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OGH vom 13.06.2006, 10Ob34/06g

OGH vom 13.06.2006, 10Ob34/06g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sylvia W*****, Diplomkrankenschwester, *****, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei S***** Bank ***** AG, *****, vertreten durch Pacher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (EUR 12.717,75), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 200/05g-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 14 Cg 63/04m-18a, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch


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1.
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
2.
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
3.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin, eine Diplomkrankenschwester, schloss mit der S***** Bank ***** AG (beklagte Partei) am einen Kreditvertrag, mit dem ihr ein Privatkredit von ATS 350.000,-- (EUR 25.435,49) eingeräumt wurde, der in monatlichen Raten von ATS 3.964,-- (= EUR 288,15) zurückzuzahlen ist.

Zum Zeitpunkt der Gewährung dieses Kredites war die Klägerin noch mit Michael W***** verheiratet; das Ehepaar lebte aber bereits seit 1996 getrennt. Für den Unterhalt des gemeinsamen Sohnes kam die Klägerin alleine auf.

Michael W***** hatte 1985 gemeinsam mit seinem Vater die Firma S***** Eduard W***** KG (in der Folge KG) gegründet und war deren persönlich haftender Gesellschafter. Der Jahresabschluss der Gesellschaft für 1997 wies ein negatives Eigenkapital von ATS 2,749.906,-- bei einem (negativen) Fremdkapital von ATS 4,868.648,-- aus. Im Februar 2000 wurde über das Vermögen der KG vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz der Konkurs eröffnet. Die beklagte Partei meldete im Konkurs eine Forderung von ATS 2,822.616,19 an. Zur Aufnahme des Kredites durch die Klägerin kam es, nachdem Michael W***** an sie herangetreten war und sie bat, für seine Firma einen Kredit aufzunehmen. Als die Klägerin nachfragte, wofür er den Kreditbetrag benötigte, antwortete er, dass Kunden säumig und Zahlungen ausständig seien, er würde den Kreditbetrag zum Kauf von neuen Waren benötigen.

Die Klägerin, die ihr Gehaltskonto bei der beklagten Partei eingerichtet hatte, wandte sich zum Zweck der Kreditaufnahme an die beklagte Partei, die „Hausbank" der KG, und zwar an deren Mitarbeiter Ernest B*****. Dieser betreut im Unternehmen der beklagten Partei Firmenkunden, darunter auch die KG. Die Klägerin kannte ihn durch ihren Ehegatten gut und befragte ihn zur finanziellen Situation des Unternehmens ihres Mannes. Die Klägerin wusste zu diesem Zeitpunkt über die finanzielle Situation der KG nicht näher Bescheid; sie hatte nie Einblick in die Geschäftsgebarung und hatte auch nie in der KG mitgearbeitet. Bei dem Beratungsgespräch am fragte sie Ernest B*****, ob die KG Schulden habe und wenn ja wie viele. Ernest B***** antwortete, dass er das der Klägerin nicht mitteilen könne und berief sich dazu auf das Bankgeheimnis. Die Klägerin fragte Ernest B***** auch, ob es „etwas bringe", wenn sie diesen Kredit aufnehme, was von ihm bejaht wurde. Ernest B***** wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die Klägerin bereits eineinhalb Jahre von ihrem Mann getrennt lebte.

Bei diesem Gespräch erklärte Ernest B***** mündlich, er müsse der Klägerin wie jedermann pflichtgemäß mitteilen, dass es bei einer Firma zu einer Insolvenz kommen könnte; er sprach aber nicht davon, dass betreffend die Firma ihres Mannes eine konkrete Insolvenzgefahr bestehe.

In einem Gedächtnisprotokoll hielt Ernest B***** die Kreditberatung wörtlich wie folgt fest:

„Frau Silvia W***** beabsichtigt, bei uns einen Privatkredit in der Höhe von ATS 350.000,-- (in Worten Schilling dreihundertfünfzigtausend) aufzunehmen und diesen Betrag gleichzeitig der Firma S***** Ed. W***** als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Frau S. W***** will damit Ihrem Gatten, Herrn Michael W*****, Geschäftsführer der Firma S***** Ed. W*****, finanzielle Hilfestellung geben.

