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VfGH vom 18.06.2001, B1437/00

VfGH vom 18.06.2001, B1437/00

Sammlungsnummer

16196

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Nichtanwendung der Steuerbegünstigung für sonstige Bezüge, insbesondere den 13. und 14. Monatsbezug, auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit; Analogieschluß mangels Vorliegen einer planwidrigen Lücke nicht geboten; keine Gleichheitsbedenken gegen diese aufgrund ihrer Breitenwirkung im Effekt normierte Tarifbegünstigung im Bereich der Lohnsteuer; Berücksichtigung sozialer Symmetrie zwischen den Einkunftsarten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist als ständiger Substitut bei einem Rechtsanwalt tätig und erhält für diese Tätigkeit ein monatliches Pauschalhonorar, wobei im Juni und November der doppelte Betrag zur Auszahlung gelangt. Seinem Antrag, die beiden zusätzlichen Monatsbezüge für das Jahr 1999 unter die Vorschrift des § 67 Abs 1 EStG zu subsumieren, wurde weder im erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheid noch im nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde entsprochen.

2.1. Dagegen richtet sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums, die Verletzung des Diskriminierungsverbotes des Art 14 EMRK, in eventu die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.2. Begründend führt die Beschwerde folgendes aus:

Die Vorschrift des § 67 Abs 1 EStG führe zu einer Privilegierung gut verdienender unselbständig Erwerbstätiger. Bestverdiener würden progressiv begünstigt. Für schlecht Verdienende falle die Privilegierung gar nicht oder kaum ins Gewicht. Zum privilegierten Personenkreis gehörten nicht bloß unselbständig Beschäftigte, sondern auch Pensionisten, die keiner Beschäftigung nachgingen, und Politiker. Die Tätigkeit eines Parlamentariers müsse man eher als selbständig ansehen als die des Beschwerdeführers. Die Privilegierung sei auch wesentlich mit dem Unterschied von laufenden und sonstigen Bezügen verknüpft, so daß keineswegs sämtliche unselbständig Beschäftigte in deren Genuß kämen.

Die Privilegierung könne sachlich nicht gerechtfertigt werden. Der Verfassungsgerichtshof habe sie bisher noch als zulässig erachtet. Seit den diesbezüglich einschlägigen Entscheidungen habe sich allerdings die gesellschaftliche Situation und die Rechtslage dahingehend verändert, daß nunmehr eine sachliche Rechtfertigung für die zitierte Privilegierungsvorschrift nicht mehr gefunden werden könne. Die in den Erk. VfSlg. 6874/1972 und 9519/1982 verwendete Argumentation könne für das entscheidungsgegenständliche Jahr 1999 nicht mehr aufrechterhalten werden. Es könne heutzutage keinesfalls davon ausgegangen werden, daß sich die privilegierte Personengruppe bei Auszahlung des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration in monatlichen Teilbeträgen keinen Urlaub oder keine Weihnachtsgeschenke mehr leisten könne, weil sie unfähig wäre, für absehbare finanzielle Aufwendungen Vorsorge zu treffen. Im übrigen habe sich auch die Rechtslage entscheidend geändert. Insbesondere seien die Begünstigungen des § 37 EStG durch das StruktAnpG 1996 wesentlich eingeschränkt worden. Diese Norm könne daher nicht mehr zur Rechtfertigung der Privilegierungsbestimmungen des § 67 EStG herangezogen werden (der Beschwerdeführer legt hier im einzelnen die Konsequenzen dieser Neuregelung des § 37 leg.cit. aus der Sicht von selbständig Tätigen dar).

Die von der belangten Behörde an ausgleichsbedürftigen Vorteilen der Besteuerung von selbständig Tätigen angeführten Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen, Ansatz- und Bewertungswahlrechten und Möglichkeiten der Verlagerung von Fremdmittelzinsen in den Betriebsbereich könnten von zahlreichen Selbständigen gar nicht oder kaum in Anspruch genommen werden. Der Beschwerdeführer führt hier im einzelnen aus, warum dies insbesondere auf ihn selbst zutreffe.

