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VfGH vom 17.06.1989, B1399/87

VfGH vom 17.06.1989, B1399/87

Sammlungsnummer

12068

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Wendungen "genügend großer Einzugsbereich ... und die Sicherung einer ausreichenden Nahversorgung der Bevölkerung" in § 3 Abs 8 Z 3 Stmk. RaumOG 1974 idF LGBl. 39/1986; kompetenzneutrale Regelung; keine Verletzung durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm

Spruch

Die beschwerdeführende Gemeinde ist durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Steiermärkische Landesregierung versagte mit Bescheid vom unter Berufung auf § 29 Abs 8 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. 127, idF des Gesetzes LGBl. 54/1982 dem (auf näher bezeichneten Beschlüssen des Gemeinderates beruhenden) Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Unterpremstätten die Genehmigung. Diese Entscheidung wurde unter Bezugnahme auf eingeholte Amtssachverständigengutachten im wesentlichen damit begründet, daß Voraussetzungen des § 3 Abs 8

Z. 3 des Stmk ROG idF der Novelle LGBl. 39/1986 nicht gegeben seien.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde der Marktgemeinde. Sie behauptet, durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich die im § 3 Abs 8 Z 3 enthaltenen Wendungen "genügend großer Einzugsbereich ... und die Sicherung einer ausreichenden Nahversorgung der Bevölkerung") in ihren Rechten verletzt zu sein, und begehrt die Aufhebung des bekämpften Bescheides nach Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens sowie - hilfsweise - die Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof.

3. Die Steiermärkische Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Sie hält die angegriffene Gesetzesvorschrift für verfassungsmäßig und begehrt die Abweisung der Beschwerde.

4. Der im gegebenen Zusammenhang in Betracht zu ziehende Abs 8 im § 3 des Stmk ROG 1974 idF LGBl. 39/1986 hat folgenden Wortlaut:

"Zur Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft ist anzustreben:

1. Gebiete mit besonderer Standorteignung für Betriebe des Gewerbes, der Industrie und der Energieversorgung sollen von Nutzungen ausgeschlossen werden, die eine standortgerechte Verwendung behindern oder unmöglich machen;

2. Gebiete mit mineralischen Rohstoffvorkommen sollen von Nutzungen, die eine im regionalwirtschaftlichen Interesse liegende Gewinnung dieser Rohstoffe verhindern, freigehalten werden;

3. private Handels- und Dienstleistungseinrichtungen sollen durch geeignete Standortvorsorgen und Entwicklungsmaßnahmen in die Lage versetzt werden, ihre Versorgungsaufgaben gegenüber der Bevölkerung erfüllen zu können. Dazu können für Einrichtungen für den überörtlichen Bedarf (§23 Abs 9) eigene Standorte vorgesehen werden. Dabei sind insbesondere ein genügend großer Einzugsbereich, die zweckmäßige Ausstattung zentraler Orte und deren angestrebte Siedlungsstruktur, die geeignete Verkehrserschließung, die Vermeidung von Beeinträchtigungen der Nachbarschaft und die Sicherung einer ausreichenden Nahversorgung der Bevölkerung in Erwägung zu ziehen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, daß die bereits hervorgehobenen Wendungen im § 3 Abs 8 Z. 3 deshalb verfassungswidrig sind, weil mit ihnen Belange der Bedarfsdeckung und des Lokalbedarfs als Zulassungskriterien für Einkaufszentren festgelegt werden; die Erlassung solcher Vorschriften falle jedoch nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers.

Dieser Beschwerdevorwurf ist aber nicht gerechtfertigt. Der Gerichtshof bleibt diesbezüglich bei seiner einschlägigen Rechtsprechung und hält es für zweckmäßig, zunächst auf diese (in zusammenfassender Weise) einzugehen.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof hob bisher gegen Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG verstoßende Raumplanungsvorschriften über Einkaufszentren der Bundesländer Oberösterreich (VfSlg. 9543/1982), Steiermark (VfSlg. 10483/1985) und Vorarlberg ( ua.) als verfassungswidrig auf, erachtete jedoch die sich mit Einkaufszentren befassenden Bestimmungen der Länder Tirol () und Kärnten () als verfassungsrechtlich unbedenklich.

b) In den beiden Erkenntnissen VfSlg. 9543/1982 (über die Aufhebung des 2. Satzes der Z 3 des § 2 Abs 6 Oö. ROG, LGBl. 18/1972, idF der Nov. LGBl. 15/1977) und VfSlg. 10483/1985 (über die Aufhebung eines Teils des § 51 Abs 7 und des 2. Satzes der Z 3 im § 3 Abs 7 Stmk. ROG 1974, LGBl. 127/1974, idF der Nov.

