überlassung an Zahlungsstatt tritt in einfachen Fällen an die Stelle des Konkurses und hat die Wirkung, daß bestimmte Nachlaßsachen bestimmten Gläubigern zur Tilgung bestimmter Forderungen an Zahlungsstatt überlassen werden. Durch den gerichtlichen Überlassungsbeschluß werden nur die darin genannten Aktiven, so wie sie dem Nachlaß zustanden, übertragen. Der Gläubiger wird nur insoweit Einzelrechtsnachfolger und trotz der irreführenden Bezeichnung als "iure-crediti-Einantwortung" nicht Gesamtrechtsnachfolger (GlU 15.528; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 349 f).

Auch im Fall des § 73 AußStrG dauert nach hM der Zustand des ruhenden Nachlasses an (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 15 zu §§ 797, 798), der Subjekt der nicht untergegangenen Rechte und Pflichten des Verstorbenen bleibt. Bis zur Einantwortung ist nur die (ruhende) Verlassenschaft parteifähig (EvBl 1961/311), nur sie kann klagen oder geklagt werden (Welser in Rummel, aaO Rz 14 unter Berufung auf SZ 19/22; NZ 1986, 259 und 280; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 II 390 f unter Berufung auf SZ 40/38; NZ 1986, 280). Nur sie ist bis zur Einantwortung auch mangels nach § 76 Abs 2 Satz 1 ASGG vorrangig zur Prozeßnachfolge berufener naher Angehöriger nach Satz 2 dieser Gesetzesstelle zur Aufnahme des durch den Tod des Versicherten unterbrochenen Verfahrens berechtigt (aktiv legitimiert).

Daraus folgt, daß die Revision von einer Person eingebracht wurde, der dieses die Hauptsache betreffende Rechtsmittel nicht zusteht, weil sie nicht nach § 76 Abs 2 ASGG zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens berechtigt ist.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als damals letzter Instanz in Leistungsstreitsache vom SSV 19/127 zugrunde liegenden auch dadurch, daß damals ein Sachverhalt behauptet wurde, aus dem sich die Eintrittsberechtigung schlüssig ergab, während die Behauptungen Peter W***** hinsichtlich seiner Berechtigung zur Prozeßnachfolge nicht schlüssig sind.

Deshalb war die unzulässige Revision zu verwerfen (§§ 471 Z 2, 472 Abs 1, 474 Abs 2, 513 ZPO).