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OGH vom 22.06.2010, 10Ob34/10p

OGH vom 22.06.2010, 10Ob34/10p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** P*****, vertreten durch Blum, Hagen Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Stadt D*****, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 32.547 EUR sA, Renten und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 29/10x 35, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 38 Cg 162/08h 25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird zum Teil Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil, das im Übrigen bestätigt wird, wird in Ansehung des Zuspruchs von Haushaltshilfekosten von 6.210 EUR und von Pflegekosten von 1.104 EUR je samt 4 % Zinsen seit sowie von Haushaltshilfekosten von monatlich 270 EUR und von Pflegekosten von monatlich 48 EUR je ab und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht, dessen Urteil in Ansehung des Zuspruchs von Haushaltshilfekosten von 6.210 EUR und von monatlich 270 EUR ab sowie der Abweisung eines Pflegekostenbegehrens von 1.104 EUR und von monatlich 48 EUR ab aufgehoben wird, zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse versicherte, 1952 geborene Klägerin wurde am im Krankenhaus H***** operiert (Ringbandspaltung am rechten Mittelfinger). Aufgrund dauernder Schmerzen und Beschwerden wurde sie von ihrem Hausarzt an Dr. M***** J***** überwiesen. Sie suchte am dessen Ordination auf. Er diagnostizierte am rechten Mittelfinger der Klägerin einen Dupuytren`schen Knoten Stadium I und stellte die Indikation zu einer Operation. Er klärte die Klägerin über die durchzuführende Operation und damit im Zusammenhang stehenden Risken auf, unter anderem auch über eine Nervenverletzung sowie die Entwicklung eines Morbus Sudeck sowie mögliche Bewegungseinschränkungen. Er gab ihr einen schriftlichen Aufklärungsbogen mit und den Operationstermin für den bekannt.

An diesem Tag fand sich die Klägerin zur Durchführung der empfohlenen Operation im öffentlichen Krankenhaus D***** ein, dessen Rechtsträgerin die beklagte Stadtgemeinde ist. Dr. J***** war im Zeitpunkt der Durchführung der Operation Bediensteter der beklagten Partei und bezog aufgrund eines Teilanstellungsvertrags mit 30 Stunden eine Fixentlohnung nach dem Beamtenschema. Er war im Rahmen dieses Dienstverhältnisses verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Arbeitsstunden im Krankenhaus der beklagten Partei tätig zu werden und eine gewisse Belegung der ihm zugewiesenen Belegbetten zu erreichen. Für seine Leistungen im Rahmen der Behandlung der Klägerin in seiner Privatordination erhielt er von der Gebietskrankenkasse der Klägerin Honorar. Die Durchführung der Operation der Klägerin im Krankenhaus war mit seiner Entlohnung als Bediensteter der Beklagten abgegolten. Für den zweitägigen Krankenhausaufenthalt der Klägerin erhielt das Krankenhaus der beklagten Partei von der Gebietskrankenkasse ein Entgelt entsprechend der Aufenthaltsdauer.

Die Indikation zur Operation am war zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben. Zum Zeitpunkt der Indikationsstellung durch Dr. J***** wäre es lege artis gewesen, mit einer weiteren Operation zuzuwarten und eine weitere physio und ergotherapeutische Behandlung zu veranlassen. Es hätte dem Stand der Medizin entsprochen, nach dem Ersteingriff, der bei der Klägerin im Krankenhaus H***** durchgeführt worden war, mit einer weiteren Operation mehrere Monate zuzuwarten. Aufgrund des gewählten Zeitpunkts der Operation durch Dr. J***** kam es unter Verkettung mehrerer Umstände im Zusammenhang mit der beginnenden Komplikation einer Reflexdystrophie und der relativ kurzfristigen Vornahme der Zweitoperation sowie im Zusammenhang mit der aufgetretenen Komplikation der Nervendurchtrennung zu einer erheblichen Verstärkung der Reflexdystrophie. Als Dauerfolge der Operation vom ist die Beweglichkeit der Langfinger der rechten Hand der Klägerin nahezu gänzlich aufgehoben. Die Klägerin kann ihre rechte Hand weder als Gebrauchs noch als Hilfshand einsetzen. Sie ist seit der Operation wegen des vollständigen Funktionsverlusts der rechten Hand zur Gänze arbeitsunfähig. Sie bezieht Invaliditätspension (einschließlich Ausgleichszulage) in Höhe von 723 EUR und aufgrund der Einschränkung der rechten Hand Pflegegeld der Stufe 2.

