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OGH vom 04.10.2011, 10Ob39/11z

OGH vom 04.10.2011, 10Ob39/11z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1061 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Kraft Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 2.071,16 EUR sA (Revisionsinteresse 1.479,20 EUR sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 19/11g 16, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 9 C 794/10w 12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen und diesem eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt als in § 29 KSchG genannter Verband Schadenersatz wegen pflichtwidriger Beratung beim Ankauf einer Kommanditbeteiligung und bringt vor, die Anlegerin A***** O***** (im Folgenden nur „Anlegerin“) habe ihre aus diesem Ankauf resultierenden Ansprüche an den Verband abgetreten.

Die beklagte Partei habe der Anlegerin zum Abschluss eines Treuhandvertrags über eine Beteiligung an der B***** GmbH Co „V*****“ KEG (in weiterer Folge „KEG“) geraten. Aufgrund dieser Beratung habe die Anlegerin am eine Beteiligung von 144.000 ATS (10.464,89 EUR) an der KEG gezeichnet. Die Kommanditbeteiligung sei von einer Vermögenstreuhandgesellschaft m.b.H. erworben und gemäß den Bestimmungen des Treuhand und Verwaltungsvertrags treuhändig für die Anlegerin gehalten worden. Diese habe für die Kommanditanteile vom bis monatliche Raten á 1.000 ATS bezahlt; zusätzlich sei eine Bearbeitungsgebühr von 4.320 ATS (313,95 EUR) zu entrichten gewesen. Nach Aufkündigung der Kommanditbeteiligung per habe die Anlegerin Ende Dezember 2009 jedoch lediglich ein Auseinandersetzungsguthaben von 8.707,67 EUR ausbezahlt erhalten. Es sei ihr ein Schaden in Höhe der Summe der Einzahlungen einschließlich der Bearbeitungsgebühr abzüglich des Auseinandersetzungsguthabens entstanden, den die beklagte Partei zu ersetzen habe. Die Anlegerin habe keinerlei Risiken eingehen wollen, sondern mittels eines Bausparvertrags einen Geldbetrag für ihre Enkelkinder ansparen wollen. Die für die beklagte Partei tätige Beraterin habe zu Unrecht die Beteiligung an der KEG als gleichwertige Alternative zu einem Bausparvertrag angeboten und diese Anlage als sicher dargestellt. Die Beraterin habe nicht darauf hingewiesen, dass ein Kapitalverlust eintreten und auch der Ertrag möglicherweise wesentlich niedriger sein könnte, als die von ihr prognostizierten 6 bis 8 % pa. Sie habe auch nicht darauf hingewiesen, dass es sich bei der Veranlagung um eine Kommanditbeteiligung handle und worin der Charakter einer Kommanditbeteiligung bestehe. Es sei nur mitgeteilt worden, dass es sich um ein „Immobilieninvestment“ handle. Ebensowenig sei die Anlegerin darüber aufgeklärt worden, dass die KEG neben Immobilien auch in Wertpapiere investiere und daher das Risiko von Kursverlusten bestehe. Bei korrekter Beratung, insbesondere Aufklärung darüber, dass die Gefahr eines Kapitalverlusts bestehe, hätte die Anlegerin die gegenständliche Kommanditbeteiligung nicht gezeichnet. Die der Anlegerin zustehenden Ersatzansprüche seien nicht verjährt. Die Anlegerin habe lediglich jährlich Zahlungsübersichten erhalten, in welchen die von ihr geleisteten Zahlungen, nicht jedoch eine Wertentwicklung der Beteiligung angegeben gewesen sei.