LGBl. 51/1980) nahm der Verfassungsgerichtshof den Rechtsstandpunkt

ein, daß landesgesetzliche (Raumordnungs-)Vorschriften zur

Standortplanung, welche die Errichtung sog. "Einkaufszentren" an

Voraussetzungen knüpfen, die mit dem jeweiligen Lokalbedarf (nach

derartigen Betrieben) identisch sind, "von keiner anderen als der

gewerberechtlichen Betrachtungsweise" ausgehen: Normen dieses

Regelungsinhalts, dh. über eine Bedarfsprüfung bzw. eine Prüfung

der Wettbewerbsverhältnisse im Sinn des Gewerberechts, bevor ein

neuer Betrieb entstehen darf, sind also - da die Erlassung solcher

Vorschriften nach Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG in die ausschließliche

Kompetenz des Bundesgesetzgebers fällt - verfassungswidrig. Die

wegen Verstoßes gegen Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG aufgehobenen

Bestimmungen des Oö. ROG und des Stmk. ROG (idF LGBl. 51/1980)

hatten den als verfassungswidrig erkannten Regelungsinhalt freilich

unterschiedlich umschrieben. Nach § 2 Abs 6 Z 3 Oö. ROG sollten

"Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf . . . nur auf

Standorten vorgesehen werden, für die ein genügend großer

Einzugsbereich vorhanden ist, der durch bestehende Betriebe

einschließlich solcher für den örtlichen Bedarf nicht ohnehin

bereits ausreichend versorgt ist, und . . . nur insoweit zugelassen

werden, als die Aufrechterhaltung und Sicherung der Nahversorgung

der Bevölkerung . . . insbesondere mit Waren und Leistungen des

täglichen Bedarfs . . . nicht gefährdet wird". In § 3 Abs 7 Z 3

Stmk. ROG 1974 (idF LGBl. 51/1980) war der Gesichtspunkt der Bedarfsdeckung zwar ebenfalls ausschließlicher Zulassungsmaßstab, aber nicht mit der gleichen Deutlichkeit wie im Oö. ROG ausgedrückt (: 2. Satz des § 2 Abs 6 Z 3), weil die Gefährdung der Nahversorgung, anders als im Oö. ROG, nicht (mehr) als besonderer Versagungsgrund aufschien.

c) Auch die Vorarlberger landesgesetzlichen Vorschriften der Novelle (zum Raumplanungsgesetz - RPlG) LGBl. 31/1985 schufen insgesamt (: § 2 Abs 2 lite (teilweise) iVm § 14 Abs 6 bis 11) ein Zulassungssystem für "Einkaufszentren" nach alleiniger Maßgabe des gewerberechtlichen Lokalbedarfs, das mit der Kompetenzrechtslage des B-VG (Art10 Abs 1 Z 8) nicht im Einklang stand. Verglichen mit den zunächst aufgehobenen Regelungen der Bundesländer Oberösterreich und Steiermark, schlug der Vorarlberger Landesgesetzgeber dabei aber einen neuen legislativ-technischen Weg ein. So statuierte er mit § 2 Abs 2 lite RPlG idF der Nov. LGBl. 31/1985 ein weiteres Raumplanungsziel, nämlich die "Sicherung der Nahversorgung". Dieses Ziel konnte - neben das schon in der Stammfassung der Gesetzesstelle enthaltene Planungsziel (: "Vorsorge für geeignete Standortbereiche für Betriebe des Handels . . . unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung") gestellt - nicht als eine (iSd Erkenntnisses VfSlg. 9543/1982) verfassungsrechtlich unbedenkliche schlichte Bedachtnahmeregel verstanden werden, weil ein derartiges Normverständnis dem Sprachgebrauch des Raumplanungsgesetzgebers zuwiderlief, der (auch) im § 2 Abs 2 litd und g der Stammfassung des Gesetzes die "Sicherung" bestimmter Bereiche und Umstände in vergleichbaren Formulierungen als eigenständige Raumplanungsziele postuliert und festgelegt hatte (vgl. auch den Bericht zur Regierungsvorlage über eine Änderung des RPlG aus dem Jahr 1985 (: 8. Beilage zu den Sitzungsberichten des XXIV. Vorarlberger Landtags), der die "Sicherung der Nahversorgung" (in § 2 Abs 2 lite RPlG) expressis verbis als (neues) "Raumplanungsziel" kennzeichnet). Dabei diente das Raumplanungsziel "Sicherung der Nahversorgung" in § 2 Abs 2 lite RPlG - das als eines von mehreren Zielen dieser Art an sich durchaus "kompetenzneutral" sein könnte - ausschließlich der wirksamen Steuerung der Zulassung der Errichtung und des Betriebs von Einkaufszentren; es war - so im Blick auf die unauflösbar enge Verflechtung (des § 2 Abs 2 lite RPlG) mit den auf das Phänomen der "Einkaufszentren" zugeschnittenen Vorschriften des § 14 Abs 6 bis 11 leg.cit. - offenkundig, daß dieses Ziel das für solche Handelsbetriebe entscheidende Zulassungskriterium (iS einer Prüfung des Lokalbedarfs) abgab, das hier mögliche andere Planungsziele überlagerte und verdrängte: War nämlich die Nahversorgung gesichert, dh. die Bevölkerung durch bestehende Betriebe bereits ausreichend versorgt, so kam die Errichtung neuer Einkaufszentren keinesfalls (mehr) in Betracht.