Die Durchführung einer Operation zu einem späteren Zeitpunkt hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein besseres Ergebnis nach sich gezogen, langfristig gesehen hätte jedoch jedenfalls eine Operation durchgeführt werden müssen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre es bei der Klägerin auch ohne Durchführung der Operation am aufgrund der Dupuytren`schen Erkrankung über kurz oder lang zum annähernd gleichen Beschwerdebild im Zusammenhang mit einer Kontraktur der Finger der rechten Hand gekommen. Durch eine komplikationsfreie spätere Operation wäre das Beschwerdebild der Klägerin im Idealfall zur Gänze behebbar gewesen. Die Durchtrennung der Nerven anlässlich der Operation hat erheblich dazu beigetragen, dass die Komplikation der Reflexdystrophie eine derart gravierende Ausprägung angenommen hat, sie ist jedoch sicherlich nicht allein ursächlich für die entstandene Kontraktur.

Im Zug der Nachbehandlung nach der Operation absolvierte die Klägerin über Verordnung von Dr. J***** zahlreiche Physiotherapiesitzungen in der Ordination Dr. J*****s und bei einem Physiotherapeuten. Über Veranlassung Dr. J*****s wurde sie auch im Landeskrankenhaus F***** an der Abteilung für plastische Chirurgie vorstellig. Sie wurde dort untersucht und vereinbarte für den einen Termin zu einer Untersuchung in der Spezialambulanz. Weil sie sich von Äußerungen des untersuchenden Arztes eingeschüchtert fühlte, sagte sie am den Untersuchungstermin in der Spezialambulanz ab.

Im Oktober 2007 wurde die Klägerin dem Landeskrankenhaus F***** zur Durchführung einer Ergotherapie zugewiesen. Den Behandlungstermin am nahm sie nicht wahr. Auf telefonische Rückfrage sagte sie, dass sie die Therapie in F***** nicht durchführen könne, weil sie niemanden habe, der ihren Hund betreuen könne. Sowohl vom Landeskrankenhaus F***** als von Dr. J***** wurde darauf hingewiesen, dass die Ergotherapie für den Behandlungserfolg wichtig wäre.

Durch eine Ergotherapie, wie sie der Klägerin verordnet worden und auch zumutbar war, wäre eine Besserung ihres Beschwerdebilds und der Einschränkungen ihrer Arbeitsfähigkeit, ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung und ihrer Pflegebedürftigkeit um die Hälfte erzielbar gewesen.

Mit der medizinisch nicht indizierten Operation und den dadurch mitausgelösten Beschwerden aufgrund des komplikationsbehafteten Verlaufs waren bis zum Schmerzen mittleren Grades im Ausmaß von 21 Tagen und Schmerzen leichten Grades im Ausmaß von ca 9 Wochen verbunden. Seit diesem Zeitpunkt sind Schmerzen mit ca 15 bis 30 Minuten täglich einzuschätzen. Insgesamt ist das Schmerzungemach im Zusammenhang mit den Folgen der zu diesem Zeitpunkt nicht indizierten Operation für die Zukunft noch nicht einschätzbar.

Seit der Operation ist die alleinlebende Klägerin, die vor der Operation vom ihren Haushalt alleine führte, für etwa eineinhalb Stunden täglich auf fremde Hilfe im Bereich der Haushaltsführung angewiesen. Sie benötigt für etwa 8 Stunden monatlich Fremdhilfe bei der Körperpflege. Sie hatte vor der Operation am als Reinigungskraft in einer Schule der beklagten Partei monatlich rund 1.070 EUR netto verdient. Ihr erwuchsen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Behandlungsfehler Aufwendungen.