Die beklagte Partei bestritt und brachte im Wesentlichen vor, die Beraterin habe die Anlegerin umfassend und vollständig aufgeklärt. Die Aufklärung sei von der Anlegerin durch Unterfertigung einer Gesprächsnotiz bestätigt worden. Die besondere Attraktivität des gegenständlichen Investments habe darin bestanden, dass bereits mit geringen monatlichen Beträgen eine Veranlagung mit grundsätzlicher „Immobilienausrichtung“ möglich gewesen sei. In den Veranlagungsrichtlinien der KEG sei die Möglichkeit vorgesehen gewesen, auch in diverse, tendenziell risikoarme Kapitalmarktprodukte zu veranlagen. Dies sei angesichts der zu erwartenden laufenden Kapitalzuflüsse während des Emissionszeitraums wirtschaftlich sinnvoll gewesen, weil dadurch die Möglichkeit einer gewinnbringenden Zwischenveranlagung des für den Immobilienankauf vorgesehenen Kapitals sowie die Möglichkeit einer Reaktion auf allfällige negative Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt geschaffen worden sei. Im Vergleich zu anderen Veranlagungen sei aus Sicht des Jahres 1997 das Risiko im Vergleich zu anderen Kapitalmarktprodukten als moderat bis vergleichsweise gering einzuschätzen gewesen. Wenngleich das Risiko von Kapitalverlusten nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen sei, könnten dem Vermittler nicht vorhersehbare Entwicklungen nicht zur Last gelegt werden. Allfällige Ersatzansprüche der Anlegerin seien zudem verjährt, da diese laufend Unterlagen erhalten habe, in denen auf die Möglichkeit eines Teilverlusts des eingesetzten Kapitals hingewiesen worden sei. Irrelevant für den Beginn der Verjährungsfrist sei, dass die Anlegerin den Schaden erst 2009 durch ordentliche Kündigung der Veranlagung realisiert habe. Vielmehr hätte sie, als ihr erstmals bekannt bzw erkennbar geworden sei, dass sie mit der Veranlagung auch einen Verlust des Kapitals erleiden könne, innerhalb der Dreijahresfrist eine Feststellungsklage einbringen müssen. Letztlich wäre auch ein Storno bzw eine Sistierung der Einzahlung möglich gewesen. Aufgrund der Gesellschaftsverträge wäre nach Einzahlung von 20 % der Beteiligungssumme ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden, bei dessen Gebrauch die Anlegerin höchstens ein Fünftel des behaupteten Schadens erlitten hätte. Mangels Storno bzw Sistierung der Einzahlung sei ihr ein entsprechendes Mitverschulden anzulasten. Ein weiteres Mitverschulden der Anlegerin läge darin, dass diese weder den Veranlagungsprospekt noch den Tätigkeitsbericht der KEG durchgelesen habe. Jedenfalls habe sich die Anlegerin einen lukrierten Steuervorteil von 591,97 EUR anrechnen zu lassen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 1.479,20 EUR samt 4 % Zinsen (gestaffelt) statt und wies das Mehrbegehren von 591,96 EUR samt 4 % Zinsen ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