d) Die einschlägige Rechtslage des Bundeslandes Tirol nun war mit der des Bundeslandes Vorarlberg vor Aufhebung der §§2 Abs 2 lite und 14 Abs 6 bis 11 (Vorarlberger) RPlG nicht vergleichbar.

Denn ein Regelungsziel Bedarfsdeckung iSd Gewerberechts

("Nahversorgungsziel"), wie es der Vorarlberger Landesgesetzgeber

(in entsprechender Verdrängung anderer Raumplanungsziele) im

Zusammenhang mit § 14 Abs 6 bis 11 RPlG in § 2 Abs 2 lite RPlG

ausdrücklich und unmißverständlich postuliert hatte, findet sich im

Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 (TROG 1984), LGBl. 4/1984, nicht

(s. besonders § 1 Abs 2 dieses Landesgesetzes): Das TROG 1984

umschreibt nämlich in seinem § 1 Abs 1 die Aufgaben und Ziele der

überörtlichen Raumordnung nur ganz allgemein mit "geordneter

Gesamtentwicklung" des Landes ua. im Hinblick auf die

"abschätzbaren wirtschaftlichen . . . Bedürfnisse seiner Bewohner",

also völlig kompetenzneutral. Das gilt gleichermaßen für die

Zielbestimmung des § 1 Abs 2 litk TROG 1984 ("Vorsorge für eine

ausreichende Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit

notwendigen Gütern in Krisenzeiten"). Dazu bleibt anzumerken, daß

§1 Abs 2 TROG, LGBl. 10/1972, mit Landesgesetz vom 19. Oktober

1983 (4. Raumordnungsgesetz-Novelle), LGBl. 88/1983, neu gefaßt

wurde (TROG aus 1972 in der Folge wiederverlautbart mit

LGBl. 4/1984 als TROG 1984), somit § 1 Abs 2 litd des Gesetzes

in seiner ursprünglichen Fassung (lautend: " ... Vorsorge für ein

entsprechendes ... Versorgungsnetz") dem Rechtsbestand nicht mehr

angehört.