Die Klägerin begehrt an Schadenersatz Schmerzengeld von 15.000 EUR, die Kosten einer Haushaltshilfe von 9.720 EUR (monatlich 540 EUR von Juni 2007 bis November 2008), die Kosten einer Pflegehilfe von 1.728 EUR (monatlich 96 EUR von Juni 2007 bis November 2008), Verdienstentgang von 5.988 EUR (monatlich 347 EUR von Juli 2007 bis November 2008) und Spesen von 200 EUR, insgesamt 32.547 EUR, sowie - jeweils beginnend mit eine Haushaltshilfenrente von monatlich 540 EUR, eine Pflegekostenrente von monatlich 96 EUR und Verdienstentgang von monatlich 347 EUR. Weiters stellt sie ein Feststellungsbegehren. Die Operation am sei nicht indiziert gewesen. Die Klägerin sei über alternative Behandlungsmethoden nicht aufgeklärt worden, die einen Therapieerfolg erzielt hätten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Dr. J***** habe als niedergelassener Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie die Klägerin am als Belegarzt im Krankenhaus operiert. Sowohl die Diagnose als auch die Entscheidungsfindung zur Operation und die ordnungsgemäße Aufklärung über alle mit dem Eingriff verbundenen Risken habe in seiner Privatordination stattgefunden. Die beklagte Partei als Trägerin des Belegspitals hafte beim Belegarztsystem nicht, weil sie nur die krankenhausspezifischen Hilfs und Zusatzdienste geschuldet habe, deren fehlerhafte Erbringung die Klägerin nicht behauptet habe. Die Klägerin habe gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen, weil sie durch Nichtinanspruchnahme der verschiedenen ergotherapeutischen Maßnahmen eine mögliche Verbesserung ihres Zustands verhindert habe. Das von der Klägerin bezogene Pflegegeld sei auf allfällige Ansprüche der Klägerin kongruent anrechenbar. Es sei das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers zu berücksichtigen.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 10.960 EUR sA. Es sprach der Klägerin weiters eine Haushaltshilfenrente von monatlich 270 EUR ab zu und aus, dass die beklagte Partei für alle künftigen nachteiligen Folgen und Schäden aus der Operation vom zur Hälfte hafte. Das Mehrbegehren von 21.587 EUR sA, das Begehren einer Haushaltshilfenrente von weiteren 270 EUR monatlich, das Verdienstentgangsbegehren von 347 EUR monatlich ab , das Pflegerentenbegehren von 96 EUR monatlich ab und das Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, die beklagte Partei hafte gemäß § 1313a ABGB für den Behandlungsfehler Dr. J*****s. Dieser sei nicht Belegarzt gewesen. Er habe die Operation nicht auf eigene Rechnung durchgeführt. Hinsichtlich der Durchführung der Operation sei ein Krankenhausaufnahmevertrag vorgelegen, der auch eine fachgerechte ärztliche Behandlung umfasst habe. Das Dienstverhältnis der beklagten Partei zu Dr. J***** ziele auf eine entsprechende Bettenauslastung ab und diene daher der Lukrierung von Zahlungen des Landesgesundheitsfonds bzw des zuständigen Sozialversicherungsträgers. Daher liege die Verantwortlichkeit für Fehler des bei ihr beschäftigen Operateurs in ihrer Risikosphäre. Insoweit seien Diagnose und Aufklärung als untrennbare Einheit zu sehen. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden von 50 %, weil sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen die ergotherapeutische Behandlung verweigert habe. Da die künftigen Beschwerden noch nicht mit hinreichender Sicherheit einzuschätzen seien, sei ein Teilschmerzengeld von 12.000 EUR für die bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz erlittenen Schmerzen und Beschwerden angemessen. Dieser Geldbetrag sei um die Mitverschuldensquote zu kürzen. In Anbetracht der Einschränkung der Klägerin in der Fähigkeit zur Haushaltsführung von eineinhalb Stunden täglich sei bei einem gemäß § 273 ZPO bemessenen Stundensatz von 12 EUR der begehrte Betrag von 540 EUR angemessen. Der für den Zeitraum Juni 2007 bis November 2008 geltend gemachte Kapitalbetrag und die für die Zeit danach begehrte Rente seien um die Mitverschuldensquote zu kürzen. Auf einen Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse durch Aufwendungen für die Pflege sei vom Geschädigten bezogenes Pflegegeld als kongruenter Anspruch anzurechnen. Das von der Klägerin bezogene Pflegegeld übersteige den für Pflegebedarf verlangten Betrag von 96 EUR, sodass sie keinen Anspruch auf Pflegekosten habe. Im Hinblick auf das Mitverschulden der Klägerin sei das Quotenvorrecht des Sozialversicherers zu berücksichtigen. Da die Höhe der Invaliditätspension den um die Mitverschuldensquote gekürzten Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs übersteige, stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch gegen die beklagte Partei nicht zu. Der begehrte pauschale Aufwandersatzanspruch sei gemäß § 273 ZPO mit 200 EUR auszumessen und um die Mitverschuldensquote zu kürzen gewesen.