Zusammenfassend hält die Beschwerde fest, daß die Begünstigung des § 67 Abs 1 EStG auf Grund der geänderten gesellschaftlichen Situation und der geänderten Rechtslage bezogen auf das Jahr 1999 jeglicher sachlicher Rechtfertigung entbehre und ein unsachliches Privileg vor allem für gut Verdienende und Bestverdiener unter den Dienstnehmern, öffentlich Bediensteten, Pensionisten und Politikern darstelle. "In sachlich nicht zu rechtfertigender Weise massiv benachteiligt sind selbständig Tätige und auch Dienstnehmer, die Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration in monatlichen Teilbeträgen ausbezahlt erhalten. Dieser Gruppe von Steuerpflichtigen wird vom Gesetzgeber bei gleicher persönlicher Leistungsfähigkeit eine beträchtlich höhere Steuerlast aufgebürdet, womit ohne sachliche Rechtfertigung das Prinzip der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit bei der Einkommensteuerbemessung verlassen wird, sodaß die Regelung nach der jüngeren Judikatur des VfGH verfassungswidrig ist (vgl. VfSlg. 12.941)."

Schließlich führt die Beschwerde noch aus, daß der Gesetzgeber offenbar irrtümlich davon ausgegangen sei, daß bei selbständigen Tätigkeiten die Bezahlung eines 13. und 14. Bezuges nicht vorstellbar sei. Bei großzügiger verfassungskonformer Gesetzesauslegung könne daher von einer analogiefähigen Gesetzeslücke ausgegangen werden. Der 13. und 14. Monatsbezug des Beschwerdeführers hätten dann der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 1 EStG unterzogen werden müssen. Da dies die belangte Behörde unterlassen und dem Gesetz einen verfassungwidrigen Inhalt unterstellt habe, sei der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den eingangs angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

3. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) legte als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor, verweist in ihrer Gegenschrift auf die bereits in der Berufungsentscheidung geäußerte Rechtsauffassung und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit der Beschwerdeführer sich in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten deswegen verletzt erachtet, weil die belangte Behörde es unterlassen habe, in "großzügiger verfassungskonformer Gesetzesauslegung" eine analogiefähige Lücke anzunehmen und seinen 13. und 14. Monatsbezug der begünstigten Besteuerung nach § 67 Abs 1 EStG zu unterziehen, ist ihm folgendes entgegenzuhalten: § 67 EStG bezieht sich dem klaren Wortlaut nach auf die sonstigen Bezüge von Arbeitnehmern und die von ihnen zu erhebende Lohnsteuer und enthält (nur) hiefür eindeutige Regelungen. Umgekehrt besteht auch keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, daß die auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogenen Regelungen des EStG (welche die belangte Behörde auf die vom Beschwerdeführer bezogenen Einkünfte angewendet hat) unvollständig wären, somit eine Lücke enthielten. Dies aber wäre unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 67 Abs 1 EStG auf die - im Beschwerdefall unwidersprochen vorliegenden - Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Wege eines Ähnlichkeitsschlusses (Gesetzesanalogie).

Bei dieser Rechtslage konnte der Beschwerdeführer durch die Nichtanwendung der genannten Bestimmung in den angegebenen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden sein (vgl. hiezu auch VfSlg. 6874/1972, S. 976).

2. Das Hauptgewicht der Argumentation legt die Beschwerde jedoch auf den Umstand, daß die Bestimmungen des § 67 EStG den Gleichheitsgrundsatz verletzten und in unzulässiger Weise in die Eigentumsrechte der nicht begünstigten Personengruppe eingriffen, worin auch eine gemäß Art 14 EMRK verpönte diskriminierende Behandlung auf Grund eines bestimmten Status (Selbständiger) zu erblicken sei. Angeregt wird aus diesem Grund, da eine Aufhebung bloß des § 67 EStG die Benachteiligung des Beschwerdeführers anläßlich der Einkommensbesteuerung 1999 nicht beseitigen würde, die Aufhebung des "Grundtatbestand(es) der Einkommensteuerpflicht".

3. Der Verfassungsgerichtshof sieht jedoch aus folgenden Gründen keine Veranlassung, diese Anregung aufzugreifen:

3.1. § 67 EStG schafft mit seiner Sonderregelung für sonstige Bezüge eine speziell auf Arbeitnehmer (im steuerlichen Begriffsverständnis) bezogene Begünstigung in Form einer lohnsteuerlichen Tarifermäßigung. Diese Begünstigung bezieht sich auf "sonstige Bezüge"; das sind nach der Legaldefinition Bezüge, die neben dem laufenden Arbeitslohn bezahlt werden, wobei das Gesetz als Beispiele ausdrücklich den 13. und 14. Monatsbezug nennt. Zugleich wird diese Begünstigung grundsätzlich mit einem Sechstel der laufenden Bezüge begrenzt.