Frau S. W***** wurde über die Situation der Firma aufgeklärt, auch dass nach wie vor eine Insolvenz nicht auszuschließen ist. Trotz des bekannten Risikos ist Frau W***** bereit, ihren Beitrag zur Gesundung des Unternehmens in Form dieses Darlehens an die Firma S***** Ed. W*****, zu leisten."

Ernest B***** forderte die Klägerin auf, das von ihm verfasste Gedächtnisprotokoll durchzulesen und zu unterschreiben, wobei er ihr gegenüber äußerte, er müsse dies so schreiben, das sei eine allgemeine Information. Der Klägerin war klar, dass es dem Unternehmen ihres Mannes nicht gut geht, sie konnte aber nicht erkennen, dass im Herbst 1998 bereits konkret die Gefahr eines Konkurses bestand. Der drohende Konkurs der KG war allerdings für die in die Kreditvergabe einbezogenen Mitarbeiter der beklagten Partei im Hinblick auf den hohen Schuldenstand erkennbar.

Im Zuge der Gespräche vor der Aufnahme des Kredites legte die Klägerin Ernest B***** zwar einen Gehaltsnachweis für den Monat August 1998 vor, zu ihren finanziellen Verhältnissen wurde sie aber von ihm nicht näher befragt.

Ernest B***** riet der Klägerin, einen Vertrag mit ihrem Gatten aufzusetzen, wonach sich dieser verpflichtete, ihr den von ihr aufgenommenen und ihm ausbezahlten Darlehensbetrag zurückzuzahlen und bereitete diesen Darlehensvertrag auch vor. Dieser sah eine Darlehensgewährung an „Michael W***** als Geschäftsführer der Firma S***** Ed. W*****" von ATS 350.000,-- bei einer Laufzeit von zehn Jahren, einer Tilgung spätestens am sowie keine Verzinsung vor. Vorzeitige Teiltilgungen wurden mit Zustimmung der Darlehensgeberin als möglich bezeichnet.

Zwischen der Klägerin und ihrem Ehegatten war vereinbart, dass die Kreditraten von ihrem Konto abgebucht und gleichzeitig vom Firmenkonto derselbe Betrag auf ihr Konto überwiesen wird. Alle dazu nötigen Veranlassungen bereitete Ernest B***** vor; insbesondere die Überweisung der Kreditraten vom Konto der Klägerin an die beklagte Partei und vom Firmenkonto der KG auf das Konto der Klägerin. Die Kreditvaluta wurde zunächst auf das Privatkonto der Klägerin überwiesen, die diese Summe dann vereinbarungsgemäß - mit Wertstellung - auf das Firmenkonto überweisen ließ. Bis zur Scheidung im Februar 2000 wurden die Überweisungen vom Firmenkonto auch tatsächlich durchgeführt; danach leistete Michael W***** keine Rückzahlungen mehr.

Die Klägerin meldete ihre Forderung im Konkursverfahren der KG an und erhielt einen Betrag von ATS 50.000,-- ausbezahlt, den sie umgehend auf das Kreditkonto einzahlte. Die vereinbarten Kreditraten wurden von ihr laufend bezahlt und daher der Kredit ihr gegenüber nicht fällig gestellt.

Per haftete ein Betrag von EUR 11.246,75 unberichtigt aus.