„Die Anlegerin hatte bisher ausschließlich Erfahrungen mit Sparbüchern. Am teilte sie im Zuge eines Beratungsgesprächs der Anlageberaterin mit, dass sie für ihre Enkelkinder etwas Geld ansparen und zu diesem Zweck einen Bausparvertrag abschließen wollte. Die Anlageberaterin riet jedoch vom Abschluss eines Bausparvertrags ab und empfahl stattdessen das gegenständliche Investment in die KEG. Sie stellte eine Rendite von etwa 6 bis 8 % in Aussicht und beschrieb das Investment als gleich sicher wie ein Bausparvertrag. Sie gab an, es handle sich um eine Veranlagung in Immobilien und daher um eine sichere Alternative zu einem Bausparvertrag. In welcher Rechtsform die Investition erfolgen würde, wurde nicht erörtert. Dass die von der Anlegerin zu investierenden Gelder von der KEG außer für den Erwerb von Immobilien auch für andere Zwecke, insbesondere für den Erwerb von Wertpapieren verwendet würden, wurde im Beratungsgespräch ebenfalls nicht erwähnt. Die Beraterin wies jedoch auf den Steuervorteil hin, welcher in Form eines 'Abzugs' beim Lohnsteuerausgleich zustehe. Dieser Steuervorteil war für die Anlegerin jedoch nicht entscheidend, primär wollte sie ein sicheres Investment tätigen. Neben den steuerlichen Begünstigungen wurde auch die Bindefrist von 12 Jahren besprochen, mit der die Anlegerin aufgrund der Empfehlung der Anlageberaterin einverstanden war. Die Beraterin klärte jedoch nicht über die Möglichkeit eines Kapitalverlusts auf, noch wies sie auf mögliche Kursschwankungen der Beteiligung hin. Auch das Thema Euroumstellung sowie das Währungsrisiko und die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung der Investition sowie das Insolvenzrisiko des Produktemittenten wurden nicht thematisiert. Die Anlegerin gab während des Beratungsgesprächs stets an, eine Veranlagung mit der Sicherheit eines Bausparvertrags abschließen zu wollen. Dass sie ein mittleres Investitionsrisiko eingehen wolle, erklärte sie weder ausdrücklich, noch war dies ihren sonstigen Angaben gegenüber der Anlageberaterin zu entnehmen. Entgegen den Angaben in der Gesprächsnotiz erhielt die Anlegerin vor der Unterzeichnung des Angebots auf Abschluss des Treuhandvertrags weder einen Prospekt noch sonstige schriftliche Unterlagen ausgehändigt oder gezeigt. Wäre die Anlegerin darüber aufgeklärt worden, dass die KEG neben Immobilien auch in Wertpapiere investiert und das Investment mit dem Risiko eines Kapitalverlusts verbunden ist, hätte sie die gegenständliche Beteiligung nicht erworben, sondern stattdessen einen Bausparvertrag abgeschlossen. Dieser hätte zumindest etwa 4 % Zinsen pa nach Abzug der Kapitalertragssteuer eingebracht. Den Veranlagungsprospekt erhielt die Anlegerin erst einige Wochen bzw Monate nach Unterzeichnung des Angebots auf Abschluss des Treuhandvertrags. Dass sie diesen Prospekt zur Gänze samt dem Kapitel über die Veranlagung gelesen hätte, konnte nicht festgestellt werden. Aus den ihr zwischen 1997 und 2003 übermittelten jährlichen Zahlungsübersichten war nicht ersichtlich, dass die KEG neben Immobilien auch in Wertpapiere investiert. In der Folge erhielt sie eine Übersicht über die von der KEG bis zum getätigten Investitionen (Beilage I). Im Vorwort dieser Übersicht wird darauf hingewiesen, dass 'ihre Einzahlungen in fertiggestellte und vermietete Immobilien, in festverzinsliche Wertpapiere und Aktieninvestmentfondsanteile (maximal 30 % vom gesamten Veranlagungsvolumen) investiert werden'. Aus der letzten Seite geht unter der Überschrift 'Wertpapiere und Barmittel' hervor, dass die KEG im Jahr 1997 um 4.347.000 DM DM Anleihen angekauft hat und außerdem im Jahr 2000 um 30 Mio ATS Fondsanteile an einen näher bezeichneten Fonds erworben hat, der in in und ausländische Aktienfonds veranlagt. Die Anlegerin überflog die Übersicht nur oberflächlich. Es wurde ihr dabei nicht bewusst, dass bei der gegenständlichen Veranlagung das Risiko eines Kapitalverlusts bestehe. Erst bei Erhalt des Schreibens der Vermögenstreuhandgesellschaft vom wurde ihr erstmals klar, dass sie einen Verlust zu erwarten habe bzw dass die Veranlagung mit dem Risiko eines Kapitalverlusts verbunden war. In diesem Schreiben wurde ihr der Wert der Kommanditbeteiligung mit (nur) 7.423,38 EUR mitgeteilt; dies entspricht 74,02 % der einbezahlten Anlage. Ende 2009 erhielt sie ein Abschichtungsguthaben von 8.707,67 EUR (= 83,21 % ihrer Einlage) ausbezahlt. Zusätzlich lukrierte sie Steuervorteile (Steuergutschriften) in Höhe von insgesamt 591,97 EUR. Bei Berücksichtigung der von ihr tatsächlich geleisteten Zahlung von insgesamt 10.464,89 EUR sowie der ebenfalls bezahlten Bearbeitungsgebühr von 313,95 EUR ergibt sich ein Verlust von 1.479,20 EUR (ohne Berücksichtigung entgangener Zinsen).