Das Berufungsgericht gab mit Teilurteil der Berufung der Klägerin teilweise, jener der beklagten Partei hingegen nicht Folge. Es bestätigte die stattgebende Entscheidung über das Feststellungsbegehren und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von

14.902 EUR sA (6.000 EUR Schmerzengeld, 2.700 EUR Haushaltshilfe für fünf Monate, 3.510 EUR Haushaltshilfe für 13 Monate, 480 EUR Pflegekosten für fünf Monate, 624 EUR Pflegekosten für 13 Monate, 1.388 EUR Verdienstentgang für vier Monate, 200 EUR Spesen);

einer Haushaltshilfenrente von monatlich 270 EUR ab ;

einer monatlichen Pflegekostenrente von 48 EUR ab .

Über das Mehrbegehren fällte es einen Aufhebungsbeschluss. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Das Erstgericht habe die Stellung von Dr. J***** als Belegarzt zutreffend verneint, weil er die Operation im Rahmen seines Angestelltenverhältnisses zur beklagten Partei durchgeführt habe. Dementsprechend sei dieser für die Durchführung der Operation nicht gesondert, sondern im Rahmen der Fixentlohnung nach dem Beamtenschema entlohnt worden. Die Diagnose einer Erkrankung und die darauf aufbauende Indikationsstellung zu einer Operation bildeten mit der Operation eine Einheit. Sie seien mit dem Operationsvorgang untrennbar verbunden. Daher habe sich die beklagte Partei die fehlerhafte, weil verfrühte Indikationsstellung ihres Gehilfen (§ 1313a ABGB) zurechnen zu lassen. Das vom Erstgericht angenommene gleichteilige Mitverschulden sei nicht zu beanstanden. Es stehe aber nicht fest, ab welchem Zeitpunkt mit dem 50%igen Behandlungserfolg zu rechnen gewesen wäre, hätte sich die Klägerin einer ergotherapeutischen Behandlung unterzogen. Erst ab diesem Zeitpunkt seien ihre Schadenersatzansprüche zu kürzen. Daher bestünden diese Ansprüche bis einschließlich Oktober 2007 dem Monat, in dem die Ergotherapie hätte beginnen sollen, ungekürzt zu Recht. Das von der Klägerin bezogene Pflegegeld sei zwar zu den Pflegekosten sachlich kongruent, es komme jedoch im Hinblick auf den Fürsorgecharakter des Pflegegelds eine Vorteilsansrechung nicht in Betracht. Das Quotenvorrecht der Sozialversicherung könne frühestens ab November 2007 zum Tragen kommen, sodass der Klägerin für den Zeitraum Juli 2007 bis Oktober 2007 Anspruch auf ungekürzten Ersatz des in diesen Monaten erlittenen Verdienstentgangs von monatlich 347 EUR habe. Die geltend gemachten Spesen von 200 EUR seien vom Mitverschulden der Klägerin nicht betroffen. Die begehrten Haushaltshilfekosten und die Pflegekosten stünden für Juni bis Oktober 2007 ungekürzt und für November 2007 bis November 2008 sowie ab jedenfalls zur Hälfte zu.

Nachträglich (§ 508 ZPO) ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass der von der Revisionswerberin aus der oberstgerichtlichen Entscheidung 8 ObA 41/02s gezogene Schluss nicht von der Hand zu weisen sei, auch ein in einem Krankenhaus angestellter Arzt könne als Belegarzt qualifiziert werden, weil nicht auf die Form der Entlohnung sondern darauf abzustellen sei, in welcher Funktion ein Arzt in einem Spital tätig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei beantwortete Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil das Berufungsgericht, wie in der Revision im Ergebnis geltend gemacht wird, die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung von Pflegekosten im Hinblick auf den Bezug von (Bundes )Pflegegeld entgegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beurteilte. Sie ist jedoch nur teilweise berechtigt.

Die Revisionswerberin beantragt die Abänderung des angefochtenen Teilurteils im klageabweisenden Sinn und macht geltend:

1. Ihre vom Berufungsgericht bejahte Haftung gegenüber der Klägerin für Dr. J***** als ihren Erfüllungsgehilfen widerspreche der oberstgerichtlichen Entscheidung 8 ObA 41/02s. Nach dieser Entscheidung sei Dr. J***** als typischer Belegarzt zu qualifizieren, weshalb sie für Fehlleistungen, die ihm vor Abschluss eines Behandlungsvertrags mit der beklagten Partei in seiner Privatordination unterlaufen seien, nicht hafte.

