OGH vom 24.07.2013, 9Ob36/13d

OGH vom 24.07.2013, 9Ob36/13d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers Dr. M***** M*****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Erlagsgegner 1.) P***** P*****, vertreten durch Dr. Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien, als Abwesenheitskurator, und 2.) R***** O*****, derzeit unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, als Abwesenheitskurator, über den Revisionsrekurs des Zweiterlagsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 45 R 265/12x 57, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 23 Nc 75/11z 48, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Verwahrauftrag vom (ON 6) nahm das Erstgericht den vom Erleger erlegten Betrag von 271.570,15 ATS als gerichtlichen Erlag gemäß § 1425 ABGB an.

Für jeden der beiden Erlagsgegner wurde wegen deren unbekannten Aufenthalte vom BG Innere Stadt Wien (AZ 90 P 83/10h, vormals AZ 6 P 431/93) für das Erlagsverfahren ein Abwesenheitskurator bestellt. Dem für den Zweiterlagsgegner zuletzt bestellten Dr. Hans Wagner sprach das Bezirksgericht Innere Stadt Wien für seine Tätigkeit Entschädigungen in einer Gesamthöhe von 22.500 ATS und 1.400 EUR zu.

Mit Edikt vom (ON 47), das es auch den beiden Abwesenheitskuratoren zustellte, machte das Erstgericht die beabsichtigte Einziehung des gegenständlichen Erlags nach dem Verwahrungs und Einziehungsgesetz (VerwEinzG) kund. Auf die Verwahrnisse erhoben keine Personen Ansprüche.

Mit Beschluss vom (ON 48) sprach das Erstgericht die Einziehung des bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien erliegenden Sparbuchs mit einem Stand per von 20.126,81 EUR zugunsten des Staates aus.

Dagegen erhob der Zweiterlagsgegner Rekurs, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Einziehung abgewiesen werde (allenfalls diesen aufzuheben); in jedem Fall möge die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien beauftragt werden, aus dem erliegenden Sparbuch 2.885,14 EUR zugunsten des Kurators zu entnehmen und den Kurator zu ermächtigen, diesen Betrag für die ihm zugesprochenen Kosten zu vereinnahmen.

Das Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung. Der Abwesenheitskurator habe es verabsäumt, einen Ausfolgungsantrag (§ 5 Abs 1 VerwEinzG) zu stellen. Der erstmals im Rekurs gestellte Antrag, die Kuratorkosten aus der Masse zu berichtigen, verstoße gegen das Neuerungsverbot. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete es für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die (in einem anderen Verfahren bestimmten) Kosten des Abwesenheitskurators beim Ausspruch der Einziehung eines gerichtlichen Verwahrnisses gemäß § 11 VerwEinzG von Amts wegen zu berücksichtigen seien, fehle.

Mit dem dagegen gerichteten Revisionsrekurs beantragt der Zweiterlagsgegner (vertreten durch den Abwesenheitskurator), die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Einziehung des bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien erliegenden, näher bezeichneten Sparbuchs mit Stand per von 20.126,81 EUR zu Gunsten des Staates abgewiesen werde; allenfalls diese aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen; die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien ferner dahin zu beauftragen, aus dem erliegenden Sparbuch zu Gunsten des Kurators 2.885,14 EUR zu entnehmen und den Kurator zu ermächtigen, den genannten Betrag in Erledigung seiner Gebührenansprüche zu vereinnahmen. Die Einziehung sei nicht gerechtfertigt. Die §§ 4-6 VerwEinzG seien auch auf das Einziehungsverfahren anzuwenden, weshalb bei der Einziehung von Amts wegen die Gebühren des Kurators zu berücksichtigen seien und deren Ausfolgung zu veranlassen sei. Mit Antrag vom habe er die Gebühren auch geltend gemacht.

Rechtliche Beurteilung

Der unbeantwortet gebliebene Revisionsrekurs ist zulässig (§ 1 Abs 1 Satz 2 VerwEinzG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG), aber nicht berechtigt.

1. Das VerwEinzG, BGBl I 2010/111, welches das Bundesgesetz über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse, BGBl I 1963/281 ablöste, trat gemäß seinem § 18 Abs 1 mit in Kraft. Die Vorinstanzen haben aufgrund der Übergangsbestimmung des § 18 Abs 2 VerwEinzG zu Recht das Einziehungsverfahren nach den Bestimmungen dieses Gesetzes beurteilt.

2. Das Einziehungsverfahren regeln die §§ 7 bis 12 VerwEinzG. Von der Einleitung des Einziehungsverfahrens sind die in § 11 Abs 1 Satz 2 VerwEinzG genannten Personen zu verständigen. Die bevorstehende Einleitung des Verfahrens ist durch Edikt zu verlautbaren (§ 11 Abs 3 Satz 1 VerwEinzG). Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers sieht das Einziehungsverfahren im Gegensatz zum Ausfolgungsverfahren (§ 5 Abs 2 VerwEinzG) keine gesonderte Aufforderung an den Erlagsgegner zur Äußerung nach § 17 AußStrG vor. § 5 VerwEinzG regelt, wie schon die gleichnamige Überschrift zeigt, das Ausfolgungsverfahren . § 14 VerwEinzG stellt entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers lediglich klar, dass die Verfahrensregelungen über die Ausfolgung einer hinterlegten Sache (§§ 4 bis 6 VerwEinzG) auch dann anzuwenden sind, wenn das Verwahrschaftsgericht bereits ein Einziehungsverfahren eingeleitet hat (RV 981 BlgNR XXIV. GP 79). Nur ein Ausfolgungsantrag nach § 5 Abs 1 VerwEinzG verpflichtet gemäß § 5 Abs 2 VerwEinzG zur Aufforderung nach § 17 AußStrG. Einen Ausfolgungsantrag haben aber weder der Revisionsrekurswerber noch der als Vertreter des Zweiterlagsgegners und Revisionsrekurswerbers einschreitende Abwesenheitskurator (im eigenen Namen) im Einziehungsverfahren gestellt. Der vom Zweiterlagsgegner am im Pflegschaftsverfahren des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien, AZ 90 P 83/10h, damals AZ 83 P 126/02v (ON 43) gestellte und mit Beschluss vom (ON 44) bewilligte Antrag, den Abwesenheitskurator zu ermächtigen, die bisher bestimmten Belohnungen aus dem Erlagsbetrag zu beheben und zu vereinnahmen, ersetzt den notwendigen Ausfolgungsantrag (vgl § 5 Abs 1, § 8 Satz 2 VerwEinzG) nicht. Der Einziehungsbeschluss erfolgte daher in Einklang mit den Bestimmungen des VerwEinzG.

3. Schließlich begehrt der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittelantrag nicht nur die „Abweisung“ der Einziehung, eventualiter die Aufhebung, sondern „ die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien möge beauftragt werden, aus dem erliegenden Sparbuch zu Gunsten des Kurators 2.885,14 EUR zu entnehmen und den Kurator zu ermächtigen, genannten Betrag in Erledigung seiner Gebührenansprüche zu vereinnahmen “. Letzterem steht entgegen, dass im Rechtsmittelverfahren nur über die bekämpfte Einziehung eines hinterlegten Verwahrnisses, nicht aber über einen nicht gestellten Ausfolgungsantrag abgesprochen werden kann.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.