Die Anlegerin trat die ihr gegenüber der beklagten Partei zustehenden Ansprüche auf Ersatz des gegenständlichen Schadens an den klagenden Verband zum Inkasso und zum Zwecke der Klageführung ab.“

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, die Beratung, wonach die Veranlagung die gleiche Sicherheit biete wie ein Bausparvertrag, stelle eine den §§ 13 f WAG (alt) widersprechende und daher rechtswidrige Anlageberatung dar, weil es sich bei der Kommanditbeteiligung tatsächlich um eine Veranlagung gehandelt habe, die nicht die von der Anlegerin gewünschte und kommunizierte Sicherheit geboten habe. Da die Anlegerin die gegenständliche Veranlagung ohne das Beratungsfehlverhalten der beklagten Partei nicht erworben hätte, sei sie so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Beratung stünde. Der Schaden der Anlegerin betrage 1.479,20 EUR zuzüglich des Zinsenentgangs aus der hypothetischen Alternativveranlagung von 4 %, wobei eine periodengenaue Zurechnung des Steuervorteils der Zinsen gemäß § 273 ZPO mangels entsprechenden Vorbringens unterblieben sei. Der Klageanspruch unterliege der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. Nach herrschender Rechtsprechung liege der reale Primärschaden bereits darin, dass die Anlegerin eine Veranlagung erwarb, die sie nicht erwerben wollte. Es sei ihr aber erstmals mit Erhalt des Schreibens der Vermögenstreuhandgesellschaft vom bewusst geworden, dass sie einen teilweisen Verlust ihres investierten Kapitals zu erwarten habe und dass die erworbene Veranlagung entgegen der Beratung nicht der von ihr gewünschten Risikoklasse entspreche. Dass sie bereits zuvor Kenntnis von dem mit der Kommanditbeteiligung verbundenen Risiko erlangt hätte, sei nicht festgestellt. Die bloße Möglichkeit zur Ermittlung der maßgeblichen Umstände reiche für den Beginn der Verjährungsfrist nicht aus. Sie habe auf die Richtigkeit der Angaben ihrer Anlageberaterin vertrauen dürfen. Eine Verletzung einer Erkundigungsobliegenheit sei ihr nicht vorwerfbar. Eine Kündigung bzw eine Sistierung der Einzahlungen hätte ex ante betrachtet nur dann gefordert werden dürfen, wenn die Anlegerin die zukünftige Entwicklung der Kapitalmärkte voraussehen hätte können, was nicht anzunehmen sei; ein Mitverschulden oder eine Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit sei zu verneinen.

Das Berufungsgericht gab der gegen den Zuspruch von 1.479,20 EUR sA gerichteten Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im Umfang der Klagestattgebung in ein klageabweisliches Urteil ab. Ohne die Mängel- und Tatsachenrüge zu erledigen, erachtete das Berufungsgericht den Einwand der Verjährung des Klageanspruchs als berechtigt. Der Schaden sei bereits in dem Moment eingetreten, in dem sich herausgestellt habe, dass die Anlegerin nicht das von ihr gewünschte wertstabile, sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben habe. Nicht maßgeblich für den Zeitpunkt des Schadenseintritts sei, ob in Zukunft auf eine positivere Kursentwicklung zu hoffen war oder nicht. Die Anlegerin habe aus der letzten Seite der „Übersicht über die von der KEG bis zum getätigten Investitionen“ (Beilage I) entnehmen können, dass die KEG auch in in und ausländische Aktienfonds veranlage. Darauf werde auch im Vorwort dieser Übersicht hingewiesen. Bereits mit Zusendung der Übersicht sei offenbar geworden, dass nicht ein risikoloses in Immobilien veranlagendes sondern ein auch mit Wertpapieren spekulierendes Investment eingegangen worden sei. Dies wäre schon bei oberflächlichem Überfliegen der Beilage I ersichtlich gewesen. Die Anlegerin hätte daher ohne besondere Mühe in Erfahrung bringen können, dass auch das Risiko eines Kapitalverlusts bestehe. Schon ab Zusendung der „Übersicht über die von der KEG bis zum getätigten Investitionen“ im Jahr 2001 sei deshalb Kenntnis von Schaden und Schädiger anzunehmen. Der Anlegerin hätte schon zu diesem Zeitpunkt bewusst sein müssen, dass sie von der beklagten Partei falsch beraten worden sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung des Berufungsurteils im Sinne der Wiederherstellung des klagestattgebenden Ersturteils.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig.