2. Der Zuspruch einer monatlichen Pflegekostenrente von 48 EUR ab widerspreche der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, weil das von der Klägerin bezogene Pflegegeld sachlich kongruent anzurechnen sei. Da die Klägerin ein Mitverschulden treffe, komme das Quotenvorrecht zur Anwendung.

Hierzu wurde erwogen:

I. Die Haftung der beklagten Partei hängt davon ab, ob sie der von ihr mit der Klägerin geschlossene Vertrag zur Prüfung verpflichtete, dass die Operation indiziert war. Diese Frage ist eine Frage der Auslegung des zwischen ihr und der Klägerin geschlossenen Vertrags. Wie ein im Einzelfall (auch konkludent) geschlossener Vertrag auszulegen ist, begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

1. Herkömmlicherweise werden drei Grundtypen von Krankenhausaufnahmeverträgen unterschieden (vgl 3 Ob 268/06t mwN; Hilber/Barta , Der Belegarztvertrag 18 Fn 5; F. Bydlinski , Verträge über ärztliche Leistungen, in FS Kralik 366 f). Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag verpflichtet sich der Krankenhausträger, alle für die stationäre Behandlung erforderlichen Leistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung zu erbringen. Er begründet ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen Patienten und Krankenhausträger. Der Arzt tritt nur als Erfüllungsgehilfe der Krankenanstalt auf. Beim gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag beschränkt sich der Vertrag mit dem Krankenhausträger auf die Unterbringung, Verpflegung und pflegerische Versorgung, während die ärztlichen Leistungen aufgrund eines besonderen Vertrags mit dem Arzt erbracht werden. Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag verpflichtet sich das Krankenhaus ebenfalls zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich der ärztlichen. Daneben schließt der Patient einen weiteren Vertrag über die ärztlichen Leistungen mit dem behandelnden Arzt.

2. Das Belegarztsystem ist nach der Rechtsprechung ein typisches Beispiel eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags. Ein Belegarzt ist in der Regel ein freiberuflicher Arzt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Rechtsträger des Krankenhauses steht und dem von diesem das Recht gewährt wird, seine Patienten in diesem Spital unter Inanspruchnahme der hierfür beigestellten Räume und Einrichtungen zu behandeln (10 ObS 235/03m; 8 ObA 41/02s mwN). Beim Belegarztsystem schließt der Patient mit dem Arzt einen Vertrag über die medizinische Behandlung. Der Belegarzt hat die ihm obliegende Behandlung des Patienten einschließlich der notwendigen Nachbehandlung eigenverantwortlich und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzuführen. Er ist befugt, den Patienten im Belegspital zu operieren und, solange eine stationäre Behandlung erforderlich ist, dort nachzubehandeln und vom Spitalspersonal betreuen zu lassen. Zur Durchführung der Operation hat das Belegspital seine Räumlichkeiten, Apparate und Instrumente entsprechend zur Verfügung zu stellen (8 Ob 103/09v; 7 Ob 2/09h; 10 ObS 235/03m mwN). Der vom Patienten mit dem Rechtsträger des Belegspitals abgeschlossene Vertrag verpflichtet dieses, den Patienten unterzubringen, zu verpflegen und die für die Durchführung der stationären Behandlung durch den Belegarzt erforderlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen. Die dem Patienten geschuldete Gesamtleistung resultiert daher erst aus diesen beiden aufeinander abgestimmten Verträgen (10 ObS 235/03m mwN).

3. Es ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Sache des Rechtsträgers der Krankenanstalt, durch eindeutige Vertragsgestaltung die Rechtsnatur des Krankenhausaufnahmevertrags zweifelsfrei zu bestimmen (3 Ob 268/06t).