Die steuerliche Sonderbehandlung der sonstigen Bezüge war ursprünglich (im deutschen Einkommensteuerrecht; vgl. § 73 dEStG 1925, dRGBl. I, S. 189) als vereinfachende Pauschalbesteuerung gedacht. Zu einer Begünstigung wurde sie in Österreich infolge der Senkung der maßgeblichen Steuersätze in der Steuergesetzgebung der Nachkriegszeit, vor allem durch die EStG-Novelle 1947, BGBl. 127, das StÄG 1953, BGBl. 63, und das EStG 1953, BGBl. 1/1954, wobei die Auswirkung bereits im StÄG 1949, BGBl. 132, durch die Einführung der Sechstelgrenze limitiert wurde. Die lohnpolitischen Reaktionen auf diese Begünstigung haben dazu geführt, daß nahezu alle Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eine lohnsteuerliche Tarifermäßigung für etwa ein Siebentel ihrer Bezüge (13. und 14. Monatsbezug) erhalten bzw. sie durch entsprechende Gestaltung der jeweils lohngestaltenden Vorschriften oder Verträge erhalten können.

Das bedeutet, daß es sich bei § 67 Abs 1 EStG zwar nominell um eine Begünstigung für sonstige Bezüge handelt, die sich aber wegen ihrer Breitenwirkung de facto als eine generelle Ermäßigung des Einkommensteuertarifs für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auswirkt. Die verfassungsrechtlich relevante Frage ist somit aus heutiger Sicht nicht bzw. nicht mehr primär, ob es gerechtfertigt ist, die sonstigen Bezüge von Arbeitnehmern tariflich gegenüber den laufenden Bezügen zu entlasten, sondern (vorwiegend), ob eine allgemein auf Arbeitnehmer bzw. die von ihren Bezügen zu erhebende Lohnsteuer bezogene Steuerbegünstigung in Form einer Tarifreduktion dieses Umfanges sachlich gerechtfertigt werden kann.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Begünstigung des § 67 Abs 1 EStG für gleichheitsrechtlich unbedenklich erachtet:

Schon in VfSlg. 2957/1956 hatte der Gerichtshof (in Zusammenhang mit der Beurteilung des Anspruches auf Familienbeihilfe) die Auffassung vertreten, es sei dem Gesetzgeber nicht verwehrt, die in der gegenwärtigen Wirtschaftsverfassung begründeten mannigfaltigen Unterschiede zwischen den in nichtselbständiger Arbeit stehenden Bevölkerungskreisen und den selbständig Erwerbstätigen wahrzunehmen. Daran anknüpfend hat der Gerichtshof in der Folge in ständiger Rechtsprechung auch steuerliche Differenzierungen zwischen den verschiedenen Einkunftsarten des EStG für grundsätzlich unbedenklich erachtet (vgl. etwa VfSlg. 3334/1958, 3595/1959, 4239/1962, 5740/1968, 6533/1971).

Er hat allerdings auch wiederholt betont, daß eine solche unterschiedliche Behandlung der Einkunftsarten sachlich gerechtfertigt sein müsse. Für die Regelung des § 67 Abs 1 EStG hat der Gerichtshof in seiner bisherigen Judikatur dabei verschiedene Rechtfertigungsgründe anerkannt. So hat er in VfSlg. 3595/1959 (S. 283) die in § 67 Abs 1 EStG (1953) festgelegten Steuersätze als Pauschalsätze betrachtet, aus deren Wesen sich schon ergebe, daß sie vergröbernd wirkten und daher zu Differenzen gegenüber den Normalfällen der Besteuerung führten; das müsse auch bei Extremfällen in Kauf genommen werden. Im übrigen sei auch eine bewußte Begünstigung der Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im durchschnittlichen Ausmaß von 10 % nicht bedenklich, weil eine derartige Begünstigung den durch sozialpolitische Erwägungen gezogenen zulässigen Rahmen sachlicher Rechtfertigung nicht überschreite.

In VfSlg. 6874/1972 hat der Gerichtshof die sachliche Rechtfertigung der strittigen Bestimmung in der für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit typischen Besonderheit der Unterscheidung von laufenden und sonstigen Bezügen erblickt, wobei er festgehalten hat, daß der Gesetzgeber den Besonderheiten anderer Einkunftsarten durch § 34 EStG (1967; = § 37 EStG 1988) Rechnung getragen habe, der |berwiegend selbständig Erwerbstätigen zugute komme.