Wäre die Klägerin über die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Betriebes ihres Mannes und dessen Schuldenstand im Herbst 1998 informiert worden, hätte sie den Kreditvertrag nicht abgeschlossen. Die Klägerin begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Rückzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag vom . Sie brachte dazu zusammengefasst vor, dass ausschließlicher Zweck der Kreditaufnahme gewesen sei, dem bereits stark insolvenzgefährdeten Unternehmen ihres Ehegatten den Kreditbetrag zur Verfügung zu stellen. Obwohl der beklagten Partei als Hausbank der KG die Umstände bekannt gewesen seien, sei sie nicht über die Höhe der bestehenden Schulden der KG und das Risiko aufgeklärt worden. Zwischen ihrer Leistungsfähigkeit und dem Haftungsumfang bestehe ein krasses Missverhältnis. Die Entscheidung zur Unterstützung ihres Ehegatten habe sie nur aus ihrer seelischen Zwangslage getroffen, obwohl sie sich damit finanziell überfordert habe. Ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Abschluss des Kreditvertrages habe nie bestanden. Da sie sich nur wegen unzureichender Aufklärung durch die beklagte Partei einem konkursgefährdeten Unternehmen als Kreditnehmerin zur Verfügung gestellt habe und der Kredit per mit EUR 11.246,75 aushafte, habe sie ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Rückzahlungsverpflichtung. Die beklagte Partei wandte zusammengefasst ein, der Kreditbetrag sei auf das private Girokonto der Klägerin überwiesen worden; ob er als finanzielle Hilfestellung für die KG verwendet worden sei, sei der beklagten Partei unbekannt. Die Klägerin sei bereits vor der Kreditberatung über die wirtschaftliche Situation der KG informiert gewesen; weiters sei sie am darüber aufgeklärt und davon in Kenntnis gesetzt worden, dass eine Insolvenz nicht ausgeschlossen werden könne. Sie habe sich aus freiem Willen zur Kreditaufnahme entschlossen; ein Missverhältnis zwischen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der eingegangenen Kreditverbindlichkeit habe nicht bestanden. An der Kreditaufnahme bestehe ein Eigeninteresse der Klägerin, die als Ehegattin des Michael W***** bei Verbesserung der wirtschaftlichen Situation am Ertrag der KG mitpartizipiert hätte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass der Interzessionsbegriff des § 25c KSchG alle Erscheinungen einer Hilfestellung für fremde Interessen erfassse. Die Anwendbarkeit des § 25c KSchG im vorliegenden Fall ergebe sich einerseits aus diesem weiten Interzessionsbegriff und andererseits aus dem Wissen der beklagten Partei über den wirtschaftlichen Zweck der Kreditaufnahme. Da ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Klägerin an der Kreditaufnahme nicht bestanden habe, wäre sie von der beklagten Partei darüber zu informieren gewesen, dass sie selbst wegen der äußerst schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens dem Gatten keinen Kredit mehr gewährt habe. Im Gedächtnisprotokoll zum Kreditberatungsgespräch sei die tatsächliche finanzielle Lage des Unternehmens geschönt worden, indem eine Gesundung als möglich dargestellt worden sei, obwohl deutlich erkennbar gewesen sei, dass ein Kredit in der gewährten Höhe den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Unternehmens nicht mehr verhindern könne. Der allgemeine Hinweis, eine Insolvenz könne nicht ausgeschlossen werden, gebe die Situation nicht der Realität entsprechend wieder, da die unmittelbar drohende Insolvenz nicht erkennbar gemacht worden sei. Die Beklagte, die selbst nicht mehr bereit gewesen sei, das Risiko einer Kreditvergabe an den Ehegatten der Klägerin einzugehen, habe daher gegen § 25c KSchG verstoßen, weshalb keine Haftung der Klägerin aus dem Kreditvertrag bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei insoweit teilweise Folge, als es - unter Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung - aussprach, dass die Haftung der Klägerin aus dem mit der beklagten Partei am geschlossenen Kreditvertrag entfalle; das Mehrbegehren, es werde darüber hinaus festgestellt, dass die Rückzahlungsverpflichtung unwirksam sei, wurde hingegen abgewiesen.

Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und ging in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass auf den vorliegenden Fall § 25c KSchG analog anzuwenden sei. Seinem Wortlaut nach statuiere § 25c KSchG eine Informationspflicht des Gläubigers, wenn ein Verbraucher einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant beitrete. Unter dem im bürgerlichen Recht nicht allgemein geregelten Begriff der Interzession (Gutstehung) sei das Einstehen für eine materiell fremde Verbindlichkeit durch Vertrag mit dem Gläubiger zu verstehen. Den §§ 25c und § 25d KSchG liege das Verständnis eines vertraglichen Beitritts zu einer fremden Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant zugrunde, nicht aber eine „echte Mitschuldnerschaft", die im gemeinsamen Interesse eingegangen werde. Der Begriff Interzession erfasse also Fälle, in denen ein Verbraucher einer materiell fremden Verbindlichkeit beitrete. Bei der Beurteilung, in wessen Interesse die Übernahme der Verbindlichkeit liege, sei von der Perspektive des Schuldners auszugehen. Interzedenten seien Personen, die eine Haftung für Rechnung eines anderen und im fremden Interesse auf sich nehmen. Die Lehre kenne auch den Begriff der stillschweigenden Interzession, wozu der Vertragsabschluss für Rechnung eines anderen gehöre. Von den genannten Bestimmungen sollten nach den Gesetzesmaterialien Fälle erfasst werden, in denen von vornherein anzunehmen sei, dass der mögliche Interzedent voraussichtlich in Anspruch genommen werde; es könne dann nicht mehr von einer Kreditsicherung gegen Unsicherheiten in der finanziellen Entwicklung des Hauptschuldners gesprochen werden. Sei der Kreditwerber in diesem Sinne von vornherein nicht kreditwürdig, weil damit gerechnet werden müsse, dass der Interzedent in Anspruch genommen werde, solle er auch nicht - letztlich auf Kosten des Interzedenten - Fremdkapital aufnehmen. Im konkreten Fall habe die Klägerin - in der Form eines Darlehens, zu dessen Rückzahlung sich der persönlich haftende Gesellschafter der KG verpflichtet habe - die Valuta eines von ihr aufgenommenen Kredites der nicht (mehr) kreditwürdigen KG (durch Überweisung auf deren Firmenkonto) zur Verfügung gestellt, was der einzige Zweck der Kreditaufnahme durch die Klägerin gewesen sei; dies ergebe sich auch aus den internen Rückzahlungsmodalitäten. All dies sei mit Wissen und Mitwirkung der beklagten Partei vereinbart, vorbereitet und durchgeführt worden. Wirtschaftlich betrachtet habe damit die Klägerin - unter Mitwirkung der beklagten Partei - eine Haftung für Rechnung der KG und alleine in deren Interesse auf sich genommen. Sie sei demnach als Interzedentin anzusehen; der Konstruktion einer stillschweigenden Interzession bedürfte es gar nicht mehr. Der einzige Unterschied zu den im Gesetz ausdrücklich angeführten Fällen liege darin, dass die Klägerin formell keiner Schuld der KG gegenüber der beklagten Partei beigetreten, sondern diese Schuld alleine eingegangen sei. Es könne aber kein Zweifel bestehen, dass es Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, auch Verbraucher in der Situation der Klägerin zu schützen. Für deren Haftung und das daraus resultierende Risiko mache es nämlich keinen wesentlichen Unterschied, ob daneben eine ohnehin „wertlose" Haftung auch des Empfängers der Kreditsumme bestehe. Die planwidrige Gesetzeslücke sei durch analoge Anwendung des § 25c KSchG zu füllen. Dabei werde nicht übersehen, dass im Fall des Zutreffens der Haftungsbefreiung nach § 25c KSchG der beklagten Partei ein kreditvertraglicher Anspruch auf Rückforderung des noch offenen Kreditrestes nicht mehr zur Verfügung stehe, weil mit der KG, in deren Interesse und auf deren Rechnung die Kreditaufnahme erfolgt sei, keine vertragliche Beziehung bestehe. Diese Situation unterscheide sich wirtschaftlich aber kaum von der vom Gesetzgeber tolerierten, in der ein Kreditnehmer zahlungsunfähig werde und sich der beigetretene Interzedent mit Erfolg auf die Haftungsbefreiung gemäß § 25c KSchG berufen könne.