In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragte die beklagte Partei die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision. Ihr weiterer Eventualantrag richtet sich auf Aufhebung der Berufungsentscheidung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung.

Die Revision ist im Sinne der im Abänderungsantrag enthaltenen Antrags auf Aufhebung der Berufungsentscheidung auch berechtigt.

Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, der Anlegerin sei nach oberflächlichem Studium des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2000 nicht bewusst geworden, dass das Risiko eines Kapitalverlusts bestehe. Dieses Risiko sei ihr erst durch Erhalt des Schreibens der Vermögenstreuhandgesellschaft vom bekannt geworden, weshalb auch die Verjährungsfrist erst in diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Vor diesem Zeitpunkt hätten keine Verdachtsmomente dafür bestanden, dass sie falsch beraten worden sein könnte. Die Ansicht des Berufungsgerichts laufe darauf hinaus, die Anlegerin hätte den Jahresbericht sorgfältiger lesen müssen, um die Schlussfolgerung auf die Risikoträchtigkeit der ihr angeratenen Anlageform zu ziehen. Tatsächlich treffe sie jedoch keine Verpflichtung, sich mit dem von ihr eingegangenem Investment inhaltlich auseinander zu setzen. Sie hätte den Tätigkeitsbericht auch ungelesen ablegen können.

Dazu ist auszuführen:

1.1. Die etappenweise am 1. 1. und sowie in Kraft getretenen §§ 11 ff Wertpapieraufsichtsgesetz BGBl I 1996/239 (WAG) („Wohlverhaltensregeln“) enthalten nach dem Willen des Gesetzgebers eine gesetzliche Konkretisierung der Schutz- und Sorgfaltspflichten. § 13 Z 3 und 4 WAG schreiben die schon zuvor von der Rechtsprechung und Lehre zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungs- und Beratungspflichten fest. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang der Beratung ergibt sich dabei jeweils im Einzelfall in Abhängigkeit vom Kunden, insbesondere von dessen Professionalität, sowie vom ins Auge gefassten Anlageobjekt. § 15 WAG bezweckt die Sicherstellung der Haftung des Rechtsträgers bei Verletzung der Bestimmungen der §§ 13 und 14 WAG auch bereits bei leichter Fahrlässigkeit (2 Ob 236/04a, RdW 2005, 424).

1.2. Nach den erstinstanzlichen (vom Berufungsgericht bisher nicht überprüften) Feststellungen hat die Beraterin einer Anlegerin, die einen Bausparvertrag zwecks Ansparens eines Geldbetrags für ihre Enkelkinder abschließen wollte, von dessen Abschluss abgeraten und eine Kommanditbeteiligung als gleich sichere Alternative mit der Begründung angeboten, es werde in Immobilien investiert. Dass die der Anlegerin empfohlene Kommanditbeteiligung gänzlich ungeeignet war, dieser Sicherheitserwartung zu entsprechen, bedarf keiner näheren Begründung. Geht man von den bisher getroffenen Feststellungen aus, liegt darin, dass die Beraterin die Rechtsform der Kommanditbeteiligung nicht thematisiert und nicht darüber aufgeklärt hat, dass zu 30 % des Veranlagungsvolumens auch in Wertpapiere veranlagt werde und das Risiko eines Kapitalverlusts bestehe, eine pflichtwidrige unvollständige Beratung.