In VfSlg. 9519/1982 hat der Gerichtshof diesen Gedanken um die Überlegung ergänzt, daß nicht laufend ausbezahlte Bezüge aus unselbständiger Arbeit im Rahmen der Gebarung des Steuerpflichtigen eine besondere Aufgabe erfüllten und typischerweise der Befriedigung unregelmäßig auftretender erhöhter Bedürfnisse dienten, für die der unselbständig Erwerbstätige aus laufendem Einkommen meist nur unzureichend Vorsorge treffen könne.

In VfSlg. 10.155/1984 ist der Gerichtshof erneut davon ausgegangen, daß eine verschiedenartige Besteuerung aus den tatsächlichen Unterschieden zwischen den verschiedenen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten abgeleitet werden könne. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn gewisse Sonderbestimmungen für einzelne Einkunftsarten ihrer Natur nach nicht in Frage kämen (z.B. §§6 - 14 und 16 (EStG 1972)) oder wenn ein Ausgleich für die Unmöglichkeit der Geltendmachung von Steuerbegünstigungen, die sich aus der Natur einer anderen Einkunftsart heraus ergeben, geschaffen werden solle (§§67 und 68) oder wenn es sich z.B. um sachlich gerechtfertigte Pauschalierungen handle (z.B. § 17).

Im Beschluß zu B699/93 und B700/93 (vom ), mit welchem die Behandlung der Beschwerden abgelehnt wurde, hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß die den Selbständigen auch nach den ins Treffen geführten Änderungen in der Rechtslage noch verbliebenen größeren Dispositionsmöglichkeiten bei gebotener Durchschnittsbetrachtung die in Rede stehende unterschiedliche steuerliche Behandlung Selbständiger und Unselbständiger zuließen.

3.3. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gegen § 67 EStG bisher offenbar keine verfassungsrechtlichen Bedenken gehabt. Sie schreibt dem § 67 EStG die Funktion eines Ausgleiches für Vorteile bei der Besteuerung der betrieblichen Einkünfte zu ( Zl. 95/15/0079, ÖStZB 1998, S. 140 unter Verweis auf Kohler, SWK 1991, A I 387; , Zl. 98/15/0021, ÖStZB 1999, S. 88).

3.4. In der Literatur ist die Beurteilung des § 67 EStG zwiespältig.

Nach Fellner (in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 67 Abs 1 und 2, Rechtsentwicklung) lag und liegt dem § 67 Abs 1 EStG der Gedanke einer möglichst weitgehenden Vereinfachung der Steuererhebung durch Lohnsteuerabzug beim Arbeitgeber zugrunde. Der Dienstgeber solle nicht gezwungen sein, die Lohnsteuerberechnung für zurückliegende Lohnzahlungszeiträume stets wieder neu aufrollen zu müssen. Daneben wird die Auffassung vertreten, daß dem § 67 Abs 1 leg.cit. heute innerhalb der Tätigkeitseinkünfte (Einkunftsarten 1 bis 4) die Funktion eines Ausgleiches der Vorteile der Besteuerung der selbständigen Tätigkeiten zukomme. "Diese Vorteile liegen im rechtlichen Bereich (z.B. Investitionsbegünstigungen, Ansatz- und Bewertungswahlrechte, Möglichkeit der Verlagerung von Fremdmittelzinsen in den Betriebsbereich, § 37 EStG). Das Bild runden aber Vorteile im tatsächlichen Bereich, die sich daraus ergeben, daß, weil die Vielzahl der bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigenden Betriebsausgaben weit größer ist als jene der bei Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigenden Werbungskosten, die behördliche Überprüfung an faktische Grenzen stößt (...)."

Nach Quantschnigg/Schuch (Einkommensteuer-Handbuch, Wien 1993, § 67, Rz. 2) liegt der Grundgedanke der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung zwischen laufenden und sonstigen Bezügen darin, "möglicherweise weit zurückliegende Lohnzahlungszeiträume und die darauf entfallenden Anteilsleistungen durch eine besondere Art der Besteuerung zu erfassen, ohne eine umständliche Aufrollung vornehmen zu müssen (Gedanke der möglichst weitgehenden Vereinfachung der Steuererhebung)".

Nach Doralt (Einkommensteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 67 Rz. 3) verstößt die (begünstigte) Besteuerung des 13. und 14. Bezuges gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, weil der Bestverdiener gemessen an seiner Leistungsfähigkeit statt progressiv nur mit einem Bagatellsteuersatz proportional besteuert und damit progressiv begünstigt werde.

Rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken äußern auch u.a. Lenneis (AnwBl 1993, S. 71 ff.), Heidinger (SWK 1995, H 6, T 13) und Singer (SWK 1997, H 27, T 113).

3.5. Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerde vorgebrachten Argumente bei der Meinung, daß gegen § 67 Abs 1 EStG gleichheitsrechtliche Bedenken nicht bestehen:

3.5.1. Der Gerichtshof geht dabei zunächst davon aus, daß die Regelung des § 67 Abs 1 EStG, zumindest soweit sie sich auf den 13. und 14. Bezug bezieht, nach der heute gegebenen Sach- und Rechtslage weder mit dem Argument der Vereinfachung der Steuererhebung noch mit dem Erfordernis einer Progressionsermäßigung (§37 EStG) gerechtfertigt werden kann, handelt es sich doch bei den genannten Bezugsteilen um regelmäßig zufließende Einkünfte, bei denen weder die steuerliche Erfassung zum Normalsatz besondere Schwierigkeiten bereiten würde noch eine Zusammenballung von Einkünften stattfindet.

Dessen ungeachtet ist aber von folgendem Befund auszugehen:

Dem österreichischen Einkommensteuergesetz liegt zwar ein einheitlicher, grundsätzlich synthetischer Einkommensbegriff zugrunde. Dieses Einkommen wird aber nicht unmittelbar als einheitliche Größe, sondern auf dem Umweg über die 7 Einkunftsarten ermittelt. Diese Einkunftsarten betreffen jeweils Fallgruppen, die sich in tatsächlicher Hinsicht deutlich voneinander unterscheiden und daher auch vom Gesetzgeber seit jeher in vielfältiger Weise verschieden behandelt werden. Es bestehen Unterschiede hinsichtlich des grundsätzlichen Umfanges der zu erfassenden Einkünfte (etwa im Zusammenhang mit Veräußerungsgewinnen), hinsichtlich der sachlichen Steuerbefreiungen und -begünstigungen, der Ermittlungstechnik (Gewinnermittlungsarten einerseits, Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten andererseits, jeweils mit verschiedenen Wahlrechten, Möglichkeiten der Voll- und Teilpauschalierung) sowie schließlich der Erhebungsformen, die auch notwendigerweise zu unterschiedlichen Praktiken der Rechtsanwendung führen. Durch die Einbeziehung der wichtigsten Formen der Kapitalerträge in den Kapitalertragsteuerabzug hat der Gesetzgeber zwar einerseits für eine gleichmäßigere Erfassung dieser Einkünfte gesorgt, andererseits aber durch die Abgeltungswirkung (Endbesteuerung) die Synthetik der Einkommensteuer weiter ausgehöhlt. Dazu kommen die den verschiedenen Einkunftsarten typischerweise im unterschiedlichen Maße offenstehenden Möglichkeiten, durch Wahl entsprechender Rechtsformen und Gestaltungen (etwa Kapitalgesellschaften, Privatstiftungen) das Konzept einer homogenen Besteuerung von Einkommen zu durchbrechen.

In welchem Maße diese nach Einkunftsarten unterschiedlichen Regelungen und Möglichkeiten sich auf die effektive Steuerbelastung auswirken, läßt sich bei der Vielzahl der in Betracht zu ziehenden Faktoren rechtlicher wie tatsächlicher Art nicht quantifizieren. Insgesamt bietet sich jedoch das Bild einer gewissen sozialen Symmetrie der Begünstigungen. Der Verfassungsgerichtshof ist daher der - bereits in VfSlg. 10.155/1984 vertretenen und vom Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis offenbar geteilten - Auffassung, daß im Rahmen dieser differenzierten Behandlung der Einkunftsarten dem auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogenen § 67 Abs 1 EStG bei einer - gebotenen - Durchschnittsbetrachtung die Funktion eines Ausgleiches der für andere Einkunftsarten geltenden begünstigenden Regelungen und Dispositionsmöglichkeiten zugeschrieben werden kann und er insoweit auch eine sachliche Rechtfertigung findet. Daß die entlastende Wirkung dieser Begünstigung mit der Höhe des Einkommens steigt, ist die Folge des progressiven ESt-Tarifes und nur dessen Kehrseite; auch bei den anderen Einkunftsarten ist die Entlastungswirkung von Steuerbefreiungen oder -begünstigungen, soweit sie nicht in Form von Steuerabsetzbeträgen gewährt werden, stets von der Höhe des Gesamteinkommens abhängig.