4. Im Anlassfall liegt ein schriftlicher Krankenhausaufnahmevertrag nicht vor. Ob dem Krankenhausaufnahmevertrag der Klägerin mit der Beklagten ausdrückliche Willenserklärungen der Parteien zugrunde liegen, wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Klägerin hatte gemäß § 144 Abs 1 ASVG Anspruch auf Pflege in der allgemeinen Gebührenklasse einer landesgesundheitsfondsfinanzierten Krankenanstalt. Den Feststellungen des Erstgerichts ist zu entnehmen, dass die Klägerin diese Sachleistung in Anspruch genommen und von der beklagten Partei erhalten hat. Unter dem im Gesetz nicht näher definierten Begriff „Anstaltspflege“ wird die durch die Art der Krankheit erforderte, durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingte „einheitliche und unteilbare“ Gesamtleistung der stationären Pflege in einer Krankenanstalt verstanden (10 ObS 361/99g = SZ 73/111; RIS Justiz RS0106685). Es werden mit den vom Versicherungsträger gezahlten Pflegegebühren grundsätzlich alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten. Die Teilleistungen, die von dieser Abgeltung umfasst sind, sind die Kosten der Unterkunft, der ärztlichen Untersuchung und Behandlung, Beistellung von allen erforderlichen Heilmitteln, Arzneien usw, Verpflegung und Verköstigung (RIS Justiz RS0085807). Weder das Vorbringen der Parteien noch die Feststellungen des Erstgerichts geben einen Anhaltspunkt für die Annahme, der von der Klägerin als Kassenarzt konsultierte Dr. J***** habe sich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zur (ausschließlich) eigenverantwortlichen Behandlung der Klägerin im Spital der beklagten Partei verpflichtet. Die Klägerin durfte daher von der beklagten Partei auch die Erbringung der ärztlichen Behandlung erwarten. Mangels eindeutiger anderer Vertragsgestaltung ist unter Berücksichtigung der nach der Verkehrsübung selbstverständlichen Erwartung der Klägerin als nach dem ASVG Krankenversicherte (§ 914, § 863 Abs 2 ABGB) von einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag auszugehen. Dieser verpflichtete die beklagte Partei, die Klägerin bei der Aufnahme in stationäre Pflege insbesondere dahin zu untersuchen, ob die Indikation zur Operation gegeben war. Dass diese Untersuchung erfolgte, wurde weder festgestellt noch behauptet. Dass der Operateur schon vor dem Abschluss des Krankenhausaufnahmevertrags aufgrund eines mit ihm abgeschlossenen (ambulanten) Behandlungsvertrags die falsche Indikation stellte, hilft der Beklagten nicht, weil sie selbst aufgrund des mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags zur Prüfung der Indikationsstellung des einweisenden Arztes verpflichtet war. Für Versäumnisse des Operateurs oder anderer ihrer Ärzte hat sie gemäß § 1313a ABGB einzustehen.

5. Aus der von der beklagten Partei ins Treffen geführten oberstgerichtlichen Entscheidung 8 ObA 41/02s ist für sie nichts zu gewinnen. Die Entscheidung befasst sich nicht mit den Anforderungen an den Abschluss eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags. Es wird darin nur ausgeführt, dass in den Fällen, in denen ein in der Krankenanstalt beschäftigter Arzt einen Patienten, den er zunächst selbst in seiner Ordination behandelt hat, später für eine Operation oder für andere Maßnahmen, die eine stationäre Aufnahme erfordern, in das Krankenhaus einweisen lässt und dort diesen Patienten selbst weiterbehandelt bzw operiert, als Belegarzt zu qualifizieren ist. Die Auffassung, dass allein aus der Einweisung durch den Belegarzt und der Weiterbehandlung im Spital zu schließen sei, dass der Patient mit der Krankenanstalt einen gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag vereinbart, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen.

6. Bei diesem Auslegungsergebnis bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob für öffentliche Krankenanstalten eine stationäre Aufnahme nach dem Belegarztsystem mit geteilten medizinischen Leistungspflichten und einer die Haftungszuständigkeit der Krankenanstalt ausschließenden selbstständigen Vertragshaftung bestimmter Krankenhausärzte (verwaltungs und zivilrechtlich) überhaupt in Betracht kommt (ablehnend Mazal, Die Behandlung in der Sonderklasse, in Schrammel (Hrsg), Rechtsfragen der ärztlichen Behandlung 94 ff).