2. Auf Basis der bisher getroffenen Feststellungen ist der behauptete Schaden dadurch entstanden, dass die Anlegerin kein risikoloses, sondern ein risikobehaftetes Papier erworben hat, das die gewünschte Eigenschaft gerade nicht erfüllt (6 Ob 145/08d; 6 Ob 103/08b ÖBA 2009/1528 [144] mit zust Anm P. Bydlinski 146; 7 Ob 253/97z ÖBA 1999, 787, [388] mit Anm Kletečka ). Dies entspricht dem weiten Schadenbegriff des ABGB, wonach jeder rechtliche Nachteil einen Schaden darstellt, somit jeder Zustand, an dem ein geringeres rechtliches Interesse als am bisherigen besteht (RIS-Justiz RS0022537) . Maßgebender Termin für den Schadenseintritt ist somit der Zeitpunkt der Zeichnung der Kommanditbeteiligung, und zwar unabhängig davon, ob nach einer Zukunftsprognose aus Sicht des Jahres 1997 auf eine positive Kursentwicklung zu hoffen war.

3. Vom Eintritt des Schadens ist für die Frage der Verjährung die Kenntnis des Geschädigten vom Schaden zu unterscheiden. Für den Beginn der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dem Geschädigten der Schaden, die Person des Schädigers und die Schadensursache bekannt geworden ist (RIS Justiz RS0034951). Im vorliegenden Fall ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt die Anlegerin erkannte, dass ihr Investment entgegen der Zusicherung nicht risikolos war, sondern die Gefahr eines Kapitalverlusts in sich barg. Ein nach Kenntnis der Risikoträchtigkeit des Investments eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt (6 Ob 103/08b mwN).

4. Nach der Rechtsprechung muss dem Geschädigten der anspruchsbegründende Sachverhalt zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch so weit bekannt sein, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen kann. Die Kenntnis muss den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch die Kenntnis jener Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034524). Bloße Mutmaßungen über die angeführten Umstände reichen für die Auslösung der Verjährungsfrist nicht aus.

5. Nach den bisherigen Feststellungen wurde der Anlegerin beim oberflächlichen Überfliegen der ihr ohne Verlangen zugesandten bebilderten Broschüre „Übersicht per “ nicht bewusst, dass bei der gegenständlichen Veranlagung das Risiko eines Kapitalverlusts bestehe, sondern erstmals bei Erhalt des Schreibens vom . Der Beginn der Verjährungsfrist könnte daher nur dann zu einem früheren Zeitpunkt als dem angenommen werden, wenn der Anlegerin eine Verletzung der Erkundigungspflicht vorzuwerfen ist. Eine Erkundigungspflicht ist in der Regel dann zu bejahen, wenn Verdachtsmomente bestehen, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden (RIS-Justiz RS0034327 [T21]). Musste der Geschädigte jedoch bestimmte Umstände nicht als wahrscheinlich betrachten, so beginnt für die dadurch bedingten Schäden die Verjährungsfrist erst mit deren positiver Kenntnis zu laufen (RIS-Justiz RS0034378). Nach ständiger Rechtsprechung dürfen an die Erkundigungspflicht generell keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. Nur wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre (7 Ob 242/99k, 1 Ob 64/00v; RIS-Justiz RS0034327; Mader/Janisch in Schwimann ABGB³ § 1489 Rz 20). Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf hinsichtlich der maßgebenden Tatsachen, die zur Erhebung einer Schadenersatzklage erforderlich sind, nicht überspannt werden.