3.5.2. Daß die differenzierende Behandlung der Einkunftsarten im Laufe der letzten Jahrzehnte außerhalb der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zugunsten einer gleichmäßigeren, homogenen Erfassung des Einkommens soweit abgebaut worden sei, daß auch die Rechtfertigung für eine generelle Begünstigung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte in Frage gestellt werden könnte, kann der Verfassungsgerichtshof nicht finden. Es mag sein, daß manche Steuerreformen der vergangenen Jahre (auch) von dem Gedanken getragen waren, Befreiungen und Begünstigungen abzubauen und sich dem Konzept einer umfassenden Einkommensbesteuerung (comprehensive income tax) anzunähern. Derartige Reformen betrafen jedoch in der Regel alle Einkunftsarten. Wenn beispielsweise die Beschwerde in diesem Zusammenhang - zutreffend - darauf hinweist, daß die Tarifbegünstigung des § 37 EStG durch das StruktAnpG 1996, BGBl. 201, eine wesentliche Einschränkung erfahren hat, so ist entgegenzuhalten, daß auch die Begünstigung des § 67 EStG durch dasselbe Gesetz in ihrer Wirksamkeit wesentlich eingeschränkt worden ist (indem die auf die Sonderzahlungen entfallenden Sozialversicherungsbeiträge etc. nicht mehr beim laufenden Bezug, sondern bei den sonstigen Bezügen berücksichtigt werden; vgl. Fellner aaO). Im übrigen sind an Stelle von aufgehobenen Sonderregelungen (z.B. Investitionsbegünstigungen) andere Begünstigungen getreten oder ausgebaut worden (z.B. Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag, Bildungsfreibetrag, Eigenkapitalverzinsung).

3.5.3. Daß die verschiedenen Sonderregelungen und Dispositionsmöglichkeiten nur im Gesamtkontext ein einigermaßen ausgewogenes Bild bieten, es hingegen aus der Sicht eines einzelnen Steuerpflichtigen zu Härten kommen kann, weil er von den begünstigenden Sonderregelungen oder Dispositionsmöglichkeiten "seiner" Einkunftsart im Einzelfall nicht oder nur eingeschränkt Gebrauch machen kann, bezweifelt der Gerichtshof nicht. Dies ändert angesichts der gebotenen Durchschnittsbetrachtung aber nichts am Ergebnis.

3.5.4. Es darf auch nicht übersehen werden, daß die in Rede stehende Tarifbegünstigung auf eine Einkunftsart bezogen ist, bei der die Höhe des Einkommens typischerweise heteronom bestimmt wird. Nun liegt es aber auf der Hand, daß die konkrete einkommensteuerliche Behandlung von Löhnen oder Lohnbestandteilen bei den Verhandlungen über die Lohnhöhe oder die Zusammensetzung des Lohnes eine wesentliche Rolle spielt, somit die Höhe des Arbeitnehmereinkommens ihrerseits von der steuerlichen Behandlung abhängt und die Bruttolöhne daher bei Fehlen der steuerlichen Begünstigung für den

13. und 14. Monatsbezug wohl im Durchschnitt höher lägen als jetzt. Soweit dies zutrifft, heißt das aber nicht nur, daß die wirtschaftliche Bedeutung der Steuerbegünstigung geringer ist, als die Tarifvorschrift für sich allein vermuten läßt; es wäre auch problematisch, die Begünstigung schlagartig zu beseitigen, ohne der Lohnpolitik Gelegenheit zu geben, sich auf die geänderte steuerliche Situation einzustellen.

3.6. Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist freilich festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof der Vorschrift des § 67 Abs 1 EStG beim gegenwärtigen Stand des Einkommensteuerrechts eine sachliche Rechtfertigung zwar zugesteht, jedoch keineswegs davon ausgeht, daß die Begünstigung in der derzeitigen Form verfassungsrechtlich geboten ist. Ebenso wie es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit zusteht, die einkünftebezogenen Sonderregelungen anderer Einkunftsarten zu modifizieren, steht ihm dies unter Berücksichtigung der erwähnten sozialen Symmetrie zwischen den Einkunftsarten auch im Hinblick auf § 67 Abs 1 leg.cit. frei. Dies ist jedoch nach dem Gesagten eine rechtspolitische Entscheidung, die zu treffen der Gesetzgeber und nicht der Verfassungsgerichtshof berufen ist.

III. 1. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4, erster Satz, VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.