Aufgrund der Feststellungen sei davon auszugehen, dass der Kreditgeberin bei Abschluss des Interzessionsvertrages bekannt gewesen sei, dass der Kredit wahrscheinlich gar nicht oder nicht vollständig zurückbezahlt werde. In diese Richtung wäre die beklagte Partei zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Von einer gänzlichen Unterrichtetheit der Klägerin über die Finanzlage der KG könne keine Rede sein, nicht zuletzt, weil ihr von der beklagten Partei die Höhe der Schulden der KG nicht bekannt gegeben worden sei. Im vorliegenden Fall sei zwar die Initiative zur Haftungsübernahme durch die Klägerin nicht von der beklagten Kreditgeberin ausgegangen, sondern vom persönlich haftenden Gesellschafter der (bereits als nicht mehr weiter kreditwürdig angesehenen) KG als - bisheriger tatsächlicher und vorgesehener wirtschaftlicher - Kreditnehmerin. Die Klägerin habe sich der beklagten Partei auch nicht unbedingt zur Haftungsübernahme angeboten, sondern sich an einen Mitarbeiter gewandt, um Informationen über die finanzielle Situation der KG und die Sinnhaftigkeit der Zurverfügungstellung eines von ihr aufgenommenen Kredites zu erhalten. Es könne daher keine Rede davon sein, dass sich die Klägerin aus eigenem Antrieb vorbehaltslos zur Haftungsübernahme für die KG bereit erklärt habe. Vielmehr habe die beklagte Partei erkennen müssen, dass die Klägerin den Informationen der (Mitarbeiter der) beklagten Partei entscheidende Bedeutung beimesse, da sie ausdrücklich um Rat gebeten habe. Sie sei auch nicht über alle wesentlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten der KG informiert gewesen, sondern habe nur gewusst, dass es diesem Unternehmen nicht gut gehe und es wegen ausstehender Zahlungen säumiger Kunden den Kreditbetrag zum Ankauf neuer Waren benötige; die konkrete Gefahr eines Konkurses sei für sie im Herbst 1998 nicht erkennbar gewesen. Schließlich sei zugunsten der Klägerin auch noch die nicht unbeträchtliche Höhe des Kreditbetrages von ATS 350.000,-- zu berücksichtigen.

Demgegenüber habe die Beklagte durch ihren Mitarbeiter Ernest B***** die Frage der Klägerin nach der Sinnhaftigkeit der Zurverfügungstellung der Kreditsumme an die KG bejaht; sie habe ihr jedoch weder mitgeteilt, dass die beklagte Partei dem Michael W***** und der KG keinen (weiteren) Kredit mehr zur Verfügung stelle, noch die Höhe der Schulden der KG bei der beklagten Partei genannt und auch nicht auf die konkrete Insolvenzgefahr der KG hingewiesen. Damit habe sie der aus § 25c KSchG resultierenden Aufklärungsobliegenheit keinesfalls ausreichend entsprochen, weil sie nicht zu erkennen gegeben habe, dass und warum sie selbst von einer nicht mehr gegebenen Kreditwürdigkeit ausgegangen sei. Daran vermöge auch der Inhalt des von der Klägerin unterschriebenen Gedächtnisprotokolls nichts zu ändern, wonach „nach wie vor eine Insolvenz nicht auszuschließen" sei. Damit werde - im Gegensatz zur festgestellten Situation der KG - nicht zum Ausdruck gebracht, dass bereits die konkrete Gefahr eines Konkurses bestanden habe, sondern ein solcher nur als abstrakte Möglichkeit in den Raum gestellt. Auch die Bezeichnung der Zurverfügungstellung des Kredites durch die Klägerin an die KG als „Beitrag zur Gesundung des Unternehmens" lasse keinesfalls eine Aufklärung über eine konkret mögliche Konkurseröffnung erkennen, sondern - ganz im Gegenteil - die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung. Eine solche habe aber die beklagte Partei selbst offensichtlich nicht für möglich gehalten, nachdem sie zu keinen (weiteren) Kreditgewährungen mehr bereit gewesen sei. Berücksichtige man auch noch die festgestellten mündlichen Erläuterungen zum Inhalt des Gedächtnisprotokolls durch den Mitarbeiter der beklagten Partei, er müsse der Klägerin wie jedermann pflichtgemäß mitteilen, dass es bei einer Firma zu einer Insolvenz kommen könnte, er müsse dies so schreiben, dies sei eine allgemeine Information, so habe die Klägerin die Erklärungen des Mitarbeiters der beklagten Partei im Kontext keinesfalls als Hinweis auf eine konkret drohende Konkurseröffnung verstehen müssen. Infolge Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 25c KSchG komme es zum Entfall der Haftung des „Interzedenten", hier also der Klägerin. Da die beklagte Partei die Behauptung, die Klägerin hätte die Haftung auch trotz gesetzeskonformer Information übernommen, in erster Instanz nie aufgestellt habe, obwohl sich die Klägerin ausdrücklich auf die Verletzung von Aufklärungspflichten berufen habe, brauche die Kausalität der Obliegenheitsverletzung durch die beklagte Partei nicht untersucht zu werden.