Wie der Verfassungsgerichtshof im schon bezogenen Erkenntnis vom , B816/86, dartat, läßt sich der mit "Sonderflächen für Einkaufszentren" betitelte § 16b TROG 1984 nach seinem Wortlaut für sich allein gesehen, ohne Koppelung an ein maßgebendes Raumordnungsziel nach Art des im aufgehobenen § 2 Abs 2 lite (Vorarlberger) RPlG, LGBl. 15/1973 idF der Nov. LGBl. 31/1985, umschriebenen, noch nicht als eine dem Landesgesetzgeber verwehrte Regelung ausschließlich zur Festlegung des Lokalbedarfs in gewerberechtlicher Bedeutung erkennen. Daß das System des § 16b TROG 1984 zur gewerberechtlichen Steuerung der Zahl neuer Einkaufszentren (nach Maßgabe des Lokalbedarfs) mißbraucht werden könnte - und zwar durch Vollzugsakte, die auf verfassungswidriger Gesetzesauslegung beruhen (vgl. auch Art 6 StGG) - vermag daran nichts zu ändern: Entscheidend ist einzig und allein die durch § 16b TROG 1984 geschaffene objektive Rechtslage. Sie aber läßt hier aus den bereits wiedergegebenen Überlegungen - ungeachtet des Umstands, daß Einkaufszentren nur auf entsprechenden Sonderflächen nach Maßgabe eines überörtlichen, also über ein Gemeindegebiet hinausgreifenden Entwicklungsprogramms errichtet werden dürfen - verfassungsrechtliche Bedenken (: Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) nicht entstehen. (Daß Sonderwidmungen von Flächen für Einkaufszentren im Rahmen der Raumordnung an sich festgelegt werden dürfen, stellte der Verfassungsgerichtshof schon bisher nicht in Frage: VfSlg. 9543/1982).

e) Der Verfassungsgerichtshof hielt in seinem gleichfalls schon zitierten Erkenntnis vom , B684/87, dafür, daß die in Betracht kommenden Normen des Bundeslandes Kärnten in verfassungsrechtlicher Hinsicht ebenso zu sehen und zu beurteilen sind wie die des Landes Tirol. Denn zunächst findet sich (auch) im § 2 des Kärntner Raumordnungsgesetzes (Ktn. ROG), LGBl. 76/1969, kein besonderes "Nahversorgungsziel": Werden in Abs 1 des § 2 dieses Gesetzes die "Zielsetzungen" der Raumordnung bloß in allgemein-präambelhafter Art umrissen ("Die Raumordnung hat der Schaffung günstigster Lebensbedingungen für die Bevölkerung Kärntens zu dienen ..."), so folgen in Abs 2, ziffermäßig (Z1 - 7) untergliedert und nach Lebensgebieten zusammengefaßt, spezielle "Entwicklungsziele". Eines davon (Z4 - Einleitungssatz), und zwar das (primär) eine "Siedlungstätigkeit" zur Verdichtung der Bebauung anstrebende, gedenkt zwar (im ersten Teil eines der anschließenden (vier) Absätze) auch der "Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Leistungen des täglichen Bedarfs ...", doch unmißverständlich nur im engsten Kontext mit anderen, gleichermaßen in Betracht zu ziehenden Umständen, so der - den Bevölkerungsbedürfnissen entsprechenden - Aufschließung der Siedlungsräume, ihrer Angliederung an das Verkehrsnetz, der Entfaltung des kulturellen und sozialen Lebens durch zweckentsprechende Einrichtungen sowie der Erfordernisse der Erholung und körperlichen Ertüchtigung. Selbst wenn man der in Z 4 subsidiär erfaßten Gewährleistung der "Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Leistungen ..." das Gewicht eines eigenständigen Raumordnungsziels beilegen und diese Wendung nicht als schlichte Bedachtnahmeregel im Zusammenhang mit dem Einleitungssatz begreifen wollte, handelte es sich bei all dem bloß um eines von mehreren, im wesentlichen gleichgeordneten und gleichbedeutenden (Zielen) innerhalb eines - die eingangs postulierte "Siedlungstätigkeit" zum Zweck einer Verdichtung der Bebauung begleitenden und unterstützenden - Zielkatalogs, sodaß im konkreten Fall allein schon von der Gesetzessystematik her - anders als im Erkenntnis G137/86 (Bundesland Vorarlberg) - von einer Verdrängung aller sonstigen Planungsziele nicht mit Grund gesprochen werden konnte. So gesehen, erwiesen sich aber für das Bundesland Kärnten die im Landesgesetz LGBl. 76/1969 (§2 Abs 2 Z 4) umschriebenen Gesichtspunkte der Versorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgütern weder an sich noch in Verbindung mit dem später erlassenen Gemeindeplanungsgesetz 1970, LGBl. 1, (idF der Novelle LGBl. 8/1977) - über Sonderwidmungen für Einkaufszentren - als zentrales und ausschließlich maßgebendes Zulassungskriterium für derartige Handelsbetriebe (im Sinn einer (dem Wesen nach gewerberechtlichen) Prüfung des Lokalbedarfs); vielmehr hat die Festlegung von (Sonder-)Flächen für Zentren dieser Art gemäß der Novelle LGBl. 8/1977 in Beachtung aller den Umständen nach in Betracht kommenden (Raumplanungs-)Zielsetzungen zu geschehen, eine Gesetzesauslegung, für die nicht zuletzt auch die Bestimmung des § 1 Abs 3 GPlG spricht, die expressis verbis anordnet, daß ein Flächenwidmungsplan keine planenden Maßnahmen vorsehen darf, deren Gestaltung oder Vollziehung Bundessache ist.