5.1. Im Zuge des Ankaufs von Wertpapieren oder Veranlagungen kann die Kursentwicklung einen Indikator für die vom Anleger unerwünschte Risikoträchtigkeit einer Anlageform und eine Fehlberatung abgeben ( Kletečka , Anm zu 7 Ob 253/97z ÖBA 1999, 388 [391 ff]). Einem Anleger, der davon ausgeht, dass die ihm vermittelte Anlageform keinem Kursrisiko unterliegt, muss ein Irrtum in dem Moment bewusst werden, in dem ihm bekannt wird, dass sein Anlageprodukt eine negative Kursentwicklung nimmt. Eindeutiges Indiz für den Anleger sind an ihn gerichtete Depotstands oder Kontostandauszüge und Mitteilungen zB des Emittenten oder des Beraters (7 Ob 253/97z; 3 Ob 89/99f; Kletečka/Holzinger , Die Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus fehlerhafter Anlageberatung, ÖJZ 2009/69, [629, 630]). Ist dem Anleger aus derartigen Unterlagen ein aktueller Wertverlust erkennbar, muss ihm auch klar sein, dass er entgegen der ihm erteilten Beratung sein Geld für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hat. Aufgrund der Kenntnis des Kursverlusts liegt somit die Kenntnis der falschen Risikoklasse und des Beratungsfehlers auf der Hand. In der Lehre wurde die Ansicht vertreten, es stelle eine Obliegenheit des Anlegers dar, Einsicht in Depotauszüge zu nehmen, andernfalls die Nichteinsicht verjährungsrechtlich ebenso wie die Kenntnisnahme vom Inhalt wirke ( P. Bydlinski, Beginn und Lauf der Verjährung nach fehlender Anlageberatung, FS Reischauer, 77, [88]).

5.2. Anders als Depotauszüge enthielt der der Anlegerin 2001 im vorliegenden Fall übersandte Tätigkeitsbericht jedoch keine Angaben zur Wertentwicklung der konkreten Anlage bzw zu Kursverlusten. Auch im Zeitraum vor 2001 haben die beklagte Partei und die Vermögenstreuhandgesellschaft der Anlegerin jahrelang keine Informationen über die Kursentwicklung zukommen lassen, sondern ihr lediglich wie bei einem Bausparvertrag jährliche Übersichten über die getätigten Einzahlungen übersandt. Dadurch konnte die Anlegerin sich vorerst in ihrem Glauben bestärkt erachten, eine einem Bausparvertrag vergleichbar sichere Anlageform gewählt zu haben. Solange sie nichts von Kursverlusten wusste, gab es für sie keinen Grund zu Misstrauen gegenüber den Angaben der Beraterin und keinen Anlass zu Nachforschungen ( P. Bydlinski , Beginn und Lauf der Verjährung nach fehlender Anlageberatung, FS Reischauer, 77, [86]).