Zu prüfen bleibe noch, ob das Klagebegehren, das auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin aus dem Kreditvertrag vom gerichtet sei, in dieser Form berechtigt sei. Die vom Gesetzgeber gewählte Rechtsfolge der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des § 25c KSchG gehe über eine irrtumsrechtliche Lösung insoferne hinaus, als es keiner Anfechtung von Seiten des Interzedenten bedürfe, um seine Haftung entfallen zu lassen. Der vorliegenden Klage komme daher kein rechtsgestaltender Charakter zu; vielmehr handle es sich um eine Feststellungsklage iS des § 228 ZPO, die ein rechtliches Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung voraussetze. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Rückzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag beinhalte zwar auch die - vom Wortlaut der Bestimmung des § 25c KSchG gedeckte - Feststellung des Entfalls der Haftung der Klägerin, gehe aber darüber hinaus, weil sie sich auch auf eine mögliche Rechtsfolge des Haftungsentfalls erstrecke, die - soweit sie die Vergangenheit betreffe - bereits mit Leistungsklage geltend gemacht werden könnte. In diesem Umfang mangle es daher an einem rechtlichen Interesse, weshalb insoferne das Klagebegehren abzuweisen sei. An der Feststellung des Entfalls ihrer Haftung aus dem vorliegenden, noch nicht beendeten Dauerschuldverhältnis sei der Klägerin allerdings ein rechtliches Interesse zuzubilligen, weil davon ausgegangen werden könne, dass sie den aufgenommenen Kredit der beklagten Partei noch nicht zur Gänze zurückgezahlt habe. Somit komme dem Klagebegehren nur teilweise, und zwar im Umfang der Feststellung des Entfalls der Haftung der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Kreditvertrag, Berechtigung zu.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Anwendbarkeit des § 25c KSchG auf eine Haftungsübernahme ohne Beitritt zur Haftung des Kreditnehmers vorliege.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Parteien jeweils aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, die Revision der klagenden Partei auch wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens. Die klagende Partei stellt den Antrag auf Wiederherstellung des gänzlich klagsstattgebenden Ersturteils; die beklagte Partei strebt eine Abänderung im klagsabweisenden Sinn an. Hilfsweise stellen beide Parteien Aufhebungs- und Zurückverweisungsanträge.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der beklagten Partei als verspätet zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben. Die beklagte Partei beantragt, die Revison der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht zulässig. Die (rechtzeitige) Revision der beklagten Partei ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Zur Revision der beklagten Partei:

Die Revisionsausführungen lassen sich in drei Punkte zusammenfassen:

(a) Die Klägerin sei aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts nicht als Interzedentin anzusehen. Für die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke, die im Wege einer Gesetzesanalogie zu schließen sei, bestehe keine Grundlage. Wenn die höchstgerichtliche Rechtsprechung § 25c KSchG nicht auf den (dritten) Pfandbesteller anwende, müsse eine Analogie erst recht beim singulären Kreditschuldner, der weder eine Sachhaftung noch eine Mithaftung eingegangen sei, verneint werden, weshalb ein Entfall der Haftung bzw der Zahlungsverpflichtung iSd § 25c bzw § 25d KSchG auszuschließen sei.