5. Ein Vergleich der in der vorliegenden Beschwerdesache maßgeblichen Gesetzeslage mit den dargestellten Fällen der Vorjudikatur erweist nun, daß nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz (in seiner nach dem Gesetzesprüfungserkenntnis VfSlg. 10483/1985 novellierten Fassung) dem Begriff "Sicherung der Nahversorgung" (vollständig zitiert: "Sicherung einer ausreichenden Nahversorgung der Bevölkerung") - entgegen der von der beschwerdeführenden Gemeinde verfochtenen Ansicht - eine andere normative Bedeutung zukommt als in den Anlaß zur Gesetzesaufhebung bietenden Prüfungssachen der Länder Oberösterreich (VfSlg. 9543/1982) und Vorarlberg ( ua.). Einerseits ergibt sich nämlich aus der Betrachtung des Gesamtzusammenhanges, in dem diese Rechtsvorschrift steht, daß der steiermärkische Landesgesetzgeber keineswegs ein vorrangiges Planungsziel festlegte, welches mögliche andere Planungsziele überlagert oder verdrängt: Die "Sicherung der Nahversorgung" ist bloß eines von mehreren Elementen bei der Bestimmung eigener Standorte für Einkaufszentren (als Einrichtungen für den überörtlichen Bedarf), die einen Teil der Standortvorsorge für private Handels- und Dienstleistungseinrichtungen überhaupt bildet, welche selbst wiederum anderen (im § 3 festgelegten) Planungszielen ("Raumordnungsgrundsätzen") keinesfalls vorgeordnet ist; eine solche Regelung erscheint durchaus als "kompetenzneutral" im Sinn der dargelegten Vorjudikatur (s. insbesondere die oben ausführlich zitierten Erk. G137/86 ua. und B816/86). Zum gleichen Ergebnis führt andererseits eine genauere Betrachtung der sprachlichen Fassung der die "Sicherung der Nahversorgung" betreffenden Gesetzesstelle: Das Gesetz ordnet nämlich lediglich an, daß der erwähnte Umstand "in Erwägung zu ziehen", also - mit anderen Worten gesagt - als einer unter mehreren mitzuberücksichtigen ist. Aus dem gleichen Grund versagt auch die weitere Kritik der beschwerdeführenden Gemeinde, aus dem Zusammenhalt der "Sicherung der Nahversorgung" mit einem "genügend großen Einzugsbereich" (der ihrer Meinung nach einen "Kaufkraftbereich" darstelle) folge, daß das Gesetz zu einer "wettbewerbsorientierten Standortpolitik" verpflichte.

Zu diesen Erwägungen tritt noch hinzu, daß das Stmk. ROG in seinem § 1 Abs 3 (in grundsätzlich gleicher Weise wie das (Kärntner) Gemeindeplanungsgesetz 1970 in § 1 Abs 3 - s. dazu das oben angeführte Erk. B684/87) eine die Bundeskompetenz sichernde Auslegungsregel enthält. Soweit nämlich durch die Bestimmungen des ROG der Zuständigkeitsbereich des Bundes, darunter in Angelegenheiten des Gewerbes, berührt wird, kommt diesen Bestimmungen keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung zu.

8. Die vorliegende Beschwerde war sohin abzuweisen, weil eine aus einer Anwendung rechtswidriger genereller Normen abzuleitende Rechtsverletzung im Beschwerdeverfahren nicht hervorkam. Dabei war der angefochtene Bescheid unter dem Aspekt einer allfälligen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht zu prüfen, weil eine derartige Rechtsverletzung nicht behauptet wurde (s. zB VfSlg. 9300/1981).

9. Die Beschwerde war jedoch in Stattgebung des hilfsweise gestellten Antrages nach Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

III. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG abgesehen.