OGH vom 19.05.2015, 10Ob34/15w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Mag. G*****, vertreten durch Dr. Hans Peter Bauer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Kinberger Schuberth Fischer Rechtsanwälte GmbH in Zell am See, wegen 20.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 238/14h 12, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 6 Cg 68/14z 8, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.189,44 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 198,24 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger hatte vorerst beim Landesgericht Salzburg zu 9 Cg 44/12i eine auf Rückzahlung eines Darlehens von 20.000 EUR gerichtete Klage gegen Maria S***** eingebracht (im Folgenden nur mehr: „Vorverfahren“). Diese Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Im Vorverfahren wurde unter anderem festgestellt, dass der Kläger und der Ehemann der Maria S***** Franz S*****, im Jahr 2007 befreundet gewesen seien. Am habe der Kläger an Franz S 20.000 EUR in bar als Darlehen übergeben. Franz S***** habe erklärt, die Darlehenssumme zurückzuzahlen, sobald ein Gerichtsverfahren, das er zu gewinnen hoffe, abgeschlossen sein werde. In der schriftlichen vertraglichen Vereinbarung über das Darlehen sei aber dennoch nicht Franz S***** als Darlehensnehmer bezeichnet worden, sondern dessen Ehefrau Maria S*****. Tatsächlich hätten die Streitparteien mit dieser schriftlichen Vereinbarung ausschließlich die Besicherung des Darlehens zwischen dem Kläger und Franz S***** beabsichtigt, und zwar durch zwei im Eigentum der Maria S***** stehende Fahrzeuge.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger nunmehr von Franz S***** (im Folgenden nur mehr: „Beklagter“) die Rückzahlung von 20.000 EUR sA. Er brachte vor, er habe dem Beklagten ein Darlehen in dieser Höhe gewährt. Die Darlehensvereinbarung sei nur aus „formellen Gründen“ mit der Gattin des Beklagten getroffen worden, zumal diese zur Sicherstellung dem Kläger zwei in ihrem Eigentum stehende Fahrzeuge verpfändet habe. Das Darlehen sei für fünf Jahre zu einem Zinssatz von 4 % per anno gewährt worden. Trotz Fälligkeit habe weder der Beklagte noch dessen Gattin Rückzahlung geleistet.
Der Beklagte bestritt und brachte vor, im Vorverfahren sei die Klage hinsichtlich desselben Klagebegehrens abgewiesen worden. Da seine Ehefrau im Vorverfahren nicht als Partei einvernommen worden sei, sei nicht nachvollziehbar, wenn nunmehr davon ausgegangen werde, diese habe im Vorverfahren eingewendet, das Darlehen sei nicht ihr, sondern dem Beklagten gewährt worden. Tatsächlich sei weder seiner Ehefrau noch ihm selbst ein Darlehen gewährt worden.
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Es legte seiner Entscheidung zu Grunde, dass dem Beklagten im Vorverfahren der Streit verkündet worden sei, er sich aber am Vorverfahren nicht beteiligt habe. Das Erstgericht übernahm die eingangs wiedergegebenen Feststellungen aus dem Vorverfahren und stellte nach Durchführung eines Beweisverfahrens darüber hinaus fest, dass gemäß der zwischen dem Kläger und Maria S***** getroffenen (schriftlichen) Vereinbarung ein Darlehen von 20.000 EUR für fünf Jahre zu einem Zinssatz von 4 % per anno gewährt worden sei. Diese schriftliche Vereinbarung entspreche auch dem Inhalt der zwischen dem Kläger und dem Beklagten getroffenen mündlichen Vereinbarung, wobei der Kläger die 20.000 EUR am nicht Maria S*****, sondern dem Beklagten als Darlehen übergeben habe. Dass der Beklagte Vorleistungen für den Kläger erbracht habe, habe nicht festgestellt werden können. Am habe der Klagevertreter ein Schreiben an die Rechtsanwältin des Beklagten und dessen Ehegattin gerichtet, in dem die Rückzahlung des Darlehensbetrags bis begehrt worden sei.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag gemäß den §§ 983, 984 ABGB zustande gekommen sei. Der Darlehensbetrag sei in bar übergeben worden. Dass der Beklagte die 20.000 EUR erhalten habe, weil er dem Kläger Vorleistungen erbracht hätte und der Kläger deshalb auf Rückzahlung verzichtet hätte, sei von ihm niemals geäußert worden.
Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Beklagten nicht Folge. Rechtlich ging es davon aus, dass eine Bindungswirkung nur dann eintreten könne, wenn die diesbezüglichen Feststellungen für das im Vorprozess ergangene Urteil entscheidungswesentlich waren. Da dies aber auf die im Vorprozess zu den Vereinbarungen mit dem Beklagten getroffenen Feststellungen nicht zutreffe, bestehe an diese Feststellungen rechtlich keine Bindung. Dies ändere jedoch am Ergebnis der Rückzahlungspflicht des Beklagten nichts, weil das Erstgericht auch „eigene“ Feststellungen getroffen habe, aus denen sich die Rückzahlungsverpflichtung ergebe, nämlich dass der Kläger dem Beklagten den Betrag von 20.000 EUR am als Darlehen übergeben habe. Die Revision sei zulässig, weil infolge Verneinung der Bindungswirkung die vom Erstgericht aus dem Vorprozess übernommene Festellung eines vom Beklagten geleisteten Rückzahlungsversprechens zu entfallen hatte und die oberstgerichtliche Judikatur in Bezug auf das Erfordernis eines Rückzahlungsversprechens des Geldempfängers nicht einheitlich sei. Einerseits werde die bloße Feststellung, dass ein Darlehen zugezählt worden sei, als ausreichend angesehen, andererseits werde dem auf die Rückzahlung eines Darlehens Klagenden die Beweislast für das Rückzahlungsversprechen aufgebürdet.
In seiner Revision macht der Beklagte im Wesentlichen geltend, dem Kläger, der seine Forderung auf ein Darlehen stütze, sei infolge Entfalls der Bindungswirkung der Feststellung aus dem Vorprozess zur Rückzahlungsverpflichtung der ihm obliegende Beweis des Rückzahlungsversprechens nicht gelungen. Es fehlten Festellungen dazu, ob Anhaltspunkte dafür gegeben waren, aus denen der Beklagte erkennen hätte müssen, zur Rückzahlung verpflichtet zu sein. Als rechtlicher Feststellungsmangel werde auch das Fehlen einer Feststellung dazu geltend gemacht, ob es sich um ein Darlehen oder um eine Schenkung gehandelt habe.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist trotz des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist nicht zulässig und daher zurückzuweisen.
1.1 Da der vorliegende Kreditvertrag vor dem geschlossen wurde, ist das neue Darlehensrecht noch nicht anzuwenden (Art 11 DaKRÄG BGBl I 2010/28).
1.2 Gemäß § 983 ABGB (idF vor dem DaKRÄG BGBl I 2010/28) entstand ein Darlehensvertrag, wenn jemandem verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben wurden, dass er zwar willkürlich darüber verfügen kann, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte zurückgeben soll. Nach dieser Rechtslage kam ein Darlehen somit durch übereinstimmende Willenserklärung und durch Übergabe der als Darlehen gegebenen Sache zustande.
1.3 Zu den essentiellen Erfordernissen des Darlehens gehört das Versprechen der Rückzahlung (RIS Justiz RS0019325).
2. Die vom Erstgericht aufgrund des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens im vorliegenden Fall getroffenen Festellungen sind dahin zu verstehen, dass der Kläger und der Beklagte eine Vereinbarung über eine Darlehensgewährung in Höhe von 20.000 EUR für fünf Jahre und einem Zinssatz von 4 % per anno geschlossen haben und der Kläger dem Beklagten am 20.000 EUR in bar als Darlehen übergeben hat. An die im Vorprozess getroffene Feststellung, der Beklagte habe darüber hinaus ausdrücklich erklärt, die Darlehenssumme zurückzuzahlen, sobald ein Gerichtsverfahren, das er zu gewinnen hoffe, abgeschlossen sein werde, besteht mangels Relevanz für die Entscheidung im Vorprozess keine Bindungswirkung (RIS Justiz RS0039843 [T15]; RS0107338).