(b) Im Übrigen sei das Vorgehen der Klägerin und ihres Gatten als bloße Umschuldung zu qualifizieren. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um eine Haftungsübernahme, etwa für eine Kreditausweitung oder Gewährung einer neuen Kreditlinie an einen nicht Kreditwürdigen, sondern es sei durch die Leistung der Klägerin eine Teiltilgung der Verbindlichkeiten des nicht mehr Kreditwürdigen erfolgt. Anders als in den gängigen Interzessionsfällen sei an die Stelle der zugunsten des Ex-Gatten geleisteten Tilgung eine Forderung gegen diesen bzw die KG getreten; es sei allgemein bekannt, dass eine solche - aus einer Teiltilgung zugunsten des Kreditnehmers resultierende - Forderung möglicherweise nicht einbringlich sein könne, was gerade im vorliegenden Fall besonders nahe liege, wenn die Bank selbst - aus welchen Gründen immer (jedenfalls nicht wegen einer bevorstehenden Insolvenz, weil ja durch die Teiltilgung im Gegenteil eine Besserung der wirtschaftlichen Situation zu erwarten war) - nicht mehr zur Kreditausweitung bereit gewesen sei. Dieses Risiko zwischen Privaten werde durch das KSchG aber nicht geregelt.

(c) In gleicher Weise hätte die Klägerin darüber hinaus den - später zur Teiltilgung von Verbindlichkeiten ihres Ex-Ehegatten verwendeten - Kredit bei einer anderen Bank aufnehmen können; ein solcher Kredit wäre ihr zweifelsohne gewährt worden, ohne dass Auskünfte über die wirtschaftliche Situation des Ex-Ehegatten eine Rolle gespielt hätten. Eine dadurch eintretende Bevorzugung der Klägerin, weil die beklagte Partei auch Hausbank der KG gewesen sei, sei unverständlich.

Dazu hat der Senat erwogen:

Als „Interzedent" iSd §§ 25c, 25d KSchG ist eine Person anzusehen, die eine Haftung für Rechnung eines anderen und in fremdem Interesse auf sich nimmt (7 Ob 65/04s = ÖBA 2005/1246, 51 [P. Bydlinski]), indem sie einer (materiell fremden) Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant beitritt. Eine materiell fremde Schuld ist dadurch charakterisiert, dass dem Interzedenten, der die Schuld bezahlt hat, ein Regressanspruch gegenüber dem (materiellen) Schuldner zusteht (Apathy in Schwimann, ABGB3 V § 25c KSchG Rz 1). § 25c KSchG geht für die Zession vom „Beitritt" zu einer fremden Verbindlichkeit aus, während das Eingehen einer „eigenen" Verbindlichkeit nicht unter den Wortlaut fällt.

Will sich jemand erkennbar nur als Interzedent zur Verfügung stellen, unterschreibt dann aber einen Vertrag als (Mit-)Kreditnehmer, kann sich schon aus den Grundsätzen der Erklärungs- bzw Vertragsauslegung ergeben, dass nur eine Interzession zustande kommt (vgl in diesem Zusammenhang 6 Ob 2093/96d = ecolex 1997, 497 zur Auslegung einer Haftungserklärung). Ansonsten könnten die Rechte des (nur) Interzessionswilligen in bedenklicher Weise beschnitten werden (siehe auch P. Bydlinski, Die Kreditbürgschaft2 [2003] 30). Auch der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin erkennbar keine (materiell) eigene Schuld gegenüber der Bank eingehen, sondern den Kredit zugunsten des Unternehmens ihres Ehegatten aufnehmen wollte. Die Lage ist durchaus vergleichbar mit der Situation, in der eine Bank dem Hauptschuldner nur unter der Bedingung Kredit gewährt, dass er einen Interzedenten beibringt. Hintergrund für diese Vorgangsweise ist in vielen Fällen, dass die Bank nicht damit rechnen kann, vom Hauptschuldner Rückzahlung zu erlangen. Es macht dann materiell wenig Unterschied, ob auch der aus Sicht der Bank kreditunwürdige „Hauptschuldner" den Vertrag ebenfalls unterfertigt oder nur der (materiell gesehen) Interzedent. Auch wenn in einem solchen Sonderfall der einzige Schuldner wegfällt, ist daher - in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - § 25c KSchG analog auch auf eine Situation wie die vorliegende anzuwenden, wenn lediglich diejenige Person, die erkennbar (materiell) nur eine Interzession eingehen will, den Kreditvertrag mit der Bank abschließt, während der nicht kreditwürdige materielle Hauptschuldner aus dem Kreditverhältnis „draußen bleibt". Nach den Feststellungen war die hinter der Kreditaufnahme durch die Klägerin stehende Interzessionsabsicht der beklagten Bank bekannt, weshalb sie durchaus anders behandelt werden kann als eine „fremde" Bank, die keine Kenntnis von diesen Umständen hat. Entscheidend für den vorliegenden Fall ist nur die Beurteilung der Kreditaufnahme der Klägerin bei der beklagten Partei; welche Wirkung dies in der Dreiecksbeziehung unter Einbeziehung des Hauptschuldners hat ist nicht unmittelbar von Bedeutung.