II. 1. Aufgrund der in § 16 Abs 1 BPGG angeordneten Legalzession gehen Schadenersatzansprüche des Geschädigten (mit Ausnahme des Anspruchs auf Schmerzengeld) schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses auf den Bund oder den Träger der Sozialversicherung in jenem Umfang über, als dieser sachlich und zeitlich kongruente Leistungen zu erbringen hat, während ein darüber hinausgehender Schadenersatzanspruch beim Geschädigten verbleibt (2 Ob 56/98v mwN = SZ 71/3; 2 Ob 190/07s mwN). In dem Ausmaß, in dem ein Anspruch auf Pflegegeld besteht, fehlt es dem Geschädigten gegenüber dem Schädiger an der Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines zeitlich und sachlich kongruenten Ersatzanspruchs (2 Ob 190/07s mwN). Kommt es zur Legalzession eines kongruenten Anspruchs, stellt sich die Frage der - vom Berufungsgericht verneinten - Vorteilsanrechnung gar nicht (2 Ob 56/98v mwN; 2 Ob 190/07s, auf die sich das Berufungsgericht zu Unrecht stützt; dieser lag zugrunde, dass eine Legalzession nicht behauptet worden war).

2. Pflegegeld ist sachlich kongruent zu dem Anspruch auf Ersatz der Pflegekosten (2 Ob 190/07s mwN), aber auch zum Anspruch auf Ersatz der Haushaltshilfekosten wegen durch das schädigende Ereignis bedingter Unfähigkeit zur Führung des eigenen Haushalts (2 Ob 150/04d mwN; 8 Ob 135/78 = SZ 51/131), den die alleinstehende Klägerin geltend macht.

3. Da die Revisionswerberin nach dem maßgeblichen Revisionsantrag und den Revisionsausführungen auch den Zuspruch von Haushaltshilfekosten und von Pflegekosten vor dem wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten hat und der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung ohne Beschränkung auf die von der Rechtsmittelwerberin geltend gemachten Gründe zu prüfen hat, wenn der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache geltend gemacht und gehörig ausgeführt wurde ( E. Kodek in Rechberger ³, ZPO § 503 Rz 27 mN der stRsp), ist die Frage der (teilweise) fehlenden Aktivlegimation der Klägerin auch in Bezug der begehrten Haushaltshilfekosten und in Bezug auf die Pflegekosten vor dem aufzugreifen.

4. Das Quotenvorrecht besteht darin, dass dann, wenn der Schadenersatzanspruch infolge Legalzession übergeht, der Ersatzpflichtige gegenüber dem Legalzessionar das Mitverschulden des Geschädigten geltend machen kann; der Regress beschränkt sich daher auf denjenigen Schadensteil, der dem Geschädigten vom Schädiger ohne Legalzession zu ersetzen wäre. Dabei kann der Sozialversicherungsträger vom Schädiger vollen Ersatz für seine Leistungen verlangen, soweit diese in dem durch den Mitverschuldensanteil gekürzten Schadenersatzanspruch Deckung finden. Dem Geschädigten verbleibt nur ein allfälliger durch die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers nicht gedeckter Rest seines um die Mitverschuldensquote gekürzten Ersatzanspruchs (2 Ob 268/06k; RIS Justiz RS0027370, RS0026975).

Unter Berücksichtigung des im Revisionsverfahren nicht strittigen gleichteiligen Mitverschuldens der Klägerin stehen der Klägerin an Ersatz der Pflegekosten (ungekürzt 96 EUR im Monat) und der Haushaltshilfekosten (ungekürzt 540 EUR im Monat) ein Betrag von 318 EUR/Monat zu. Das Pflegegeld der Stufe 2 beträgt aber vor dem 273,40 EUR/Monat und seit diesem Tag 284,30 EUR/Monat (§ 5 BPGG idF BGBl I 2004/136 und idF BGBl I 2008/128). Dieser Betrag der kongruenten Sozialversicherungsleistung ist in voller Höhe vom Betrag von 318 EUR abzuziehen, sodass die Klägerin ab dem Zeitpunkt, ab dem ihr der Mitverschuldensvorwurf gemacht werden kann, nur noch den verbleibenden Rest von 44,60 EUR bzw 33,70 EUR verlangen kann.

5. Die Frage der Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Haushaltshilfe- und von Pflegekosten lässt sich noch nicht abschließend entscheiden, weil nicht festgestellt wurde, ab welchem Zeitpunkt der Klägerin Pflegegeld der Stufe 2 zuerkannt wurde, sodass die zeitliche Kongruenz noch nicht beurteilt werden kann. Insofern war mit Aufhebung vorzugehen (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Erstgericht wird sein Verfahren auch in diesem Punkt zu ergänzen haben.

III. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.