3.1 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, auch auf Grundlage der verbleibenden Tatsachenfeststellungen sei davon auszugehen, dass dem Kläger der Beweis der Rückzahlungsverpflichtung gelungen sei, stellt keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung dar:
3.2 Der Kläger hat seine Forderung von Beginn an auf einen ganz konkreten Vertragstyp, nämlich ein Darlehen gestützt. Er hat daher die für die Annahme eines Darlehensvertrags wesentlichen Tatsachen, ua auch das Versprechen der Rückzahlung zu beweisen (RIS Justiz RS0019325 [T7]; 5 Ob 237/13h). Misslingt der Nachweis dieser den Anspruch begründenden rechtserzeugenden Tatsache, ist das Klagebegehren abzuweisen.
3.3 Die Frage, ob ein Beweis erbracht ist, begründet sofern sich das Berufungsgericht bei Beurteilung der Rechtsfrage an die einschlägige aktuelle Judikatur gehalten hat keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, sondern stellt nur eine Beurteilung der Umstände des Einzelfalls dar (9 Ob 288/99i).
3.3.1 Wurde etwa im Verfahren erster Instanz eine Schenkung behauptet und konnte weder eine Schenkungsabsicht festgestellt werden noch eine Vereinbarung, wonach die Beklagte verpflichtet wäre, den hingegebenen Geldbetrag als Darlehen zurückzuzahlen, wurde davon ausgegangen, dass dem Kläger der Beweis des Versprechens der Darlehensrückzahlung misslungen sei (2 Ob 2394/96i).
3.3.2 Bei Leistung von Geldbeträgen an oder für Familienangehörige ohne Verlangen auf Rückgabe wurde ein Darlehen mit der Begründung verneint, dass bei Leistungen unter Familienangehörigen eine schlüssig begründete Rückzahlungsverpflichtung nicht anzunehmen sei (RIS Justiz RS0019325 [T5]).
3.3.3 Der Oberste Gerichtshof hat aber auch bereits ausgesprochen, dass in der Feststellung, ein Darlehen sei zugezählt worden, ohnehin die Feststellung der Vereinbarung der Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten enthalten sei (RIS Justiz RS0019325 [T4]; 7 Ob 89/05x).
4. Mit dieser Rechtsprechung steht die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts in Einklang:
Die Qualifikation als Darlehen wurde im vorliegenden Fall vom Beklagten in erster Instanz nur (unsubstantiiert) dahingehend bestritten, dass ein Darlehen an ihn nicht gewährt worden sei. Eine nähere Begründung für diese Behauptung wurde nicht angeführt, insbesondere wurde anders als in dem der Entscheidung 2 Ob 2394/96i zugrundeliegenden Fall nicht geltend gemacht, dass eine Schenkung vorliege. Das nunmehr erstmals in der Revision erstattete Vorbringen, es liege ein rechtlicher Feststellungsmangel darin, dass nicht festgestellt worden sei, ob eine Schenkung gegeben sei, verstößt daher gegen das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO). Dass der Beklagte bei seiner Einvernahme als Partei aussagte, seiner Ansicht nach habe der Kläger ihm die 20.000 EUR geschenkt, kann fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen (RIS Justiz RS0043157).
5. Wenn das Berufungsgericht vor dem Hintergrund des unsubstantiiert gebliebenen Bestreitungsvorbringens und der Feststellung der Vereinbarung einer Darlehensgewährung in Höhe von 20.000 EUR für fünf Jahre und einem Zinssatz von 4 % per anno sowie der Übergabe von 20.000 EUR in bar als Darlehen die Rechtsansicht vertritt, der Beklagte habe annehmen müssen, zur Rückzahlung verpflichtet zu sein, sodass der Beweis des Rückzahlungsversprechens erbracht sei, ist dies jedenfalls vertretbar.
Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00034.15W.0519.000