Der von der beklagten Partei ins Treffen geführte Vergleich mit der vom OGH (9 Ob 85/02v = ÖBA 2002/1072, 930 [krit P. Bydlinski] = JBl 2003, 47 [krit Apathy]) abgelehnten analogen Anwendung der §§ 25c, 25d KSchG auf Fälle der Pfandbestellung überzeugt nicht: Tragend war in der genannten Entscheidung das Fehlen des Merkmals der massiven Überforderung bei Verpfändungen, weil der Sicherungsgeber in einem solchen Fall seinen Vermögenswert bereits hat und damit nicht seine Zukunft belastet (ähnlich 1 Ob 93/02m = EvBl 2002/189). Gerade dieser Aspekt trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu.

Der Revision der beklagten Partei ist daher nicht Folge zu geben.

2. Zur Revision der klagenden Partei:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Teilabänderung (Einschränkung) des Urteilsspruchs auf die Feststellung des Entfalls ihrer Haftung gegenüber der beklagten Partei aus dem Kreditvertrag; mit ihrem Klagebegehren habe sie (aus ihrer Sicht zu Recht) die Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Rückzahlungsverpflichtung angestrebt. Sie sieht in der Vorgangsweise des Berufungsgerichtes einen Verfahrensmangel, weil die beklagte Partei mit ihrer Berufung eine solche Teilabänderung gar nicht angestrebt habe. Die Umqualifizierung und das daraus resultierende Verlangen eines rechtlichen Interesses seien verfehlt, weil die Klägerin eben gerade die Feststellung der Unwirksamkeit ihrer Verpflichtung, also letztlich eine Rechtsgestaltung, angestrebt habe, an die sich eine direkte Rückforderbarkeit der bereits geleisteten Zahlungen knüpfe. Darüber hinaus sei das gestellte Begehren auch deshalb notwendig, weil die beklagte Partei nach wie vor - über die Gehaltsabtretungsvereinbarung - die Kreditraten inkassiere. Insgesamt sei jedenfalls das Verlangen nach Vertragsaufhebung möglich und berechtigt.

Rechtsfolge der Verletzung der Informationsobliegenheit des § 25c KSchG ist der Entfall der Haftung des Interzedenten (zuletzt 8 Ob 121/05k); einer Anfechtung und Rechtsgestaltungsentscheidung bedarf es nicht (Apathy in Schwimann, ABGB3 V § 25c KSchG Rz 6 f), sodass die Feststellung des Nichtbestehens (oder des Entfalles) der Haftung naheliegendes Ziel einer auf die Verletzung der Obliegenheiten nach § 25c KSchG gestützten Klage ist. Auch das Berufungsgericht hat dies zu Recht so gesehen. Das Begehren auf Feststellung der „Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung" impliziert, dass die von der Kreditnehmerin in der Vergangenheit zurückgezahlten Kreditraten zurückgefordert werden sollen, wofür aber bereits eine Leistungsklage offen steht, wie auch schon das Berufungsgericht ausgeführt hat.

Letztlich ist aber die Frage, wie ein Sachantrag (hier: Klagebegehren) zu verstehen ist, von den Umständen des Einzelfalles abhängig und bildet keine erhebliche Rechtsfrage (10 Ob 222/00w = RIS-Justiz RS0044273 [T52]; RIS-Justiz RS0037440 [T6]). Die Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 41 Abs 1 ZPO. Kostenersatz steht auf der Basis des Wertes des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichtes (EUR 12.717,75) zu, daher jeweils EUR 749,70 (darin EUR 124,95 Umsatzsteuer). Die wechselseitig zustehenden Kosten einer Instanz sind in der Kostenentscheidung zu saldieren (3 Ob 23/94 = SZ 67/143; RIS-Justiz RS0035877).