5.3. Im Hinblick auf diese Situation ist eine Verletzung der Erkundigungspflicht dadurch zu verneinen, dass die Anlegerin die ihr von der beklagten Partei zugesandte, bebilderte und den Eindruck einer Werbebroschüre erweckende Unterlage über die bis getätigten Investitionen nicht aufmerksam studiert, sondern nur überflogen und nicht zum Anlass für die Beischaffung weiterer Informationen genommen hat. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass ein Anleger dem Rat und den Angaben „seines“ Beraters Gewicht beimisst und diesen Angaben vertraut. Bestanden keine Anhaltspunkte für mangelnde Kenntnis der Beraterin über die Produkteigenschaften oder gar für unredliches Verhalten, musste es die Anlegerin auch nicht als wahrscheinlich erachten, dass in dem ihr zugekommenen Tätigkeitsbericht Informationen enthalten sind, die von jenen abweichen, die sie im Zuge des Beratungsgesprächs erhalten hatte. War also aus Sicht der Anlegerin kein Grund zu besonderen Bedenken oder Misstrauen gegeben, ist ihr nicht als Sorgfaltsverstoß zuzurechnen, dass sie den näheren Inhalt des Berichts nicht genau studiert und ausgewertet hat, um die Angaben der Beraterin auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren und Kenntnis darüber zu erlangen, ob ihr die ihren Wünschen entsprechende oder (allenfalls doch) eine falsche Risikoklasse angeraten worden war. Es kommt nicht darauf an, dass wie die beklagte Partei vermeint jeder Laie die Risikoträchtigkeit der Veranlagung bei Lesen des Tätigkeitsberichts ohne Mühe erkennen hätte können. Maßgeblich ist vielmehr, ob wie bereits dargelegt für die Anlegerin unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Zeitpunkt des Erhalts des Tätigkeitsberichts Verdachtsmomente für eine Fehlberatung bestanden oder sie eine solche gar für wahrscheinlich erachten musste. Nur dann könnte das bloß oberflächliche Überfliegen des Tätigkeitsberichts und das Unterlassen von Erkundigungen darüber, ob die darin beschriebenen Anlageformen bereits dazu geführt haben, dass die Veranlagung im Wert aktuell tatsächlich gesunken ist, eine Verletzung der Erkundigungspflicht darstellen. Mangels derartiger Verdachtsmomente wäre es aber eine Überspannung der Erkundigungspflicht, davon auszugehen, die Anlegerin hätte bereits 2001 erkennen müssen, dass sie entgegen den schuldhaft unrichtigen bzw unvollständigen Angaben der Beraterin ihr Geld anstatt für ein gewünschtes risikoloses Wertpapier für eine Kursschwankungen unterworfene Veranlagung ausgegeben hat.

5.4. Ähnlich stellt sich die deutsche Rechtsprechung dar. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass die nach § 199 Abs 1 Nr 2 BGB für den Fristbeginn der schadenersatzrechtlichen Verjährungsfrist erforderliche grob fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände nicht schon dann vorliege, wenn der Anleger es unterlassen habe, den ihm übergebenen Emissionsprospekt durchzulesen und hiebei auf durchgreifende Hinweise auf die fehlende Eignung der Kapitalanlage für seine Anlageziele zu stoßen (BGH , III ZR 249/09, ecolex 2011/166 Wilhelm ). Eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers ergebe sich nicht schon allein daraus, dass es der Anleger unterlassen habe, den ihm überreichten Emissionsprospekt durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren.

6. Da im vorliegenden Fall die Anlegerin nach Erhalt der Übersicht über die bis getätigten Investitionen im Jahr 2001 noch nicht als wahrscheinlich erachten musste, pflichtwidrig beraten worden zu sein, ist demnach auf die positive Kenntnis des Schadens abzustellen. Diese Kenntnis und damit der Beginn der Verjährungsfrist ist sowohl für den in der Risikoträchtigkeit liegenden Primärschaden, als auch für den Folgeschaden (rechnerischen Schaden) erst mit der positiven Kenntnis des Kursverlusts im Jahr 2009 anzusetzen. Erst zu diesem Zeitpunkt brachte die Anlegerin in Erfahrung, dass es sich um ein risikoträchtiges Investment gehandelt hat und ein Teil des von ihr investierten Kapitals verloren gegangen war.

7. Aus der von der Revision zitierten Entscheidung 2 Ob 65/09m lässt sich nichts anderes ableiten, handelt es sich dabei doch um einen Zurückweisungsbeschluss, in dem die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage des Beginns der Verjährungsfrist vom Obersten Gerichtshof nicht geprüft werden konnte, weil sie von der Revision nicht aufgegriffen worden war. Im Übrigen ergibt sich aus der in dieser Entscheidung enthaltenen (auszugsweisen) Wiedergabe der Sachverhaltsfeststellungen, dass der Anleger im Unterschied vom vorliegenden Fall bereits aufgrund des ihm übersandten Tätigkeitsberichts in Kenntnis des Wertverlusts war.

Da das Berufungsgericht ausgehend von seiner Rechtsansicht, dem Einwand der Verjährung komme Berechtigung zu, die Mängel- und Tatsachenrüge bisher nicht erledigt hat, erweist sich die Aufhebung der Berufungsentscheidung als unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.